Olivier Adam - Keine Sorge, mir geht's gut

  • Lili und ihr über alles geliebter Bruder Loïc leben bei ihren Eltern, in der Normalität einer bürgerlichen Kleinstadt bei Paris. Lili macht ihr Fachabitur für Buchhaltung, alles scheint seinen Gang zu gehen.
    Eines Tages jedoch, als sie nach den Ferien bei der Großmutter zurückkehrt, ist Loïc verschwunden, abgehauen nach einem banalen Streit mit den Eltern, wie es scheint.
    Lili und auch ihre Eltern sind am Boden zerstört, fassungslos trauern sie gemeinsam.
    Die Trauer der Schwester jedoch will nicht abebben, scheint gar mit der Zeit lebensbedrohlich zu werden, denn Lili verweigert die Nahrung und magert immer mehr ab. Die Eltern sind voller Sorge um ihre Tochter.
    Erst als Lili Post von Loïc erhält, in der er ihr mitteilt, dass er durch ganz Frankreich reist, um sich selbst zu finden, und dass sie sich keine Sorgen um ihn machen soll, vermag sie ein einigermaßen normales, obschon orientierungsloses, trauriges Leben zu führen. Sie zieht nach Paris und jobbt fortan in einem Supermarkt, lebt von Tag zu Tag in ihrer täglichen, leeren Routine.
    Stets fühlt sie die Abwesenheit ihres Bruders, den sie als Teil von sich betrachtet. Innerlich ist sie dadurch wie zerrissen.
    Ihre Freundschaften sind oberflächlich und unter den Studenten, die sich mit ihrem Wissen und ihrer glänzenden Zukunft brüsten verliert Lili immer mehr von ihrem Selbstwertgefühl; die Männer die sie kennenlernt nutzen sie aus.


    An ihren freien Tagen kehrt Lili oft zu ihren Eltern zurück, wo meist bereits ein weiterer Brief von Loïc auf sie wartet.
    Doch diesmal, als sie ihren Urlaub bei ihren Eltern verbringt, beschließt sie ihren Bruder zu suchen. Die letzen Karten hatten einen Stempel aus Portbail, dort reist sie nun mit ihrem Mietwagen hin. Ab diesem Punkt nimmt Lilis Leben eine ungeahnte Wendung.


    Olivier Adams erster und in Frankreich überaus erfolgreicher Roman brilliert mit seiner berührenden, lebendigen Sprache ebenso, wie mit seiner melancholischen Tiefe und seinen bezaubernden Szenerien.
    Ein Werk in dem sich große Gefühle im kleinen Alltag der Protagonisten offenbaren. Adam zeichnet seine Figuren mit viel Fingerspitzengefühl und sehr authentisch, Lilis Schicksal fesselt bis zum letzten Wort. Man schwebt zwischen Bezauberung, Hoffnung und
    grausamer Menschlichkeit in dieser von Adam erschaffenen Romanwelt.
    Ein einzigartiges unvergessliches Werk!


    Am 22. März startet auch die Verfilmung von "Keine Sorge mir geht`s gut" im Kino. In der Hauptrolle Melanie Laurent, die für ihre schauspielerische Leistung bereits mit dem Prix Romy Schneider ausgezeichnet wurde. Man darf gespannt sein...

  • Dieses Buch hat tatsächlich einen gewissen Charme, auch wenn ich nicht sagen kann, worin der liegt. Sind es die kurzen Sätze? Die an und für sich unspektakulären Begebenheiten? Die klare, fast schon kalte Sprache?


    Eines weiß ich, die Geschichte von Lili hat mich von den ersten Seiten an mitgenommen. Das Buch beginnt mit dem hier und jetzt der Protagonistin zwischen Supermarktkasse, Markenartikeln und Bekannten, mit denen sie nichts gemein hat. Lili ist eine zarte und einsame junge Frau, die zuvor nur durch ihren Bruder lebte und seit seinem Verschwinden existiert sie eigentlich nur noch. Im zweiten Teil beleuchtet Adam, was geschah, als der Bruder einfach ging, ohne Worte. Irgendwann schickte er Karten. In Teil drei macht sich Lili auf die Suche nach ihm und wird darüber erwachsen, selbstständiger.


