Fragen an Sabine Wassermann

  • Ich hätte da ein paar Fragen an dich, liebe Sabine. :schuechtern


    Zum einen würde mich sehr interessieren, wie lange du für den Roman gebraucht hast, und wie du auf die Idee gekommen bist so einen Roman zu schreiben.


    Über eine Antwort würde ich mich freuen.

  • Da war Imperia dran schuld, die Konstanzer Hafenfigur. Ich hab ein Foto gesehen und dann im Internet geschaut, was denn dahintersteckt. Da war dann von dem Konzil die Rede, wovon ich vorher auch noch nicht so wirklich was gehört hatte, und dachte, das wär doch ein toller Romanstoff. Allerdings war eine Hure nicht unbedingt, was mir als Hauptfigur vorschwebte (hätte ich damals, vor zwei Jahren, schon gewusst, dass Inys Wanderhure zum Teil während dieses Konzils spielt, hätte ich die Idee wahrscheinlich sofort ad acta gelegt :lache)


    Außerdem hatte ich nach drei Romanen mit weiblichen Protas mal wieder Lust auf einen Kerl. Einen raubeinigen Söldner hatte ich da schon grob ins Auge gefasst. Ja, und irgendwie klang das Ganze auch verdammt rechercheintensiv, denn das Mittelalter war komplett Neuland für mich. Aber losgelassen hat mich das Konzil irgendwie nicht, dauernd hab ich mir die Imperia angesehen und überlegt. Dann entdeckte ich die Geschichte über Imperia und einen Mönch in den "Tolldreisten Geschichten" von Balzac. Der Mönch besucht Imperia und entbrennt in Liebe zu ihr. Ich hab mir vorgestellt, wie das aussehen könnte, wenn so ein schüchternes Mönchlein vor einer Frau steht, die so herrisch aussieht wie die Hafenfigur. Das wärs doch. Aber eigentlich solls ja um diesen Söldner gehen. Was könnten die alle miteinander zu tun haben?


    Die Ideen ploppten plötzlich nur so raus, innerhalb von ein paar Stunden stand der Plot. Das war der Startschuss für einen Schreibrausch, wie ich ihn noch nie erlebt hab. Und es WAR rechercheintensiv. Allein rauszufinden, wann Johannes Hus wo einsaß und wie das Gefängnis jeweils aussah, hat mich bis zum Schluss beschäftigt und diese Szenen mussten auch mehrmals geändert werden. Nach fünf Monaten stand die erste Fassung, danach kamen noch zwei größere Überarbeitungen.


    Es war für mich bis dato der schwierigste Text, und der Verlag bemängelte u.a., dass Martin sehr schwer zugänglich sei. Es gab nämlich nur zwei Erzählperspektiven, seine und die von Alban. Ich hatte es auf die Brüder konzentrieren wollen. Zu der Zeit, als die erste überarbeitete Fassung im Lektorat lag, hab ich die Glocken von Vineta gelesen (mein Lieblingsroman) und danach die fehlende weibliche Perspektive, die das Problem leicht hätte beheben können, zutiefst bereut. Aber nun war ja alles zu spät - dachte ich. Kurz darauf meinte meine Lektorin, das mit Martin funktioniert immer noch nicht richtig, es fehlt die Sicht einer Frau - ob ich nicht Susanna als zusätzliche Perspektive wollte, ich krieg dafür noch zwei Wochen.


    Es kommt vermutlich nicht oft vor, dass man die Rückmeldung bekommt, der Text stimme immer noch nicht, und sich wie verrückt darüber freut. :-]

  • Hallo Sabine,


    das sind ja schon eine Menge Informationen und ein schöner Blick hinter die Kulissen! Vielen Dank auch, dass Du diese Leserunde hier begleitest, so macht das Lesen gleich doppelt Spaß. Es ist mein erstes Buch von Dir, aber es gefällt mir sehr gut und ich bin mir jetzt schon sicher, dass es nicht das letzte sein wird :-)


    Sabine, wie bist Du auf die Namen gekommen? Bewusst aus dem Lateinischen gewählt? Den Link zu Imperia hast Du uns ja gegeben. Imperium = Reich und Imperia hat ja hier irgendwie ihr eigenes Reich. Rogatus von rogare = fragen, bitten, fordern und fordernd ist der Abt ja. Martin = der heilige Sankt Martin, darauf angespielt wurde ja auch schon und Albus = weiß, das würde ich jetzt mit weiß, durchsichtig, unscheinbar assoziieren, was auch irgendwie zu der Person passen würde.
    Oder sind das alles Zufälle?

    :write "Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein." -Albert Einstein-


    :lesend

  • Zitat

    Original von Toebi


    das sind ja schon eine Menge Informationen und ein schöner Blick hinter die Kulissen! Vielen Dank auch, dass Du diese Leserunde hier begleitest, so macht das Lesen gleich doppelt Spaß. Es ist mein erstes Buch von Dir, aber es gefällt mir sehr gut und ich bin mir jetzt schon sicher, dass es nicht das letzte sein wird :-)


    Da schließe ich mich gleich an.
    Danke für die Antwort! :-)

  • Zitat

    Original von Toebi
    Vielen Dank auch, dass Du diese Leserunde hier begleitest


    Ich hab zu danken. Dafür, dass ihr mitmacht, und dass mir Wolke den Termin einräumte und sich wegen der Verlosungsexemplare noch ein Bein ausriss. :-)


    Die Namen waren reine Bauchentscheidungen. Meine Protas fangen oft mit A an, und für ein nie ausgeführtes Projekt gab es einen Alban. Allerdings hieß er im ersten Entwurf tatsächlich Albus. Bis mir dämmerte, dass der Name schon allzu prominent woanders vergeben war. Jedenfalls war mir die Nähe zu spitzbärtigen Zauberern nicht so geheuer. *g*


    Bei Martin hab ich keine Sekunde überlegt, denn ich hatte sofort den Söldner Martin aus dem Film Flesh + Blood vor Augen. Nicht optisch, obwohl Rutger Hauer da auch blond war, und ganz so gewissenlos ist mein Söldnerführer ja auch nicht, aber - es musste Martin sein.

