Tod in Blau - Susanne Goga

  • Berlin 1922: Der Maler Arnold Wegner wird tot in seinem Atelier gefunden, verbrannt. Gewisse Umstände deuten auf Mord und Brandstiftung. Leo Wechsler und sein Team ermitteln. Ein Motiv zu finden, ist gar nicht so einfach, womöglich liegt es in den Arbeiten des unkonventionellen Malers verborgen?


    Der zweite Band um Leo Wechsler bietet nicht nur einen interessanten Fall (eigentlich sind es ja zwei, aber der erste geht irgendwann unter und wird nicht weiter verfolgt, das ist ein bisschen schade), sondern führt auch das Privatleben Leos und seiner Schwester Ilse weiter, leider nicht immer zum Guten, man darf gespannt auf weitere Entwicklungen sein.


    Leo ist mir sehr sympathisch und auch seinen Kollege Robert Walther, der ihm auch ein Freund ist, mag ich. Einige andere Charaktere aus Band 1, wie Pauls Familie und die Buchhändlerin Clara Bleibtreu trifft man ebenfalls wieder. Ein besonderes Highlight unter den Charakteren stellt in diesem Band aber der Junge Paul dar, der eine besondere Beziehung zu dem toten Maler hatte, und möglicherweise mehr über ein mögliches Motiv weiß. Aus armen Verhältnissen stammend, ist er aber auch misstrauisch, und versucht ein Versprechen, das er Wegner geben hat, unter allen Umständen zu halten. Mit ihm ist man als Leser:in sehr schnell emotional verbunden.


    Auch Alfred Wegner lernt man zunächst kennen und mögen, so dass man seinen Tod sehr bedauert. Susanne Goga hat ein gutes Händchen für Charaktere, und so trifft man hier einige, die pointiert gezeichnet sind und auch gut in die Zeit passen, wie z. B. die Tänzerin Thea Pabst.


    Apropos Zeit: Die Atmosphäre jener Zeit hat die Autorin ebenfalls gut in den Roman gebracht. Der historische Hintergrund spielt eine Rolle, die galoppierende Inflation, der aufkommende Nationalsozialismus, die schwierige politische Situation. Susanne Goga lässt uns nicht nur einen Blick in Glanz und Glamour des Berlins der 1920er Jahre werfen, sondern auch einen in die Hinterhöfe und die gesellschaftlichen Diskrepanzen.


    Die Reihe um Leo Wechsler entwickelt sich zunehmend zu einer Lieblingsreihe, ich freue mich schon auf weitere Bände, einige sind bereits erschienen. Wegen des „vergessenen“ Toten vergebe ich „nur“ 9 Punkte, und eine Leseempfehlung (nicht nur) für alle, die (Kriminal)Romane mögen, die in den 1920er Jahren spielen.

  • 2. Band der Leo-Wechsler-Reihe

    Offizielle Information zu dem Buch:


    1922. Arnold Wegner malt seine Zeit in starken Kontrasten – Armut und Luxus, Krieg und Vergnügungssucht, Krankheit und Irrsinn. Seine radikalen Bilder, in denen er sich provokant mit der Gesellschaft und der jüngsten Vergangenheit, dem Ersten Weltkrieg, auseinandersetzt, erregen Bewunderung und Abscheu, lassen aber niemanden kalt. Als der Maler tot in seinem Atelier gefunden wird, führt eine erste Spur Kommissar Leo Wechsler zur rechtsextremen Asgard-Gesellschaft, in der viele ehemalige Offiziere verkehren.

    Gibt es möglicherweise auch eine Verbindung zu dem Toten im Landwehrkanal, bei dem ein Schriftwechsel mit der Asgard-Gesellschaft gefunden wurde? Die Ermittlungen kommen nicht recht voran, bis Leo Wechsler einen Hinweis von der avantgardistischen Tänzerin Thea Pabst erhält. Und es stellt sich heraus, dass es einen Zeugen gibt – der jedoch entzieht sich allen Befragungen durch die Polizei.


    Autorin


    Susanne Goga-Klinkenberg studierte Literaturübersetzen an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, ist seit 1995 als freie Literaturübersetzerin tätig und lebt als Autorin und Übersetzerin in Mönchengladbach, wo sie 1967 geboren wurde. Bisher hat sie rund 60 Werke aus dem Englischen und Französischen übersetzt. Sie ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.


    Außer ihrer Krimireihe um Leo Wechsler hat sie mehrere historische Romane veröffentlicht und wurde mit verschiedenen literarischen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Goldenen HOMER für ›Mord in Babelsberg‹ und dem Silbernen HOMER für ›Nachts am Askanischen Platz‹.

    Ihre Romane veröffentlicht sie unter ihrem Geburtsnamen Susanne Goga.


    Meine Meinung


    Für mich ist es - wie auch schon im ersten Band - eine gute Mischung aus Krimi und Milieustudie, das lese ich sowieso gerne, wenn es gut geschrieben ist, und das ist es. Hier ist es die ereignisreiche Zeit Anfang der 1920er Jahre in Berlin mit Armut, Hunger, Inflation, was sehr anschaulich geschildert wurde z. B. durch die Lebensumstände, in denen der 12jährige Paul Görlich aufwuchs, und als Gegenpol Macht, Reichtum und Glamour vor allem des hier noch sehr präsenten Adels, da die Kaiserzeit noch nicht lange vorbei war, inklusive Standesdünkel und politischer Gruppen und Machtkämpfe. Es gibt Viele, die die neue Demokratie ablehnen und rechtsextreme Gruppen bzw. Gesellschaften bilden. Ich fühlte mich mittendrin im Geschehen.


    Die Charaktere hatten Tiefe, ich fand sie sehr gut gezeichnet, so dass ich immer emotional beteiligt war. Leo Wechsler ist ein angenehm normaler Mann, hier und da mit ein paar Macken.

    Gut einbezogen und nicht zu viel fand ich das Privatleben von Leo Wechsler, seine Kinder und seine Schwester Ilse sowie die Freundschaft zu Clara, die Krimihandlung stand immer im Zentrum. Bei den Ermittlungen zum Mord an dem polarisierenden Maler Arnold Wegner gibt verschiedene Ideen, Ansätze und Fährten, bis sich die richtige auftut, bei der Paul Görlich eine Rolle spielt, von der er gar nichts weiß. Bei ihm habe ich immer gehofft, dass er von seiner total lieblosen, ihn vernachlässigenden, gewalttätigen Familie wegkommt. Er ist mir so ans Herz gewachsen.


    Gestört hat mich: Es waren eigentlich 2 Mordfälle, von denen aber nur einer thematisiert und zu dem ermittelt wurde, der andere wurde bis zum Ende nicht mehr erwähnt, geschweige denn gelöst.


    Ansonsten war es für mich ein intelligenter Krimi, eingebettet in ein gut getroffenes Bild der 1920er Jahre mit Protagonisten, die Tiefe hatten. Die Spannung ist immer vorhanden, aber nicht übermäßig hoch, das hat mich aber überhaupt nicht gestört, zu gerne habe ich die vielen kleinen Details gelesen.


    Von mir gibt es 4,5 Sterne



    ASIN/ISBN: 3423214872

    Irrlicht und Hexe (7. Hexenregel: Unterschätze nie die Kraft des Wortes - es hat eine besondere Kraft, es kann befreien, anstoßen und verändern, aber auch verletzen und zerstören)