Preise für TBs - Wie kommen die zustande?

  • Kennt sich hier jemand mit den Preisen von TBs aus, bzw. nach welchen Kriterien die ausgewählt werden von den Verlagen/Autoren etc.?


    Wie kann es sein, daß ein 500-Seiten-Wälzer 8,95 Euro kostet und ein kleines 120-Blättlein dünnes Büchlein 12 Euro?


    Würde mich mal interessieren ob mir das jemand plausibel machen kann.

  • Ja, das würde mich auch manchmal interessieren! Gute Frage, Lilli! Jetzt müssen wir noch warten, bis die Spezialisten ausgeschlafen haben und uns vielleicht ein paar Antworten liefern können! :-)

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ohne es genau zu wissen; ich vermute, es hängt mit der Auflage und somit den erwarteten Verkaufszahlen ab.


    Erstens: Druckereien drucken große Stückzahlen erheblich billiger.


    Zweitens: Der restliche Aufwand (schreiben, korrigieren, lektorieren, ggf. übersetzen und bewerben) muss auf das Buch umgelegt werden. Nehmen wir also an, Schreiben, Lektorat etc. kosten 20.000 EUR für ein dünnes Buch, dann müssen bei einer Auflage von 1.000 Stück allein dafür 20 EUR auf das Buch umgelegt werden (auch wenn es nur 120 Seiten hat), bei 100.000 Stück sind es nur 20 Cent. Selbst wenn das 100.000er Buch nun 400 Seiten hat und sich dadurch die Kosten für Schreiben, Lektorat etc. verdoppeln (ich glaube nicht, dass sie sich entsprechend verdreifachen), müssen immer noch nur 40 Cent auf das Buch umgelegt werden.


    Drittens: Viele Bücher erscheinen ja schon zum zweiten oder dritten Mal - da ist der Aufwand für all diese Arbeiten schon erledigt worden, dann kann es insgesamt billiger werden (es sei denn, der Verlag musste teure Rechte von einem anderen Verlag kaufen oder mit einem mittlerweile erfolgreichen Autoren neu verhandeln). Das ist einer der Gründe, warum Taschenbücher meistens billiger als Hardcover sind - nicht nur die teurere Verarbeitung.


    Viertens: Es gibt Bücher, die sind vor so langer Zeit erschienen, dass der Autor und seine Nachfahren keine Nutzungsrechte mehr daran haben, d. h. nicht an den Einnahmen beteiligt werden müssen. Außerdem weiß der Verlag mittlerweile, welche Verkaufszahlen er bei Klassikern erwarten kann, da kann er viel knapper kalkulieren.


    Wenn ich noch ein bißchen nachdenke, fallen mir sicher noch mehr Gründe ein. Ich bin mal gespannt, ob die Fachleute meine Thesen bestätigen.


    Viele Grüße
    Jaleh

  • Die Stückzahl fällt heute im Zeitalter des Computerdrucks nicht mehr so ins Gewicht wie früher. Bei den wenigstens Büchern wird die ganze Auflage noch in einem Stück gedruckt, sondern man geht meistens in Blöcken von minimum 3.000 Büchern vor. Nur wenn weniger Exemplare als diese Mindestzahl gedruckt werden, erhöht sich der Druckpreis merkbar.


    Mehr ins Gewicht fällt die Tatsache, ob es sich um eine Übersetzung, eine Lizenzausgabe oder eine deutsche Orginalausgabe handelt. Etliche ausländische Lizenzen sind in einzelnen Genres für weniger als 1.000 Euros zu haben. Wenn dann auch noch eine Hausfrau nebenbei für billiges Geld übersetzt, kann so ein Buch preiswert über den Ladentisch gehen. Ein Verlag, der bei ausländischen Lizenzen auf eine gute Übersetzung Wert legt, muss eben entsprechend mehr Geld aufwenden.


    Lizenzen von ausländischen Starautoren kosten hingegen eine ziemliche Stange Geld, oft soviel, dass der Verlag selbst mit einer Auflage von hunderttausend Stück noch keinen Gewinn machen kann. Manchmal stellt so ein Autor auch ein Verlustgeschäft dar, das man macht, um ihn nicht an einen anderen Verlag zu verlieren. Die amerikanischen Verlage und Agenten verhandeln hier knochenhart.
    Nicht selten werden deutsche Verlage von ihren ausländischen Partner auch gezwungen, zu einer noch erschwinglichen Lizenz des gewünschten Starautors etliche weitere Lizenzen für unbekannte Autoren zu erwerben, die dann auch nicht gerade zum Schnäppchenpreis auf den Markt kommen.
    Auf diese Weise testen amerikanische Agenten teilweise die Marktchancen ihrer Schreibanfänger, die sie auf ihrem Heimatmarkt noch nicht anbringen konnten. Wird so eine AutorIn in Deutschland veröffentlicht und halbwegs verkauft, kann man sie auch in Gods own Country vermarkten.


