Empörung – Philip Roth

  • Hanser 2009, Gebundenes Buch, 201 Seiten
    OT: Indignation
    Übersetzt aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz


    Kurzbeschreibung:
    Er ist jung, anständig und fleißig, er revoltiert ein einziges Mal, und er bezahlt dafür mit seinem Leben. Marcus Messner beginnt 1951 sein Studium am konservativen College von Winesburg in Ohio. Während der Koreakrieg ins zweite Jahr geht, durchlebt Marcus eine Geschichte, die von Unerfahrenheit handelt, von Widerstand, Sex, Mut und Irrtum. Kaum ist er im College, kommt es zu einem ersten, ihn völlig verstörenden Erlebnis mit einem fragilen jungen Mädchen, und er begegnet einer Form der Diskriminierung, die ihn empört. Wider Willen wird Marcus zum Rebellen, gegen seine Kommilitonen, aber auch gegen seinen Vater - und er bleibt hartnäckig bis zum bitteren Ende.


    Zum Autor:
    Philip Roth wurde 1933 in Newark, New Jersey, geboren. Für sein Werk wurde er mit allen bedeutenden amerikanischen Literaturpreisen ausgezeichnet. Im Jahre 2001 erhielt er die höchste Auszeichnung der American Academy of Arts and Letters, die Goldmedaille für Belletristik, die alle sechs Jahre für das Gesamtwerk eines Autors verliehen wird. 2006 wurde Philiph Roth mit dem Pen/Nabokov-Preis ausgezeichnet und 2007 erhielt er den Saul-Bellow-Preis des Schriftsteller-Verbands.


    Meine Meinung:
    Ein wildes Buch voller Energie.


    Man glaubt kaum, dass Philip Roth ein Autor von über 70 Jahren ist. Empörung wirkt wie ein wütendes, engagiertes Erstlingswerk eines jungen Schriftstellers aus dem Jahr der Handlung: 1951. So stark ist das Buch vom Zeitgeist durchdrungen.
    Der „nur“ 200 Seiten lange Roman behandelt amerikanische Themen. Der Koreakrieg ist in vollem Gange. Der Protagonist und Ich-Erzähler Marcus ist ein 19jähriger, jüdischer Schlachterssohn, der ein sehr konservatives College in Ohio besucht.


    Das Buch ist vergleichbar mit Philip Roths Opus Magnum Der menschliche Makel, da wieder die Universitäre Situation betrachtet wird, diesmal auch Sicht eines Studenten.


    Marcus ist intelligent und Selbstbewusst, und er ist nicht bereit, sich grundlos anzupassen. So schließt er sich keiner Verbindung an und weigert sich den vom College vorgeschriebenen und reglementierten wöchentlichen Kirchgang zu absolvieren
    Er hat es nicht leicht, mit den starren Verhaltensregeln, gegen die er sich auflehnt und den latenten Antisemitismus seiner Kommilitonen. Aus seiner Konsequenz im Widerstand ergibt sich die Intensität des Romans. Sein Charakter entspricht dem eines echten Rebellen, bei einer Verfilmung wäre James Dean die beste Besetzung.


    Seine Beziehung zu anderen Menschen ist vielfach angespannt.
    Sein Vater, der von Angstzuständen gequält wird, versucht ihn unangemessen zu kontrollieren.
    In Ohio trifft er eine junge Frau, mit der er ausgeht. Sie ist eine für diese Zeiten sehr aufgeschlossen Frau, auch in sexueller Hinsicht. Doch sie ist auch sehr verletzlich und hat bereits einen Entzug und einen Selbstmordversuch hinter sich.
    Dann gibt es noch den Dekan am College, mit dem Marcus sich nicht arrangieren kann und will.


    Dieser Roman, der von Anfang an voller Atmosphäre und psychologischer Spannung steckt, verdichtet sich im Verlaufe der Handlung immer mehr, bis es zu einer allgemeinen Explosion des inneren und äußeren Zustands kommt.


    Edit: Einen Rechtschreibfehler getilgt!

  • Vielen Dank für deine Rezi - hat ich überzeugt und kommt auf meine Liste :fingerhoch

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Vielen Dank für die Rezi :-)
    Da Philip Roth mit zu meinen Lieblingsschriftstellern gehört , ist das Buch direkt auf meiner Wunschliste gelandet.


    :wave

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Philip Roth gehörte auch einmal zu meinen bevorzugtesten Autoren. Leider hat er sich mit seinen letzten Büchern auf der Niveauleiter stetig nach unten bewegt. Sein "Exit Ghost" war dann der traurige Tiefpunkt. Roth ist leider zu einem echten Altersschwätzer mutiert. Ein weiteres Buch von ihm werde ich mir nicht antun - da hat es in der Vergangenheit zuviele Enttäuschungen gegeben.


