Fiona Shaw - Der Honiggarten

  • Fiona Shaw:
    Der Honiggarten
    Knaur Taschenbuch (7. Februar 2011)
    416 Seiten - 8,99€
    ISBN-10: 3426506815
    ISBN-13: 978-3426506813
    Originaltitel: Tell It to the Bees



    Über den Autor:
    Fiona Shaw lebt in Yorkshire und lehrt an der University of York. Ihr Roman Der Honiggarten hat in ihrer Heimat die Herzen der Leser im Sturm erobert.


    Kurzbeschreibung
    Ein kleiner Ort in England in den 50er Jahren.
    Der kleine Charlie ist nicht wie andere Jungen seines Alters. Er ist ein leidenschaftlicher Leser und macht stundenlange Spaziergänge durch das Städtchen, bei denen er seine Umgebung aufmerksam beobachtet. Auf einem seiner einsamen Streifzüge lernt Charlie eines Tages die Ärztin Jean kennen, die in ihrem Garten Bienen hält. Charlie ist fasziniert vom Leben dieser Tiere, und wenn er traurig ist, tut er von nun an das, was Jean ihm rät: Er erzählt den Bienen von seinem Kummer. Doch dann lädt Jean Charlies Mutter in ihr Haus ein. Keiner von ihnen ahnt, dass ihre Begegnung unabsehbare Folgen haben wird …



    Meine Meinung:
    Eine Geschichte über das Leben, die Liebe und das Erwachsen werden.


    Mit sehr viel Liebe zum Detail erzählt uns die Autorin ein Beziehungsdrama in einer englischen Kleinstadt der 50ziger Jahre.
    An Hand des Klappentextes habe ich mir nicht viel versprochen, wurde jedoch angenehm überrascht.
    Die Wortwahl in "Der Honiggarten" empfand ich als äußerst angenehm und ich war von der Fülle der poetischen Sätze geradezu begeistert.


    Obwohl eigentlich nur Szenen aus einem ganz alltäglichen spießigen Leben in den 50ziger Jahren erzählt werden, nimmt die Geschichte immer mehr an Fahrt auf und danach war es für mich schier unmöglich, das Buch aus der Hand zu legen. Innerhalb von 2 Tagen habe ich es verschlungen. Je näher ich zum Ende kam, desto langsamer habe ich versucht zu lesen. Ich wollte mich einfach nicht von den liebevoll beschriebenen Menschen verabschieden.
    Jeder der Protagonisten hat so seine Macken, seine Ecken und Kanten und man hat mit ihnen mitgefiebert und mitgelitten.
    Es ist ein trauriges Buch das zu Herzen geht, aber zugleich auch ein fröhliches Buch, das bewegt.


    Fazit: ein Roman der die Marotten der Bewohner einer englischen Kleinstadt liebevoll und eindringlich erzählt und dabei niemals in Belanglosigkeiten abdriftet.


    Sehr liebevoll werden Charlies (der 10-jährige Sohn in diesem Roman) Sammelleidenschaft beschrieben und beklemmend zu lesen, dass seine bedingungslose Liebe zu seinem Vater leider nicht erwidert wird.


    Ich empfand diesen Roman als eindrucksvoll und kann ihn 100% weiterempfehlen (was ich auch schon getan habe)

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
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    :kuh:lesend

  • Wie die Biene vom Nektar wurde ich bei diesem Buch vom Klappentext angelockt und zum Lesen des Buches verführt. Die vielversprechenden Stichworte "England", "50er Jahre", "zauberhaft" und "atmosphärisch" waren dabei ausschlaggebend. Und einem Debütroman sollte man durchaus eine Chance geben. Doch bereits nach den ersten hundert Seiten fing ich an, meine Entscheidung zu bereuen. Denn leider sind dem Buch einige stilistische Schwächen anzumerken. Viele Formulierungen wirkten auf mich etwas ungelenk und schief, so dass sich mir ihr Sinn nicht eindeutig erschloss. Auch "malen" sich ständig irgendwelche Gefühle auf den Gesichtern der einzelnen Personen. Solche Wiederholungen und Unstimmigkeiten rissen mich des Öfteren aus dem Lesefluss raus.

