'Amerika' - Seiten 115 - 182

  • Zwei Kapitel, die wieder mal Bewegung bringen: Karl gewinnt einen Job und verliert ihn wieder, er trennt sich von Freunden und lässt sich doch wieder von Ihnen einfangen (das Zweite führt übrigens das Erste herbei... *grummel*)


    Ich bin richtig stinkig auf Klein-Karlchen. Da hat er eine gute Chance, strengt sich auch an, ist dem allen gewachsen und versemmelt es dann schließlich doch wieder!!! :bruell


    Interessant finde ich dann wieder die Entwicklung, die Karl durchmacht. Zu Beginn seines Jobs ist er offensiv dabei, indem er die Köchin anspricht, Therese lernt er kennen, und er weiß dass er hart arbeiten muss, um ein gutes Ergebnis abzuliefern. Aus dem doch bis dahin sehr unerfahren jungen Mann wird langsam jemand, der sich im Berufsleben zurechtzufinden scheint und bereit ist motiviert zu arbeiten und sich aber auch einzuordnen.


    Umso härter finde ich den Rausschmiss. Als der Oberkellner ihn rauswirft gibt es so eine Stelle, an der Karl sich überhaupt nicht mehr verteidigen kann/will (S. 165), und er sagt nur: „Es ist unmöglich, sich zu verteidigen, wenn nicht guter Wille da ist“. Meine Güte, ein starker Satz für einen Berufsanfänger! Aber ich finde, hier zeigt sich eben auch, wie sehr Karl bereits durch das Unterordnen Kraft und Wille verloren hat.


    Stark und sehr plastisch geschildert finde ich hingegen die Reaktion in der Poitiersloge, als Karl gar nicht fassen kann, der ihn der Poitier noch nicht gehen lassen will (S. 178): „... Und wenn ich Sie wirklich nicht gegrüßt haben sollte, wie kann denn ein erwachsener Mensch wegen eines unterlassenen Grußes so rachsüchtig werden!“ Da ist ihm wohl bewusst, dass er jetzt wieder auf sich selbst gestellt ist und findet zu altem Selbstbewusstsein zurück.


    Leider hat er noch nicht wirklich viel gelernt, was die alten Freunde angeht, und geht mit Robinson. Das hat mich geärgert, und zwar richtig! Säckel! :bonk


    So, das wärs zu diesen beiden Kapiteln. Was mich noch extrem bewegt hat, ist die Geschichte vom Tod von Thereses Mutter. Das hat mir richtig weh getan. Wie muss Kafka da draufgewesen sein, sich soetwas auszudenken??? :gruebel


    Kleiner Nachschlag: Wenigstens weiß ich jetzt, was Ramses ist, darauf hatte ich noch gewartet ;-)


    Liebe Grüße und bis bald :wave

  • Bin hier noch im ersten Kapitel, kann daher noch nicht viel schreiben.
    Aber Karls Art nervt mich schrecklich.
    Das ist so ein Bengel, den sie in der Schule immer gehänselt haben. Ganz bestimmt. Schrecklicher Bursche, nein ehrlich.

  • Ich find es total interessant, wie anders da doch vieles noch war, obwohl es zeitlich gesehen, jetzt ja nicht so lange her ist.
    Liftboys, und Kinder, die 12 Stunden am Tag arbeiten, wo ist der Jugendschutz? hehe....
    Therese ist doch bestimmt scharf auf Karlchen, die wittert ihre Chance aus dem Mist rauszukommen, würde ich wetten.


    Karl ist aber weiterhin sehr unbeholfen, immerhin ist sein Englisch mittlerweile leidlich gut.

  • Therese freut sich ganz sicher einen Wolf, dass sie jetzt jemanden zum Reden hat. Ob sie sich gleich eine Verbesserung Ihres Standes verspricht, kann ich nicht sagen. Aber ich finde, Karlchen profitiert auch richtig von ihr. Sie kennt sich aus, die Gegebenheiten im Hotel, hat ein bisschen Ahnung von der Büroarbeit und einen super Draht zur Oberköchin.


