'Moby Dick' - Kapitel 001 - 009

  • Dann mach ich mal den Anfang. *g* Ich hab gestern Nachmittag mit dem Buch begonnen, da mein vorheriges Samstag durch war und weil ich nach erstem reinblättern zu den Zitaten dachte, das machst du nicht am Stück. :wow


    Der Anfang ist also in der Tat etwas zäh. Aber überspringen wollte ich ihn auch nicht. Erstens hat sich der gute Herr Melville die Mühe gemacht diese ganzen Sätze aus seiner Privatbibliothek zusammenzusuchen und zweitens durfte irgendeine arme Sau sich für die Anmerkungen (ich lese die neu übersetzte btb-Ausgabe) damit auseinandersetzen woher GENAU das ganze stammt und ob Melville das auch richtig zitiert hat (hat er nicht immer).


    Dann beginnt endlich die eigentliche Geschichte mit diesem schon legendären Satz: "Nennt mich Ismael". Ich kann nicht genau sagen warum, aber allein wenn ich das schon lese krieg ich 'ne Gänsehaut. Da liegt die Verheisung von Abenteuer und Tragödie in der Luft... Vermutlich weil ich auch ein großer Fan des Films bin (hab ihn mir gestern zur Einstimmung nochmal auf DVD angeschaut), deswegen werden dahingehend sicher einige vergleichende Kommentare von mir kommen. Hier schon mal der Erste. :grin Im Film kommt Ismael wie ein eher einfach gestrickter Bursche rüber, Landarbeiter oder irgendsoetwas. Im Buch hingegen merkt man schnell, dass Ismael ja eigntlich nur ein Alter Ego für Melville selbst ist, der 1846 von New Bedford aus die Walfangjagd unternahm, die ihm hier als Gerüst für die Geschichte diente. Ismael ist also ein ehemaliger Lehrer und auch an seiner Erzählart (die teilweise halbe Seiten langen Schachtelsätze, häufige Anspielungen auf Bibelstellen, Mythen und historische Ereignisse) merkt man, dass wir es hier mit keinem schlichten Gemüt zu tun haben. Ich mag diesen Ismael auch recht gern. Er wirkt irgendwie forscher als die mir bekannte Version, regt sich auch schon mal schnell über irgendetwas auf, gibt aber auch zu, dass es Momente gibt wo er einfach ängstlich ist (herrlich, die Szene als er Queequeg das erste mal erblickt).


    Man muss sich ja auch mal vor Augen führen: Als dieses Buch geschrieben wurde, hatte der amerikanische Bürgerkrieg noch nicht stattgefunden, Darwin hatte seine Entstehung der Arten noch nicht veröffentlicht, die Menschen dachten noch, die Welt sei gerade mal ein paar tausend Jahre alt aufgrund der Stammbäume in der Bibel. 160 Jahre und eine ganze Welt trennen uns von Melville und seinen Zeitgenossen.
    Andererseits gibt es Dinge von genau so aktueller Brisanz wie heutzutage und man muss leicht stutzen, wenn man Melvilles "Schlagzeile" für seinen persönlichen Theaterzettel liest: "Blutige Schlacht in Afghanistan". Tja, wer sich an den guten Dr. Watson erinnert, der hatte sein kaputtes Bein auch aus Afghanistan. History repeats itself...
    Interessant auch hier in den Anmerkungen zu finden, dass Stellen an denen Ismael zu flapsig über Gott und andere religiöse Dinge redet in der Londoner Ausgabe damals rausgekürzt wurden.


    Generell muss ich sagen, dass der immer wieder aufblitzende Humor und Spott mir wirklich gut gefällt. Ich musste richtig laut lachen, als Ismael sich über Queequeg echauffiert, weil dieser gefährlicherweise im Bett raucht und er nicht versichert sei, und über Queequegs ungewöhnliche Art sich morgens anzukleiden :rofl Oder auch die abstrusen Vergleiche, etwa der Holzgötze, der "genau die Farbe eines 3 Tage alten Kongokindes hat". Na er muss es ja wissen. :lache Ganz wunderbar.


