'Der Kaufmann von Venedig' - Fünfter Akt

  • Hallole!


    Die Frauen kommen nach Hause, tun so, als ob sie nie weg gewesen wären.
    Kurz danach kommen die Männer mit Antonio nach Hause, bzw zu Porzias Haus.
    Große Diskussion um die Ringe, Auflösung, glückliches Ende.


    Zumindest die Liebesgeschichte geht gut aus.
    Antonio bekommt die Nachricht, daß doch noch einige seiner Schiffe angekommen sind, es also für ihn gut aussieht.


    Shylock, der zwangsgetaufte Jude, verschwindet in der Versenkung.
    Die arroganten, hochnäsigen Leute in Venedig kommen im letzten Akt auch nicht mehr vor, nur dann im nächsten Stück von W. Shakespeare :rolleyes




    Zu meiner Schulzeit habe ich schon sehr hitzig über dieses Stück gestritten.
    Manche Mitschüler sahen nur eine Liebesgeschichte mit Beiwerk. Andere sahen die Verurteilung eines Juden, der "endlich" zur Räson gebracht wird...
    Mit meiner Meinung, daß man dem Juden Unrecht tut, stand ich ziemlich alleine auf weiter Flur...


    Wegen schlechter Englisch-Kenntnisse wurde ich in die Nähe von London in die Schule geschickt.
    The merchant of Venice stand gleich als erstes auf dem Stundenplan, alle dachten, Mensch, die Deutsche hat ja keine Ahnung :-] Die können wir jetzt mal ordentlich niedermachen... :-]


    Pfeifedeckele! Klar war mein Wortschatz nicht sonderlich, von der Grammatik ganz zu schweigen, aber ich habe sie doch in Grund und Boden diskutiert :lache
    Und in der Abschlußarbeit zu diesem Stück bekam ich eine 5,5. Das ist im dt. System eine 1-2.
    :lache


    :wave

    Wenn mein Kopf auf ein Buch trifft, klingt es hohl. Das muß nicht immer am Buch liegen...
    (Georg Christoph Lichtenberg)

  • 16. William Sakespeare: Der Kaufmann von Venedig (72 Seiten, in einem Behaltbuch)
    Ist es antisemitisch? Oder will Shakespeare in diesem überzogenen Bild auf einen Mißstand aufmerksam machen?
    Note: 2

    Wenn mein Kopf auf ein Buch trifft, klingt es hohl. Das muß nicht immer am Buch liegen...
    (Georg Christoph Lichtenberg)

  • Die Verwirrungen am Ende um die Ringe und die Liebesgeschichten war wieder sehr unterhaltsam und auch irgendwie typisch Shakespeare.
    Gut, dass es am Ende für die Paare gut ausgeht und auch Antonio wieder nach vorne schauen kann.


    Für mich bildet dieser Teil des Stücks, so leicht und lustig, einen Gegensatz zum Rest:


    Im Stück sind deutlich antisemitische Züge an den Hauptpersonen wie Antonio feststellbar. Ich frage mich, ob Shakespeare damit ein Klischee bedient hat, um auf einen Misstand in der Gesellschaft aufmerksam zu machen: denn Shylock handelt in dem Stück, wie es aussieht, so unbarmherzig, weil er in seinem bisherigen Leben innerhalb der Gesellschaft schlecht behandelt wurde. Hierauf und auch auf die Frage, was ihn von den anderen handelnden Personen unterscheide, wird mehrmals hingewiesen. Im 4. Akt kreidet er beispielsweise die Sklavenhaltung an und fragt, wieso er sich gnädiger verhalten solle als der Rest der (christlichen) Gesellschaft.
    ein leicht bitterer "Nachgeschmack" bleibt mir trotzdem :gruebel


    Ich bin gespannt, was ihr von den Stück haltet :wave

  • Zitat

    Original von Mia08
    Ich bin gespannt, was ihr von den Stück haltet :wave


    Huhu!


