Abgründe - Arnaldur Indridason

  • Klappentext


    Island 2005 - die Wirtschaft boomt in nie gekanntem Ausmaß. Ehrgeizige junge Unternehmer machen durch clevere Finanzgeschäfte weltweit von sich reden. Ganz Island bewundert seine "Expansionswikinger". In dieser Zeit des unbegrenzten Wachstums stürzt ein Banker von einer Steilklippe in den Tod. Ein Unfall? Kurz darauf wird eine junge Frau von einem Schuldeneintreiber zu Tode geprügelt. Beide Ereignisse scheinen zunächst nichts miteinander zu tun zu haben. Nur eines ist sicher, Geld spielt in beiden Fällen die entscheidende Rolle..


    In diesem neuen Krimi muss sich Sigurdur Oli im Alleingang mit den kriminellen Machenschaften in der isländischen Finanzwelt befassen...


    Über den Autor


    Arnaldur Indridason, Jahrgang 1961, war Journalist und Filmkritiker bei Islands größter Tageszeitung. Er ist heute der erfolgreichste Krimiautor Islands. Seine Romane werden in zahlreiche Sprachen übersetzt und sind mit renommierten Krimipreisen ausgezeichnet worden, unter anderem mit dem Nordischen Krimipreis, dem Gold Dagger und dem Grand Prix De Littera - Ture Policiere.
    Der Autor lebt mit seiner Familie in der Nähe von Reykjavik.


    Meine Meinung


    Diese war das erste Buch das ich von Indridason gelesen habe, und vermutlich auch das letzte. Dieses Gefühl das ich sonst oft bei Krimis habe "Ich MUSS weiter lesen, wie geht es weiter!!!?" wollte sich bei mir einfach nicht einstellen. Die Handlung und das Ende ist genauso gekommen wie ich es erwartet habe, es war keine überraschende Wendung in dem Buch. Ich habe mich ehrlich gesagt mit Island noch nicht wirklich auseinandergesetzt, deshalb weiß ich nicht ob es so Brauch ist in diesem Land, oder ob dies der Stil der Übersetzerin ist, jedenfalls hat es mich massiv gestört, dass alle Personen (auch die sich noch nie in ihrem Leben gesehen haben) miteinander per du waren. Wer in einem Krimi nichts über das Leben des Ermittlers wissen möchte sollte die Finger von diesem Buch lassen. Es wird viel auf seine privaten Beziehungen eingegangen.
    Ein Buch das mich nicht überzeugt hat, es war aber auch nicht so schlecht, dass ich es vorzeitig zur Seite gelegt hätte.