    Bei einheimischen AutorInnen gibt es natürlich auch die Stars, die ein fettes Garantiehonorar einstreichen, während der größte Teil der Schreiberlinge nur einen Vorschuss erhält und quasi nach verkauften Büchern bezahlt wird. Diese Bücher werden, obwohl es möglilch wäre, auch nicht biliger abgegeben wie die des Stars, denn schließlich will der Verlag auch verdienen. Bei teuren Stars ist die Gewinnspanne nun einmal weitaus geringer.


    Dann gibt es natürlich auch hier Lizenzen, die ja nach Rang der AutorInnen saftig ausfallen oder den entsprechenden Lizenznehmern nachgeschmissen werden.


    Bei Neuauflagen fällt die Lektorierung weg, wobei die Verlage auch jetzt schon am Liebsten Manuskripte hätten, die sie sofort an die Druckerei weiter reichen könnten.


    Zuletzt sollte man auch Genre und Eigenanspruch eines Verlages nicht vergessen. Ein "literarisch hochwertiges" Werk muss auf jedem Fall mehr kosten als ein Buch für Hausfrauen. Außerdem verfehlt die Auflage eines solchen Buches sehr oft die Mindestzahl für einen billigeren Druck.


    Es gibt sicher noch einige Gründe mehr für den Preisunterschied von Büchern. Doch die entziehen sich meinem jetzigen Wissensstand.


    Liebe Grüße
    Gheron :wave

  • Hallo Jaleh!


    Zitat

    Original von Jaleh
    Wenn ich noch ein bißchen nachdenke, fallen mir sicher noch mehr Gründe ein. Ich bin mal gespannt, ob die Fachleute meine Thesen bestätigen.


    Unterschreib ich sofort und komplett! :write


    Herzliche Grüße an den Rhein :wave


    Iris

  • Zitat

    Original von Gheron
    Nicht selten werden deutsche Verlage von ihren ausländischen Partner auch gezwungen, zu einer noch erschwinglichen Lizenz des gewünschten Starautors etliche weitere Lizenzen für unbekannte Autoren zu erwerben, die dann auch nicht gerade zum Schnäppchenpreis auf den Markt kommen.


    Über diese Masche könnte ich unentwegt !!!!


    Auf diese Weise wird nicht nur den deutschen Leserinnen für grottenschlechte Machwerke das Geld aus der Tasche gezogen, sondern die Verlage legen sich auf garantierte Verluste fest und haben damit keine Budgets mehr zur Förderung wirklich talentierter deutschsprachiger NachwuchsautorInnen! :fetch


    Zitat

    Auf diese Weise testen amerikanische Agenten teilweise die Marktchancen ihrer Schreibanfänger, die sie auf ihrem Heimatmarkt noch nicht anbringen konnten. Wird so eine AutorIn in Deutschland veröffentlicht und halbwegs verkauft, kann man sie auch in Gods own Country vermarkten.


    ... was dem ganzen noch die Krone aufsetzt!
    Warum machen wir uns eigentlich so zum ???


    Zitat

    Bei Neuauflagen fällt die Lektorierung weg, wobei die Verlage auch jetzt schon am Liebsten Manuskripte hätten, die sie sofort an die Druckerei weiter reichen könnten.


    Meine Erfahrung ist eine andere. Zwar sollen Manuskripte möglichst perfekt sein, aber selbstverständlich möchte jede/r LektorIn seine Duftmarken setzen. :grin :grin :grin


    Liebe Grüße nach München! :wave


    Iris

  • Zitat

    Original von Batcat
    Jetzt müssen wir noch warten, bis die Spezialisten ausgeschlafen haben und uns vielleicht ein paar Antworten liefern können! :-)


    Tja, eine der Spezialisten durfte heute arbeiten !!! Von wegen ausschlafen .... :fetch


    Also, ich denke, die Autoren hier unter uns kennen sich da besser aus.... Die sitzen ja eher am Verlgsgeschehen dran als wir im vertreibenden Buchhandel...

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Zitat

    Original von Gheron
    Zuletzt sollte man auch Genre und Eigenanspruch eines Verlages nicht vergessen. Ein "literarisch hochwertiges" Werk muss auf jedem Fall mehr kosten als ein Buch für Hausfrauen. Außerdem verfehlt die Auflage eines solchen Buches sehr oft die Mindestzahl für einen billigeren Druck.


    daher scheinen wohl auch die sachbücher (z.b. für die uni) so einen immensen preis zu haben? das fand ich immer unverschämt, daß sogar TBs unter 40 euro - für meine studienrichtung - kaum zu haben waren :(