'Varus' - Seiten 364 - Ende

  • das buch ist unglaublich unglaublich und nochmal unglaublich wie es es immer wider schaft einen zum lesen zu bringen ich geb dem buch 10,00 punkte und noch ma was privates ich hab noch keine freunde und will auch niemanden so "adden" also wär es nett wenn jemand einem neuling das forum näher bringen konnte ( bitteeeeeeeeeeeeeee) lol naja vollig überzeugte (vom buch ) grüße euer bücher freak

  • Zitat

    Original von Lipperin
    Wenn ich ehrlich sein, als ich das gelesen habe, hat sich mein Magen nicht nur einmal umgedreht.


    Nun ja, bei aller (auch eigenen) Betroffenheit ist mir eines klar: das waren andere Zeiten, da galten andere Maßstäbe. Die Erklärung der Menschenrechte der UNO lag noch in ziemlich weiter Ferne. Und die wird nicht mal heute überall angewandt. Ich denke, wenn man sich mit Geschichte wie dieser befaßt, muß man sich auf etwas gefaßt machen. Und zumindest versuchen, auch wenn es bisweilen schwer fällt, aus der damaligen Zeit heraus zu verstehen. Ich kann nicht die Gesetze von heute auf die Zeit vor zweitausend Jahren anwenden. Auch wenn es schwer fällt (und ich bisweilen selbst Schwierigkeiten habe, mich an mein eben Geschriebenes zu halten).


    Da prallen - wenngleich auch nur „virtuell“ - Kulturen bzw. Welten aufeinander. Wobei ich gleich noch eine Bemerkung los lassen kann. Ich mag es, wenn in Büchern (oder Filmen) eben solches Zusammenprallen thematisiert wird, weil ich es immer wieder interessant finde, wie die Menschen solche Konflikte austragen. Allerdings sollte am Ende dann nicht die Romeo und Julia - Version herauskommen. Für Dramen lese ich die Zeitung, das reicht mir völlig. Drum hat mir hier im Buch die Nebengeschichte um Titus Annius und Thiudgif so gefallen. Einschließlich dem Ende, das - nach diesen traumatischen Erlebnissen - ruhig ein bißchen ausführlicher hätte beschrieben sein dürfen. Aus den Klappentexten der Cinna-Trilogie (* sieht neben sich, wo die drei nagelneuen Bücher, quasi noch mit noch heraustropfender Druckerschwärze, lesebereit liegen und lächelt *) schließe ich, daß das dort auch thematisiert ist. Mit anderen Worten, meine Leseplanung ist „beim Deibel“ und ich werde vermutlich noch heute Abend mit dem „Tribun“ beginnen.



    Ach so, meine Schlußrezi ist weitgehend fertig. Ich poste die aber noch nicht, damit niemand auf die Idee kommt, ich wolle die Leserunde schon verlassen.




    @ ^^Bücherfreak^^
    Also das lernt sich ganz einfach: >Hier< geht es zum FAQ-Bereich, wo viel über die Forumsfunktionen erklärt wird. Und >Hier< werden die Leserunden erklärt. Innerhalb einer solchen ist eigentlich weniger der geeignete Raum für solche Erklärungen. :wave

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • SiCollier :
    Die Frage stellt sich für mich ganz anders. Dass zu anderen Zeiten und in anderen Welten ganz andere Sitten, Gebräuche und Moralvorstellungen geherrscht haben, ist mir schon klar - und darum geht es mir eigentlich gar nicht.


    Was mich eher umtreibt, ist Folgendes: Ich lese ein Buch, in dem über Schlachten berichtet wird. Es wird von soundso viel Opfern berichtet und ich denke "ach, wie schrecklich". Ich höre die Nachrichten und denke "hört das denn nie auf?". So oder ähnlich eben - so lange, bis die Opfer ein Gesicht, einen Namen bekommen. Dann setzt bei mir buchstäblich das Grausen ein und deshalb schrieb ich "Das Grauen bekommt einen Namen: Arminius" oder halt den Satz in abgewandelter Form über Caesar.
    Wenn ich Bouquineurs Frage noch einmal zitieren darf "War denn Arminius wirklich grausamer als andere Stammesfürsten seiner Zeit", so muss ich diese Frage als Konsequenz daraus (für mich) bejahen. Für mich war Arminius grausam wie vermutlich Marbod, die anderen Stammesfürsten kenne ich nicht, ich weiß auch nicht, wie sie sich verhielten in Kämpfen. Waren sie grausamer als die Römer, deren Massaker gerade auch in Germania wohl beispiellos sind - das hingegen glaube ich nicht. "Gelernt ist gelernt" möchte ich hier fast schnodderig sagen.


    Erinnert ihr euch an das große Trauma der Weltmacht USA? Die Berichte, so man sie in geeigneter Form überhaupt dargeboten bekam, sie waren entsetzlich, aber eben auch ein wenig geschönt durch die Propaganda. Bis zu dem Moment, als ein Foto um die Welt ging: Den Namen des Mädchens weiß ich nicht mehr, aber von diesem Anblick an war für mich nichts mehr wie es vorher war.


