Nebelheim - Stephan Puchner

  • Inhalt
    Die Erkundung der Welt im Jahre 1438: Ein faszinierendes Debüt und ein großer historischer Roman »Die Welt schreibt das Jahr 1438 der Fleischwerdung des Herrn. Dieses Buch gibt Zeugnis von der wundersamen Meerfahrt des Kartenzeichners Nicolaus Swart, der sich auf Geheiß des Königs Erich mit einem Schiff in die Fluten der Finsternis stürzte, um jenseits des fürchterlichen Eises das irdische Paradies daselbst zu finden ...«


    Das einstmals stolze Reich von König Erich XIII. steht in Flammen. Der Herrscher ist mit seinem Schreiber Rikmann nach Gotland geflüchtet, wo er nur noch eines will: in Ruhe sterben. Unerwartete Hoffnung für den König naht in Gestalt eines totgeglaubten Meeresreisenden: Der Kartenzeich-ner Nicolaus Swart wurde vor vielen Jahren ausgeschickt, Nebel-heim, das irdische Paradies, zu finden. Am Sterbebett des Königs erzählt er von seiner schreckensreichen Fahrt ins Meer der Finsternis, wo ewiges Eis und sagenhafte Ungeheuer jedes Schiff zu verschlingen drohen. Doch den Schreiber Rikmann befallen Zweifel an dem abenteuerlichen Bericht.


    Über den Autor
    Stephan Puchner wurde 1971 in Erlangen geboren, wuchs in Nürnberg auf und studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Er schrieb und inszenierte mehrere international preisgekrönte Kinokurzfilme und verfasste Drehbücher, unter anderem für Bernd Eichinger und zu dem von Wim Wenders produzierten Kinofilm Musica Cubana - Die Söhne von Buena Vista. Heute lebt er als freier Autor in München und unterrichtet als Dozent an der Hochschule für Fernsehen und Film. Nebelheim ist sein erster Roman.


    Meine Meinung
    Nebelheim gehört zu den Bücher, bei denen es mir schwer fällt, sie einzuordnen. Ist es ein historischer Roman? Erich XIII von Schweden gab es wirklich, aber war er auch auf der Suche nach Nebelheim? Jenem mythischen Ort, den die Templer als den Ort des Übergangs zwischen Erde und Grünland ansehen.


    Geschildert wird das ganze aus der Sicht des Schreiber Rikmann, der dem König treu ergeben ist und deswegen kein wirkliches eigenes Leben lebt.
    Nachdem der greise Erich aus seinem völlig verwüsteten Land fliehen muss, taucht der Karthograf Swart in ihrem Leben auf. Er ist ein schwer fassbarer Mensch, verzaubert aber den König bald mit wundersamen Erzählungen seiner Reise. Rikmann ist eifersüchtig auf die Gunst, die sein König Swart gewährt. Bis auch ihn der Zauber der Erzählungen packt und auch er in wundersame neue Lande aufbrechen will, wo alles besser sein soll.


    Der König, Rikmann, Swart, alle drei denken, auf der anderen Seite ist das Gras grüner. Sie wollen davonlaufen, neu anfangen, alles besser machen oder ihre persönliche Wahrheit endlich beweisen. Der Köig möchte vor seinen Fehlern fliehen und in einem neuen Land besser herrschen. Rikmann wird durch Swanks Anwesenheit genötigt, ein eigenes Leben zu beginnen. Kaum akzeptiert er das, wird auch er zum Anhänger der Nebelheimgeschichte. Und Swank will das Unrecht an seinem Vater beweisen. Da kommt ihnen die Verheißung neuer Länder wie die Lösung zu all ihren Problemen vor. Doch Swank kennt bereits die Wahrheit, denn er war schon dort.
    Im Grunde ist Nebelheim nur ein Platzhalten, denn die Reise der drei geht letzendlich nur zu sich selbst. Man muss sich Lebenslügen und Wahrheiten stellen, seinem eigenen Leben, so sehr man es auch verpfuscht haben mag.


    Ich hab mich ein bißchen schwer getan mit dem Schreibstil des Autors. Er ist sehr wortreich und verschnörkelt, ein klein wenig altmodisch. Lange wußte ich auch nicht genau, wohin der Autor mich mit seiner Geschichte führen will und was er mir wirklich erzählen will. Ich dachte wirklich geraume Zeit, es wäre ein Fantasy-Roman. Letzendlich bleiben für mich ein paar Fragen unbeantwortet, aber vielleicht hab ich die Antworten in den blumigen Formulierungen auch einfach übersehen.


