Anspruchsvolle Literatur?

  • Ach ja, was mir noch eingefallen ist:
    "Das neue Stroh im Kopf", ist das von Vera Birkenbihl? Das ist aber ziemlich populärwissenschaftlich. Wenn du schon die Zeitschrift "Geist und Gehirn" liest, wie wäre es dann mit einem Buch von Manfred Spitzer? Der schreibt auch nicht so kompliziert, aber er ist (glaube ich) auf der Höhe der Forschung.

  • Zitat

    Original von Bernard
    Das Attribut "verwegen" nehme ich gern entgegen.
    Ein Argument, warum "Faust" kein Horror wäre, obwohl er von Horrormotiven nur so strotzt, lieferst Du allerdings nicht.


    Da muss ich einspringen:
    Weil´s erstens motivgeschichtlich anders einzuordnen ist und zweitens die Umsetzung den Ton angibt.
    Oder willst du mir Harry Potter jetzt auch noch als Horror verkaufen? :lache

  • Zitat

    Original von Bernard
    Das Attribut "verwegen" nehme ich gern entgegen.
    Ein Argument, warum "Faust" kein Horror wäre, obwohl er von Horrormotiven nur so strotzt, lieferst Du allerdings nicht.



    das ist recht billig:


    a) das Genre gab es schlicht noch nicht.
    b) der Anspruch war gerade nicht der, schauriger Unterhaltung.
    c) Allein das Vorhandensein von Motiven macht kein Genre aus, sonst kannst Du den Faust auch als Liebesschnulze, als Theologisches Lehrstück oder sonstwo einsortieren.
    d) Auch Dantes Beschreibungen der Hölle malen Horrorszenarien aus. Sie sind aber keine Horrorliteratur (jedenfalls nicht im heutigen Sinn), da nun gerade die Abschreckung und eben nicht die Untehaltung intendiert war.


    Ich wills ruhig nochmal deutlich sagen: ich habe nichts gegen Horrorliteratur. Ich schätze sie nicht gering, aber ich mag gern einigermaßen ehrlich unterscheiden. Und da stelle ich fest: Fantasy ist etwas anderes als Horror (gut zu sehen an Hohlbein oder Harry Potter), Da stelle ich fest, so grausam Antike oder klassische Texte auch z.T sein mögen, sie sind von Anfang an etwas anderes als noch so gut gemachte Horrorliteratur.

  • Zitat


    Ach ja, was mir noch eingefallen ist:
    "Das neue Stroh im Kopf", ist das von Vera Birkenbihl? Das ist aber ziemlich populärwissenschaftlich. Wenn du schon die Zeitschrift "Geist und Gehirn" liest, wie wäre es dann mit einem Buch von Manfred Spitzer? Der schreibt auch nicht so kompliziert, aber er ist (glaube ich) auf der Höhe der Forschung.


    Hm, ich kann noch nicht beurteilen, wie es ist, meine Mutter hat das mal aus der Bücherei mitgebracht.. Ich hab erst ein paar Seiten gelesen..


    Naja, dass Buch muss bald zurück, erstmal les ich das Psychologie Buch zuende, wenn dann noch Zeit ist, wird auch "Das neue Stroh im Kopf" gelesen.. Sind die Bücher von Manfred Spitzer gut? Von dem hab ich noch nie was gelesen :)



    MfG

  • Zitat

    Original von ec__
    Was wir im Deutschunterricht lesen? Spannende Arbeitsaufträge zu totlangweiligen Themen, die mich nicht die Spur interessiern, zuletzt: Interpretation von Liebesgedichten.. Sowas langweiliges... 3 mal haben wir sogar ganze Bücher gelesen und mussten dazu nen Lesetagebuch führen.. Die Bücher waren der letzte Mist, keine 200 Seiten dick, sprachlich total anspruchslos und vom Inhalt her haben sie mich auch garnicht angesprochen.. Vermultich wollten die Lehrer mit den Büchern die Meinungsbildung der Schüler zu -für die Schüler- aktuellen Themen beeinflussen.
    MfG


    Mich würde ja schon mal interessieren, was Ihr da so lesen musstet ...