    Neben den Herren Varus, Arminius und Marbod interessiere ich mich im Moment besonders für einen gewissen Anatol Demidoff und sein "Drumherum". Der muss ein Charismatiker gewesen sein, und ein grausamer Mensch dazu, seine Machtbesessenheit und sein Ehrgeiz nicht zu vergessen. Auch andere Adelige, Gutsbesitzer oder "höhere Herren" waren ehrgeizig und oft genug grausam zu ihren Untergebenen (womit ich auch die Familie zählen muss). Das nehme ich zur Kenntnis, sortiere es unter "so war das eben" ein, aber Herrn Demidoff möchte ich trotz aller Faszination nicht begegnen. Dann würde es mir halt vermutlich doch zu sehr grausen.


    Die Frage, die ich mir immer wieder stelle, heißt ganz einfach "warum"? Warum geht mir etwas so viel näher, wenn ich die Person als Opfer fassen kann? Warum bekomme ich vor purem Mitleiden eine Gänsehaut? Ist es reiner Selbstschutz, dass mich z. B. die ungeheure Zahl der von Caesar gemetzelten Germanen nicht völlig erdrückt? Es ist "normal", so zu denken wie gerade von mir geschildert? Die Frage vermag ich nicht zu beantworten, vermute aber, man kann sie in der Mehrzahl mit "ja" beantworten. Ist es "normal", dass der Schrecken um so intensiver wird, wenn er ein Gesicht, einen Namen hat?


    Vielleicht ist es lächerlich, sich diese Frage zu stellen, mir geht sie immer wieder im Kopf herum.


    Versteht man überhaupt, was ich eigentlich sagen will?



    Zitat

    Original von SiCollier
    (* sieht neben sich, wo die drei nagelneuen Bücher, quasi noch mit noch heraustropfender Druckerschwärze, lesebereit liegen und lächelt *) schließe ich, daß das dort auch thematisiert ist. Mit anderen Worten, meine Leseplanung ist „beim Deibel“ und ich werde vermutlich noch heute Abend mit dem „Tribun“ beginnen.


    Du siehst mich vor Neid erblassen.


    Zitat

    Ach so, meine Schlußrezi ist weitgehend fertig. Ich poste die aber noch nicht, damit niemand auf die Idee kommt, ich wolle die Leserunde schon verlassen.


    Und ich ringe immer noch mit mir und meinem Unvermögen!
    BTW: Würde ich dann hier in der Leserunde nichts mehr zu suchen haben, wenn ich meine denn posten würde?

  • @ lipperin:


    nein, eine rezi zu schreiben bedeutet nicht, dass du von hier "ausgeschlossen" bist.


    was deine, wie ich finde, wieder sehr interessanten, überlegungen angeht:
    zum einen schrieb tom neulich etwas für mich nachvollziehbares über das betroffensein in dem thread über den letzten deutschen amokschützen.
    außerdem: als in den 80er jahren der TV-4teiler "holocaust", von vielen als zu reißerisch verurteilt, das schicksal je einer "deutschen" und einer "jüdischen" familie aufgriff, wurde einem großteil erst einmal klar, dass hinter den zahlen im geschichtsbuch menschliche schicksale standen.


    mich beschäftigt das buch auch noch und meine rezension steht ebenfalls noch aus...
    hab noch einen erholsamen restsonntag!
    :wave


    edit:
    "Mein herzlicher Dank gilt auch Dir für das Anstoßen der Leserunde!"


    gern geschehen. ich bin selbst sehr froh, dass es geklappt hat! :knuddel1

    "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben." (A. Lincoln)

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  • Zitat

    Original von Lipperin
    BTW: Würde ich dann hier in der Leserunde nichts mehr zu suchen haben, wenn ich meine denn posten würde?


    Das hat damit nichts zu tun. Ich wollte nur nicht den Eindruck erwecken, die LR schon endgültig beendet zu haben. (Ich hoffe doch, daß noch ein paar Eulen nachkommen zum diskutieren.) Außerdem poste ich eine Schlußrezi gerne erst dann, wenn eine LR weitgehend abgeschlossen ist. Wer weiß, was noch für Gesichtspunkte auftauchen!



    Zitat

    Original von Lipperin
    Versteht man überhaupt, was ich eigentlich sagen will?


    Ja, zumindest ich tue es jetzt, nachdem ich Dich anfangs anscheinend etwa mißverstanden habe.


    Mit ähnlichen Fragen schlage ich mich bisweilen auch herum. Wie schon erwähnt, habe ich letztes Jahr einiges über die Kelten gelesen. Zu Beginn einen der von Iris eher nicht gemochten Romane, aber auch (m. E.) bessere und vor allem auch Sachbücher. Die gleichfalls schon erwähnte Boudicca-Schlacht kostete rund 80.000 Kelten das Leben (Männer, Frauen, Kinder) bei rund 400 toten Römern (in der Entscheidungsschlacht). Die Schlacht um Alesia (Gallien) war auch nicht ohne, was die Grausamkeiten betrifft. Ich vermute, befaßt man sich erst mal näher mit der Thematik, daß Arminius nicht grausamer als andere seiner Zeitgenossen waren. (Im Buch heißt es auf eine Frage, woher die Germanen das gelernt hatten, auch kurz und bündig: „Von uns“ - den Römern.) Zumindest bei den Kelten sind mir ähnliche Schilderungen begegnet. Meine Erschütterung hier zeigt, daß mich das dennoch nicht verroht oder abgestumpft hat. Es kommt auf die Darstellung an. Hier wird das Geschehen aus der Sicht der direkt Betroffenen dargestellt. Im Nachhinein ist es sogar so, daß beispielsweise Titus Annius, der uns durch das Geschehen begleitet, eigentlich nie genau wußte, wie es wirklich stand. Diese Unsicherheit teilt er mit uns, den Lesern. Sie zieht tief hinein ins Geschehen und zwingt, sich damit auseinanderzusetzen. So tief, daß dies das erste Mal (auf Grund eines Buches ist), daß ich beim Einschlafen gegen Tränen ankämpfen mußte.



    Zitat

    Original von Lipperin
    Warum geht mir etwas so viel näher, wenn ich die Person als Opfer fassen kann? Warum bekomme ich vor purem Mitleiden eine Gänsehaut?


    Weil sich hier eine abstrakte Zahl (20.000 Menschen, also beispielsweise rund 2/3 der Einwohner von Bad Hersfeld, der Kreisstadt hier), die - sieht man sie vor sich stehen - nichts weiter als eine undefinierbare Masse ist, durch das Fokussieren auf ein Einzelschicksal (bzw. deren wenige mehrere) auflöst und plötzlich ein Gesicht bekommt, greif- und faßbar wird. (Ohne hier jetzt abdriften zu wollen, habe ich mal gelesen, daß genau dieses der Schlüssel zum Erfolg der seinerzeitigen TV-Serie „Holocaust“ war. drehbuch hat schon darauf hingewiesen.)


    Ganz brutal und deutlich gesagt: 20.000 ist eine abstrakte Zahl, mit der man sich kaum identifizieren kann. Verfolgt man jedoch ein oder zwei Einzelschicksale, wird das Grauen faßbar und berührt. Obwohl ich das weiß, diesen Mechanismus kenne, und (wie aus meinem allerersten Post anklang) durchaus eine bestimmte Meinung hatte, haben mich diese Einzelschicksale berührt und meine Ansicht geändert. Ein seit Schulzeiten (in der Hermann der Cherusker in den höchsten Tönen gepriesen wurde) feststehendes Urteil ins Wanken gebracht und eine Unsicherheit hinterlassen dergestalt, daß ich mich derzeit nicht in der Lage sehe, eine Seite zu verurteilen. Irgendwie hatten beide Recht (was jetzt keinesfalls eine Entschuldigung für Grausamkeiten sein soll). Oder, wie Peter Prange es im „Bernsteinamulett“ immer wieder schreibt: „Egal was man tut, am Ende ist alles immer irgendwie falsch.“

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • ich habe es heute geschafft, den zweiten teil der ZDF-doku zu sehen
    sleepless im teutoburger wald
    (naja, ich war ausgeruht, hatte ich dafür schließlich den im gedenken an ruth drexel geplanten tölzer bullen verschlafen*g*)
    inzwischen stehe ich arminius nicht mehr ganz so ablehnend wie unmittelbar nach der lektüre gegenüber (ganz abgesehen davon, dass ich es generell vermessen finde, mir ein "urteil" zu erlauben).
    mein aus dem geschichtsunterricht übernommenes bild kam allerdings gehörig ins wanken.
    auf jeden fall scheint er, aus welchen motiven auch immer er handelte, eine sehr charismatische persönlichkeit besessen zu haben und ein hervorragender taktiker gewesen zu sein.
    (beim überlesen gruselt mir gerade im gedanken daran, auf wen das auch zutreffen würde, aber mit der taktik war es bei jenem herrn am ende dann doch nicht mehr so weit her... und autobahnen hat arminius auch keine gebaut... erstaunlich, welche gedankengänge so ein buch auslöst...))
    ebenso interessant wie bezeichnend fand ich in der sendung den hinweis, dass das schwert des hermann-denkmals nicht gen rom, sondern gen frankreich weisen soll...


    edit: 2 fragen
    1. kurzfristig vergessen, war mir aber aufgefallen, dass der annius dem varus das sterben bzw selbsttöten erklärt hat. ist nicht davon auszugehen, dass varus so etwas in seiner militärischen ausbildung selbst lernte?
    2. wann fing man eigentlich an, schwerter zu "benamsen" bzw. ist über die namen der damaligen schwerter schon etwas bekannt?
    :wave

    "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben." (A. Lincoln)

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  • Zitat

    Original von Lipperin
    Du siehst mich vor Neid erblassen.


    Ist es sehr gemein, wenn ich schreibe, daß ich gestern bis Seite 240 im „Tribun“ gekommen bin? :grin (Ich kann Dir das Buch nur dringend ans Herz legen, gerade jetzt so kurz nach dem „Varus“, wo das alles noch präsent ist. Es ist zwar keine Fortsetzung, liest sich aber (fast) so.)




