Herbstmond - Patti Callahan Henry

  • Was wäre wenn...?



    368 Seiten, kartoniert
    Originaltitel: Losing the Moon
    Aus dem Amerikanischen von Sabine Schulte
    Verlag: Gustav Lübbe Verlag (Bastei Lübbe Taschenbuch), Bergisch Gladbach, 2007
    ISBN-10: 3-404-92264-6
    ISBN-13: 978-3-404-92264-2




    Kurzinhalt / Klappentext


    Als die Hochschuldozentin Amy nach langen Jahren ihre erste Liebe wiedertrifft, erscheint ihr das Glück an der Seite ihres Mannes plötzlich fragwürdig. Ihre Gedanken kreisen nur noch um den charmanten Nick und längst begrabene Träume. Als sie gemeinsam eine Insel erkunden, ahnt sie nicht, daß sie damit ihr Leben aufs Spiel setzt ...


    Vor der malerischen Kulisse Georgias entfaltet sich ein stimmungsvoller Roman über verloren geglaubte Träume, die Macht der Versuchung und die Kunst des Verzeihens.


    Zu dem Buch gab es auch eine Leserunde.



    Über die Autorin (Quellen: Lübbe Verlag / Autorinnenhomepage)


    Patti Callahan Henry wuchs als Pfarrerstochter auf, die schon früh lernte, welchen Einfluß Geschichten auf Menschen haben können. Sie studierte an der Auburn University und arbeitete bis zur Geburt ihres ersten Kindes in einem Krankenhaus.


    Patti Callahan Henry lebt heute mit ihrem Ehemann und drei Kindern in der Nähe von Atlanta, Georgia, am Chattahoochee-Fluß in einer malerischen Meereslandschaft, die sie in den poetischen Bildern ihres Romans eingefangen hat. Sie ist Vollzeitschriftstellerin und arbeitet derzeit an ihrem sechsten Roman.


    Bei Lübbe erschienen von ihr bereits "Herbstmond" (2005) und „Delphinsommer" (2007).


    Sie stand auf der Shortlist für den „Townsend Prize for Fiction“ und wurde für „Southeastern Independent Booksellers Fiction Novel of the Year“ nominiert.



    Informationen im Internet
    - < Klick > die Homepage des Autorin (englisch)
    - [URL=http://www.luebbe.de/kunden/luebbe/vgl/www.nsf/htmls/Autorenportrait?Open&dc=2&ds2=Autoren-Einzeldokument-D&external=d!C1256E550034A541,i!F0705F943C4A832BC1256E7F008064DF&cartid=11185-184921]< Klick >[/URL] Informationsseite des Lübbe-Verlages
    - < Klick > Übersicht des amerikanischen Originalverlages NAL




    Meine Meinung


    Den Roman habe ich innerhalb drei Tagen in jeder freien Minute quasi verschlungen. Eigentlich geht es die ganzen rund 360 Seiten um die Frage „Was wäre wenn“, wie es gegen Ende des Buches auch thematisiert wird. Die Hauptthemen nennt der Klappentext recht zutreffend, wenngleich „die Kunst des Verzeihens“ etwas zu kurz kam.


    Amy hatte nichts dazu getan, dass Nick erneut in ihr Leben getreten war, und das, was kommen sollte, würde genauso wenig von ihrer Entscheidung abhängen. Nein, es würde von selbst geschehen. (Seite 265)


    Und so entwickelt sich denn das Kommende, von dem ich über weite Strecken nicht wußte, ob es eine Liebesgeschichte oder ein Liebesdrama wird, irgendwo ist es wohl beides. Angenehm geschrieben, bisweilen (es sei zugegeben) auch etwas kitschig, hat es mich recht schnell in den Bann gezogen und mich in die Südstaaten versetzt. Ein bißchen habe ich mich an Stuart Harrison erinnert gefühlt, denn auch seine Bücher habe ich ähnlich stark stimmungsvoll empfunden. Aus dem Genre selbst habe ich sehr wenig gelesen, so daß mir ansonsten der Vergleich mit anderen Autoren fehlt.


    Amy und Phil’s Sohn Jack hat eine neue Freundin, Lisbeth. Diese ist die Tochter von Nick und Eliza. Beim ersten Treffen der Eltern kommt es heraus: Amy und Nick waren vor rund fünfundzwanzig Jahren ein Paar. Nick ging für drei Monate nach Costa Rica und kam nicht zurück. Jeder denkt, der andere habe ihn verlassen; alte Wunden brechen wieder auf.


    Teilweise in der Gegenwart, teilweise in Rückblicken auf die Vergangenheit, kommt langsam die ganze Geschichte zum Vorschein. Wie das damals war, immer wieder mit neuen Facetten, bis schließlich - nach einigen Wendungen - alles bekannt ist. Am Ende (des Buches) ist denn auch wirklich nichts mehr so, wie es am Anfang war. Lange habe ich geschwankt, was ich denn nun den Protagonisten wünschen soll und konnte mich nicht entscheiden. Das hatte sicher auch damit zu tun, daß die Fakten nur nach und nach herauskommen und so über weite Strecken eine Ungewissheit, was denn nur wirklich passiert ist, wer an was Schuld hat, bestehen bleibt.


    Zwischendurch, wie in der Leserunde nachzulesen, gab es immer wieder mal Sätze, über die man stolpern kann. Ich selbst bin bei diesem hängengeblieben (im wahrsten Sinne des Wortes, der Lesefluß wurde abrupt unterbrochen):
    Seite 152: Nick drückte die Lippen auf die salzigen Tropfen, die nie hätten fließen sollen, wenn es nach ihm gegangen wäre.