  • Zitat


    Mich würde ja schon mal interessieren, was Ihr da so lesen musstet .


    Gute frage.. Ich weiss garnicht mehr, wie die Bücher hiesen.. Ich glaube, ich hab die garnicht mehr, weil ich die weggeworfen habe.. Naja, Bücher in der Schule zu lesen ist sowieso sone Sache, vllt. haben die Bücher den meisten gefallen, mir jedenfalls nicht, aber man kann halt nicht dem Geschmak von allen gerecht werden..




    MfG

  • Ich will Dich ja nicht ärgern, aber ...


    Zitat

    Original von licht
    a) das Genre gab es schlicht noch nicht.


    Das ist richtig, aber wir lesen den Text ja heute. Wenn sich jemand für "Horror-typische Motive" wie Teufel, Dämonen, Versuchung, Schuld, Hexen, Zauberei und so weiter interessiert, wird er im "Faust" fündig.


    Zitat

    Original von licht
    b) der Anspruch war gerade nicht der, schauriger Unterhaltung.


    Dieser Anspruch würde eher den Unterschied "Trivialliteratur"/ "Literatur" begründen, nicht den "Horror" oder "nicht Horror".
    Wenn Du natürlich Horror so definierst, dass ein zwingendes Element ist, dass er ausschließlich der Unterhaltung dient, dann kann er niemals Literatur sein. Ich hatte mal eine Deutschlehrerin, die "Science Fiction" ernsthaft so definiert hat, dass die erzählte Geschichte "unrealistisch" sein müsse ...
    Gerade Horror ist aber außerordentlich geeignet, echte Literatur hervorzubringen, denn die Kenntnis dessen, was einen Menschen tief ängstigt, setzt ein großes Einfühlungsvermögen in die seelische Beschaffenheit des Menschen voraus.


    Zitat

    Original von licht
    c) Allein das Vorhandensein von Motiven macht kein Genre aus, sonst kannst Du den Faust auch als Liebesschnulze, als Theologisches Lehrstück oder sonstwo einsortieren.


    Ich stimme Dir zu: Ich würde Faust auch anführen, wenn jemand einen Text suchte, der Romantik, Theologie (oder einige andere Motive) zum Gegenstand hätte. Allerdings halte ich die Horrorelemente (ich bleibe dabei, ich bin ja, wie Du festgestellt hast, verwegen) für dominant. Ohne Mephisto, ohne die wilde Reise des Dr. Faust, wäre die Geschichte nicht denkbar.
    Gegenfrage: Wenn nicht über die Motive oder über die Motive hinaus - wie würdest Du ein Genre definieren?


    Zitat

    Original von licht
    d) Auch Dantes Beschreibungen der Hölle malen Horrorszenarien aus. Sie sind aber keine Horrorliteratur (jedenfalls nicht im heutigen Sinn), da nun gerade die Abschreckung und eben nicht die Untehaltung intendiert war.


    Auch die würde ich als Horror sehen, und zwar ganz entschieden. Sie werden auch als Motiv in Horrorromanen durchaus häufig aufgenommen.


    Zitat

    Original von licht
    Ich wills ruhig nochmal deutlich sagen: ich habe nichts gegen Horrorliteratur. Ich schätze sie nicht gering, aber ich mag gern einigermaßen ehrlich unterscheiden. Und da stelle ich fest: Fantasy ist etwas anderes als Horror (gut zu sehen an Hohlbein oder Harry Potter),


    Auch das ist zumindest unscharf, aber eine andere Diskussion. "Dark Fantasy" beispielsweise ist gerade das Crossover zwischen Fantasy und Horror und derzeit auf dem Buchmarkt sehr gefragt. Und Hohlbein hat auch so etwas geschrieben wie "Märchenmond", das sicher kein Horror ist. (Im Übrigen glaube ich auch nicht, dass "Horror" ein Genre ist. Er ist ein Stilmittel, das in vielen Genres Verwendung finden kann: "Science Fiction", z.B. "Alien", "Krimi", z.B. "Das Schweigen der Lämmer", ...).