    Zitat

    Original von drehbuch
    ich habe es heute geschafft, den zweiten teil der ZDF-doku zu sehen
    sleepless im teutoburger wald


    Ich habe es gestern Abend aufgenommen, die ARTE-Fassung habe ich ja schon gesehen. Zufällig entdeckt (und auch aufgenommen): die lange Nacht der Völkerwanderung im ZDF, 4 Terra-X-Sendungen am Stück, darunter eine mit dem Titel „Varusschlacht und Gotensaga“. Die werde ich versuchen, mir zeitnah anzusehen.



    Zitat

    Original von drehbuch
    inzwischen stehe ich arminius nicht mehr ganz so ablehnend wie unmittelbar nach der lektüre gegenüber


    Ich weiß momentan wirklich nicht, was ich von ihm halten soll. Er ist bisher (direkt und indirekt) im „Tribun“ aufgetaucht. Wenn ich es recht überdenke, passen die Beschreibungen in beiden Büchern gut zusammen. Aber ich glaube, ich mag ihn eher nicht. Was er mit Cinna gemacht hat, verzeihe ich ihm nicht. :grin




    Wieder ernst. Wenn ich meinen heutigen Standpunkt (21. Jahrhundert) mal verlasse, vermute ich, daß er im Rahmen seiner Zeit gehandelt hat, wie die Mächtigen so gehandelt haben (etwas salopp ausgedrückt). “Mächtige kämpfen gegen Mächtige, und wir zahlen den Zoll, ganz gleich an wen.“, wie auf Seite 403 zu lesen, trifft in vielen Fällen in veränderter Form auch heute noch zu. Es hat sich also nicht zu viel verändert. Das erschreckt mich am meisten: es scheint eine durch und durch menschliche Handlungsweise zu sein, bisher durch nichts „gebändigt“.

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    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • *Schleicht sich in die LR herein*
    Ihr seid sooo abgrundtief gemein! Und dabei wollt ich heuer (so gut wie) keine bücher mehr kaufen, von wegen SUB >500 aber 'Varus' brauch ich anscheinend unbedingt für mein buchglück, da ich den 'Tribun' schon so sehr mochte... :rolleyes
    *Schleicht sich wieder aus der LR hinaus*

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Zitat

    Original von drehbuch
    ebenso interessant wie bezeichnend fand ich in der sendung den hinweis, dass das schwert des hermann-denkmals nicht gen rom, sondern gen frankreich weisen soll...


    Das Schwert weist eigentlich gen Himmel, der Hermann an sich schaut nach Frankreich. Das hängt mit der politischen Situation zur Zeit der Erbauung des Denkmals zusammen (Stichwort "deutsch-französische Erbfeindschaft"). Angefangen hat der Bau 1838 und wurde 1875 fertiggestellt, nachdem man zwischendurch erhebliche finanzielle Probleme hatte. Arminius wurde ja erst von einem gewissen Herrn Luther in Hermann unbenannt und weil man ihn als den deutschen Helden gegen Rom (bzw. den Papst und die katholische Kirche) brauchte, durfte er ja nicht Arminius bleiben (das ist jetzt grob vereinfacht). Die Geschichte des Hermannsdenkmals an sich ist auch eine spannende Geschichte und lohnt das Nachlesen.
    Im Schwert, d. h. auf der Vorderseite des Schwerte steht übrigens etwas und zwar "Deutsche Einigkeit, meine Stärke, meine Stärke, Deutschlands Macht". In den Nischen unter der eigentlichen Figur gibt es noch jede Menge anderer Sprüche, alle der damaligen Situation geschuldet und dem Bemühen, die Zeiten im 19. Jahrhundert und der germanisch-römischen Geschichte in irgendeiner Weise zu verbinden.


    Zu euren Überlegungen, wie ihr zu Arminius steht: Ich habe ein ganz anderes Problem, nämlich: ich hab jetzt zwei Figuren, sie haben sich im Laufe des Buch quasi getrennt. Da ist einmal der Hermann, den ich gut kenne und den ich irgendwie gar nicht als so bedrohlich empfinden kann, auch wenn er ein Schwert in der Hand hält. Und auf der anderen Seite ist da plötzlich dieser Arminius, ein Kind seiner Zeit, für meine heutigen Maßstäbe brutal, vermutlich sehr ehrgeizig, ein charismatischer Taktiker. Ihn mag ich genau so wenig wie eigentlich Varus. Ich bekomme diese beiden jetzt nicht mehr zusammen.
    Was ich außerdem im Laufe der Lektüre festgestellt habe: Meine großen Bedenken gegen die Römer werden kleiner.


    SiCollier : Mit den Kelten habe ich mich noch gar nicht befasst, das "blüht" mir noch. Aber ich befürchte, da werden meine Träume dann auch nicht besser.
    Ich bin jedenfalls sehr beruhigt, dass ich mich einigermaßen verständlich gemacht habe und dass ich mit meinen Gedanken nicht so alleine da stehe.