    Der Gottesdienst in der Walfängerkirche von New Bedford ist im Film eine der eindringlichsten Szenen und auch hier im Buch beeindruckend: Die Gedenksteine, die wie ein Bug aussehende Kanzel (wobei dies im Film etwas überspitzt wurde) und ein Prediger, der genau weiss, wie er die abstrakten Geschichten und Gleichnisse der Bibel so erzählen muss, dass sie für seine Gläubigen greifbar und wirklich werden. Er erzählt es in ihrer Sprache und schmückt es mit Szenen ihres Alltags aus. Vater Mapple ist für mich wirklich eine sehr starke Figur in "Moby-Dick", trotz seines kurzen Auftauchens.


    Die Sprache (in der Übersetzung von Matthias Jendis) wirkt altertümlich und erinnert manchmal an die Formulierung von Bibeltexten, selbst wenn man von deren häufiger Zitierung absieht (was aber laut Anmerkungen in der englischen Ausgabe auch so ist und gewollt so übersetzt wurde. Das ist auf jeden Fall gelungen), die langen Schachtelsätze sind erst mal gewöhnungsbedürftig und fordern hohe Aufmerksamkeit vom Leser. Allerdings hat sich das ziemlich schnell gegeben nachdem ich länger am Stück gelesen habe und mittlerweile gefällt mir der Schreibstil sehr gut, er passt einfach zur Geschichte und der Zeit in der sie spielt.


    Am Anfang war die Dichte der Anmerkungen in meiner Ausgabe so hoch, dass ich sie nur kapitelweise nachgelesen habe, weil der Lesefluss sonst ständig unterbrochen worden wäre. Das wurde dann aber im Verlauf der ersten paar Kapitel immer besser.
    Über den angehängten Glossar der nautischen Begriffe bin ich recht dankbar, auch wenn die Erklärung häufig dazu führt, dass man gleich noch 3 andere Worte nachschlagen muss. ^^;


    Ich dachte eigentlich, dass ich für die doch kleingedruckten Seiten länger brauchen würde, aber es hat sich doch ziemlich flott weggelesen, bin jetzt schon mitten in Kapitel 16 (hab ja Urlaub und nachdem ich letzte Woche meine Wohnung auf Vordermann gebracht hab Zeit zum lesen :-]) und werde jetzt mit Ismael und Queequeg auf einem wohlbekannten Walfänger anheuern...

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

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  • dem kann ich außer zustimmung kaum etwas hinzufügen.
    ja, die beiden ismaels in fillm und buch sind recht verschieden, aber jeder auf seine art liebenswert. und ismaels gefühle beim kennenlernen seines schlaf- und künftigen reisegefährten sind einfach köstlich formuliert.
    der stil ist vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, aber sehr passend.

    Mögen wir uns auf der Lichtung am Ende des Pfades wiedersehen, wenn alle Welten enden. (Der Turm, S. King)


    Wir fächern die Zeit auf, so gut wir können, aber letztlich nimmt die Welt sie wieder ganz zurück. (Wolfsmond, S. King)


    Roland Deschain

  • Ich hab gerade erst zwei Kapitel geschafft. :-(


    Ja, die Zitate haben mich auch etwas überrascht. Ich habe sie zwar alle gelesen, aber nicht jedes Einzelne mit den Anmerkungen im Anhang verglichen. Das war mir zu mühsam. ;-)


    Es ist wirklich nicht leicht zu lesen, wobei mir die Sprache gut gefällt und ich auch mit den Schachtelsätzen gut zurecht komme. :-) Interessant sind hier auf jeden Fall die Anmerkungen im Anhang, die ich immer am Ende eines Kapitels durchgehe. Im ersten Kapitel habe ich mich schon wie ein Schneekönig gefreut, dass ich die Anspielung mit den Obstdieben (Adam und Eva) ohne Erklärung verstanden habe. :lache Manchmal ist es echt leicht, mir eine Freude zu machen. :grin


    Überhaupt überrascht mich der Anhang. Das sind ja über 200 Seiten!! :wow (Ich hab auch die btb Ausgabe).


    Insgesamt merke ich, dass ich für dieses Buch wohl länger brauchen werde, aber andererseits reizt mich auch gerade das daran. :-)


    Lieben Gruß
    Larna

  • mir geht es ähnlich.
    und ich haqbe zwischendurch noch leihbücher "wegzuarbeiten"... :wave

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    Roland Deschain

  • Ich habe schon jetzt das Gefühl, dass der Roman sehr ausgedehnt erzählt wird. Also ich muss mich schon anstrengen, um den durchzuackern.


