'Von Mäusen und Menschen' - Kapitel IV - VI

  • Huch, noch gar niemand hier? :wow


    Es war also wirklich wie ich befürchtet hatte, Curley und seine Frau (die ja nicht mal einen Namen hat) bringen Unglück für Lennie und George.


    Georges Handlung spiegelt den Gnadenschuss an Candys Hund wieder, allerdings ist er es selbst, der Lennie vor einem noch grausameren Ende bewahrt (dies hätte Candy auch selbst tun sollen, wie er sich später vorwirft). Selbst wenn Curley Lennie nicht erschossen hätte und sie ihn eingesperrt hätten, so wäre das für Lennie wohl viel viel schlimmer gewesen. George sorgte dafür, dass Lennie in den Gedanken an ihre Farm starb. Man merkt wie er stockt und unsicher ist, er zittert immer wieder. Und als sie gemeinsam die Legende ihrer Farm rezitieren, musste ich doch schwer schlucken, den man ahnt was kommt.


    Durch Lennies Verlust wird erst richtig klar (vielleicht sogar für George selbst), dass es sich wirklich so verhält, wie sie immer behauptet haben. Lennie braucht George und George braucht Lennie. Ohne ihn ist der Traum von der Farm nicht mehr so real. Obwohl sie noch genau so viel Geld haben wie bisher und es noch zu schaffen wäre, erscheint es George gar nicht mehr erstrebenswert. Es scheint, als wäre Lennie sein Anker in dieser Zukunft gewesen und ohne ihn treibt er langsam ab und wird genau wie die anderen Arbeiter. Ohne Ziel wird er im Land herumziehen und sein Geld sinnlos verpulvern. Die Tatsache, dass er Verantworung für ein anderes Leben tragen musste, hatte ihn zu einem "besseren" Menschen gemacht. Diese "Last" ist nun von ihm gewichen.


    Das traurige Ende einer Freundschaft. Obwohl man nicht viel Zeit mit den beiden verbringt und auch nicht sehr viel über ihren gemeinsamen Weg erfährt spürt man doch in der Art wie sie miteinander umgehen großes Vertrauen und wirklich tiefe Verbundenheit. Ein berührendes Buch.


    Zur Sprache ist mir noch etwas aufgefallen. Obwohl die Personen ja durchweg einen recht ungeschliffenen Sprachstil pflegen, tauchen immer wieder Wörter auf, die so gar nicht zu diesem Sprachstil passen wollen. Lennie zum Beispiel benutzt recht häufig die Wörter "Gewiß" und "Wahrhaftig!"; George sagt, als Candy ihm Curleys tote Frau zeigt (in meiner Ausgabe S. 100): "Mich dünkt, ich wußte, wir würden's nie schaffen." Das klingt doch sehr merkwürdig. Redet so ein Landarbeiter? Mich würde interessieren, was dort in der englische Ausgabe steht.


    Insgesamt ein schönes, zwar kurzes aber nichts desto weniger beeindruckendes Buch. Von mir 8 von 10 Punkten.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Ja, das Milton ist mir auch aufgefallen und ich hab auch nachgedacht ob es eine Bedeutung haben könnte, da ja "Small" für Lennie sozusagen die Anti-Bedeutung ist. Es sein denn, es ist nicht die körperliche sondern die geistige Größe gemeint. :gruebel

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Vielen Dank für deine Zusammenfassung Paradise Lost - ich finde sie ziemlich gut.


    Ich denke das Steinbeck die Namen schon mit Bedeutung gewählt hat - einen Riesen mit kleinem Verstand Small zu nennen finde ich echt gut.


    Mir hat das Buch gut gefallen, Georg hat Mut und Stärke bewiesen indem er für den Gnadenschuss für Lenny sorgt. er ist nicht abgehauen, sondern hat für Lenny so gut es geht gesorgt.


    Georg könnte eigentlich seinen traum weiterverfolgen, aber ohne Lenny hat es für ihn keinen Sinn.


    Insgesamt eine traurige und schöne Geschichte - auch von mir 8 Punkte

  • Das Buch hat eine stark kammerspielartige Komponente.
    Stellvertretend dafür ist das beeindruckende vierte Kapitel in Crooks Kammer mit Crook, Lenny, Candy und Curlys Frau. Die Auseinandersetzung mit ihr zerstört die Harmonie, die sich durch den Traum vom eigenen Land bei den Männern eingestellt hatte.

  • Kapitel 5: nach den toten Mäusen und dem Hund kommt noch eine Steigerung der Fehleinschätzung Lennys Kräfte.
    Curlys Frau hat in diesem Buch nicht einmal einen Namen gehabt.
    Sie war auf der Farm ziemlich unzufrieden und gelangweilt gewesen und hat von einem glamurösen Leben geträumt.
    Sie konnte mit den Männern der Farm umgehen und sich durchsetzen, zum Beispiel wie sie Crook im vierten Kapitel zugesetzt und bedroht hat, aber mit Lenny hat sie eine falsche Einschätzung gemacht, die sie das Leben gekostet hat.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Sie konnte mit den Männern der Farm umgehen und sich durchsetzen, zum Beispiel wie sie Crook im vierten Kapitel zugesetzt und bedroht hat, aber mit Lenny hat sie eine falsche Einschätzung gemacht, die sie das Leben gekostet hat.