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Ist es sehr gemein, wenn ich schreibe, daß ich gestern bis Seite 240 im „Tribun“ gekommen bin? :grin


    Politisch korrekt müsste ich jetzt etwas anderes antworten, aber ich bleibe mal bei der Wahrheit: JA!


    Zitat

    (Ich kann Dir das Buch nur dringend ans Herz legen, gerade jetzt so kurz nach dem „Varus“, wo das alles noch präsent ist. Es ist zwar keine Fortsetzung, liest sich aber (fast) so.)


    Ich hatte meinen Überfall auf den armen Herrn J. schon in einer taktischen Meisterleistung geplant, hatte die üblichen Tauschutensilien schon in der Hand, sogar in ausreichender Menge (warum er unbedingt immer diese komischen farbigen Zettelchen haben will, weiß ich allerdings nicht) und dann das: Er hat sie nicht vorrätig! Aber morgen, morgen sind sie mein, alle drei!

  • @ Lipperin
    Das mit dem Bestellen war bei mir genauso. „Die hatten wir vorrätig, jetzt nicht mehr“ war die Auskunft, die meine Frau erhielt (da sie jeden Tag in der Stadt ist, hat sie die Bücher besorgt). Da ich sowieso erst am Samstag anfangen konnte, paßte das aber.



    Zur Figur des Arminius heißt es im „Tribun“ auf Seite 156:
    Unter Tiberius’ Befehl hatte er Aufstände zerschlagen und Dörfer niedergebrannt, Ackerland verwüstet und gegnerische Stellungen dem Erdboden gleichgemacht und so nicht nur in den Provinzen das Vertrauen der Heeresleitung bis in die höchsten Ränge erworben; (...)
    Er hatte also, wie hier im Buch an früherer Stelle vermerkt, einen guten Lehrmeister: Rom.


    Ich habe jetzt eigentlich keine „zwei Arminiusse“ im Kopf, sondern immer noch nur einen. Allerdings einen, der seines Glorienscheins beraubt ist. Das Heer der Boudicca ging mit seinen Gegnern nicht unbedingt zimperlich um. Damit hatte ich nicht so viele Probleme, weil sie (als Anführerin) für mich nie einen Glorienschein getragen hatte. (Wie auch, ich hatte vorher auch nie von ihr gehört.) Während Arminius, ähm Hermann der Cherusker, mir immer mit Heiligenschein angepriesen wurde. Ich habe, es sei offen zugegeben, das nie hinterfragt oder näher darüber nachgedacht. Deshalb war jetzt, im Angesicht dessen, was damals möglicherweise passiert ist, auch der Schock, die Ernüchterung so groß.


    Andererseits, so seltsam das klingen mag, hat mich das Buch in einer vor 31 Jahren getroffenen Entscheidung bestärkt, und diese (in meinen eigenen Augen) bestätigt. Als ich 18 wurde, habe ich den Wehrdienst aus Gewissensgründen verweigert (und später Zivildienst geleistet). Am 11. September 2001 bin ich erstmals ins Schwanken gekommen, ob diese Entscheidung richtig war. Das Buch hat mir die Sicherheit, daß ich (für mich) richtig entschieden habe, zurückgegeben. Denn wenn man die wenigen Berichte, die über heutige Kriege so durchdringen, genauer liest muß man feststellen, daß sich an den Grausamkeiten letztlich nicht viel geändert hat. Auch etwas, was sich meinem Verständnis völlig entzieht: die, welche solches tun, haben doch zuhause selbst Häuser, Familien, Verwandte. Das traf doch auch auf die Legionäre und Germanen damals zu. Wie man dann solche Grausamkeiten verüben kann - absolut keine Ahnung.


    Trotz allem ist es mir inzwischen gelungen, eine in gewisser Hinsicht neutrale Haltung einzunehmen. Zu akzeptieren, daß das eine andere Zeit mit anderen Maßstäben war, die nicht mit unseren heutigen zu messen und vergleichen ist. Und, irgendwo ist das angeklungen, meine Meinung gegenüber Rom hat sich doch auch etwas relativiert. Im „Tribun“ wird einmal angesprochen, daß die Entwicklung möglicherweise anders verlaufen wäre, wenn die Römer sich anders verhalten hätten. Es sind ziemlich genau die Kritikpunkte, die mir auch immer aufgestoßen sind und meine (Anti-)Meinung gegenüber den Römern bisher bestimmt haben. Was wäre wenn - das alte Lied.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Dieser Satz hängt mir irgendwie nach. War denn Arminius wirklich grausamer als andere Stammesfürsten seiner Zeit?


    Zitat

    War er wirklich grausamer als die Römer (die ja ungefähr zeitgleich in Rom in ihrem Zirkus Maximus Massen von Menschen zur Volksbelustigung den Tieren vorwarfen).


    Das mit den "Massen" ist so eine Sache: Wen die gerne kolportierten Äußerungen richtig wären, hätten die Römer nahezu ganz Europa, den Vorderen Orient und Nordafrika entvölkert. Richtig ist allerdings, dass während der Römerzeit die Bevölkerungszahlen auf den von Rom aus beherrschten Gebieten massiv anstiegen.


