Janne Teller - Nichts. Was im Leben wichtig ist

  • 3 CDs
    178 Minuten
    ungekürzte Lesung
    Sprecherin Laura Maire
    Hörprobe beim Verlag *klick*


    Inhaltsangabe (vom Verlag)
    "Nichts bedeutet irgendetwas, das weiß ich seit Langem. Deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun. Das habe ich gerade herausgefunden."
    Auf das Leben folgt der Tod. Auf die Bedeutung das Vergessen. Auf den Anfang das Ende. Als Pierre Anthon das erkennt, steigt er auf einem Pflaumenbaum und verbringt dort seine Tage. Gerda, Elise, Jan-Johan und all die anderen Kinder in der Stadt finden Pierre Anthon Verhalten nicht nur provozierend, es macht ihnen auch Angst - schließlich liegt die Zukunft verheißungsvoll vor ihnen. In einer verlassenen Sägemühle beginnen sie Dinge zusammenzutragen, die ihnen etwas bedeuten...
    (Achtung, der Klappentext der Buchausgabe verrät über die Hälfte des Inhalts!)


    Zur Autorin (vom Verlag)
    Janne Teller, 1964 in Kopenhagen geboren, hat Vorfahren aus Deutschland und Österreich; sie selbst lebt in New York. Sie studierte Staatswissenschaften, arbeitete als Konfliktberaterin der EU und UN in aller Welt, und setzte sich in verschiedenen Krisengebieten vor Ort für die Menschenrechte ein, bevor sie sich 1995 ganz dem Schreiben widmete. Nachdem ihr erstes Jugendbuch Nichts in dänischen Schulen zunächst verboten war, wurde es 2001 mit dem Kinderbuchpreis des dänischen Kulturministeriums, 2008 mit dem renommierten Prix Libbylit für den besten Jugendroman Frankreichs und 2010 mit dem LUCHS der ZEIT und Radio Bremen ausgezeichnet. Das Buch ist inzwischen ein internationaler Bestseller und in 13 Sprachen übersetzt.


    Zur Sprecherin (vom Verlag)
    Laura Maire, geboren 1979, arbeitet als Schauspielerin, Hörbuch- und Synchronsprecherin. Bekannt wurde sie 2001 in der ARD-Serie Verdammt verliebt, seitdem stand sie für TV-Produktionen wie Donna Leon und Der Bulle von Tölz vor der Kamera. Als Sprecherin wirkte sie u. a. im Hörspiel Kalteis von Andrea Maria Schenkel sowie in der Produktion Der Krieg der Knöpfe mit, die 2009 den Deutschen Hörbuchpreis gewann. Außerdem synchronisiert sie US-Schauspielerin Ashley Greene alias Alice Cullen in den Twilight-Kinohits.



    Meine Meinung
    Dieses Hörbuch wurde mir im Urlaub in einer kleinen Buchhandlung empfohlen und weil es von Laura Maire gesprochen wird, nahm ich es mit und höre es auf der Rückfahrt gleich durch.


    Der Anfang ist recht harmlos. Die junge Ich-Erzählerin berichtet, dass ihr 13-jähriger Mitschüler Pierre Anthon am ersten Schultag aus dem Unterricht verschwindet mit der Bemerkung, dass nichts Bedeutung habe und fortan auf dem Pflaumenbaum im elterlichen Garten sitzen will. Soweit so skurril, doch Pierre Anthon tyrannisiert die Anderen, die auf dem Schulweg an ihm vorbeikommen und so beschließen sie, ihm zu beweisen, dass er Unrecht hat.


    Dieses Vorhaben entwickelt eine unerwartete Eigendynamik, die mich stellenweise an "Herr der Fliegen" von William Golding erinnerte und in dem überdeutlich wird, wie scheinbar harmlose Vorhaben völlig aus dem Ruder laufen können. Janne Teller schildert schonungslos, wie grausam Menschen zueinander sein können, in jeder Hinsicht und wie schrecklich es für jeden Einzelnen sein, wenn ein anderer vehement und überzeugend suggeriert, alles wäre sinnlos.