  • Ein früherer Schulkamerad und Freund von Kommissar Sigurdur Óli bittet diesem um Hilfe, da ein Freund von ihm mit pikanten Bildern erpresst wird.
    Als Sigurdur Óli sich um die Sache kümmern will, wird die Erpresserin Sigurlína Þorgrímsdóttir brutal zusammengeschlagen und stirbt wenige Zeit später im Krankenhaus.
    Der unbekannte Täter konnte, überrascht von Sigurdur, vom Tatort fliehen und wird nun fieberhaft gesucht.
    Zeitgleich beginnt der Kommissar, der Erlendurs Vertretung übernimmt, den Fall und stößt bald auf viele Abgründe der menschlichen Seele.
    Geld, Macht und Sex scheinen in diesem Fall eine große Rolle zu spielen und Sigur ur verstrickt sich auch von privater Seite aus immer mehr in dem Ganzen.
    Nachdem ich den ersten Fall („Menschensöhne“) von Arnaldur Indridasons „Erlendur-Reihe“ gelesen habe, war ich nun sehr gespannt auf dieses Buch, da „Abgründe“ bereits der 10. Fall ist.
    Leider aber konnte ich nicht feststellen inwiefern sich Erlendur, der in Teil 1 nocht recht farblos und unscheinbar war, vom Charakter und Auftreten her weiterentwickelt hat, da er in diesem Teil gar nicht vorkam und nur am Rande erwähnt wurde.
    Er befindet sich nämlich immer noch seit „Frevelopfer“ (Teil 9) im Urlaub in den Ostfjorden.
    Teil 9 und 10 scheinen auch sehr zeitnah zusammenzuliegen, da nur 2 Wochen seit Erlendurs Abreise vergangen sind.
    Stand (laut Inhaltsangabe) Erlendurs Kollegin Elínborg im letzten Buch im Vordergrund, ist es nun Sigurdur Óli,der die zentrale Rolle übernimmt. Leider aber war mir Erlendurs Kollege sehr unsympathisch mit seinem arroganten und überheblichen Verhalten. Auch beneidet er die reichen Banker von Island um ihr Vermögen, trotz seines eigenen Wohlstandes und hat aber was die isländische Kultur betrifft eine antiisländische Einstellung und hält sich eher an amerikanische Filme und Musik. Das ist natürlich nicht weiterhin schlimm, aber seine Abfälligkeit mit der er der isländischen Kultur begegnet, verstärkt nur seinen überheblichen Charakter, den er immer wieder deutlich zeigt.
    Sigur ur Óli ist für mich kein Sympathieträger und Erlendur hat mir hier doch sehr gefehlt, da er vom Charakter her doch viel gefestigter und angenehmer ist als sein Kollege.
    „Abgründe“ ist wie auch „Menschensöhne“ ein ruhiger Krimi ohne viel Blut oder unerträglichem Nervenkitzel.
    Dennoch ist das Buch thamtisch sehr ansprechend und der Fall ist für mich unvorhersehbar mit vielen offenen Baustellen. Denn neben dem eigentlichen Fall wird auch noch die Geschichte von Andrés erzählt, der mit dem Missbrauch aus seiner Kindheit zu kämpfen hat und Kontakt zur Polizei sucht.
    Das Ende war dann überraschend und die Auflösung schlüssig. „Abgründe“ ließ sich gewohnt gut und flüssig lesen mit nur einigen zähen Stellen, an denen es aufgrund der Thematik etwas wirtschaftslastig wurde. Der Lesefluss wurde aber nicht wirklich gehemmt.
    „Abgründe“ ist ein guter und ruhiger Kriminalroman, den ich vor allem Islandliebhabern empfehlen kann, da die Atmosphäre durch das beschauliche Island als Kulisse sehr angenehm ist und es immer wieder eine Freude ist Literatur dieser Insel zu lesen.
    Ich freue mich auch schon auf Teil 11, in der Hoffnung dort Erlendur endlich wieder zu begegnen, und bin auch gespannt, ob sich Sigurdur Óli noch zum Positiven entwickelt und wie seine Beziehung zu seiner Ehefrau sich weiter gestaltet, da sich beide in „Abgründe“ offiziell trennten.
    Die anderen Erlendurbücher werde ich natürlich auch noch lesen. ;)


    3,5 von 5 Sternen!

  • Der Inhalt wurde bereits geschildert.


    Schade, Erlendur ist auch in dem vorliegenden Fall auf Urlaub. Hier muß Sigurdur Oli die Ermittlungen übernehmen. Ein Kommissar, dem es m. M. nach an Dynamik fehlt, denn er kann nicht mal den Dieb der Sonntagszeitung finden. Außerdem ist er in die Sache privat zu sehr verstrickt und läßt keine rechte Spannung aufkommen.


    Das Buch liest sich zwar flüssig, man kann die Atmosphäre Islands spüren, aber ich freue mich wenn Erlendur endlich wiederkommt.

  • Die Thematik des Buches ist aktuell und hochinteressant: vor allem, da es (auch) um Island in der Blüte seines Wirtschaftswunders geht und das Land hart am Randes des Abgrundes des Bankenchrashs steht. Und wir alle wissen, wie die Wirtschaftsblase geplatzt ist. Nur die Personen des Romans ahnen noch kaum etwas...


    Das zweite große Thema: Kindesmissbrauch wird sehr dezent und trotzdem oder gerade deshalb besonders beeindruckend behandelt. Vor allem die (Langzeit)Folgen für die Betroffenen.


    Indri ason schreibt gewohnt routiniert, spannend und mitreißend. Anfangs konnte ich mir nicht vorstellen, dass nicht Erlendur der ermittelnde Kommissar sein sollte. Aber für mich unerwartet ersetzt ihn Sigur ur Òli perfekt. Ich hoffe, dass er nicht mehr in den Hintergrund rücken muss und noch mehr Fälle lösen darf. Was natürlich nicht heißt, dass Erlendur verschwunden bleiben muss. Aber seine privaten Probleme sind wohl schon etwas zu sehr ausgewalzt worden, und Sigur ur Òli bringt viel frischen Schwung in die Krimireihe.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde