Warum ver- oder beurteilen Menschen bestimmte Bücher?

  • Ich finde Blaustrumpfs Beispiel sehr passend, schliesslich ist ein wesentlicher Teil der altäglichen Lesezeit damit verbunden, das ich das Buch mit ins Bett nehme. Aber auch für ihr Beispiel gilt, dass gewisse Grundkenntnisse der Entscheidung vorausgehen müssen. Die Gattung an sich passt nicht, die Aufmachung, der Umfang, die Dartellung, oder die anderweitig besorgten Informationen schrecken ab (wie hier, nur aufs Buch bezogen :grin bei Iris).


    Seit ich bei den Eulen bin habe ich schon manches Buch mit Genuss gelesen, dass ich in der Buchhandlung mit Gruasen (Titel,Cover,Klappentext) weggelegt hätte.


    Ich beurteile also ohne gelesen zu haben auf Basis von Informationen, ich verurteile nur gelesene oder nach Aufgabe des Kampfes weggelegte Bücher.

  • mir gehts wie beowulf


    Und dann habe ich jedoch noch eine spezielle abneigung und ein generelles vorurteil gegen 'Frauenbücher': 'Liebesromane' und 'Beziehungskisten' die ich anhand ihres covers und ihrer titel einordne.
    Ich funktioniere primär als kopfmensch, der am liebsten wissenschaftliche abhandlungen, populärwissenschaftliche texte, politische erörterungen, biographien, bestenfalls mal einen biographischen roman, und wenn schon erfunden, dann einen alten klassiker, oder am liebsten völlig abgedrehte fantasy und SF liest und kann mit halbrealer 'Frauenliteratur' überhaupt nichts anfangen. Sowas nehme ich beim stöbern prinzipiell nicht zur hand, weil mich bei meinen versuchen die erste zerredete Beziehung bereits abgestossen hat.
    Ich bin extrem katholisch-asketisch vorbelastet: sex ist meiner meinung etwas das man hat, und über das man weder liest noch schreibt.


    Ratgeber hasse ich auch, denn meinen rat gebe ich mir prinzipiell selbst, und bei dem gros der ratgeberthemen, würde ich nicht einmal draufkommen, dass so etwas ein problem sein könnte.


    Auch bücher, die zu oberflächlich als esoterisch daherkommen, sind bei mir von vorn herein stigmatisiert, obwohl ich dann in der zwickmühle des klappentext-lesens bin, denn religionsphilosophie wie Diederichs Gelbe Reihe sie hat, les ich gerne.


    Mit den oben genannten ausnahmen bin ich sonst relativ unvoreingenommen bei meiner lektüre.


    Ich habe mich etwa bei Götter, Gräber und Gelehrte und den in dieser schneise daherkommenden populärwissenschaftlichen büchern lange vor dem lesen gewehrt, weil ich es für populärwissenschaftliche schmonzetten hielt, aber dann habe ich mich mal drüber getraut, und habe dinge und sichtweisen gefunden, von denen ich nichts gewusst habe, und die meinen horizont doch ziemlich erweitert haben, selbst wenn es nur auf dem gebiet der populären mythen waren.


    Eine meiner positivsten überraschungen des letzten Jahres war Iris' Pfaffenkönig. Dort, wo ich ihn gefunden habe - 'Belletristik/Frauenliteratur' hätte ich nie freiwillig ein buch herausgezogen (ich habs zunächst nur aus sentimentalität getan, weil Iris die erste Eule war, die auf eines meiner postings geantwortet hat)
    Nun, es ist nicht Guillaume le Marechal von Georges Duby, und ich war zuerst nach meiner sonst von mir bevorzugten eher asketisch, nur andeutenden lektüre... 'kulturell' geschockt, weil er so körperlich-sinnlich daherkam, aber er ist für eine historische Romanbiographie ganz annehmbar.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Stellt sich mir wiederum die Frage: Ein Buch, dass ich nicht lesen will, verurteile ich es? Ich lese in einer Buchhandlung die letzten fünf Seiten eines Buches, wenn mir der Schluß aus irgendeinem Grund nicht gefällt, kaufe ich das Buch nicht. Würde aber meiner Freundin oder meinen Töchtern nicht sagen, dass das Buch nicht gut ist. Wozu? Das können sie selbst herausfinden. Vielleicht gefällt es ihnen sogar?