    Die philosophischen Überlegungen der verschiedenen Figuren, was Bedeutung ist bzw. was Bedeutung hat, für wen und weshalb, sind überzeugend und sehr interessant dargelegt. Allerdings ist das Buch meiner Meinung nach nicht für zartbesaitete Menschen geeignet, aufgrund einiger genau geschilderter Gewaltszenen.


    Laura Maire liest wie gewohnt sehr einfühlsam und verkörpert die Ich-Erzählerin Agnes so überzeugend, dass ich schnell das Gefühl hatte, Agnes selbst zuzuhören. Dank ihres Vortrags werden die intensiven Emotionen noch deutlicher, die gelegentliche Gefühlskälte noch erschreckender.


    Fazit
    Ein Buch das nachhallt, immer und immer wieder die Frage nach der Bedeutung oder Sinnlosigkeit des Lebens, der eigenen Werte und Ziele stellt, schonungslos und stellenweise brutal, ein wenig an "Herr der Fliegen" erinnernd und dank Laura Maires Vortrag noch an Intensität gewinnt.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

  • Zum Inhalt


    Janne Tellers Debütroman „Nichts. Was im Leben wichtig ist“ hat mich inhaltlich sofort interessiert: Ein Schüler der siebten Klasse verlässt am ersten Schultag nach den Sommerferien nach wenigen Minuten den Klassenraum. Seinen Mitschülern hinterlässt er nur einen Satz, doch der löst eine Welle der Empörung aus: Nichts bedeutet etwas und deshalb lohnt es sich nicht, etwas zu tun.“
    Agnes und ihre Klassenkameraden wollen Pierre Anthons Behauptung keinen Glauben schenken. Sie wollen etwas werden, jemand werden und das ist doch nicht nichts!


    Gemeinsam schmieden sie einen Plan, wie sie Pierre Anthon davon überzeugen können, dass es sehr wohl etwas gibt, das eine Bedeutung hat und wofür es sich lohnt, etwas zu tun. In einem alten Sägewerk sammeln sie Dinge, die ihnen am Herzen liegen. Jeder muss das abgeben, was ihm am meisten bedeutet und so türmen sich im Laufe der Tage Gegenstände auf, die als Symbol der Bedeutung Pierre Anthon vom Gegenteil seiner Behauptung überzeugen sollen.


    Der sitzt derweil im Pflaumenbaum, provoziert seine Mitschüler mit nihilistischen Thesen und denkt nicht im Traum daran, auf ihre Gegenargumente einzugehen.
    Der Berg der Bedeutung muss also wachsen. Schuhe, Fußbälle und Fahrräder reichen nicht aus, um wirklich zu zeigen, dass es eine Bedeutung gibt. Und so überschreiten die Kinder eine Grenze, die an Grausamkeit und Gewalt nicht zu übertreffen ist…


    Die Wirkung auf mich


    Eben jene Gewaltbereitschaft hatte eine unglaublich deprimierende Wirkung auf mich. Je weiter die Handlung voranschreitet, desto skrupelloser werden die Beweisforderungen der Kinder. Was im ersten Moment noch idealistisch wirkt, artet letztlich in gewissenloser Brutalität aus.
    Ich war erstaunt, wie unreflektiert die Schüler den Konflikt bewältigen möchten. Verspricht das Thema doch eine Auseinandersetzung mit der Bedeutung des Lebens, so scheint es für sie von Anfang an nur die Lösung durch Gewalt zu geben. Der erste Versuch Pierre Anthon zum Schweigen zu bringen, besteht darin, ihn mit Steinen zu bewerfen. Es folgen Grausamkeiten, die mit Tieren, menschlichen Gefühlen, Moral und körperlichen Schmerzen zu tun haben. Philosophiert wird hingegen wenig.


