Verschlungene Wege - Arthur Pahl

  • Dennis ist todkrank und tritt seine letzte Reise an. Auroras größter Wunsch ist es, einmal dem Papst in die Augen zu schauen. Der Junkie Olaf lebt in Frankfurt und geht zu Fuß nach Rom... drei Menschen von vielen, denen der Autor auf seinem Lebensweg - und auf den Pilgerwegen Spaniens, Portugals und Italiens - begegnet ist. Deren Geschichten er ein Stück weit miterleben durfte. Und die er aufgeschrieben hat.
    Diese "Wahre Geschichten von Pilgern und Gottsuchern" sind erfrischend unaufdringlich. Arthur Pahl, dessen Leben selbst einem Roman gleicht, berichtet mit dem notwendigen Abstand und dem gewissen Quäntchen Nähe von der Sinnsuche ganz normaler Menschen.
    Was ist das Leben? Der Autor schreibt in seinem Vorwort: "... und schließlich, wenn es gut geht, winkt nicht der Sieg, sondern stille Hiemkehr iin einen halbwegs sicheren Hafen, voller Schrammen, Kratzer und Blessuren. Heil kommt keiner davon. Leben ist unberechenbar".
    So unberechenbar wie die Reisen, die der gelernte Hotelkaufmann, Tellerwäscher, Taxifahrer und Grabsteinverkäufer (damit hielt Pahl sich in seiner New Yorker Zeit über Wasser) heute von Würzburg aus für Pilgergruppen aus aller Welt organisiert.
    Muss man gläubig sein, um dieses Buch zu lesen? Nein - gläubig nur an das Leben. Arthur Pahl hat einen Reportageblick auf die Menschen, auf deren Sinnsuche. Und erzählt das ganze mitreißend, mitfühlend und, ja, auch zum Schmunzeln. Wie die Geschichte von Aurora, der Mexikanerin, deren Kinder ihr zum 70. Geburtstag die Reise nach Rom schenkten. Der größte und vielleicht letzte Wunsch dieser stillen Lady ist es, einmal den Papst von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Doch wie soll das gehen bei einer Privataudienz mit 5000 anderen Gläubigen?
    Arthur Pahl findet einen Weg. Organisiert einen Rollstuhl, platziert die putzmuntere und kerngesunde Aurora in dem Gefährt und prompt sitzt sie in der ersten Reihe, die Behinderten vorbehalten ist. Als der Papst schließlich einigen wenigen Pilgern die Hand schüttelt und die Reihe an Aurora ist... springt diese vor Begeisterung auf. "Ein Wunder!", ruft Arthur Pahl - und rettet so die Situation und sich selbst vor der Verhaftung durch die Schweizer Garde.
    "Verschlungene Wege" ist kein Buch für mal eben zwischendurch. Und keines, das man in einem Rutsch lesen sollte. Immer mal wieder ein "Häppchen", herrliche Geschichten von Menschen, die ihren Weg gefunden haben. Und damit ein Ansporn, sich selbst auf die Suche nach seinem Sinn des Lebens zu machen. Ganz egal, worin der bestehen mag.
    Bonbon am Rande: die Beschreibungen der Reisen, der Landschaften, der Länder und Menschen - ein literarischer Reiseführer und erfrischend anders als vieles, was derzeit zum Thema "Pilgern" auf dem Markt ist.

  • Der Untertitel dieses Buches lautet „Wahre Geschichten von Pilgern und Gottsuchern“. Arthur Pahl hat hier einige Geschichten aufgeschrieben, die allesamt wahr sein sollen. Er schreibt flüssig, sehr gefühlsbetont, manchmal vielleicht ein wenig zu gefühlsbetont. Allerdings fragt man sich nach Beendigung der Lektüre, ob dieses Buch nicht letztendlich so etwas wie eine Hommage an die Katholische Kirche ist, verbunden mit der Bewunderung von Papst Johannes Paul II.


    Die Geschichten handeln in der Regel von schweren menschlichen Schicksalen, Menschen oftmals an der Grenze ihrer Belastbarkeit. Offenbar kann aber dann wohl echter Glaube Berge versetzen und die Menschen finden dann was sie suchten. Manchmal fehlen diesen Geschichten aber die echten „Lebenskanten“ – alles wirkt ein wenig zu weichgespült und abgerundet. Selbst der schwerst krebskranke Dennis Yosick scheint „zu leuchten“. Manchmal war es für mich ein wenig zu sentimental, ein wenig zu sehr mitleidheischend.


    Obwohl sich diese Geschichten mit der Suche nach Gott und Glauben beschäftigen, fehlt es ihnen in meinen Augen ein wenig an der echten Spiritualität. Vieles wird sehr ergreifend beschrieben, bleibt aber irgendwie zumeist an der Oberfläche. Vielleicht hätten auch gerade das Wesen und Handeln der Katholischen Kirche mehr hinterfragt werden müssen; aber gerade in dieser Beziehung bleibt das Buch völlig unkritisch.


    Arthur Pahl hat es aber geschafft ein lesenswertes Buch zu schreiben, ein Buch, welches durchaus Gesprächsbedarf erzeugt, ein Buch das hinterfragt werden will, ein Buch das durchaus noch Fragen aufwirft. Pahls Buch ist sicher auch ein Buch über das man endlos reden kann. Es wird wohl kaum jemanden gänzlich unberührt lassen – so oder so. In jedem Falle ist Arthur Pahl ein wichtiger Beitrag zur unendlichen Glaubensdiskussion gelungen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Allerdings fragt man sich nach Beendigung der Lektüre, ob dieses Buch nicht letztendlich so etwas wie eine Hommage an die Katholische Kirche ist, verbunden mit der Bewunderung von Papst Johannes Paul II.


    Nun, was erwartest Du von einem Buch aus diesem Verlag? Etwas anderes (bzw. eine andere Richtung) würde ich dort nicht suchen.


    Ich habe mir das Buch gestern gekauft; da es einzelne Geschichten sind, läßt es sich gut als "Zweitbuch" lesen. Sobald ich das von Pinchas Lapide durch habe, beginne ich mit diesem hier.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Tja, wie die Jungfrau zum Kinde bin ich über die Büchereulen zu diesem Buch gekommen. Und es hinterläßt mich ein wenig zwiespältig:


    Der Autor selbst berichtet von seinen Pilgerreisen, die er als Reiseführer organisiert und begleitet. Die verschiedensten Menschen und Geschichten werden dem Leser in diesem Band präsentiert, der natürlich den Glauben zum zentralen Thema macht. Und grade daran störe ich mich irgendwie ein wenig: Die katholische Kirche und der dazugehörige Glaube wird ziemlich glorifiziert und in den Himmel gehoben. Da das Buch jedoch in einem kirchlichen Verlag erschienen ist, verwundert es den Leser nicht weiter.


    Die Geschichten der Pilger sind allesamt anrührend und bewegend, kein Zweifel, und ich kann mir auch von allen Berichten vorstellen, daß sie sich so oder zumindest ähnlich zugetragen haben mögen. Was mir aber gar nicht liegt ist der Schreibstil von Arthur Pahl, der für mich zu nüchtern und auch sehr distanziert herüberkam - wobei es mich wundert, daß Voltaire den Stil als eher "weichgespült" bezeichnet, irgendwie scheine ich an verschobener Wahrnehmung zu leiden; einzige mögliche Erklärung dazu: Es ist so weichgespült, daß es schon wieder distanziert rüberkommt? Hinzu kommt in meinen Augen ein ziemlich schlechtes Lektorat, es sind doch einige grobe Rechtschreibfehler vorhanden. Und bei den zeitlichen Einordnungen kam mir das Buch hin und wieder holperig und nicht ganz schlüssig vor.


    Wie gesagt: Zwiegespalten. Das Buch regt an vielen Stellen zum Nach- und Weiterdenken an, die Erzählweise und das Lektorat lassen jedoch zu wünschen übrig.


    Mein Prädikat: Das hätte man in einigen Bereichen besser machen können.


    Edit mußte schnell noch ein L ergänzen und selbst mal die Tempi korrigieren...

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

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