    Einen Gladiator auszubilden und bei Kräften und im Training zu halten, kostet eine Menge Geld: Das machte die Gladiatoren ebenso kostspielig wie kostbar -- und Kostbares verpulvert man nicht einfach mal eben so im Sand der Arena.
    Die Gladiatur ist Schwerathletik mit hohen Risiken, gewesen, aber kein Schlachtfest, wie man sich das gerne vorstellt. Ich bestreite nicht, dass es auch Veranstaltungen gab, bei denen eine größere Zahl an Menschen zu Tode kam -- aber was gemeinhin über Roms Vergnügungen gedacht wird, ist Hollywood geschuldet und hat mit der Realität nicht viel zu tun. Deshalb liste ich unten mal das (gut lesbare!) Standardwerk zum Thema auf.


    Im Stadtgebiet des antiken Ephesos wurde ein Friedhof mit vielen Gladiatorengräbern untersucht. Der gesamte Fundbestand ebenso wie humanbiologische, medizinisch-pathologische und weitere naturwissenschaftliche Untersuchungen zeigte, dass die wenigsten jung starben, die wenigsten an typischen Kampfverletzungen, viele eher an Spätfolgen vieler kleiner Verletzungen. Die Ernährung war exzellent und zweckmäßig, ihre körperliche Verfassung wies sie als topfit aus. Und man fand sehr viele Hinweise darauf, wie weit die Chirurgie, speziell Traumatologie und Wundchirurgie damals schon waren.


    Auch die Beschaffung von exotischen Wildtieren ist und war auch damals immens teuer. Die Vorurteile erweisen sich allein bei einer rein ökonomischen Berechnung als blinde Kolportage. Man glaubt 's halt nur gerne. ;-)

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Zur Figur des Arminius heißt es im „Tribun“ auf Seite 156:
    Unter Tiberius’ Befehl hatte er Aufstände zerschlagen und Dörfer niedergebrannt, Ackerland verwüstet und gegnerische Stellungen dem Erdboden gleichgemacht und so nicht nur in den Provinzen das Vertrauen der Heeresleitung bis in die höchsten Ränge erworben; (...)
    Er hatte also, wie hier im Buch an früherer Stelle vermerkt, einen guten Lehrmeister: Rom.


    Nur halb richtig: Die römischen Befehlshaber mussten den Germanen das beileibe nicht erst beibringen -- sie setzten Hilfstruppen da ein, wo sie effizient waren: Mallorqiuiner als Zwillenschleuderer beim "Geplänkel" vor der Feldschlacht, Syrer als Bogenschützen (vor und während der Schlacht) Italiker und Hispanier in der schweren Infantrie, Gallier als Reiterkämpfer, die die flüchtigen Gegner nach der Entscheidung verfolgen und dezimieren, Germanen obendrein im Buschkrieg gegen die Zivilbevölkerung usw.


    Die Vorstellung, da seien eigentlich gute, friedfertige Völker von den Römern moralisch verdorben worden, ist modern und falsch. Man musste denen das nicht erst beibringen -- es war ihre zuvor schon bevorzugte Form der Kriegsführung.



    Zitat

    Denn wenn man die wenigen Berichte, die über heutige Kriege so durchdringen, genauer liest muß man feststellen, daß sich an den Grausamkeiten letztlich nicht viel geändert hat. Auch etwas, was sich meinem Verständnis völlig entzieht: die, welche solches tun, haben doch zuhause selbst Häuser, Familien, Verwandte. Das traf doch auch auf die Legionäre und Germanen damals zu. Wie man dann solche Grausamkeiten verüben kann - absolut keine Ahnung.


    Diese Frage kann auch ich mir bis heute nicht beantworten. Das Phänomen bleibt mir ein Rätsel. Es erscheint mir zu einfach, auf eine Spirale der Gewalt zu verweisen.


    Besonders eklatant finde ich Grausamkeit immer dann, wenn sie dem Errichten eines "Paradieses auf Erden" dienen soll -- ganz gleich, ob das rein diesseitige Paradiesvorstellungen wie in den diversen Spielarten "kommunistischer" oder nationalistischer Diktaturen sind oder solche auf der Basis religiöser Vorstellungen. Das ist allerdings ein Phänomen, das besonders im 20. Jh. fröhliche Urständ gefeiert hat.


    Die Frage hat übrigens auch schon einige antike Philosophen umgetrieben ...

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Ich habe jetzt eigentlich keine „zwei Arminiusse“ im Kopf, sondern immer noch nur einen. Allerdings einen, der seines Glorienscheins beraubt ist. Das Heer der Boudicca ging mit seinen Gegnern nicht unbedingt zimperlich um. Damit hatte ich nicht so viele Probleme, weil sie (als Anführerin) für mich nie einen Glorienschein getragen hatte. (Wie auch, ich hatte vorher auch nie von ihr gehört.) Während Arminius, ähm Hermann der Cherusker, mir immer mit Heiligenschein angepriesen wurde. Ich habe, es sei offen zugegeben, das nie hinterfragt oder näher darüber nachgedacht. Deshalb war jetzt, im Angesicht dessen, was damals möglicherweise passiert ist, auch der Schock, die Ernüchterung so groß.