    Alles in allem war ich recht zufrieden. Das Buch ging streckenweise ganz anders, als ich es erwartet hätte. Die Figuren fand ich glaubhaft geschildert, die Nebenfiguren blieben dabei für mich etwas blaß. Carol Anne hat bisweilen etwas genervt, aber manchmal ist ein solcher Pragmatismus, wie sie ihn verkörpert, wohl einfach notwendig.


    „Komisch, wie uns die Dinge einholen, wie wir dafür bezahlen müssen, gerade wenn wir meinen, wir hätten alles abgezahlt.“, heißt es auf Seite 130. Das ist eine schöne Zusammenfassung des Grundthemas. Etwas zu kurz kam mir am Ende, wie Nick mit der ganzen Situation klar kam. Das ging zu schnell, zu plötzlich, zu glatt und war für mich bis zu einem gewissen Grade unglaubwürdig, während ich die Reaktion der anderen drei Hauptbetroffenen recht gut nachvollziehen konnte.



    Kurzfassung:
    Ein Roman vor der Kulisse der Südstaaten, der sich um die Frage „Was wäre wenn...“ dreht. Sicher nichts weltbewegendes, aber für ein paar vergnügliche, teilweise nachdenkliche Lesestunden genau richtig. Und mal ehrlich, das ist doch manchmal genau das, was man will, oder? ;-)


    Edit. Ergänzung, Schreibfehler berichtigt.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von SiCollier ()

  • Danke für die Rezi SiCollier.
    Das hört sich ja gar nicht so schlecht an. Ich hatte das Buch auch bei der Lesejury gewonnen und kannte die Autorin auch nicht. Habe dann mal ein paar Seiten angelesen und war nicht so wirklich begeistert, so dass ich es erstmal wieder weggelegt habe.
    Ich habe nun auch ein bisschen eure Leserunde verfolgt und werde dem Buch auf jeden Fall noch mal eine Chance geben.

  • Die Autorin kannte ich auch nicht, mich hat der Klappentext neugierig gemacht. Na ja, und wenn ich nur von Autoren lesen würde, die ich schon kenne ... das wäre auch nicht so ganz das Wahre, oder? ;-)


    Mit etwas Abstand zum Buch muß ich sagen, daß es mir eigentlich immer besser gefällt. Es war eine recht realistische Ausgangssituation, die sich dann folgerichtig weiterentwickelt hat. Einige wenige stilistische Formulierungen sind mir aufgestoßen, bisweilen dachten die Protas etwas umständlich. Doch ich kenne Menschen, die genauso denken oder reden; insofern ist das eher mein Problem, denn im täglichen Leben stört mich das auch.


    Entfernt fühle ich mich übrigens an Marc Levys „Wo bist Du“? (Eulenrezi) erinnert, obwohl jenes Buch vom schreibtechnischen her gesehen eher mau war (siehe u. a. meine Rezi). Die Situation, daß zwei, die heiraten wollen, es nicht tun und dafür andere Partner wählen, ist ein bißchen ähnlich; die Ausführung hier („Herbstmond“) jedoch um Längen besser als bei Levy.


    Ich habe auch noch recht oft über das Ende nachgedacht. Ich habe lange nicht gewußt, wie es ausgehen wird, und auch nicht, wie ich mir wünsche, daß es ausgeht. Letztlich denke ich, daß Patti Callahan Henry das ziemlich gut hinbekommen hat. Die beschriebenen Situationen kenne ich zwar nicht aus eigener Erfahrung, kann mir aber vorstellen, daß Menschen genau so reagieren und handeln. Auch war es nicht irgendwie „abgehoben“ oder „alles zurecht gebogen“, sondern so, wie es nach einer solchen Entwicklung wohl wirklich ausgehen würde. Wobei mir die im Spoiler meiner Rezi genannte Person zum einen am meisten zum Denken aufgibt, zum anderen das meiste Mitgefühl und Mitleid hat.


    Übrigens: jetzt kenne ich die Autorin ja. Ich werde mit ziemlicher Sicherheit auch ihre anderen Bücher lesen. :-)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Nachdem ich das Buch ja vor ein paar Wochen wieder zur Seite gelegt hatte habe ich es nun in einem Rutsch durchgelesen.
    Keine Ahnung warum es mir beim ersten Versuch nicht so gefallen hat, jetzt war ich nämlich gleich gefesselt.
    2 Tage habe ich für das Buch gebraucht und es hat mir sehr gut gefallen.
    Die Geschichte und auch die Handlungen der Protagonisten waren sehr glaubwürdig.
    Auch ich konnte mir nie vorstellen wie es denn nun ausgehen wird oder besser was für eine Zukunft ich den Protagonisten wünschen würde.
    So wie es endet ist es sicherlich gut und auch am wahrscheinlichsten.
    Auch wenn meine romantische Ader sich durchaus auch ein anderes Ende hätte vorstellen können ;-).
    Eine interessante neue Autorin, die auch ich im Hinterkopf behalten werde.
    Durchaus eine gute Alternative zu Anita Shreve.

  • Ich habe das Buch gestern ausgelesen und mir hat es recht gut gefallen. Die Gefühlswelt der Protagonisten war gut beschrieben, so dass ich mich gut einfühlen konnte. Mir waren die Gefühlsanwandlungen manchmal ein bisschen zu heftig und einige Stellen empfand ich als arg kitschig aber manchmal braucht man genau solche Bücher :knuddel1


    Außerdem hatte ich mal richtig Lust mir mal wieder ein "altes Haus" anzugucken. Amys Liebe zur Architektur war so einprägsam beschrieben, dass sich davon etwas auf mich übertragen hat :lache