    Aber die Sprache ist nicht übel. Im Gegenteil, es sind sehr viele witzige Anmerkungen versteckt und die Szenen sind bisher sehr bildlich beschrieben. Ich hab ja so gelacht, als Queequeg beschrieben wurde. Die Szene im Bett ist einfach köstlich.


    Aber nun ja: es geht langsam voran.

  • Von der Sprache bin ich mittlerweile sehr beeindruckt. Auch wenn es wirklich Konzentration erfordert, bei der Stange zu bleiben, ist sie doch sehr schön zu lesen, sehr bildhaft.


    Queequegs erstes Auftauchen fand ich ebenfalls sehr schön beschrieben. Die Ängste, die sich Ismael macht, während er dem befremdlichen Treiben zusieht, sowie die ebenfalls erschrockene Reaktion Queequegs, als er merkt, dass noch wer im Bett liegt. Besonders mochte ich die Szene, als Ismael aufwacht und im Arm seines neuen Freundes liegt. Ich konnte mir so bildlich vorstellen, wie er da erst vorsichtig und dann immer energischer versucht hat, dieser Situation zu entkommen. :rofl Das Schuh-Anzie-Ritual von Queequeg war ebenfalls sehr amüsant zu lesen.


    Die Predigt von Father Mapple hat mich auch sehr beeindruckt, gerade weil er, wie Paradise Lost schon schrieb, sich in der Seemannssprache ausdrückt und somit Begriffe verwendet, die seiner Gemeinde vertraut sind. Ein tolles Kapitel. Ich stelle fest, dass ich einen großen Vorteil habe, da ich seit über zwanzig Jahren selber segle, somit sind die wenigsten nautischen Begriffe ein Problem für mich, was mir das Lesen doch deutlich erleichtert.


    Lieben Gruß
    Larna

  • Da ich schon mehr als einmal mit Horatio Hornblower unterwegs war, sind mir die nautischen Begriffe bekannt, zum Gück, da in meiner Ausgabe, Insel Taschenbuch, keine Anmerkungen drin sind. :rolleyes


    Queebeg ist einfach herrlich! Und über Ismaels gedankengänge zu diesem Wilden habe ich mich köstlich amüsiert, vor allem auch, als die beiden nach der gemeinsam verbrachten Nacht Freundschaft schließen.


    Die Seefahrerkirche wurde sehr schön und anschaulich beschrieben, nur die Predigt konnte mich so gar nicht fesseln, das Kapitel habe ich ziemlich schnell überflogen.


    Bei der "blutigen Schlacht in Afghanistan" habe ich zuerst gestutzt und gedacht ich hätte falsch gelesen.


    Zitat

    History repeats itself...

  • Ja, die Schlagzeile über Afghanistan ist mir auch sofort ins Auge gesprungen, gerade weil es auch nach den über 150 Jahren noch bzw. wieder so eine Akutalität hat. *seufz*


    Lieben Gruß
    Larna

  • ja, das thema afghanistan ist von erschreckender aktualität

    Mögen wir uns auf der Lichtung am Ende des Pfades wiedersehen, wenn alle Welten enden. (Der Turm, S. King)


    Wir fächern die Zeit auf, so gut wir können, aber letztlich nimmt die Welt sie wieder ganz zurück. (Wolfsmond, S. King)


    Roland Deschain

  • Hallole!


    Ich habe eine sehr gekürzte Ausgabe... gerade mal 208 Seiten. Keine Kapiteleinteilung, und das, was in diesem Teil hier besprochen wird, wird in diesem Buch in gerade mal 20 Seiten abgehandelt...
    Habe gerade die Inhaltsangabe des nächsten Abschnittes gelesen.
    Nicht 20 Seiten, sondern nur 16. Die nächsten 4 Seiten gehören schon in den nächsten Abschnitt.


    Sätze aus der Privatbibliothek - nicht enthalten...


    "Dann beginnt endlich die eigentliche Geschichte mit diesem schon legendären Satz: "Nennt mich Ismael". Ismael ist also ein ehemaliger Lehrer und auch an seiner Erzählart (die teilweise halbe Seiten langen Schachtelsätze, häufige Anspielungen auf Bibelstellen, Mythen und historische Ereignisse) merkt man, dass wir es hier mit keinem schlichten Gemüt zu tun haben."


    Habe deshalb nochmal genau nachgelesen: er meint, daß es schwierig sei, sich befehlen zu lassen, "wenn man kurz vorher noch als Dorfschulmeister Herr über eine Klasse war..."