    Ich überlege gerade, ob ich das hier (in meiner Heimatstadt) etwas anders mitbekomme. Ich kann mich noch gut an Zeiten erinnern, als es tatsächlich Stimmen gab, die forderten, das Denkmal doch bitte "abzutragen". Die verschiedensten Meinungen zu Hermann/Arminius bekomme ich manchmal mehr als hautnah mit. Wenn ich mir so manche Diskussion, die den Namen gar nicht verträgt, ins Gedächtnis rufe, dann erfüllt mich ehrlich gesagt nur noch Scham darüber, was sich Menschen so alles an den Kopf werfen.
    In der Schule gab es für uns ein nettes Fach "Heimatkunde". Dort haben wir sehr, sehr viel über das Denkmal, über Hermann (Arminius war damals ziemlich verpönt) und über die Germanen beigebracht bekommen. Unser Lehrer konnte uns ja nur das nahe bringen, was er selber damals wusste, aber eines hat er nicht gemacht: nämlich den Cherusker glorifiziert. Einigen Eltern war das übrigens gar nicht recht, sei es in die Richtung, sei es in die andere.


    Zitat


    Andererseits, so seltsam das klingen mag, hat mich das Buch in einer vor 31 Jahren getroffenen Entscheidung bestärkt, und diese (in meinen eigenen Augen) bestätigt. Als ich 18 wurde, habe ich den Wehrdienst aus Gewissensgründen verweigert (und später Zivildienst geleistet). Am 11. September 2001 bin ich erstmals ins Schwanken gekommen, ob diese Entscheidung richtig war. Das Buch hat mir die Sicherheit, daß ich (für mich) richtig entschieden habe, zurückgegeben.


    :anbet


    Zitat


    Denn wenn man die wenigen Berichte, die über heutige Kriege so durchdringen, genauer liest muß man feststellen, daß sich an den Grausamkeiten letztlich nicht viel geändert hat. Auch etwas, was sich meinem Verständnis völlig entzieht: die, welche solches tun, haben doch zuhause selbst Häuser, Familien, Verwandte. Das traf doch auch auf die Legionäre und Germanen damals zu. Wie man dann solche Grausamkeiten verüben kann - absolut keine Ahnung.


    :write
    Nicht nur wie man solche Grausamkeiten verüben kann, frage ich mich, sondern auch, wie man damit danach leben kann/will. Heute gibt es ja Hilfsangebote für Soldaten, aber damals? Wie sind die damit fertig geworden?


    Zitat


    Trotz allem ist es mir inzwischen gelungen, eine in gewisser Hinsicht neutrale Haltung einzunehmen. Zu akzeptieren, daß das eine andere Zeit mit anderen Maßstäben war, die nicht mit unseren heutigen zu messen und vergleichen ist. Und, irgendwo ist das angeklungen, meine Meinung gegenüber Rom hat sich doch auch etwas relativiert. Im „Tribun“ wird einmal angesprochen, daß die Entwicklung möglicherweise anders verlaufen wäre, wenn die Römer sich anders verhalten hätten. Es sind ziemlich genau die Kritikpunkte, die mir auch immer aufgestoßen sind und meine (Anti-)Meinung gegenüber den Römern bisher bestimmt haben. Was wäre wenn - das alte Lied.


    Ja, auch da bin ich mit Dir einer Meinung. Ich glaube, ich sagte schon irgendwo, dass meine sicherlich sehr großen Bedenken gegen die Römer kleiner werden. Ob sie verschwinden werden?


    BTW: Hat Thusnelda auch einen Auftritt im "Tribun"?
    Ich verkneife mir schon seit Tagen, in die dazu gehörenden Beiträge zu schauen, um mich nicht noch zappeliger zu machen.

  • Zitat

    Original von Lipperin
    BTW: Hat Thusnelda auch einen Auftritt im "Tribun"?
    Ich verkneife mir schon seit Tagen, in die dazu gehörenden Beiträge zu schauen, um mich nicht noch zappeliger zu machen.


    Bin derzeit auf Seite 300: nein. Ich vermute auch, daß sie nicht auftauchen wird, da Arminius nur eine Randfigur, die öfter indirekt denn direkt auftritt, ist.


    Ich lese die alten LR-Beiträge immer, nachdem ich einen Abschnitt durch habe. Ist sehr interessant.


    Ich bedauere außerordentlich, das Buch bzw. die Trilogie nicht schon viel früher gelesen zu haben.


    Bei Zabern kommt übrigens ein Buch mit dem Titel "Die Germanin" heraus, das aus der Sicht von Thusnelda geschrieben ist. Nachdem ich mit den Wikipedia-Artikel über sie durchgelesen habe, bin ich mir aber nicht sicher, ob ich das Buch lesen will.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Hallo Zusammen,


    endlich geht das Forum wieder ! :fetch Nun gut, habe ich in der Zwischenzeit den "Varus" beendet.