    Unabhängig davon, herzlichen Dank für diese Rezi. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich habe "Empörung" heute morgen ausgelesen und muss gestehen, dass ich sehr begeistert war.
    Als Leser begleitet man den 19 Jahre alten Marcus Messner, der zu Beginn des Buches zufrieden ist mit seinem Leben, bevor dann sein Vater damit beginnt immer beschützender zu werden. Da er nicht in der Lage ist, sich mit seinem Vater auseinander zu setzen, beschließt Marcus möglichst weit weg an ein College in Ohio zu gehen. Hier nehmen die Dinge dann seinen Lauf ...


    Mich hat die Geschichte sehr schnell in ihren Bann gezogen, vor allem wie Roth die Geschichte um Marcus herum aufzieht, hat mich sehr angetan. Das ist eines meiner ersten Roth-Bücher, das aus der Perspektive eines Jungen geschrieben ist, dem eigentlich alles im Leben offen steht und dessen Leben dennoch einen tragischen Verlauf nimmt.


    Mein einziger Kritikpunkt ist, dass mir das Buch einfach zu kurz war. :grin Roth schreibt unheimlich fließend und dazu kommt, dass das Buch eben auch nur 200 Seiten hat - deshalb würde ich es auch nicht unbedingt als einen Roman im herkömmlichen Sinne beschreiben. Dazu ist es einfach nun mal zu kurz und vieles bleibt am Ende unerklärt. Meiner Meinung nach hat es einfach zu wenig Tiefgang um wirklich als Roman zu gelten, nichtsdestotrotz hat mir die Geschichte aber dennoch - wie erwähnt - sehr gut gefallen.


    Sehr unterhaltsam ist übrigens eine Rezension des Buches in Comic-Form, die ich hier gefunden habe: http://www.villagevoice.com/slideshow/view/144736/1 :-)

  • Als erstes DANKE an buzzaldrin für den tollen Link. :wave


    Ich habe Empörung grade fertig gelesen und bin immer noch hin und weg.
    Ein tolles Buch. Ich muss das jetzt alles erstmal sacken lassen, ich bin begeistert.


    :flowers :flowers :flowers

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Philip Roth, Empörung


    Herr Palomar : Vielen Dank, daß du mich mich deiner Rezi auf dieses Buch neugierig gemacht hast.


    Jahrelang habe ich mich gegen diesen Autor gesträubt. Habe die negativen Kritikpunkte ungesehen hingenommen, ohne sie zu hinterfragen. Vielleicht treffen sie ja auf die anderen Werke zu. Das werde ich dann demnächst überprüfen können, denn nach der Lektüre von „Empörung“ steht für mich fest, dass ich auch einige der älteren Sachen von Philip Roth lesen möchte.


    Zum Inhalt: Marcus Messner, mustergültiger Sohn eines jüdischen Metzgers, flieht im Jahr 1951 vor der übertriebenen Fürsorge seines Vaters in ein weit entferntes College. Dort lebt er ein angepasstes und zurückhaltendes Studentenleben. Erste sexuelle Abenteuer mit einer Kommilitonin und ein aus dem Ruder gelaufener Studentenstreich übersteht er unbeschadet. Eine einzige kleine Ordnungswidrigkeit und Auflehnung gegen die Collegeregeln wird ihn schließlich das Leben kosten.

    Meine Meinung
    : Gerade mal 200 Seiten umfasst dieser Roman und der Inhalt ist schnell wiedergegeben. Was in diesen wenigen Seiten allerdings alles drinsteckt ist mehr als in so manchem dicken Wälzer. Philip Roth erzählt sehr dicht und psychologisch tiefgründig aus der Sicht seines Protagonisten. Marcus Messner fühlt sich unverstanden, aber er ist kein Rebell. Dass gerade ihm sein einziger Verstoß gegen die Regeln zum Verhängnis wird, ist eine Ironie des Schicksals, die betroffen macht.
    Philip Roths Stil ist klar. Ohne Umschweife bringt er die Geschichte genau dahin, wo sie mit dem Tod des Protagonisten endet.
    „Empörung“ war für mich eine literarische Entdeckung, der ich mal die ganz seltenen 10 von 10 Punkten gebe.

  • Zitat

    Original von Seerose
    [Jahrelang habe ich mich gegen diesen Autor gesträubt. Habe die negativen Kritikpunkte ungesehen hingenommen, ohne sie zu hinterfragen. Vielleicht treffen sie ja auf die anderen Werke zu. Das werde ich dann demnächst überprüfen können, denn nach der Lektüre von „Empörung“ steht für mich fest, dass ich auch einige der älteren Sachen von Philip Roth lesen möchte.


    Seerose, dann empfehle ich Der menschliche Makel! Das ist mein Lieblingsbuch von Philip Roth, jetzt zusammen mit dem gleichwertigen "Empörung"! :-]

  • Danke euch beiden für die Tipps. Ich denke, ich werde es mal mit "Der menschliche Makel" versuchen, sobald ich neben den Frühjahrsnovis wieder etwas Zeit für ältere Bücher habe. Die Beschreibung klingt irgendwie interessanter.
    Obwohl ich mich auf die Tipps von buzzaldrin auch immer verlassen kann. :-)