    Die Schwelle zwischen guten Argumenten und effektheischender Brutalität ist erstaunlich gering, sodass mir die Entwicklung vom einen zum anderen fehlte. Janne Teller dringt nicht ins Innere der Figuren vor. Die Motivation der Kinder besteht lediglich darin, ihren Mitschüler zu Fall zu bringen, nicht aber darin, seinen Behauptungen auf den Grund zu gehen. Verfolgen sie zunächst noch das Ziel, den wahren Sinn des Lebens herauszufinden, verlieren sie sich bereits nach kurzer Zeit in dem Wunsch, ihre Klassenkameraden an ihrem wunden Punkt zu treffen. Die Bedeutung ihrer Handlungen rückt in den Hintergrund und im Vordergrund stehen Demütigungen und Schadenfreude.


    Das weckt im Leser natürlich die Sensationslust, sodass man gebannt verfolgt, wie weit Agnes und ihre Freunde noch gehen werden. Man ist schockiert und angeekelt und kann doch nicht aufhören hinzusehen. In der Hinsicht erzielt Teller einen enormen Effekt.
    Allerdings fehlt mir eindeutig der Gehalt der Geschichte. Das Potential wurde in meinen Augen nicht ausgeschöpft. Die Auseinandersetzung mit dem Thema „Sinn des Lebens“ hätte durchaus spannend umgesetzt werden können, doch die Handlung ist fast von Anfang an so eindimensional und polemisch, dass es mir schwer fällt, das Geschriebene als wertvoll zu erachten.


    Natürlich regt Pierre Anthons Aussage zum Nachdenken an. Und ich habe mich auch gefragt, was mir im Leben wichtig ist und was meiner Existenz eine Bedeutung gibt. Doch die Geschichte selbst inklusive des konstruierten Endes war mir dabei keine Quelle der Inspiration oder des Gedankenanstoßes.
    „Nichts. Was im Leben wichtig ist“ erschien mir lediglich wie eine Aneinanderreihung von Grausamkeiten, Skrupellosigkeit und Schadenfreude, die die eigentliche Bedeutung vollkommen aus den Augen verliert. Janne Tellers Umsetzung erinnert eher an einen typischen Artikel einer in Deutschland oft gelesenen Zeitung, die unter dem Deckmantel der Moral mit Effekthascherei hohe Leserzahlen erzielen möchte.


    Zur Vorleserin


    Positiv anzurechnen ist jedoch die Leistung von Laura Maire, der Sprecherin des Hörbuchs. Zwar hätte sie in meinen Augen etwas langsamer vorlesen können, doch sie beherrscht es, die Gedanken der 13jährigen Agnes glaubhaft vorzutragen und jagt einem hier und da mit ihrem Tonfall einen Schauer über den Rücken. Sowohl das Kindliche als auch die Gewissenlosigkeit werden durch ihre Stimme hervorragend transportiert und es war mir ein Vergnügen ihrem Vortrag zu lauschen.


    Fazit


    Alles in allem halte ich „Nichts. Was im Leben wichtig ist“ für ein Buch, das im Ansatz durchaus interessant ist. Die Umsetzung jedoch gefällt mir weniger gut, da die Geschichte recht konstruiert wirkt und lediglich in Form von Grausamkeiten Aufmerksamkeit erregt, nicht aber mit tiefgehenden Gedankengängen oder wertvoller Reflektion.
    Für Neugierige ist das Hörbuch aufgrund der Sprecherin durchaus empfehlenswert, die Geschichte selbst war für mich eher enttäuschend.


