Der Übergang - Justin Cronin

  • Originaltitel: The Passage (2009)
    Random House Audio 2010, gekürzte Ausgabe, 10 CDs, 780 Min.


    Über den Inhalt:
    Die Welt, wie Sie sie kennen, wird es nicht mehr geben!
    Bevor sie das Mädchen von Nirgendwo wurde – das Mädchen, das plötzlich auftauchte, die Erste und einzige, die tausend Jahre lebte – war sie nur ein kleines Mädchen aus Iowa und hieß Amy, Amy Harper Bellafonte.
    Das Mädchen Amy ist gerade einmal sechs Jahre alt, als es von zwei FBI-Agenten entführt und auf ein geheimes medizinisches Versuchsgelände verschleppt wird. Man hat lange nach Amy gesucht: der optimalen Versuchsperson für ein mysteriöses Experiment, das nichts Geringeres zum Ziel hat, als Menschen unsterblich zu machen. Doch dann geht irgendetwas schief – völlig schief. Von einem Tag auf den anderen rast die Welt dem Untergang entgegen. Und nur eine kann die Menschheit vielleicht noch retten: Amy Harper Bellafonte.


    Über den Autor:
    Justin Cronin stammt aus New England und studierte in Harvard. Er besuchte den berühmten Iowa Writers’ Workshop und lebt heute mit seiner Frau und seinen Kindern in Houston, Texas, wo er an der Rice University Englische Literatur unterrichtet. Er veröffentlichte zwei Romane, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde. Die Übersetzungsrechte an seinem jüngsten Roman „Der Übergang“, an dem er über vier Jahre arbeitete, wurden innerhalb kürzester Zeit in 23 Länder verkauft.


    Über den Sprecher:
    David Nathan ist die deutsche Stimme von Christian Bale, Johnny Depp und Leonardo DiCaprio und gehört zu den gefragtesten Hörbuchsprechern Deutschlands. Er ist spezialisiert auf Spannung. Zuletzt las er für Random House Audio die Hörbücher zu Stephen Kings „Wahn“ sowie zu „Die Saat“ und „Das Blut“ von Guillermo del Toro und Chuck Hogan.


    Meine Meinung:
    Ein geheimes Experiment auf einem medizinischen Versuchsgelände in den USA gerät völlig außer Kontrolle. Eigentlich sollte ein lebensverlängernder Virus an Menschen erprobt werden, doch das Experiment schlägt fehl. Zwölf zu schrecklichen Monstern mutierte Männer brechen aus. Sie verbreiten ein Virus, das die gesamte Menschheit zu vernichten droht. Ungefähr 100 Jahre später haben sich die überlebenden Nichtinfizierten in so genannten Kolonien zusammengefunden. Sie leben immer mit der Angst, dass die gegen die Virals errichteten Schutzwälle versagen könnten.
    Rund 1000 Jahre später läßt eine internationale Konferenz die Ereignisse auf dem amerikanischen Kontinent noch einmal Revue passieren.


    Das Buch beginnt realitätsnah etwa 2020 nach unserer Zeitrechnung. Das Ausgangsszenario könnte durchaus eine Fortschreibung unserer tatsächlichen Geschichte sein.
    Die Zutaten sind bekannt und werden hier nur neu gemixt: ein außer Kontrolle geratenes wissenschaftliches Experiment, zum Tode verurteilte Straftäter, die als Versuchskaninchen missbraucht werden, ein freigesetztes Killervirus, gegen das es kein Gegenmittel gibt, skrupellose Wissenschaftler und FBI-Agenten, eine kleine Gruppe Aufrechter, die ums Überleben kämpft, ein unschuldiges Kind als Hoffnungsträger für die gesamte Menschheit.