    Aber anscheinend hat nicht nur sie Lennie falsch eingeschätzt. Auch George hätte das nicht gedacht. Auch in Weed muss etwas ähnliches geschehen sein.


    George Gnadenschuss war bestimmt richtig. Aber es gehört schon einiges dazu, dass man es schafft.


    Ich dachte mir auch beim Lesen, dass die Namen bewusst ausgewählt wurden.


    Insgesamt gefiel mir das Buch ganz gut. 8 Punkte von mir.

    Ich lese gerade:
    Drachenfrau von Hildegunde Artmeier

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  • George konnte Lenny auch nur bedingt kontrollieren. Aber ich denke, dass hätte unter diesen Bedingungen auch kein anderer geschafft, es sei denn durch hundertprozentige, also ständige Überwachung. Dafür waren die Lebensbedingungen als Wanderarbeiter aber nicht geschaffen.
    Lenny hatte kein Unrechtsbewusstsein bei denn Vorfällen, da er seine eigenen großen Kräfte überhaupt nicht einschätzen konnte, deshalb hätten sich die Vorfälle wiederholen können. So gab es wohl kaum eine Lösung. Verantwortlich für das Dilemma war maßgebend auch die schlechten Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter.


    Hätten George und Lenny ihren Traum vom eigenen Stück Land rechtzeitig verwirklichen können, wären die besseren Lebensbedingungen, also das eigene Heim, vielleicht geeignet gewesen, auch Lenny mehr Sicherheit zu geben und das Unglück wäre möglicherweise vermeidbar gewesen.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    George konnte Lenny auch nur bedingt kontrollieren. Aber ich denke, dass hätte unter diesen Bedingungen auch kein anderer geschafft, es sei denn durch hundertprozentige, also ständige Überwachung.


    :write Da bin ich ganz Deiner Meinung. Nur hätte George nicht gedacht, dass es jemals so weit kommt, dass er einen Menschen umbringt (wenn auch aus Versehen). So hab ich das auf jeden Fall verstanden.

  • Jetzt habe ich den letzten Teil auch beendet. Ein makelloses Werk.


    Zitat

    Original von Primavera


    :write Da bin ich ganz Deiner Meinung. Nur hätte George nicht gedacht, dass es jemals so weit kommt, dass er einen Menschen umbringt (wenn auch aus Versehen). So hab ich das auf jeden Fall verstanden.


    Einmal sagt George: "Ich hätt es wissen sollen.
    Vielleicht, ganz tief hinten in meinem Kopf, hab ich es auch gewusst."


    George hatte allerdings keine Möglichkeit, das Unglück zu verhindern. Er hat aber die Verantwortung für Lenny übernommen und nimmt sie am Ende auch konsequent wahr.


    Wie das Nachwort von Katja Schmid ausführt, war das Amerika seiner Zeit von der obzönen Sprache, dem gewalttätigen Ende sowie der politisch unkorrekte Umgang mit Behinderten und Schwarzen abgestossen.
    Auch heute noch hat Von Mäuse und Menschen wohl noch diese Wirkung, aber es ist doch für mein Empfinden eine Chronik dieser Zeit.


    John Steinbeck wieder zu lesen, war für mich wieder sehr lohnenswert und vielleicht wird ja irgendwann noch ein anderes Buch des Autors, möglicherweise ein nicht ganz so Bekanntes, für eine Leserunde in Frage kommen.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Wie das Nachwort von Katja Schmid ausführt, war das Amerika seiner Zeit von der obzönen Sprache, [...] abgestossen.


    Ich hab leider kein Nachwort. Aber was an der Sprache ist denn bitte obszön? ?( Weil sie Curleys Frau ein paar mal als Hure bezeichnen vielleicht?

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    - Meister Yoda

  • Ich finde die Sprache eigentlich auch nicht obzön, sonder einfach und realistisch, Wanderarbeiter reden schließlich in der Regel nicht gestelzt.


    John Steinbecks einfach gehaltener Stil wurde ihm ja manchmal vorgeworfen, besonders zu der Zeit als er den Literaturnobelpreis bekam, war eigentlich etwas anderes angesagt.


    Mir gefällt Steinbecks Stil.

  • Ich weiß ja nicht, wie es in den anderen Büchern ist, aber gerade hier finde ich, dass sein einfacher Stil wunderbar ins Gesamtbild passt. Ein schnörkeliges Geschreibsel hätte nicht zu den Menschen in diesem Buch gepasst. Gut, dass er sich nicht der "Mode" angeglichen hat. ^^

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  • Lennie tut mir furchtbar Leid.
    Durch seine grossen Kräfte bringt er immer wieder Lebewesen um, obwohl er das ja eigentlich weiß und nicht will. Bis es zum Tod von Curley's Frau kommt.


