Klaus Mann. Tagebücher 1931-1949 (6 Bände)

  • Danke für die Infos Herr Palomar :wave


    Da gäbe es aber noch paar Dinge zu bedenken, d.h. man müsste eigentlich mal die diversen Ausgaben von MEPHISTO durchlesen und vergleichen, es ist nämlich eine ziemlich verzwickte Geschichte mit diesem Buch.


    Die erste Ausgabe erfolgte im Jahre 1936 durch den Querido-Verlag in Amsterdam. Ein Verlag, wo viele exilierte deutsche Schriftsteller Unterschlupf gefunden haben.
    Zu diesem Zeitpunkt konnte ja der Klaus eigentlich noch nicht allzu viel von den guten Taten Gründgens gewusst haben.


    Dann wurde es im Jahre 1956 durch einen Ostdeutschen Verlag neu herausgebeben, dem Aufbau-Verlag.


    Nach dem Tode Gründgens hat sein Adoptivsohn gegen weitere Veröffentlichungen geklagt. Das Buch kursierte dann aber trotzdem in rauhen Mengen, aus Ost-Deutschland "reingeschmuggelt" sowie auch diverse Raubdrucke.


    Und im Jahre 1981 hat es dann der Rowolt-Verlag auch veröffentlicht.


    Ich würde mich nicht wundern, wenn an den Ausgaben, die nach Klaus Tod erfolgten, nicht paar Veränderungen zu finden wären, vorgenommen von seiner Schwester Erika (diesem doofen Huhn! :grin) Beim WENDEPUNKT, der ja auch posthum erschienen ist, da hat sie nämlich auch ihre Finger noch gehörig mit im Spiel gehabt.
    Bei Briefen und Tagebüchern lasse ich das sehr gerne gelten, wenn aus persönlichkeitsrechtlichem Schutz das eine und andere weggelassen wird, aber nicht bei Manuskripten. Die sollen bitte so belassen werden, wie sie der Autor selber haben wollte.


    Ich habe den MEPHISTO übrigens ungef. Mitte 60-er Jahre gelesen. Jetzt frage ich mich, ob das noch eine Ausgabe vom Querido-Verlag war oder sogar eine Raubkopie :yikes Und wenn ja, dann wäre ich unschuldig, denn dieses Buch befand sich in der Internats-Bibliothek in harmonischer Gemeinschaft mit Jungmädchen-Literatur, alten schweren Klassikern, Heimatromanen à la Gulbranssen, dem IM WESTEN NICHTS NEUES von Remarque, und jeeeeeeder Menge Heiligenlegenden und sonstiger frommer Sachen....

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Joan ()

  • Joan


    Danke für das interessante Thema ...mich faszinieren Briefe von mir geschätzter Autoren sehr ... bisher bin ich nicht über Thomas Mann weiter gekommen, obwohl mich die Familie sehr interessiert ...


    ich werde mir deine Rezi merken und die Empfehlung, erst die Biographie zu lesen :anbet


    das wohl auch einen SUB anlegen müssende eyre

  • Huhuuuu eyre :wave


    das könnte ich mir gut vorstellen, dass Dir die Autobiografie von Klaus Mann DER WENDEPUNKT sehr gefallen wird, sowieso, wenn Du Dich für die Familie Mann interessierst.


    Ich persönlich kann halt mit dem Vater überhaupt nichts anfangen, sein Schreibstil kommt mir einfach zu "gekünstelt-intellektuell" rüber. Ein ähnlicher Schreibstil hat übrigens auch der Golo, und bei der Erika sind auch Anflüge davon zu finden. :rolleyes


    Der Klaus hingegen schreibt ganz anders....da findet sich wenig Aufgeplustertes, Hochgeschraubtes. Er ist sich nicht zu schade dafür, von allen Lesern verstanden werden, schreibt nicht nur für die Ober-Intelligenzja....


    Es gibt übrigens auch das eine und andere Buch mit Briefwechseln. Die werde ich mir wohl demnächst mal anschaffen. Vor allem dasjenige, welches Golo Mann herausgegeben hat, denn zum Golo hatte der Klaus ein ganz tiefes, vertrauensvolles Verhältnis.

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Und dazu gibt es eine ganz überzeugende Rezension bei Amazon.

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Hab ich jetzt hier ein "Puff", oder hat Amazon eines?


    Es müssen doch zwei verschiedene Bücher sein. Eines mit Briefen die zwischen ihm und seinem Bruder Golo hin- und hergingen, und ein anderes, wo der Briefwechsel mit den unterschiedlichsten Menschen aufgezeigt wird.


    Komisch! :rolleyes

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Zitat

    Original von Joan
    ..., denn nach dem Krieg ist doch auch etliches Positives bekannt geworden über das Verhalten Gustaf Gründgens während der Nazizeit. Er hat zwar ganz klar sich um seiner Karriere Willen den Nazis "ausgeliefert", andererseits aber hat er einigen Mitarbeitern des Theaters, die von den Nazis verfolgt wurden, das Leben gerettet, und zwar unter der Bedrohung seines eigenen Lebens, oder zumindest des Verlustes seiner hohen Stellung....


    Wie es der Zufall will, lese ich gerade Ein Gespräch von Marcel Reich Ranicki mit Joachim Fest, bei dem Gründgen erwähnt wird. Da musste ich gleich an diesen Thread denken.
    Marcel Reich Ranicki betont den Verdienst Gründgens als Indendant, der darin bestand, dass er jenen Schauspielern, Regiesseuren und Bühnenbildern, die vor 1933 als linke oder avandgardistische Künstler galten, die Fortsetzung ihrer Arbeit im "dritten Reich" ermöglicht hat.