    Zitat

    Original von licht
    Da stelle ich fest, so grausam Antike oder klassische Texte auch z.T sein mögen, sie sind von Anfang an etwas anderes als noch so gut gemachte Horrorliteratur.


    Ich bin der Meinung, es gibt Kriterien, die im Text liegen und solche, die außerhalb des Textes liegen. Ob ein Text Horror-Elemente enthält, liegt (fast) vollständig im Text. Die Probe auf's Exempel wäre also, den Text ohne Autorenangabe und sonstige "Drumheruminformationen" wie die Entstehungszeit zu lesen.
    Da wird das Nibelungenlied zur Fantasy und Faust zu Horror.


    Auch ich meine das nicht abwertend, nur beschreibend. Selbstverständlich gibt es viele Klassiker, die mit Horror nichts zu tun haben und Unmengen von Horror, der frei von jedem Anspruch jenseits der Unterhaltung ist.

  • Dann fasse ich mich kurz und sage es so: es ist wenig hilfreich, alles, was man mag und was man darin finden mag, in eine entsprechende schublade zu packen ... ob es legitim ist, mögen andere entscheiden.
    Für mich (!) bleibt es absurd, den Faust und den Dante unter Horror zu führen.

  • Ich habe mal eine Frage an euch bezüglich der Einteilung in Genres: Sind die Bezeichnungen "Horror", "Fantasy", "Krimi" etc. nicht eher für Romane? Sind sie denn auch für Dramen üblich?


    Spricht man bei Dramen nicht eher von Komödien, Tragödien (wie z.B. "Faust") etc.?


    Ich habe noch nie gehört, dass bei Dramen von Horror, Fantasy etc. gesprochen wird.


    ?(

  • Horror ist für mich, wo eine menge leute grauslig ins gras beissen, die todesursache übersinnlich ist, und man in der nacht nach der lektüre aufschreckt, und nach komischen geräuschen in der wohnung lauscht - dann hat man echten horror gelesen. Wenn das bei einem horror-roman nicht so ist, dann ist er in dem genre falsch eingeordnet und fantasy.


    :gruebel Horror-drama hab ich noch nie gelesen... gibt nur horror-filme... obwohl, eigentlich sind das ja horror-dramen... man könnte die meisten ja auf einer bühne nach spielen...

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Bernhard



    Bisher war dein einziges -nennen wir es freundlich mal- Argument, den Faust als "Horror" klassifizieren zu wollen, das Auftauchen von Motiven. Hui, Hexen, Teufel, Magie und ein Pudel... Der Horror pur.


    Das Schöne an Motiven ist, dass sie auf etwas anspielen und die Art und Weise der Einbindung und Umsetzung nicht selten auch einen Hinweis darauf liefern, wohin die Lesereise denn gehen soll.
    Da ist es (von dieser Warte aus) egal, aus welchem Zeitrahmen heraus ich ein Werk lese - gewisse Strukturen lassen sich auch nicht für die Willkür gewaltsamer Uminterpretation ignorieren.
    Lass es mich so sagen: Nur weil etwas schauerlich verwendet wird, kann man es noch nicht als Horror bezeichnen und nur weil zwei Werke sich eines Motivs bedienen, heißt dies nicht, dass es in beiden Fällen auch dieselbe Aussagekraft oder Wirkung besitzt. Und nur weil der Teufel höchstpersönlich auftaucht, muss ich mich nicht gleich gruseln.


    Horror als Stilmittel war dein Vorschlag.
    Dann ist deine Folgerung, den Faust unter Horror zu packen noch gröberer Unfug als vorher schon.
    Ich klassifiziere den Faust ja auch nicht als rhetorische Figur. Du bringst hier Kategorie und Kriterium/Merkmal durcheinander.

  • Bernhard. Faust ist kein horror.


