Sarah Dreher - Solitaire und Brahms

  • Wahrscheinlich hätte ich mir das Buch nicht selbst gekauft... der Titel hätte mich einfach nicht angesprochen (wird aber im Buch aufgeklärt ;-)). So aber war es ein Geschenk, das ich sehr gerne gelesen habe:


    Bei Amazon geklaut:
    "Wenn eine Frau, die Frauen liebt, keine Frau ist, wer dann?"


    Beruflich erfolgreich, allgemein beliebt und frisch verlobt, wehrt sich Shelby dennoch gegen das traditionelle Rollenverhalten einer gehorsamen Ehefrau, in das ihre Umwelt sie drängen will. Als sie merkt, wieviel ihre neue Nachbarin Fran ihr bedeutet, beginnt sie die Puzzleteile in ihrem Leben endlich neu zu ordnen.


    Sarah Dreher zeichnet in ihrem persönlichsten Roman ein einfühlsames, humorvolles und zugleich schmerzhaft realistisches Bild der sechziger Jahre, aus der Zeit vor Stonewall und Gay Pride, als eine "richtige Frau" sich nicht gegen gesellschaftliche Erwartungen auflehnen geschweige denn in eine andere Frau verlieben durfte.


    Das Buch ist wirklich interessant und sehr einfühlsam geschrieben. Der Leser spürt natürlich schon viel früher als die Protagonistin, daß etwas in deren Leben gewaltig schief läuft. Aber was das nun genau ist, das findet Shelby erst ganz langsam und nach vielen Komplikationen heraus.


    Ich finde es sehr schön beschrieben, wie Shelby peu à peu merkt, daß die in den 60er Jahren übliche Frauenrolle (Heirat - Kinder - Heimchen am Herd) nicht zu ihr passt und wie sie ganz langsam erst ihren Weg entgegen aller Schwierigkeiten in die richtige Richtung findet.


    Ob Homosexuelle damals wirklich so krass angefeindet, ja fast schon verfolgt wurden, weiß ich nicht - aber ich könnte mir das gerade in Amerika sehr gut vorstellen.


    Das Buch war sehr interessant zu lesen und ich hatte es in weniger als einer Woche durch (obwohl ich doch eigentlich gar keine Zeit zum Lesen hatte...).

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Hier noch ein paar andere Stimmen zu dem Buch:


    DIE AUTORIN


    Sarah Dreher, geboren 1937, Schriftstellerin und Psychotherapeutin, lebt in Amherst, Massachusetts. Bekannt geworden ist sie vor allem durch ihre Krimireihe um die sympathische Lesbe Stoner McTavish.


    Zu "Solitaire und Brahms" sagt sie: "Ich freue mich sehr, dass "Solitaire und Brahms" jetzt auch auf Deutsch veröffentlicht wird. Es ist mir das liebste von all meinen Büchern. Ich begann es 1959 im Graduiertenstudium zu schreiben, und es hat mir viele Jahre lang Trost gespendet und Gesellschaft geleistet. Natürlich ist das Buch zu einem grossen Teil autobiografisch - jedenfalls, was die Gefühle betrifft."


    DIE ÜBERSETZERIN


    Die leichtfüßige und doch hintergründige Sprache Sarah Drehers lag so sehr auf meiner Wellenlänge, dass ich mir zutraute, die richtigen deutschen Worte für sie zu finden. Es spricht wohl für die Qualität des Buches, dass mir das Übersetzen nie langweilig wurde und ich auch beim soundsovielten Durcharbeiten noch etwas Neues entdeckte.


    So etwa den Generationenwechsel, den das Buch aus heutiger Sicht veranschaulicht. Es ist Anfang der sechziger Jahre, als Shelby den Kampf gegen ihre rätselhafte Orientierungslosigkeit und gegen sehr reale drohende Sanktionen aufnimmt, und ältere Lesben werden sich daran nur zu gut erinnern. Als ich 25 Jahre später in Shelbys Alter war, fanden die Sanktionen vor allem in den Köpfen statt. Für die heutigen Junglesben dagegen ist "Solitaire and Brahms" fast schon ein spannender Doku-Roman aus längst vergangener Zeit, nicht zuletzt dank dem liebevoll gezeichneten Zeitkolorit.


    Somit dürften Leserinnen aller Altersstufen das Buch auf jeweils unterschiedliche Weise zu ihrer eigenen Geschichte in Beziehung setzen.


    Nicht zuletzt, hier eine Leseprobe

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Interessant - ich wußte nicht, daß die Autorin schon so "alt" ist und das Buch tatsächlich zu jener Zeit geschrieben hat. Ich dachte wirklich, sie wäre eine Mittdreißigerin und hätte das Buch irgendwann in den letzten 5-10 Jahren geschrieben. Frag mich aber bitte nicht, wie ich drauf komme. Keinen Dunst.


