'Das Foucaultsche Pendel' - VI (64-106)

  • HAHAHAHAAAAAAA ich kann nicht mehr.... :rofl


    Nachdem Belbo auf die Idee kommt, dass scheinbar hinter ALLEM, also wirklich ALLEM mehr steckt, als man gemeinhin annimmt, zerpflückt er den Aufbau des Automobils als Sefiroth-Baum, was an Absurdität kaum noch zu übertreffen geht, wie gesagt, kaum, denn Causabon kontert:


    Zitat

    "Phantastisch! Für morgen bereite ich eine mystische Auslegung des Telefonbuchs vor."
    "Immer ambitioniert, unser Causabon. Bedenken Sie, dass Sie dann das unergründliche Problem des Einen und der Vielen lösen müssen. Gehen Sie lieber in Ruhe vor. Untersuchen Sie erst mal den Mechanismus der Waschmaschine."
    "Der spricht doch für sich. Eine alchimistische Transformation: vom Schwarzen Werk zum Werk im weißer als weißesten Weiß."


    dtv-Ausgabe, S. 491


    :rofl :rofl :rofl
    Ecos ist Humor ist wirklich :anbet


    Tränenlachende Grüße,
    milla

  • Puuuuuh, habe soeben Kapitel VI - TIFERETH beendet und mir raucht der Kopf.


    In diesem Kapitel entwerfen die 3 Kollegen den "Großen Plan", den ich mich absolut nicht in der Lage sehe, korrekt und in Kürze wiederzugeben. Auch wenn ich wahrlich nicht alles verstanden habe, mir ist das Lachen von Beginn des Kapitels (s.o.) ziemlich schnell vergangen, so düster und beängstigend wird die Atmosphäre, die Eco in Tifereth heraufbeschwört.


    Die "Krönung" des düster-ekligen war die Szene bei Salon, dem Tierausstopfer (Unterkapitel 78-79), bei dem sich Causabon aufhält, während seine Freundin Lia das gemeinsame Kind zur Welt bringt. Auf einmalige Weise kontrastiert Eco hier das Düstere, Tote, mit dem sich Causabon im Rahmen des Großen Plans beschäftigt und dem Hellen, Lebendigen, das parallel in seinem Privatleben geschieht.


    Der Große Plan wird immer präziser und detaillierter, die 3 Kollegen wetteifern beinahe, um bei den beiden anderen mit neuen Erkenntnissen aufzutrumpfen. Gleichzeitig wird er für mich immer absurder und gipfelt in der "Erklärung" des Holocaust.


    Ich musste die ganze Zeit an den Film "23 - Nichts ist so wie es scheint" denken, bei dem ein Jugendlicher an den Geheimbund der Illuminaten und an die Allgegenwart deren mystischer Zahl 23 glaubt (ich erinnere mich noch dunkel, wie eine achtlos weggeworfene Zigarettenschachtel der Marke Ernte 23 quasi die Weltverschwörung symbolisierte) und durch fanatisches Hineinsteigern und zusätzlichem Drogenkonsum fast verrückt wird.


    Während Diotallevi zunehmend krank wird (unklar, ob es etwas mit dem Großen Plan zu tun hat oder Zufall ist), und Belbo in dem Plan aufzugehen und mit ihm all seine Zerrissenheit zu überwinden scheint, ohne zu merken, dass er die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen lässt, hat Causabon gottseidank noch den Rückhalt seiner kleinen Familie. Die bodenständige Lia zerpflückt während eines Familienurlaubs den Großen Plan und erklärt die geheimnisvolle Botschaft aus Provins, die der Ursprung aller Überlegungen war, zur simplen Wäscheliste eines Händlers. Danke Lia! :anbet


    Causabon lässt sich jedoch nicht überzeugen und fährt heimlich nach Mailand zurück, wo er dann den Anruf von Belbo bekommt, von dem am Anfang die Rede war. Der Kreis schließt sich.


    Ich bin gespannt, was in der Zwischenzeit in Mailand und mit Belbo und auch später im Museum mit Causabon passiert ist...


    Liebe Grüße,
    milla

  • Das ist mir durchwegs genauso gegangen, milla.


    Heiliger Bimbam, wie können sich diese drei Mannsbilder nur soweit versteigen! Bei jedem Manuskript hätten sie über die falsche Logik von Schlußfolgerungen vom Besonderen aufs Allgemeine, Rückschlüssen vom Besonderen und dem Ausschluß der Wahrscheinlichkeit schallend gelacht -- in diesem "Spiel" machen sie es selbst und verfallen zunehmend dieser Sucht (anders kann ich es gar nicht nennen). :pille


    Lia macht eigentlich nichts anderes, aber sie geht dabei wenigstens vom Wahrscheinlichen aus -- auch ihre Argumentation besteht aus lauter argumenta ad oculos (Liste der Argumentationsformen von Marcus Knill, rhetorik.ch), aber wenigstens sind sie alle einsichtig. Sie schließt nach Wahrscheinlichkeit, bezieht also auch Umstände außerhalb des "Systems" ein, während unsere drei Freunde, allen voran Belbo und Casaubon, sich nur innerhalb des Gedankenkonstrukts einer "Templerverschwörung" bewegen und dabei den Aspekt der Wahrscheinlichkeit völlig außer acht lassen, ebenso wie die Möglichkeit, daß die Verschwörung gar nicht existiert.


    Irgendwie gerät der Roman damit auch zu einer profunden Kritik an systemischen Theorien, also an den modernen Naturwissenschaften, speziell in der Physik. Argumentativ verfahren die ja nicht viel anders ... :grin


    Die Assassinen-Geschichte wird im Baudolino wieder aufgegriffen, wenn dort die Rede vom "grünen Honig" ist.