    Nebelheim ist kein schlechtes Buch, ein wenig sperrig vielleicht. Ich kam nicht umhin, mich zu fragen, was vielleicht Viola Alvarez mit ihrer schönen Sprache aus der Geschichte hätte machen können. Vielleicht wäre das ganze dann etwas berührender geworden, denn genug Tragik wohnt den Personen inne.
    Im Nachhinein bin ich froh, es gelesen zu haben, auch wenn es mich einige Zeit und Mühe gekostet hat.



    Ich vergebe 7 Punkte

  • Ich fuhr mitten im Urlaub an der Elbe entlang, betrachtete die Weinberge dieses wirklich wunderbaren Anbaugebietes und lauschte meinem Radio als ein Buch besprochen wurde. Es wäre schon ein historischer Roman, hieß es, aber ein anderer als die derzeit gängigen und populären. Die Sprache sei extrem gut gefeilt und verwende sehr viele schon fast in Vergessenheit geratene Wendungen. Da war ich wach und gepackt.
    Seefahrergeschichten mag ich nun nich sooo sehr aber das sollten es ja auch nicht sein... Also Augen auf: wo ist der nächste Buchladen. In Meißen wurde ich fündig... Gehört, gekauft, gelesen und für grandios befunden.


    Worum gehts:
    Ein König ist eigentlich am Boden. Das Reich hat er fast verspielt, man verweigert ihm die Gefolgschaft und auch seine Gesundheit liegt brach. Des Königs Chronist ist es auch. Er lebt für seinen König. Ob er eine eigene Biographie hat, fragt er sich bisweilen selbst.
    Beiden begegnet ein Karthograph und Seefahrer, vor langer Zeit aufgebrochen, das sagenhafte Nebelheim, ein Reich des vollkommenen Glücks, zu entdecken. Er brach auf in den hohen Norden und berichtet nun von seiner Reise.
    Wir erfahren vom tragischen Leben des Karthographen und von den Abenteuern seiner Reise durch Eis und Dunkelheit und wie er immer irgendwie bewahrt bleibt. Und wie er am Ende tatsächlich ankommt.
    Parallel erleben wir, wie der gebannt lauschende König und sein Chronist neu aufleben.


    Die Erzählung baut eine intensive Spannung auf, die unbedingt nach Auflösung drängt. Man taucht tief in das Leben des Chronisten ein, aus dessen Perspektive wir das Geschehen verfolgen. Seine Ungeduld, seine Leiden, seine Freuden übertragen sich rasch auf den Leser.
    Puchner gelingt es, trotz einer wirklich hervorragend gewählten Sprache, die teilweise wirklich sehr alte Formulierungen verwendet, gut lesbar zu formulieren, so dass die Leselust eher befeuert als gebremst wird.


    Das historische Suget bietet die Folie, auf der eine Allegorie erzählt wird. Von daher ist es wirklich zu fragen, ob es ein historischer Roman ist. Ich sehe den eigentlichen Inhalt des Buches weniger in der Darstellung und Illustration historischer Geschehnisse als in der durch die Geschichte scheinenden Allegorie. Er nähert sich dem Phänomen Nebelheim damit auf eine völlig angemessene Weise.
    Der Vergleich mit Ecos Baudolino hat sich mir immer wieder aufgedrängt. Auch der sucht ja, ein ähnliches Reich zu entdecken. Eco erzählt fabelhaft und in wunderbaren Farben und verwebt die philosophischen Hintergründe dadruch mit der Geschichte, dass seine Protagonisten drüber reden.
    Darauf verzichtet Puchner gänzlich. Seine Leute erleben einfach. Sie erleben Eis und Schnee, weshalb der Roman etwas farblos (aber keineswegs profillos und noch weniger plakativ Schwarz-weiß) daher kommt. Es ist vielmehr eine nächtliche, unterkühlte Blässe, die ja durchaus beredt ist.
    Die Tiefe des Romans gewinnt er durch eine wirklich beeindruckende und absolut geniale Komposition der beiden Erzählstränge, zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Sie ist es, die das Buch für mich absolut lesenswert macht.


    Ich kann getrost sagen: Ein tolles Buch, absolute Empfehlung.

  • Zitat

    Original von Darcy
    Im Grunde ist Nebelheim nur ein Platzhalten, denn die Reise der drei geht letzendlich nur zu sich selbst. Man muss sich Lebenslügen und Wahrheiten stellen, seinem eigenen Leben, so sehr man es auch verpfuscht haben mag.


    Ich denke, das wäre zu kurz gegriffen und wird weder dem Mythos Nebelheim noch dem Roman wirklich gerecht.