    Das Buch lässt mich im Moment sprachlos, etwas fassungslos zurück. Es wird wohl eine Weile dauern bis ich das verarbeitet habe.


    Das Wiedersehen zwischen Annius und Thuidgif hat mich ein bisschen ausgesöhnt, jedoch die vielen liebgewohnenen Figuren, von denen man Abschied nehmen musste... . ;-(


    Sicher keine einfache Kost für mal eben Zwischendurch. Jedoch aber ein wirklich guter Geschichts-Roman. Danke Iris. :-)

    liebe Grüsse melanie


    Wenn man Engeln die Flügel bricht, fliegen sie auf Besen weiter !
    :keks


    :lesend )

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Bei Zabern kommt übrigens ein Buch mit dem Titel "Die Germanin" heraus, das aus der Sicht von Thusnelda geschrieben ist. Nachdem ich mit den Wikipedia-Artikel über sie durchgelesen habe, bin ich mir aber nicht sicher, ob ich das Buch lesen will.
    .


    Das Allermeiste, was wir über Thusnelda zu wissen glauben, stammt aus pathetischen Barockopern und Theaterstücken. Meiner Ansicht nach ist sie schlicht und einfach ein Opfer der Tatsache, dass ihr Vater sich weigerte, bei Arminius' Kampfverband mitzumachen. Also wurde sie als Geisel entführt, und, um ihren Vater noch mehr unter Druck zu setzen, erklärte Arminius kurzerhand, sie sei jetzt seine Frau. D.h. wäre Segestes darauf eingegangen, wäre der Raub als Ehe legitimiert und zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn wäre ein politisches Bündnis entstanden.


    Natürlich brauchte der aufkeimende deutsche Nationalgedanke einen positiven Helden, der von seiner Thusnelda angehimmelt wurde -- daher die Idee mit der "Liebesgeschichte".
    Ich persönlich bin der Überzeugung, dass Arminius in dieser Angelegenheit mit derselben Entschlossenheit und Härte vorgegangen ist, die er den Quellen zufolge ständig unter Beweis gestellt hat, indem er die Tochter seines Widersaches kurzerhand entführte, um diesen zu einem Bündnis zu nötigen.


    Segestes widersetzte sich allerdings Arminius' Druck und Drohungen, holte seine Tochter zurück, aber die war schon schwanger (auch dazu braucht es keine romantischen Gefühle, eine Geisel kann sich schließlich nicht wehren). Das Gerangel zwischen den beiden einflussreichsten Cheruskerfürsten ging natürlich weiter. Arminius konnte ja die Entführung der Geisel nicht auf sich sitzen lassen. Als Germanicus in die Auseinandersetzung eingriff und Segestes quasi raushauen wollte, zog der germanische Held Arminius sich sofort in die Wälder zurück, nutzte den Verlust der Geiselfrau dazu, weitere Stämme auf seine Seite zu ziehen.
    Da Thusnelda schwanger war, musste Segestes bei seiner Unterwerfung vor Germanicus ihm diese ausliefern. So ein Unterpfand hätte Germanicus sich niemals entgehen lassen.


    Arminius hat nie versucht, seine Frau zurückzuholen, und hat sich seinerseits auch nie unter Druck setzen lassen. Thusnelda war nach diesem Ereignis nur beim Triumphzug des Germanicus ein Thema (wenn man den Anführer der Aufrührer schon nicht vorführen konnte, so zumindest seine kurzzeitige Frau und seinen kleinen Sohn) und lebte danach mit ihrem Kind in Ravenna.


    Wie gesagt: Wenn man die Hermannslegende zugrundelegt, kann man sich mit sehr viel Phantasie aus den dürftigen Daten eine Liebesgeschichte zimmern -- realistisch ist das m.A.n. nicht. Aber ein historischer Roman darf selbstverständlich die historischen Grenzen auch mal sprengen.

  • Zitat

    Original von melanie
    Das Buch lässt mich im Moment sprachlos, etwas fassungslos zurück. Es wird wohl eine Weile dauern bis ich das verarbeitet habe.


    Das Wiedersehen zwischen Annius und Thuidgif hat mich ein bisschen ausgesöhnt, jedoch die vielen liebgewohnenen Figuren, von denen man Abschied nehmen musste... . ;-(


    Sicher keine einfache Kost für mal eben Zwischendurch. Jedoch aber ein wirklich guter Geschichts-Roman. Danke Iris. :-)


    Ich hoffe, ich habe dich nicht allzu sehr "gebügelt"... :wow

  • 1. kurzfristig vergessen, war mir aber aufgefallen, dass der annius dem varus das sterben bzw selbsttöten erklärt hat. ist nicht davon auszugehen, dass varus so etwas in seiner militärischen ausbildung selbst lernte?
    2. wann fing man eigentlich an, schwerter zu "benamsen" bzw. ist über die namen der damaligen schwerter schon etwas bekannt?

    "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben." (A. Lincoln)