    Also für mich wäre das die richtige Frau zum Dranbleiben (nicht aus Berechnung, sondern für Karlchens Herz *schmacht*). Wenn die beiden ihr Know-How und Ihren Fleiß zusammengehalten hätten, hätten sie sich gemeinsam schön nach oben arbeiten können. Ich hatte auch das Gefühl, dass sie ihm mächtig wichtig geworden ist. Andersherum eh, siehe ihr Verhalten als Karl rausgeworfen wird. Umso mehr bin ich enttäuscht und kann es immer noch nicht nachvollziehen, warum Karl sich zu Robinson ins Auto gesetzt hat und einfach so aus ihrem Leben verschwunden ist...


    Liebe Grüße

  • Ich versteh Karl auch immer weniger und die machen so einen Heidenaufstand da, um gar nichts.
    Ich seh den tieferen Sinn hinter dem Text einfach nicht... :rolleyes

  • Ich finde die Darstellung trotzdem faszinierend. Mich hat zwar auch einiges richtig aufgeregt, aber wenn man sich über etwas aufregt, hat der Autor auch einen Punkt getroffen, habe ich immer wieder festgestellt. Und Karlchen ist halt wie er ist. Das mag für uns heute nicht nachvollziehbar sein, aber ich finde Kafka hat die Charaktere mit unglaublich viel Tiefgang aufgebaut und beschrieben. Gerade durch die extremen Entscheidungen wird einem halt auch manches klar. Und dass Karlchen mit Robinson geht, hat zwar viel Ärgerliches, kommt aber ja auch nicht aus dem Nirwana. Ich kann nur sagen: So ist er halt...


    Liebe Grüße

  • Oh ja, das glaube ich schon. Menschen sind doch unglaublich. Ich meine, es gibt Menschen, die lassen sich schlagen, und denen geht dabei einer ab... :grin


    Karlchen ist extrem unentschlossen und hat vielleicht auch noch ein bisschen ein schlechtes Gewissen, weil sie Robinson so vertrimmt haben, da geht er einfach mit, als er von Robinson gedrängt wird. Unverzeihlich blöd, aber ich glaube wirklich, dass es diese Menschen gibt.


    Was ich halt schade finde ist, dass Karl in seiner Zeit in Amerika noch nicht mehr gelernt hat. Wenn jemand absolut naiv ist, okay. Aber Karl ist ja jetzt doch schon einige Zeit auf eigenen Füßen stehend und sollte doch spätestens im Hotel gelernt haben, dass er sich selber durchkämfen muss und vor allem auch kann. Aber in der Stresssituation, als er aus dem Hotel "flüchtet", greift er in letzter Sekunde doch auf das "Bekannte" zurück, nämlich Robinson, der einfach da ist. Ich stelle mir das ähnlich vor, wie jemand, der ewig Schule geschwänzt hat und dann wieder kurz vorm Schultor abdreht, weil der Kumpel, mit dem er auch sonst geschwänzt hat, da steht und sagt "komm mit". *Hm* kann man das nachvollziehen was mir so durch den Kopf geht??? :gruebel

  • Das mit den Schmerzen ging mir ähnlich :lache deshalb musste ich auch einfach mit dem Buch zum Ende kommen (Nacht von Mo auf Di *gähn). Aber mir hat es trotzdem echt gut gefallen. Das ist doch faszinierend, wie wir oft ähnlich empfunden haben, aber das Buch trotzdem total unterschiedlich gut fanden. Darin liegt wohl der Reiz dieser Leserunden. :anbet

  • Irgendwie tut Karlchen mir leid, wie er ohnmächtig mit ansehen muss, wie das, was er sich in 2 Monaten aufgebaut hat, innerhalb weniger Stunden zerstört wird. Eigentlich hat er soviel nicht falsch gemacht, aber er trifft in dieser Situation auf Vorgesetzte, die ihre schlechte Personalführung durch Machtausübung kaschieren und denen ist er hilflos ausgeliefert.