    Urfaust mag ich, ist ganz nett. Faust teil eins find ich nach so langer zeit ziemlich reizlos und faust teil 2 völlig überflüssig - und noch überflüssiger ist iphigenie auf tauris - es sind schon die antiken original-versionen zum zehennägelaufrollen - quid leget haec? :schnellweg
    ich hab aversionen gegen alle antikenbilder aus der winkelmann-klassik. Diese art von archäologie ist eher ein kurioser geisteszustand, der uns totgeputzte weisse statuen statt den originalen mit den geschmacklosen schreifarben beschert hat. Mir sind originalgetreu geschmacklose griechen und römer lieber als die idealisierten.
    :gruebelund wenn jetzt goethe auf meine kritik an seinen stücken antworten sollte, dann ist das wirklich horror.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Zitat

    Original von Waldlaeufer
    Bisher war dein einziges -nennen wir es freundlich mal- Argument, den Faust als "Horror" klassifizieren zu wollen, das Auftauchen von Motiven. Hui, Hexen, Teufel, Magie und ein Pudel... Der Horror pur.


    Genau.
    Das "Genre" definiert sich für mich über die Motive, und bisher hat niemand etwas Anderes vorgeschlagen.
    Bei einem "Kriminalroman" ist ein Kriminalfall das handlungstreibende Motiv. Ohne Mord keine Ermittlung.
    Bei einem "Liebesroman" ist es die Liebesbeziehung (die reale, die gewünschte, die tragische ...).
    Und bei einem "Horrorroman" sind es die Motive, die Angst hervorrufen.



    Zitat

    Original von Waldlaeufer
    Da ist es (von dieser Warte aus) egal, aus welchem Zeitrahmen heraus ich ein Werk lese - gewisse Strukturen lassen sich auch nicht für die Willkür gewaltsamer Uminterpretation ignorieren.


    Richtig: Horror bleibt Horror. Auch, wenn der Autor Goethe heißt.


    Zitat

    Original von Waldlaeufer
    Lass es mich so sagen: Nur weil etwas schauerlich verwendet wird, kann man es noch nicht als Horror bezeichnen und nur weil zwei Werke sich eines Motivs bedienen, heißt dies nicht, dass es in beiden Fällen auch dieselbe Aussagekraft oder Wirkung besitzt.


    Richtig. Deswegen ist nicht jeder Horrorroman hohe Literatur. Genausowenig wie jeder Liebesroman.


    Zitat

    Original von Waldlaeufer
    Horror als Stilmittel war dein Vorschlag.
    Dann ist deine Folgerung, den Faust unter Horror zu packen noch gröberer Unfug als vorher schon.
    Ich klassifiziere den Faust ja auch nicht als rhetorische Figur. Du bringst hier Kategorie und Kriterium/Merkmal durcheinander.


    Ich glaube nicht. Meine These ist ja gerade, dass die Motive einziges Kriterium der Einordnung seien. Da die Motive vorhanden sind, ist die Einordnung zwingend, sofern meine These zutrifft. Und gerade, wenn man die Auffassung teilt, dass schon unheimliche Elemente als Stilmittel den Horror ausmachen, kann man dieses Merkmal Goethes Faust kaum absprechen.
    Natürlich kann man eine Antithese aufstellen (zum Beispiel: "Das Genre richtet sich primär nach der intendierten Aussage des Autors, das behandelte Motiv ist sekundär oder gar irrelevant."). Das hat bisher niemand getan. Und das stört mich, offen gesagt, auch ein wenig: Ich versuche, meine Position durch Ableitungsketten transparent zu machen. Diejenigen, die sie nicht teilen, begnügen sich damit, sie als "abwegig" usw. darzustellen - ohne jede Ableitungskette.
    Und die Ausgangsfrage des Threads war ja schließlich, welche anspruchsvolle Werke dem Themenstarter empfohlen werden könnten. Er liest gern Horror. Und als anspruchsvolles Werk mit Teufeln, Hexen, Dämonenbeschwörungen und "hui" rangiert Faust sicherlich ganz oben.