    Ich denke, Lennie nicht einfach seinem Schicksal zu überlassen, sondern ihm den "Gnadenschuss" zu geben, ist der größte Freundschaftsbeweis von George. Obwohl ich musste bei dieser Szene doch ziemlich schlucken.


    Das Ende macht mich schon traurig. Lennie tot und die Träume von einer eigenen Farm scheinen für George mit Lennie gestorben zu sein.
    Er wird jetzt weiter als Wanderarbeiter herumziehen und sein Geld vertrinken.


    Ich habe ja auch die Ausgabe wie Du, Paradise Lost.
    Ich finde auch, dass der Sprachstil sehr gut zu den beschriebenen Menschen passt.

    Liebe Grüße, Sigrid

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    Dass Zeit sich lohnt

  • Hab das ganze Buch über gedacht, dass Lennie mir einfach furchtbar leid tut. :cry
    Er weckt so richtig den Becshützerinstinkt in einem.
    Ist das weil ich mega zimperlich bin oder bin ich die einzige der eine Träne entwischt ist? ( oder zwei) ;-)
    Einen grösseren Freunschaftsbeweis oder Verantwortungsgefühl hätte George nicht mehr geben können. Er hat sich um Lennie gekümmert bis zum bitteren Ende.
    Und für mich kommt das auch ziemlich einem Gnadenschuss gleich. Er bewahrt Lennie davor, dass Curley ihn erwischt, denn ich stell mir den mal so vor, dass der ihn nicht einfach nur erschossen hätte.
    Das Buch hat mir sehr gut gefallen, obwohl es mich von Anfang an traurig gestimmt hat. Da wandern die beiden von einer Farm zur anderen um sich einen Traum vom eigenen Häuschen zu erfüllen, wo Lennie ganz sicher besser aufgehoben wäre und am Schluss bleibt gar nichts. Kein Lennie und ein George für den der Traum ohne Lennie keinen Sinn mehr macht...


    War mein erster "Steinbeck", glaube aber dass ich mich noch an ein anderes wagen werde.

  • Zitat

    Original von ramate
    Und für mich kommt das auch ziemlich einem Gnadenschuss gleich. Er bewahrt Lennie davor, dass Curley ihn erwischt, denn ich stell mir den mal so vor, dass der ihn nicht einfach nur erschossen hätte.


    Wahrscheinlich wäre Lenny von Curly erschossen worden, oder aber bestenfalls wäre Lenny lebenslänglich ins Gefängnis gekommen, ohne wirklich zu wissen, warum.


    Das Buch war traurig, keine Frage. Aber die Tatsache, dass die beiden einen Traum vom eigenen Land hatten und auch Candy ihre Pläne teilte, selbst Crook wäre bei allen Pessimismus am Ende gerne dabei gewesen, gibt etwas Hoffnung, nicht viel, nur einen Funken.


    Unter besseren Bedingungen hätten sie es schaffen können. Es ist nicht hoffnungslos, so einen Traum zu haben. Das ist für mich auch eine (kleine) Botschaft des Romans.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Wahrscheinlich wäre Lenny von Curly erschossen worden, oder aber bestenfalls wäre Lenny lebenslänglich ins Gefängnis gekommen, ohne wirklich zu wissen, warum.


    Ich glaube, da wäre es sogar vorzuziehen gewesen, wenn Curley ihn erschossen hätte. Man hat ja gemerkt was der Gedanke, von George getrennt irgendwo eingeschlossen zu werden, bei Lennie für eine Panik hervorgerufen hat.

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    - Meister Yoda

  • Mir ist noch aufgefallen, dass John Steinbeck mit diesem Buch anhand des Zusammenlebens auf der Farm nicht gerade ein schmeichelhaftes Portrait des Landes in dieser Zeit beschreibt.


    Lennie wird misstrauisch und mit Vorurteilen auf der Farm aufgenommen, Curly ist als schwarzer sehr isoliert und Candy gilt auch nicht viel.


    Geistig Behinderte (Lennie), Schwarze (Crook) oder Alte (Candy) stehen auf der sozialen Stufe ganz unten.

  • Aber der einzige mit Bildung - der belesene- ist der Nigger. Bei ihm lautet die Betzeichnung in der Übersetzung übrigens "etwa 10 Morgen Land"- steht da im Original auch acres?


    Das Buch ist in seiner spröden Sprache ein Lesegenuss- wegen des Themas kein Lesevergnügen. Eine Beschreibung der Lebensumstände im Amerika der Depression- irgendwann zwischen den Weltkriegen. Ein Traum vom Leben auf dem eigenen Stück Land scheitert an der Realität. Traurig aber wirklich bildhaft und plastisch beschrieben.