    :lesendCharlotte Roth - Grandhotel Odessa


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Also Karlchen, jetzt hat er es geschafft eine Anstellung zu bekommen und dann verliert er sie wieder - soviel Pech kann ein Mensch doch garnicht haben. Aber am Schluss hat das Bürschchen ja auch nicht mehr gekämpft.


    Und dann geht er auch noch mit Robinson mit - dem er das ganze Chaos zu verdanken hat ... Diesen besoffenen Kerl hätte ich vor die Hoteltür gesetzt.
    Wenn es ihn diesem pikfeinen Hotel mehr als zwei Liftboys gibt, muss es doch auch ein paar Portiere für solche Aufgaben geben :fetch
    Wie kann man sich nur so als Spielball benutzen lassen ??

  • Was mich hier auch noch sehr berührt hat, ist dass Karlchen sich anscheinend aber auch überhaupt keinen Kontakt zu den Kollegen aufgebaut hat. Das tut mir total leid. Klar, er hatte das Ziel weiterzukommen, aber daran ist vielleicht auch sein Job gescheitert. Ich meine, es kann ja durchaus sein, dass es absolut verboten war, seinen Posten nur eine Minute ohne Abmelden zu verlassen. Darüber hat er sich glaube ich auch nie wirklich informiert. Er hat einfach das Verhalten der anderen Jungs, die vielleicht auch auf Risiko gesetzt haben in den Momenten beobachtet und für richtig gehalten. Vielleicht hatten die anderen Jungs in den Momenten, in denen sie sich verdrückt haben, auch weitere Informationen, z. B. dass der Chef gerade nicht da war oder sie gerade nicht beobachtet wurden??? Die Absprachen der Anderen haben eben funktioniert, während unser Karlchen bereits beim erstan Mal so kräftig auf den Bauch fliegt. Ich finde das auch total ungerecht und war echt sauer, aber vielleicht hätte besserer Kontakt zu den Kollegen geholfen... :gruebel

    "So ist es in der Welt, der eine hat den Beutel, der andere hat das Geld" (Das Känguru) :grin

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  • Hmm, das Buch haut mich immernoch nicht um, sondern langweilt mich eher..


    Karls Verhalten kann ich oft nicht nachvollziehen.. da hat er nun diesen Job und es geht wieder alles den Bach runter, weil er nicht den Mumm hat Robinson rauszuschmeißen. Beim Gespräch mit dem Oberkellner hätte er sich doch an die Oberköchin wenden können.. er hat sich gar nicht richtig verteidigt. Für mich hat er da nicht genug gekämpft, sondern alle Anschuldigungen hingenommen. Und dann hat die Oberköchin ihm noch wo anders die Chance für einen Neuanfang geboten, aber neeeeiiiin! Karl steigt zu Robinson ins Auto. Wie gutgläubig kann man eigentlich sein? :rolleyes

  • Ach ja.. seitdem Karl Liftboy ist, erinnert mich das ganze an den Roman Felix Krull von Thomas Mann. Da ist auch ein Junge, der sich allein durch die Welt schlägt, allerdings mit einem gaaanz anderen Charakter. Das hat mir wesentlich besser gefallen.


    Amerika scheint auch ein Entwicklungs/Bildungsroman zu sein, oder?
    Ich trau mich noch nicht bei wikipedia reinzuschauen, weil ich noch nicht ganz durch bin :lache

  • Wie, Du hättest erst Dein Gör verzogen und es dann auf ein Schiff nach Amerika gesetzt??? Finde ich nämlich nicht so die feine Art. ;-) Ich denke schon, dass Eltern viel zu dem beitragen, wie ihre Kinder sich verhalten. Entsprechend denke ich auch mal, dass die Eltern von Karlchen auch nicht so die emotional kompetentesten sind - verkorkste Familie, leben möchte ich mit denen auch nicht... :rolleyes