    Persönliche Altersempfehlung: ab 15 Jahren

  • Das Jugendbuch „Nichts. Was im Leben wichtig ist“ der dänischen Autorin Janne Teller löste mit seinem Erscheinen in Skandinavien heftige Diskussionen aus. Besonders Lehrer und Pädagogen waren der Ansicht, das Buch mute den Lesern zu viel zu. Davon wollte ich mir ein eigenes Bild machen und da Laure Maire zu meinen Lieblings-Hörbuchsprechern gehört, war die Wahl schnell aus das Hörbuch gefallen.
    Die Lesung ist nicht lang, sie dauert gut 3 Stunden, aber trotzdem habe ich ziemlich lange gebraucht, um es zu hören. Und das lag nicht daran, dass ich wenig Zeit gehabt hätte, sondern daran, dass ich noch nie ein dermaßen heftiges Jugendbuch gelesen (oder in diesem Fall eben gehört) habe. Zu Beginn fand ich „Nichts“ eher komisch und hatte Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzufinden. Sehr seltsam und mit der Zeit auch ziemlich nervig fand ich beispielsweise die Steigerungen, die die Autorin an diversen Stellen eingestreut hat. Ebenso die Adjektive, die sie vor einige der Namen gehängt hat und die permanent wiederholt werden („Der große Hans, die kleine Ingrid, der fromme Kai“…).


    Als ich dann endlich einen Überblick über die Geschehnisse in Tearing hatte, wurde die Geschichte immer heftiger. Die Dinge, die die Siebtklässler tun, um Pierre Anthon davon zu überzeugen, dass es durchaus etwas gibt, das eine Bedeutung hat, sind so… nicht in Worte zu fassen. Es ist wirklich unglaublich, auf was für Ideen die Autorin die Kinder kommen lässt. Oft habe ich gedacht „Das tun die jetzt nicht wirklich!“, mehrmals musste ich vor Entsetzen das Hörbuch ausschalten und konnte erstmal nicht weiterhören. Das, was in „Nichts“ passiert, ist an einigen Stellen überaus brutal, aber trotzdem war ich nicht unbedingt der Meinung, es mute den Lesern zu viel zu. Dies finde ich erst, seitdem ich weiß, wie die Geschichte endet. Es geht mir gar nicht so sehr um das, was Agnes, Marie- Ursula, Jan- Johann und die anderen tun, sondern darum, wie die Botschaft dieses Buches an den Leser übermittelt wird. Und leider vermittelt es den Eindruck, dass all die schrecklichen Dinge, die in „Nichts“ geschehen, durchaus legitim seien. Das, was wirklich passiert ist, wird verschleiert, die Täter kommen ungeschoren davon und man kann den Eindruck gewinnen, dass alles ja gar nicht so schlimm war. War es aber, und das kommt in meinen Augen nicht unbedingt bei den Lesern an. Gerade jüngeren Leser, die das Gelesene noch nicht unbedingt für sich reflektieren und hinterfragen, werden Bedeutung und Konsequenzen der Taten eventuell nicht richtig bewusst. Von daher habe ich auch durchaus Zweifel, ob dieses Buch wirklich für die empfohlene Altergruppe geeignet ist und kann die ausgelösten Diskussionen durchaus verstehen.


    Laure Maire als Sprecherin leistet auch hier wieder einmal überzeugende Arbeit. Ihrer angenehmen Stimme kann man gut zuhören und bekommt schnell das Gefühl, etwas erzählt und nicht vorgelesen zu bekommen. Eins der wenigen Dinge, die ich an diesem Hörbuch so richtig gut fand.

  • Ein bewegendes Hörbuch.


    Laura Maire die ich vorher noch nie gehört hbe findet pefekt die richtige Ton/ Stimmlage für jede Szene.
    Auf dem Cover steht das es sich mit Morton Rhues Die Welle vergleichen lässt und genau das war mein Gedanke nachdem ich es fertig gehört hatte.
    Die Aussage von Pierre Anthon entwickelt so eine Eigendynamik das es erschreckend ist.


    Ich glaube das Buch hätte ich abgebrochen, aber das Hörbuch musste ich weiter hören auch bei mir entwickelte sich eine Eigendynamik.


    Unvorstellbar und doch so unterschiedlich was für den einzelnen von bedeutung ist muss für den anderen noch lange nicht von Bedeutung sein.
    Ich hoffe doch sehr das es "nur" ein Roman ist und nicht irgendwann einmal Wirklichkeit.


    Schockierend, aufrüttelnd und unfassbar. Mir noch lange im Gedächtnis haftend