    Besonders gewöhnungsbedürftig fand ich die seltsame Art, mit der Fiona Shaw das Innenleben ihrer Figuren darzustellen versucht. Charlie beispielsweise ist ein ruhiger, verträumter und in sich gekehrter Junge, der alle Hände voll zu tun hat, um mit seiner Rolle als Einzelgänger und den Eheproblemen seiner Eltern umzugehen. Anstatt jedoch Charlies Gedanken und Emotionen schlüssig über Handlungen und Gespräche zu transportieren, konzentriert sich die Autorin zu sehr auf seine Körpersprache, ohne diese durch weitere Hinweise für den Leser deutbar zu machen. Mit den anderen Personen verfährt sie ebenso. Nun sagte mir das ganze Zusammenzucken, Zwinkern und Schulterheben aber die meiste Zeit überhaupt nichts, sondern trug nur zu einiger Verwirrung bei. Ich hatte oft das Gefühl, außen vor zu bleiben. Manchmal beschlich mich sogar der Verdacht, dass die Autorin mit ihren Protagonisten überfordert war und selbst nicht genau wusste, was diese eigentlich fühlen und warum sie es tun.

    Ich hatte mich sehr darauf gefreut, etwas mehr über die 50er Jahre in England zu erfahren. Wie war die allgemeine Gemütslage, was war den Leuten wichtig, welche Dinge gehörten zu ihrem Alltag. Auch in diesem Punkt konnte mich der Roman nicht zufrieden stellen. Shaws Beschreibungen des Lebens in der damaligen Zeit waren mir teilweise zu dürftig und oberflächlich und führten dazu, dass ich mir kein richtiges Bild davon machen konnte. Nur selten gelang es der Autorin, die kleinbürgerlichen Moralvorstellungen und gesellschaftlichen Zwänge innerhalb des kleinen Ortes treffend zu skizzieren und berührende Ereignisse zu erzählen. In diesen wenigen Momenten fühlte ich mich von dem Buch angesprochen und bekam eine Vorstellung davon, was man aus dem Romanstoff hätte machen können. Es mangelt der Geschichte einfach an Charme, Atmosphäre, stimmigen Figuren und einer nachvollziehbaren Handlung. Genau diese Zutaten hätte das Buch aber gebraucht, um interessant und lesenswert zu sein. Denn in der Geschichte passiert an sich nicht viel und vor allem die Beziehung zwischen Charlies emotional vernachlässigter Mutter Lydia und der allein lebenden Ärztin Jean fand ich zwar vorstellbar, aber nicht glaubwürdig entwickelt. Der Mittelteil erwies sich als recht langweilig und zäh und ich war richtig erleichtert, als ich durch war.

    Mein Herz hat das Buch leider in keinerlei Hinsicht erobert (schon gar nicht im Sturm ;-)) und ich würde es deshalb auch nicht weiterempfehlen!
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  • Der dritte Roman von Fiona Shaw widmet sich dem Leben in den 50-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Das Rollenverständnis der Geschlechter ist vorgeformt und wer sich dort nicht anpasst, erfährt schnell die Ablehnung des gesamten Umfelds. Es geht dabei um Toleranz gegenüber dem, das nicht der Norm entspricht. Es geht um Geben und Nehmen, Freundschaft und die Erfüllung der eigenen Wünsche. Eingebettet ist die Geschichte in den Erinnerungen des Sohnes der Protagonistin. Während der unberechenbare Vater nie eine innige Beziehung zu ihm zuließ, kümmerte sich seine Mutter umso mehr. Psychologisch steckt in dieser Konstruktion schon eine Menge Stoff. Explosiv wird diese Mischung, als sich die beiden Frauen als Paar zusammentun. Die Autorin schildert diese Vorgänge allerdings fast wie selbstverständlich, dass es wie alltäglich scheint. Für mein Empfinden passt das nicht zur damaligen Zeit. Ich hätte einen empörteren Aufschrei der Familie, Arbeitskollegen und nicht zuletzt der Patienten erwartet.


    Die Geschichte birgt enorm viel Potential für bewegende Emotionen. Leise und gemächlich werden die einzelnen Veränderungen angesprochen. Sowohl die seelische Vernachlässigung von Charlie als auch das anfängliche Sträuben von Lydia werden so nur schemenhaft deutlich. Erst im letzten Drittel nimmt die Erzählung Fahrt auf und fängt ihre Leser ein. Für dieses Buch benötigt man also Durchhaltevermögen, damit es seine Wirkung entfalten kann. Ein Highlight seines Genres ist es dennoch nicht. Auch süßer Honig zieht eine klebrige Spur. Übertragen auf dieses Buch heißt es, dass die flüssig erzählte Geschichte zwar glaubhaft dargestellt wird, aber durch ihre Langsamkeit doch rasch langweilig wird. (6 Punkte)