'Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt' - Kapitel 25 - Ende

  • Seltsamerweise habe ich es gar nicht so als "Tod" empfunden,

    Ich schon, aber ich habe es als friedlichen Prozess empfunden. Du beschreibst es so schön als ein Übergang in eine andere Welt. Das ist zumindest eine tröstliche Vorstellung.

    Je älter ich werde, um so unwichtiger finde ich es, was ich glaube, was nach dem Tod kommt. Denn es verhindert nur bewusst gelebtes Leben. Viel wichtiger ist mir das Hier und Jetzt. So verstehe ich auch die Message des Buches. Vielleicht will ich sie auch nur so verstehen.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Die Frage ist aber, ob ihn das glücklicher gemacht hätte, er hat zwar auch im hard-boiled Wonderland am Ende soziale Kontakte und einen Lebenssinn gefunden, aber im Ende der Welt wächst er m. M. nach über sich hinaus und kann noch vieles erreichen - seine eigene Welt (er)schaffen.

    Das hat mir auch ganz besonders gut gefallen. Mir fiel das Sprichwort ein: Einen Tod muss man sterben. Hoffentlich findet er in der Gestaltung seiner eigenen Welt eine Erfüllung.


    Ich hoffe sehr, dass ich euch in Zukunft eine bessere Leserunden-Teilnehmerin bin. Ich konnte in den letzten Wochen einfach nicht lesen, ich war zu sehr mit dem echten Leben beschäftigt. Ich merke aber jetzt, wie wichtig es für mich, meinen Kopf und meine Seele ist, auch mal abzuschalten. Ich hoffe sehr, dass es mir gelingt, wenn der Alltag wieder zuschlägt.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Das dachte ich auch erst. Aber jetzt am Ende des Buches finde ich die Reaktion schlüssig, denn ich interpretiere "Das Ende der Welt" auch als die Einöde oder Dauerschleife des Alltags, in dem sich jeder Mensch wiederfinden (kann), gefangen innerhalb der Mauern von Arbeit, den vermeindlichen Zwängen usw. Nur wenn man die Welt gestaltet, ergibt sie einen Sinn.

    Die Hauptfigur lebt ziemlich leidenschaftslos, fast beliebig. Einzig gutes Essen und die Zubereitung locken in ihm Leidenschaft hervor. Insofern finde ich seine Reaktion schlüssig. Erst am Ende zeigt er Gefühle. Das hat mich sehr gefreut, das Ende fand ich sehr stimmig.


    Das ist eine stimmige Interpretation von "Das Ende der Welt" und ja - da kannst du auf alle Fälle recht haben! So habe ich das bisher gar nicht gesehen. Und nur durch das eigene Mitfühlen (Seele) und das Schöne (Musik) wird Leben lebenswert. Eine - für mich - sehr schöne Botschaft. Dass man aus dem Hamsterrad des Alltags aussteigen kann, wenn man sich darum bemüht.

    Ich schon, aber ich habe es als friedlichen Prozess empfunden. Du beschreibst es so schön als ein Übergang in eine andere Welt. Das ist zumindest eine tröstliche Vorstellung.

    Je älter ich werde, um so unwichtiger finde ich es, was ich glaube, was nach dem Tod kommt. Denn es verhindert nur bewusst gelebtes Leben. Viel wichtiger ist mir das Hier und Jetzt. So verstehe ich auch die Message des Buches. Vielleicht will ich sie auch nur so verstehen.

    Das ist das vielleicht das Schönste an diesem Buch: man kann wahnsinng viel herauslesen. Natürlich auch das, was man selber herauslesen will. Aber gerde das macht doch ein gutes Buch aus: es

    gibt Anregungen und eigene Interpetationsmöglichkeiten. Ich finde, die Wichtigkeit bewusst gelebtes Leben, ist auf alle Fälle eine passende Interpretation, ich habe das auch so verstanden. Nicht unbedingt in Bezug auf den Tod, sondern mehr auf "Leben der Erwartungen anderer" bzw. Leben im Hamsterrad des Alltags ohne eigenes Nachdenken und Mittun.


    Verhindert Beschäftigung mit dem Tod bzw. dem möglichen Leben danach bewusstes Leben? Darüber denke ich jezt schon eine Weile nach. Was nach dem Tod kommt, wissen wir nicht und können es wohl auch nicht beeinflussen. Aber ist nicht die gedankliche Beschäftigung mit dem Tod eine Möglichkeit, das jetzige Leben bewusst wahrzunehmen, zu genießen, zu gestalten? Sich der Endlichkeit bewusst zu werden? Oder meinst du, wenn man sich zu sehr mit dem möglichen Leben nach dem Tod beschäftigt, dass man das Leben vor dem Tod aus den Augen verliert? Ist das heutzutage noch ein gelebtes Modell?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ich hoffe sehr, dass ich euch in Zukunft eine bessere Leserunden-Teilnehmerin bin. Ich konnte in den letzten Wochen einfach nicht lesen, ich war zu sehr mit dem echten Leben beschäftigt. Ich merke aber jetzt, wie wichtig es für mich, meinen Kopf und meine Seele ist, auch mal abzuschalten. Ich hoffe sehr, dass es mir gelingt, wenn der Alltag wieder zuschlägt.