    @ Mary Read


    Kennst Du denn auch die Krimis der Autorin? Die sind mir bei Amazon nämlich auch schon aufgefallen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Batty , erschienen ist das Buch (auf Englisch) tatsächlich erst 1997, ich glaube, sie hat über all die Jahre immer wieder mal dran geschrieben. Irgendwo sagt sie auch, dass von ihrem ersten Entwurf höchstens noch ein einziger Satz übrig geblieben ist.


    Und die Krimis - auf jeden Fall! Die gibt es auch schon lange auf Deutsch und sind unter Lesben sehr bekannt. Nur "Solitaire und Brahms" hat erst jetzt auf den deutschen Markt gefunden. ;-)


    Uneingeschränkt empfehlen kann ich Band 1 - "Stoner McTavish". Bei den späteren muss man ein bisschen aufpassen - ich finde sie alle toll, aber teilweise gleitet die Handlung ein bisschen ins Esoterische ab, das mögen nicht alle.


    Hm - vielleicht stell ich sie einfach mal unter "Krimis" vor... :-)

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  • Zitat

    Original von Morgana
    Das Buch tät mich schon interessieren, wenn es nur nicht so teuer wäre... :-(


    Hi Morgana,
    das Buch Solitaire und Brahms hat 400 Seiten, die unglaublich klein geschrieben sind. Warum Lesbenbücher immer so unglaublich teuer sind, weiß ich leider auch nicht, aber die Taschenbücher aus dem Verlag Krug und Schadenberg sind auch alle so teuer. Wahrscheinlich weil nur eine kleine Auflage gedruckt wird.

  • Zitat

    Original von Wolke
    Warum Lesbenbücher immer so unglaublich teuer sind, weiß ich leider auch nicht, aber die Taschenbücher aus dem Verlag Krug und Schadenberg sind auch alle so teuer. Wahrscheinlich weil nur eine kleine Auflage gedruckt wird.


    Na, vermutlich weil die "Entscheider" in den Verlagen immer noch mehrheitlich Männer sind, die in Lesben einfach keine Zielgruppe sehen ("zu wenige" oder so) und sich denken, daß eine "normale" Frau sich sicher nicht für Lesbenbücher interessiert ...


    Ganz schön doof, aber naheliegend. Die Schwulen haben sie ja entdeckt -- vermutlich weil auch unter den "Entscheidern" die biologische Durchschnittsquote von 8-10% Homosexuellen gilt.


    Interessierte Grüße


    Iris :wave

  • Zitat

    Original von Iris
    Na, vermutlich weil die "Entscheider" in den Verlagen immer noch mehrheitlich Männer sind, die in Lesben einfach keine Zielgruppe sehen ("zu wenige" oder so) und sich denken, daß eine "normale" Frau sich sicher nicht für Lesbenbücher interessiert


    Also zumindest für den Verlag Krug und Schadenberg trifft dies nicht zu. Frau Krug kenne ich von der Messe, hinter Schadenberg steckt meines Erachtens auch eine Frau, vielleicht weiß MaryRead da genaueres.

  • Zitat

    Original von Wolke
    Also zumindest für den Verlag Krug und Schadenberg trifft dies nicht zu.


    Mir schon klar. Ich schrieb ja auch "mehrheitlich" und meinte: Bei den meisten Verlagen sind es Männer, und insgesamt bilden Männer in solchen Positionen eine überwältigende Mehrheit.
    Selbstverständlich gibt es Verlage, in denen Frauen die Chefs und Entscheider sind, nur sind das leider meistens kleine Verlage, die mit kleinen Auflagen und damit auch mit hohen Kosten arbeiten müssen ...


    Liebe Grüße,


    Iris

  • Na gut, ihr habt mich überzeugt... Das Buch klingt aber auch zu interessant und die Leseprobe hat mir sehr gut gefallen... Ich bestell es mir direkt mal... ;-)

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Zitat

    Original von Iris
    Selbstverständlich gibt es Verlage, in denen Frauen die Chefs und Entscheider sind, nur sind das leider meistens kleine Verlage, die mit kleinen Auflagen und damit auch mit hohen Kosten arbeiten müssen ...


    Genau das ist bei Krug und Schadenberg der Fall (Schadenberg heisst Frau Dagmar mit Vornamen ;-) ) und auch beim el!es-Verlag, bei dem "Solitaire und Brahms" erschienen ist. Und wenn die Übersetzerin nicht so verrückt gewesen wäre, das Buch fast umsonst zu übersetzen, weil sie so viel Herzblut drin stecken hat, dann hätte auch der el!es-Verlag es nicht herausgebracht.


    Und die Übersetzerin macht auch gerne bei einer Mini-Leserunde mit. ;-)

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  • Zitat

    Original von Wolke
    Aber ich befürchte vor dem Winter schaffen wir es nicht, meinst du die Übersetzerin hätte dann Zeit für uns? ;-)


    MaryRead könnte sicher ihren Einfluss spielen lassen... ;-)

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