    "Andererseits gibt es Dinge von genau so aktueller Brisanz wie heutzutage und man muss leicht stutzen, wenn man Melvilles "Schlagzeile" für seinen persönlichen Theaterzettel liest: "Blutige Schlacht in Afghanistan". Tja, wer sich an den guten Dr. Watson erinnert, der hatte sein kaputtes Bein auch aus Afghanistan. History repeats itself..."



    In meiner Ausgabe nicht enthalten...



    "Interessant auch hier in den Anmerkungen zu finden, dass Stellen an denen Ismael zu flapsig über Gott und andere religiöse Dinge redet in der Londoner Ausgabe damals rausgekürzt wurden."


    In dieser Ausgabe auch ;-)


    "Generell muss ich sagen, dass der immer wieder aufblitzende Humor und Spott mir wirklich gut gefällt. Ich musste richtig laut lachen, als Ismael sich über Queequeg echauffiert, weil dieser gefährlicherweise im Bett raucht und er nicht versichert sei, und über Queequegs ungewöhnliche Art sich morgens anzukleiden Oder auch die abstrusen Vergleiche, etwa der Holzgötze, der "genau die Farbe eines 3 Tage alten Kongokindes hat". Na er muss es ja wissen. Ganz wunderbar."


    Diese Geschichte wird in meinem Buch auf guten 3 Seiten abgehandelt.


    "Gottesdienst in der Walfängerkirche von New Bedford" nicht enthalten.
    Der ganze Sonntag wird in einem Halbsatz abgehandelt:
    ... während ich mich zu einem kleinen Bummel durch die Stadt aufmachte.



    "die langen Schachtelsätze sind erst mal gewöhnungsbedürftig und fordern hohe Aufmerksamkeit vom Leser."
    Jugendbuchausgabe mit recht kurzen Sätzen...



    "Anmerkungen, angehängter Glossar der nautischen Begriffe"
    Nicht vorhanden.



    Bisher hat mich (gekürzte Ausgabe) weder Schreibstil, noch Geschichte überzeugt, wenn ich hier nicht mitmachen würde, hätte ich das Buch jetzt schon wieder auf den SUB zurückgelegt. Vielleicht ein ander Mal ;-)

    Wenn mein Kopf auf ein Buch trifft, klingt es hohl. Das muß nicht immer am Buch liegen...
    (Georg Christoph Lichtenberg)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von HeikeArizona ()

  • Zitat

    Original von HeikeArizona
    "Gottesdienst in der Walfängerkirche von New Bedford" nicht enthalten.
    Der ganze Sonntag wird in einem Halbsatz abgehandelt:
    ... während ich mich zu einem kleinen Bummel durch die Stadt aufmachte


    Was der Gottesdienst fehlt komplett? :yikes Ich seh ja ein, dass gekürzt wird, aber ich fand das schon ne wichtige Szene, die is ja sogar im Film und der ist vermutlich noch mehr gekürzt als Deine 200-Seiten-Fassung.
    Der Vorteil (wenn man es so nennen will) ist bei Dir vermutlich wirklich, dass die ganzen "Schulmeister"-Kapitel fehlen, in denen Ismael/Melville den Leser mit Wissen über Wale, Gott und die Welt vollpfropft ohne dass sich in der eigentlichen Handlung was tut. Er gerät mal sehr schnell ins philosophiren, der Herr Schulmeister. *g*

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    - Meister Yoda

  • Huhu!


    Habe schon überlegt, ob ich in der Bibliothek nach einer kompletten Fassung schau.
    Aber schulmeistern kann ich nicht ab ;-)

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  • Zitat

    Original von Zwergin
    Auch wenn mich der Herr Schulmeister stellenweise etwas langweilt, ganz drauf verzichten wollte ich doch nicht, stellenweise ist es richtig amüsant!


    Ganz verzichten möcht ich eigentlich auch nicht drauf, nur die Stellen die er sich halt immer dafür aussucht. Das hat sowas von Werbepausen. :lache

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    - Meister Yoda

  • ich hatte mich für diese leserunde nicht angemeldet, aber trotzdem ein versuch gestartet. ich hatte das buch schon in meiner jugendzeit probiert, fand es aber total laaaangweilig. auch jetzt beim zweiten versuch war es nicht besser. ich ziehe den film vor.

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)