    Ich fand die Geschichte anrührend, traurig, erhebend, gut beendet. Leider lesen sich die wenigen Seiten sehr schnell weg, aber die Stimmung bleibt.


    Ich habe zuerst den Film gesehen und das Buch erst sehr viel später gelesen. Die Unterschiede allein von der Handlung her sind gravierend, aber beide für sich sind wunderbare Geschichten. Und da Adam am Drehbuch mitgeschrieben hat, hege ich die Vermutung, er hat in den Film alles gepackt, was er sich als behutsame Alternativen des Buches vorstellen konnte.


    Ich bin begeistert.

  • Klappentext:


    Lilis geliebter Zwillingsbruder Loic ist weg. Nach einem Streit hat er die Familie verlassen. Alles, was Lili bleibt, ist hin und wieder eine Postkarte. Eines Tages macht sie sich von Paris Richtung Meer auf, um Loic zu suchen und entdeckt dabei ein schönes, trauriges Familiengeheimnis ...
    Adam Oliviers feinsinniger Debütroman erreichte in Frankreich Kultstatus und wurde von Philippe Lioret verfilmt.


    Über den Autor:


    Olivier Adam, geboren 1974 in einem Vorort von Paris, lebt mit seiner Familie in der Bretagne. Die Verfilmung seines Debütromans Keine Sorge, mir geht's gut erreichte in Frankreich Kultstatus. Zuletzt erschienen auf deutsch die Romane Leichtgewicht, Mein Herz und deine Seele und Klippen, sowie der Erzählungsband Am Ende des Winters.


    Meine Meinung:


    Zwillingen sagt man ja eine ganz besonders tiefe Geschwisterbeziehung nach. Vielleicht hat der Verfasser des Klappentextes Lili und Loic aus diesem Grund zu Zwillingen erklärt, obwohl Lili zwei Jahre älter ist als ihr Bruder. Vielleicht hat er das Buch auch einfach nicht gelesen.


    Für Lili war Loic, obwohl jünger, immer der große Bruder, zu dem sie aufgesehen, den sie bewundert hat. Nach seinem Verschwinden gibt Lilli sich auf, isst kaum noch, magert bis auf die Knochen ab, verliert jeglichen Lebensmut. Dann kommen die Postkarten. Knappe Lebenszeichen, "Keine Sorge, mir geht's gut", die Lili zeigen, dass Loic irgendwo da draußen ist und an sie denkt. Für Lili bedeuten diese kurzen Sätze die Rettung. Sie beginnt zu essen, nimmt ihr Leben wieder auf. Und eines Tages macht sie sich auf die Suche nach Loic ...


    Keine Sorge, mir geht's gut ist ein stiller Roman. Olivier erzählt unaufgeregt, in knappen Sätzen. Die Figuren, besonders Lilis Eltern, werden nur grob skizziert, und dennoch hat der Leser ein klares Bild vor Augen. Die sprachliche Reduktion und die Figurenzeichnung, die nicht konkretisiert, lassen viel Raum für eigene Gedanken. Der Autor erschöpft sich nicht in Beschreibungen, er vermittelt vieles zwischen den Zeilen.
    Olivier beweist mit seinem Debütroman, dass eine Geschichte nicht in kunstvoll verschachtelten Sätzen voller Metaphern erzählt werden muss, um Atmosphäre zu entfalten.


    Keine Sorge, mir geht's gut ist eine melancholische Geschichte. Der Roman wird getragen von einer wehmütigen Stimmung, ohne sentimental zu sein. Es ist eine berührende Geschichte über die Zerbrechlichkeit des Glücks und nicht zuletzt eine Geschichte über die Bedeutung und Kraft der Familie, die mich sehr beeindruckt hat.

  • Ganz herzlichen Dank liebe Seestern für deine Bemühungen, mein Konto um weitere 7.95 EUR zu erleichtern. :grin


    Nach deiner Rezi gibt es wohl keine echte Alternative zum Bücherkauf. Dann werde ich jetzt mal die notwendigen Anstrengungen zum Kauf dieses Buches unternehmen. Übrigens, sehr schöne und informative Rezi. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.