Diogenes, Hardcover, 87 Seiten
2011
Kurzbeschreibung:
In seinen Poetikvorlesungen ›Gedanken über das Schreiben‹, im Sommer 2010 in Heidelberg gehalten, nimmt Bernhard Schlink die Hörer mit auf die Suche nach den Regeln, die sein Schreiben über die Vergangenheit, über die Liebe und über die Heimat leiten. Er gibt Antworten auf kritische Fragen, die er sich stellt und die ihm gestellt werden. Ist Literatur der Wahrheit verpflichtet? Gibt es besondere Verpflichtungen für Literatur über den Holocaust? Müssen Protagonisten, die monströse Verbrechen begehen, als Monster dargestellt werden? Liebt ein Autor die Figuren, über die er schreibt? Was bedeutet Heimat beim und fürs Schreiben? Wie kommt ein Autor zu seinen Geschichten, und wann weiß er, ob sie tragen? Selbsterforschung und Werkstattgespräch, eindrücklich und aufschlussreich für alle, die sich für den Autor Bernhard Schlink und dafür interessieren, wie gute Geschichten zustande kommen.
Über den Autor:
Bernhard Schlink, geboren 1944 bei Bielefeld, ist Jurist und lebt in Berlin und New York. Der 1995 erschienene Roman ›Der Vorleser‹ (Stephen Daldrys Verfilmung ›The Reader‹ mit Kate Winslet, David Kross und Ralph Fiennes erhielt 2009 einen Oscar und einen Golden Globe), in 45 Sprachen übersetzt und mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet, begründete seinen schriftstellerischen Weltruhm.
Mein Eindruck:
Die Heidelberger-Poetik-Dozentur besteht üblicherweise aus 3 Vorlesungen + Begleitprogramm aus Lesung aus Büchern und ggf. Filmaufführung inkl. Gespräch.
Frühere Poetik-Dozenturen von Patrick Roth, Louis Begley oder Alban Nikolai Herbst sind mir sehr positiv in Erinnerung geblieben. Von Schlinks Dozentur habe ich leider nur die Lesung aus Sommerlügen im Rahmen der Heidelberger Literaturtage gesehen, bei der auch die Studenten anwesend waren.
Da ich sonst alles verpasst habe, bin ich froh über das Erscheinen des Buches.
Die 3 Vorlesungen waren:
Über die Vergangenheit schreiben
Hier thematisiert Schlink die Frage, ob die Fiktionalisierung der Vergangenheit, speziell der des Nationalsozialismus zulässig ist oder ob sie den Blick auf die Wahrheit, wie sie durch Dokumentation entsteht, verstellt. Eine spannende Frage, Schlink versteht es sie zu beschreiben, nennt den Film Das Leben ist schön von Roberto Begnini oder den Romanen von John Boyne (Der Junge im gestreiften Pyjama) und Jonathan Little (Die Wohlmeinenden) . Dann weitet Schlink das Thema auch auf die DDR aus, mit wenigen Sätzen analysiert er den Film „Das Leben der anderen. Diese prägnante Art zeichnet Schlink aus. Deswegen ist auch dieser schmale Band reichhaltig.
Über die Liebe schreiben
Hier schreitet der Poetik-Dozent seine
Gedankengänge über die Liebe in der Literatur ab. Über seine eigenen ungewöhnlichen Liebespaare seiner Romane, wie die in Der Vorleser, aber auch über die der Weltliteratur. Dann geht er der Frage seiner Leser nach, ob er seine Romanfiguren liebe und dann, ob der Autor seine Leser liebt.
Dieser Abschnitt ist leicht, humorvoll und gut zu lesen.
Über die Heimat schreiben
Heimat, das ist für Bernhard Schlink Heidelberg, aber auch am Zürichsee, wo er als Kind seinen Ferien immer bei den Großeltern verbrachte.
Heimat im Schreiben hat auch mit der Sprache zu tun. Der Russe Nabokov wendete sich in den USA der englischen Sprache zu, Thomas Mann hingegen sagte in den USA: Wo ich bin, ist Deutschland.
Fazit:
Insgesamt hat man beim Lesen dieser Vorlesungen das Gefühl, dabei zu sein. Sehr schön, dass die Vorlesungen als Buch veröffentlich wurden. Ich kann es nur empfehlen und eigentlich hätte das Buch mehr als die nur möglichen 10 Punkte verdient.
ASIN/ISBN: 3257067836 |