    Wenn ich ein Buch nicht zu Ende lese, hat es mir nicht gefallen, aber deshalb den Autor bzw. das Buch verurteilen? Bin sogar bereit, weitere Bücher zu kaufen. Es gibt nur ein Buch, von dem ich sagen kann: es hat mir wirklich und absolut nicht gefallen. Die Klinge von Colin Forbes. So viele Wiederholungen aus seinen anderen Büchern sind mir noch nie untergekommen.

  • @ Mary


    :gruebelDie vorverurteilung einer gewissen klasse von büchern ist bei mir durchaus vorhanden, weil ich auch leute einordne, die sowas (was ich nicht lese) lesen, als personen mit denen ich nichts gemeinsam habe, und mit denen ich nichts anfangen kann. :-( Wenn ich eine bekannte mit so einem buch erwische, sage ich nur entsetzt: sowas liest du? :yikes
    Ich würde dinge die ich nicht lese auch nie weiterempfehlen, ich kann da nur sagen: frag wen anderen, ich finds schon allein der aufmachung und dem thema wegen schrottig.


    Edit - andere leute tun das sehr wohl auch, nur geben sie es nicht zu. :-]

    DC :lesend


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  • MagnaMater ,


    ja, wenn du es so siehst. Gut ich oute mich freiwillig, ich lese Stephen King NICHT. Die Bücher sind mir einfach zu gruselig.


    Aber wenn jemand (wie vor vielen Jahren meine eigene Tochter) diese Bücher gerne lesen möchte, sollen sie doch.


    Ich habe auch festgestellt, dass es hin und wieder eine Modeerscheinung ist. Jetzt liest fast jeder Dan Brown, Kathy Reichs, Patrica Cornwell, Henning Mankell oder Håkan Nesser, so kann man die Reihe beliebig fortsetzen, früher lasen sie vielleicht Konsalik, Simmel usw.


    Und trotdem empfinde ich meine Spannweite als ziemlich groß. Ich lese über historische Romane - Kinderbücher - Liebesromane - Krimi/Thriller fast alles. Selbstverständlich würde ich keinem Horror- oder SF-Bücher empfehlen, eben weil ich sie nicht lese, kenne ich sie nicht, möchte ich sie auch nicht lesen...

  • :gruebel Jetzt wo Ihr es ansprecht, fällt mir auf, dass ich einige Bücher tatsächlich "vorverurteilt" habe.
    Aber nicht wegen des Covers oder der Geschichte auf dem Klappendeckel, sondern, weil ich einige Schriftsteller prinzipiell nicht lese bzw. lesen will.


    Bestes Beispiel 'Schätzing' - da war mir die Medienmaschinerie zu sehr am Werk, ich habe überall dieses Buch gesehen, seinen Namen gelesen - da war es mir zu viel und ich lese aus Prinzip nichts von ihm.

  • :grin Schätzing konnte ich lesen, weil ich von dem medien-hype gar nichts mitgekriegt habe, sondern eine freudin von mir solche umweltthriller wie den Schwarm liest, und ihn sich von mir zum geburtstag gewünscht hat.
    Sonst hätte es mich auch abgestossen.


    Ich komm zu meinen 'belletristischen' büchern durch mundpropaganda; wenn man weiß, wessen geschmack man teilt, kann man leichter beurteilen, ob ein buch den kauf wert ist.