    Zitat

    MMR: Man muss es vor allen Gründgens anrechnen, daß er die Einflüsse des Nationalsozialismus auf den von ihm geleiteten Bühnen in Grenzen zu halten wusste.


    In einem Stück mit Gründgens, dass MRR in dieser Zeit sah, gab es die Rolle eines Juden.

    Zitat

    MMR: Man konnte aus der Figur durchaus eine Stürmer-Karikatur machen. Misstrauisch und ängstlich erwartete ich diese Szene. Indes war sie vollkommen frei von antisemitischen Akzenten. Das, immerhin, sollte man anerkennen.


    Trotzdem verständlich, dass Klaus Mann als Exilant im Falle Gründgens das in seiner Situation nicht konnte.

  • Danke Herr Palomar für die interessanten Erläuterungen zu Gustaf Gründgens.
    Das Buch von MRR ist schon mal auf meiner Wunschliste gelandet.


    ******


    Zum Thema Gründgens, und wie er sich während der Nazizeit in seiner Stellung als Intendant benommen hat, möchte ich nun noch paar Stellen aus dem Buch von Curt Riess zitieren: MEINE BERÜHMTEN FREUNDE


    Vorausschicken muss ich aber unbedingt, dass nicht alles, was der Riess schreibt, als wirklich objektiv und zu 100% realitätsgetreu zu nehmen ist.


    "[.....] Er holte sich die jetzt verweisten* Schauspieler Max Reinhardts, Werner Krauss, Paul Hartmann, Emil Jannings, Hermine Körner, vor allem aber die jüdisch "versippten", die unter Göbbels keine andere Chance hatten, als sich umzubringen; wie etwa Theo Lingen oder Paul Bildt oder Otto Wernicke. Damit erreichte er zweierlei. Er machte grossartiges Theater, und er sorgte dafür, dass sein Haus in jeder Beziehung eine Insel wurde in dem Nazisumpf, in dem die meisten Bühnen zu versinken drohten. Den Gruss "Heil Hitler" gab es in seinem Haus nicht. Wenn jemand so grüsste, bekam G. G. einen Lachkrampf."
    * = sollte das nicht mit a geschrieben werden? verwaist nämlich. Steht aber mit e da. :gruebel


    "[......]Dieser innere Widerstand von Gründgens war natürlich nur einigen wenigen bekannt. Wäre er bekannt geworden, hätte er das vermutlich mit seinem Leben gebüsst. Auch die Emigranten, darunter meine Wenigkeit, ahnten nichts. Wir erfuhren nur, dass G. G. in die Dienste Görings getreten war und empfanden das als "Verrat". Er war ja schliesslich einer der Unsrigen gewesen. Und viele von uns glaubten, irrtümlicherweise übrigens, er sei sogar Mitglied der kommunistischen Partei.
    Und wir empfanden es als ganz in Ordnung, dass Klaus Mann, wie wir alle, diesen "Umfall" ungeheuerlich fand. Und auch privat hatte er noch ein Hühnchen mit seinem einstigen Schwager zu rupfen, eben, weil die Ehe mit Erika ein Misserfolg gewesen war. Sein Leben lang der Schwester hörig, gab er Gustaf an dem Debakel die Schuld. Und so schrieb er seinen Anti-Gründgens-Roman "Mephisto".
    Verständlich, ja selbstverständlich. Auch für mich, der Klaus oft sah, als er an dem Roman arbeitete."


    "Als ich dann fast unmittelbar nach Kriegsende, ich war mit der U.S. Army nach Berlin gekommen, herausfand, dass G. G. unter den Nazis eine sehr honorige und riskante Rolle gespielt hatte, fand ich es unanständig, "Mephisto" in Deutschland erscheinen zu lassen. Das fanden übrigens alle* Deutschen, die den Roman gelesen hatten, und das waren erstaunlich viele, wenn man bedenkt, dass er in Amsterdam erschienen und in Hitlerdeutschland natürlich verboten war.
    Diese Einstellung verstand Klaus Mann nicht, oder wollte sie nicht verstehen. Er behauptete - was nun wirklich nicht der Wahrheit entsprach - er habe im "Helden" des Romans gar nicht seinen ehemaligen Schwager schildern wollen. Es fand sich aber kein deutscher Verlag für diesen Schlüsselroman **und Klaus Mann nahm sich verzweifelt - nicht nur darüber, aber auch darüber, das Leben."***


    * = woher will der Riess denn das bloss wissen!!! Er kannte zwar jede Menge Leute, aber bestimmt nicht "alle". :pille
    ** = das stimmt so auch nicht. Oder besser gesagt, das ist nur eine halbbatzige Information. Es ging ja darum, dass der Adoptivsohn von G. G., zumindest was den einen Verlag anging, eine Veröffentlichungsverbot bewirken konnte.
    *** = und das ist auch wieder einfach nur so eine Vermutung, ein unfundiertes "Geschwafel" vom Riess.
    Aufgrund der heutigen Erkenntnisse über die Gründe von Klaus Manns Freitod (inkl. seiner Tagebuch-Aufzeichnungen) kristallisiert sich keinesfalls der Umstand heraus, dass er sich auch wegen der Umstände um seinen "Mephisto" das Leben genommen hat.


    Jaja, der Riess war eben mit Leib und Seele Journalist....und in seinen Büchern zeigt sich halt leider des Oefteren eine gewisse "Deformation professionelle". :rolleyes

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

    Dieser Beitrag wurde bereits 3 Mal editiert, zuletzt von Joan ()