    Die stilistischen Mittel des Romanaufbaus fügen sich zu einem Gebilde zusammen, das die Apokalypse als immer weiter fortschreitenden Prozess darstellt. Zusammengesetzt aus Briefen und Tagebucheinträgen, im Aufbau entdeckt man Ähnlichkeiten zur Bibel („das Buch Sarah“), entsteht eine düstere Chronik. Sprachlich auf hohem Niveau, dabei extrem detailverliebt und ausschweifend erzählt Cronin die Geschichte einer apokalyptischen Zukunftsvision. Bemerkenswert, dass sich mit jedem Wechsel der Erzählperspektive auch Cronins Sprachstil ändert. Abrupte Orts-, Zeit- und Handlungssprünge erfordern höchste Aufmerksamkeit beim Zuhören.

    Als etwas anstrengend habe ich es empfunden, dass der Autor auf fast jede seiner Figuren und ihre Beziehungen zueinander sehr ausführlich eingeht, egal, ob sie für den Verlauf der Geschichte eine Rolle spielen oder nicht. Im Nachhinein erst verstand ich, den ganzen Roman als Teil einer Chronik anzusehen, die aus unterschiedlichen Quellen und Positionen heraus rekonstruiert wird, also nicht nur spannende und actionreiche, sondern auch rein erzählerische Passagen enthält. Vor allem sollte man sich von Anfang an im Klaren darüber sein, dass dies der erste Teil einer Trilogie ist, denn am Ende bleiben viele ungeklärte Fragen und offene Handlungsstränge.


    Eine düstere Zukunftsvision einer Welt, die sich Rettung von einem Mädchen verspricht, das längst kein kleines Kind mehr ist. Amy scheint dazu auserkoren zu sein, das Bindeglied zwischen den Menschen und der neuen Lebensform, den Virals, zu bilden. Und begreift man Amy als neuen „Messias“, wird auch klar, warum der Geschichte ihrer Herkunft so viel Raum gegeben wird.


    Während des Hörens blitzte bei mir immer wieder die Erinnerung an Bekanntes auf: Mad Max III – Jenseits der Donnerkuppel, I’am a Legend, The Day After, Stephen Kings The Stand. Aus meiner Sicht ist das vom Autor durchaus gewollt, er bezieht andere Endzeitszenarien bewusst mit ein. Diese immer wiederkehrenden Aufnahmen der Filmsujets stellen Hinweise dar, dass sich der apokalyptische Prozess nicht nur im Jetzt manifestiert, sondern auf den verschiedensten Ebenen schon seit langer Zeit fortschreitet. Die mit diesem Stilmittel zusammengetragenen, aus ihrer Zeit losgelösten Warnungen vor oder Beschreibungen der Apokalypse dienen dazu, die Schreckensvisionen direkt auf den Leser zu übertragen.


    Das war schon ein Hörereignis der besonderen Art: Cronins herausragender Schreibstil, die aus unzähligen Fäden gewebte, in epischer Breite ausgelegte Handlung. Lebendige, auch brutale Szenen, wechseln sich ab mit intensiven Momenten, mit teilweise poetischer, langsamer Erzählung.

    David Nathan gibt wieder alles. Er überzeugt über die gesamte Hörbuchlänge, erweckt die Geschichte durch seine gefühlvolle Stelle zum Leben, macht die düstere Atmosphäre greifbar. Er moduliert seine Stimme hervorragend, gibt jedem einzelnen Charakter sein Format. Es ist einfach ein Genuss, ihm zuzuhören. Nur an einigen wenigen Stellen merkt man dem Hörbuch die Kürzung an.


    Ach ja: 2012 erscheint die Fortsetzung "The Twelve" und 2014 "The City of Mirrors".

  • Uff... diese Hörbuch habe ich nämlich hier liegen - und habe mich bisher nicht rangetraut.... Nachdem ich deine Rezi nun gelesen habe, rückt es auf dem Stapel doch ein Stück nach oben....

    Mein Bruder war von der Trilogie total begeistert, ich habe mich an diese Wälzer aber noch nicht gewagt und mir daher den ersten Band als HB gegönnt...