    DC :lesend


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  • Ende der 70’er Jahre liefen fast jeden Samstagabend Horrorfilme vom Feinsten im Fernsehen. Die habe ich mir alle reingezogen. Seltsamerweise kann ich aber seit einigen Jahren damit nichts mehr anfangen. Ich bin wohl in dem Musical Tanz der Vampire gewesen und es hat mir auch sehr gut gefallen. Aber lesen, nein, danke, da schaue ich anschließend ständig unter meinem Bett nach, ob da vielleicht doch noch ein Toter liegt. Bei einem guten Thriller habe ich keine Probleme, da spielt die Todesursache auch keine Rolle, auch wenn verflixt viel Blut fließt, damit kann ich leben :-)

  • oh, mary, du schaust nur unter dem bett nach? :lache - ich kontrolliere im bett


    Bei meiner arbeit als archäologin hatte ich mal den fall, dass mir ein grosser, oranger, südeuropäischer hundertfüssler aus der augenhöhle des schädels kroch, den ich grad in die kiste legen wollte... und mir den arm hochlief. Ich kriegte einen scheianfall, und liess ihn fallen - den schädel.
    Mein schnitt-kollege hat ihn nicht rechtzeitig gefangen sondern nur blöd gegrinst, und der schädel hat es nicht überlebt - der füssler schon, denn der trollte sich und enteilte unter einen stein.

    DC :lesend


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  • Zitat

    Original von MagnaMater


    :gruebelDie vorverurteilung einer gewissen klasse von büchern ist bei mir extrem, weil ich auch leute stigmatisiere, die sowas (was ich nicht lese) lesen, als personen mit denen ich nichts gemeinsam habe, und mit denen ich nichts anfangen kann.


    Das finde ich nun allerdings schade. Und soweit geht es bei mir nicht.
    Zumal ich ein sehr vielseitiger Leser bin und keine wirklich Haß-Genre in diesem Sinne habe.
    Neben philosophisch-geistreichem, modernem-belletristischen lese ich auch gerne mal einen blutigen Thriller oder einen schmalztriefenden Liebesroman. Es gibt etliche Autoren, die lese ich nur einmal und es gibt in jedem Genre Dinge, die ich vor-verurteile und nicht lese.


    Aber vom Lesestoff auf den Menschen zu schließen, finde ich wirklich schwierig. Wenn man mich im falschen Moment mit dem falschen Buch erwischt, werde ich auch ver-urteilt.


    Es gibt auch Musikrichtungen, die ich absolut nicht mag, die aber trotzdem Fans haben, mit denen ich bestens auskomme. Ähnlich geht es mir auch bei der Lektüre.
    Ich vor-verurteile in dem Sinne eigentlich nur Menschen, die gar kein Buch zu hause haben und darauf noch stolz sind.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • uups, mein text klang etwas zu krass - werd gleich ein smiley dazu geben.


    Nun meine vorverurteilung von leuten bleibt natürlich bei einem stirnkräuseln stecken, und endet damit, dass ich mit ihnen nicht mehr über bücher diskutiere, und wenn sie damit anfangen, mir schweigend meinen teil denke. :-] :nono


    Dass ich sie deswegen etwa körperlich attakkieren würde... nöö - was jedoch bei lautstarken hörern gewisser musikrichtungen ob der nervaufreibenden ruhestörung im bereich des möglichen liegt. :peitsch


    Und von leuten die kein buch besitzen... und mit ihrem analphabetismus und ihrer dummheit auch noch angeben von denen reden wir hier doch gar nicht... :hau

    DC :lesend


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  • Zitat

    Original von Mary
    Aber lesen, nein, danke, da schaue ich anschließend ständig unter meinem Bett nach, ob da vielleicht doch noch ein Toter liegt.


    Das wäre mir wurscht - solang nix stinkt. :lache


    Wenn ich aber einen richtig gut gemachten Thriller lese, dann schaue ich unter dem Bett nach, ob mir nicht ein MÖRDER auflauert! *bibber*

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)