  • Sabine, was sind eigentlich Trippen? Susanna und ihre Trippen. Wie es mir bei den gelben Kleidern schon ergangen ist, kann ich mit den Trippen auch nichts anfangen. Ich kann mir dazu auch nichts vorstellen.


    Es gab noch ein paar Begriffe, die ich gerne im Anhang erklärt gehabt hätte.


    Ein sehr gelungener historischer Roman, klasse recherchiert! Man lernt eine Menge! Vielen Dank! :anbet

    :write "Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein." -Albert Einstein-


    :lesend

  • Trippen waren hölzerne Sohlen, die man sich unter die Schuhe schnallen konnte, um dem Dreck zu entgehen. Daher kommt auch das Wort trippeln.


    Weißt du noch die andern? Immer raus damit. ;-)


    Ich glaub, es sind wirklich nicht viele, daher erschien mir ein Glossar nicht wichtig. Meistens hat man das ja in anderen Romanen auch schon gelesen.

  • Danke für die Erklärung!


    Stimmt, es waren nicht viele Fremdworte und stimmt, eigentlich hat man es schon mal in anderen Romanen gelesen. Vielleicht geht es mir auch nur so, weil ich lange keine historischen Romane mehr gelesen habe und erst seit diesem Jahr wieder verstärkt welche lese.


    Ich habe die anderen Begriffe so jetzt gerade nicht parat und ich ärger mich, dass ich mir das nicht irgendwo notiert habe. Aber das spricht eigentlich dafür, dass mich das Buch so gepackt hat, dass ich lieber weitergelesen habe.

    :write "Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein." -Albert Einstein-


    :lesend

  • Nur so als Bemerkung mit der ich woanders nicht weiß wohun: Ich fand es sehr interessant die beiden Bücher hintereinander zu lesen, die einmal die Vorläufer, den Beginn der Reformationsbewegung und zum anderen die Endbeben, den dreissigjährigen Krieg beleuchten.

  • Und das ist mir bei der Themenwahl nicht mal aufgefallen ... Da hatte mich eine Hure dazu inspiriert, und bei der Rechercheausgrabung fand sich dann mit Hus die eigentliche Perle. Falls mich übrigens jemand nach dem einen Buch fragen würde, was das vertiefen könnte, müsste es dieses sein: http://www.amazon.de/Jan-Hus-Joachim-Dachsel/dp/B0000BH9YY/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1217538383&sr=1-1 Darin ist ein recht leicht verständlicher Abriss der Ereignisse und die Briefe, die er in der Haft geschrieben hat. Dieser Mann war wirklich unglaublich, das kann man Romänchen gar nicht wiedergeben.

  • Eine berühmte Frage hat noch niemand gestellt. :gruebel Oder hab ich es überlesen?
    Susanne, arbeitest Du schon an einem neuen Roman? Wenn ja, darfst Du uns schon ein wenig darüber verraten? :wave

    Ich lese gerade:
    Drachenfrau von Hildegunde Artmeier

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  • Susanne sitzt noch an ihrem Prequel zum Elbenzorn, so viel ich weiß :lache


    Ich noch an der Fortsetzung vom gläsernen Tor. Danach gehts historisch weiter. Ich werde zum ersten Mal die Geschichte keiner erfundenen, sondern einer historischen Figur erzählen. Und die, auch Neuland für mich, geht über einen Zeitraum von vielen Jahren. Wer das ist, verrat ich noch nicht, es ist aber niemand sehr Bekanntes. Spielt um 1500 herum, wieder hier in Deutschland.

  • Zitat

    Wer das ist, verrat ich noch nicht, es ist aber niemand sehr Bekanntes. Spielt um 1500 herum, wieder hier in Deutschland.


    Ooooh, nicht mal ein kleiner Tip? [SIZE=7]*bin sehr neugierig*[/SIZE]

  • Zitat

    Original von SabineW
    Susanne sitzt noch an ihrem Prequel zum Elbenzorn, so viel ich weiß :lache


    Ups, sorry. :bonk Da sieht man mal wieder, wie genau ich die Cover lese. Tut mir echt leid. Noch dazu, ich hab nie was von Susanne Gerdom (die meinst Du doch oder?) gelesen.


    Aber die Infos klingen ja schon mal ganz interessant. :wave

    Ich lese gerade:
    Drachenfrau von Hildegunde Artmeier

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  • *g*


    Ja, Susanne Gerdom. Falls du auch Fantasy liest, ihr Elbenzorn ist sehr unterhaltsam, kann ich nur empfehlen.


    Joschi, Müntzer ist es nicht, der ist ja auch nicht so unbekannt. Meiner hats womöglich nicht mal auf ne Briefmarke geschafft. Aber sein Leben schreit geradezu nach einem Roman.