    Mach dir bloß keinen Stress, dnn haben wir sowieso genug! Aber wenn dir Lesen und Leserunden helfen, genau diesen Stress zu mininmieren, dann ist das doch ein gutes Ziel! Das empfinde ich auch oft so, Lesen entführt dann wirklich in fremde Welten. :)

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Aber ist nicht die gedankliche Beschäftigung mit dem Tod eine Möglichkeit, das jetzige Leben bewusst wahrzunehmen, zu genießen, zu gestalten?

    Auf jeden Fall, dieser Ansicht bin ich auch. Nur glaube ich, dass ich heute mehr als früher kein Vorhaben, keinen Plan oder ähnliches mehr verschiebe, sondern nach Möglichkeit erlebe oder auslebe. Früher habe ich auch viel nach anderen Erwartungen gelebt, sei es aus Glaubensgründen oder aus anerzogenen Gründen oder weil ich zu behäbig war. Jetzt lebe ich so, dass ich täglich mit gutem Gewissen in den Spiegel schauen kann und vor mir selbst bestehen kann. Das eine schließt das andere natürlich nicht aus.

    Ich habe zum Beispiel eine Bekannte, die verhindert in meinen Augen ein Stück ihres Lebens, indem sie sich selbst strenge Regeln auferlegt und ständig fragt, ob es Gottes Wille ist. Ich finde das ganz furchtbar und dafür das Leben viel zu kurz.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Auf jeden Fall, dieser Ansicht bin ich auch. Nur glaube ich, dass ich heute mehr als früher kein Vorhaben, keinen Plan oder ähnliches mehr verschiebe, sondern nach Möglichkeit erlebe oder auslebe. Früher habe ich auch viel nach anderen Erwartungen gelebt, sei es aus Glaubensgründen oder aus anerzogenen Gründen oder weil ich zu behäbig war. Jetzt lebe ich so, dass ich täglich mit gutem Gewissen in den Spiegel schauen kann und vor mir selbst bestehen kann. Das eine schließt das andere natürlich nicht aus.


    Das hast du sehr schön geschrieben :knuddel1. Das sehe ich genauso wie du. Nach meiner Erfahrung muss man aber gefestigt im Leben stehen, um wirklich sagen zu können, dies und jenes ist mir JETZT wichtig und das mach ich jetzt auch. Viele sind in jungen Jahren ja noch auf der Suche nach sich selbst und orientieren sich dann erstmal an den Vorstellungen anderer (natürlich nicht alle - manche wissen sehr früh, wohin sie wollen).


    Dazu kommt (unabhängig vom Alter), dass Vorstellungen und Erwartungen anderer auch mal enttäuscht werden müssen, was wahrscheinlich gerade uns Frauen nicht immer leicht fällt. Zumindest mir nicht, aber wenigstens wird mir das früher oder später immer wieder bewusst. ;)Und dann fällt es leichter, bewusst zu sagen: dies oder jenes mache ich jetzt, weil ich es so will.


    Zitat

    Ich habe zum Beispiel eine Bekannte, die verhindert in meinen Augen ein Stück ihres Lebens, indem sie sich selbst strenge Regeln auferlegt und ständig fragt, ob es Gottes Wille ist. Ich finde das ganz furchtbar und dafür das Leben viel zu kurz.

    Manche schaffen es nie, sich von den Vorstellungen anderer zu lösen, auch da hast du recht.:( Leider. In Bezug auf Gott kann man sich wirklich fragen, ob er/sie wirklich will, dass wir unser Leben NICHT leben.


    Ich habe jetzt länger nachgedacht, ob ich von Leuten aus meinen näheren oder ferneren Bekanntenkreis den Eindruck habe, sie lebten komplett entgegen ihrer Wünsche und Neigungen. Wobei das sehr schwierig ist von außen zu beurteilen, denn hineinsehen kann man ja in keinen, außer in einen selbst. In sexueller Hinsicht aber sicherlich. Ich nehme an, dass es wesentlich mehr Homosexuelle gäbe, wenn sich mehr Leute trauen würden, dazu zu stehen. Das ist zumindest aus meiner Sicht eine große Frage des Alters - jüngere sind da ganz anders sozialisiert als unsere Generation oder gar die unserer Eltern.


    Sehr interessante Fragen und das Buch begeistert mich immer mehr. Es ist so extrem vielschichtig!

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021