    Dieses Stück ist das mMn kontroverseste Stück von Shakespeare.
    Es gab zu allen Zeiten Progrome gegen Juden.
    Er verlegt die Handlung zwar nach Venedig, aber, soweit bekannt, war Shakespeare nie außerhalb Englands. Bzw der britischen Insel. Wie die Verhältnisse Ende des 16.Jhd in England waren, weiß ich nicht.


    Ich gehe mal davon aus, daß er die damaligen Verhältnisse schildert.
    Und ich glaube, daß Shakespeare pro-jüdisch war.
    Er legt Shylock Worte in den Mund, die eine wunderbare Verteidigung sind.
    "Wenn ihr uns kitzelt, lachen wir nicht? Wenn ihr uns vergiftet, sterben wir nicht?"
    Oder der Vergleich mit der Hartherzigkeit der Christen als Sklavenhalter...


    Shylock soll Gnade geben.
    Aber wie soll man etwas geben, was man nicht kennt. Er hat in seinem ganzen Leben ja noch keine Gnade, bzw auch nur ansatzweise Achtung und Verständnis erfahren.


    Er kennt nur das Rechtssystem und beruft sich auf die Gesetze.
    Shylock hat in seinem ganzen Leben nur schlechte Erfahrungen mit Christen gemacht. Der Ausgang der Gerichtsverhandlung ist die letzte der schlechten Erfahrungen... :yikes
    Und Antonio ist einfach nur ein Opfer, als Musterbeispiel eines Christen. Shylock hätte sich sich auch an Hinz oder Kunz rächen können, wenn derjenige in der gleichen Situation gewesen wäre...


    Was ich von diesem Stück halte?
    Es ist mMn das Stück von W. Shakespeare, über das man am meisten reden kann. Das man auch auf heutige Verhältnisse übertragen kann.
    Sypathisch ist mir eigentlich keine Figur.
    Shylock ist die einzige Figur, die ganz geradeaus handelt, wobei ich sein Verhalten komplett nachvollziehen kann.
    Alle anderen Figuren sind so larifari. Teilweise haben sie ja nicht mal Namen, sondern nur eine Funktion, wie zB der Doge, oder die Prinzen von xxx.


    Es gibt auch wirklich schöne Stücke von Shakespeare, wie zB Romeo und Julia. Da gibt es so viele Personen, mit denen ich mitfiebere. (Obwohl ich das Ende ja kenne...)


    :wave

    Wenn mein Kopf auf ein Buch trifft, klingt es hohl. Das muß nicht immer am Buch liegen...
    (Georg Christoph Lichtenberg)

  • Über die antisemitischen Züge dieses Stückes habe ich mich im 4. Abschnitt schon ausgelassen.


    Zitat

    Original von Mia08
    Die Verwirrungen am Ende um die Ringe und die Liebesgeschichten war wieder sehr unterhaltsam und auch irgendwie typisch Shakespeare.
    Gut, dass es am Ende für die Paare gut ausgeht und auch Antonio wieder nach vorne schauen kann.


    ...


    Dieser 5. Aufzug ist wirklich sehr typisch für die Shakespearschen Komödien. Fast überstürzt werden alle losen Fäden verknüpft, alles aufgelöst, in diesem Fall die ganze Ringgeschichte. Immerhin durften die Stücke nicht zu lang sein. :grin


    Nach meinem Empfinden ist das nicht unbedingt eins der besten Stücke von Shakespeare. Zu sehr belasten die Klischees die Handlung.

  • Ich war gestern nicht online, habe dafür aber das Stück zu Ende lesen können.


    Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.
    Für mich, die es aus heutiger Sicht liest, ist es eindeutig zu antisemitisch. Ich kann auch nicht erkennen, ob bzw. wo Shakespeare die Juden verteidigt haben soll. Natürlich hat er Shylock gute Argumente in den Mund gelegt, die hat er dann aber durch eine verkleidete Frau zunichte gemacht. Sie hat ihm das Wort im Mund herum gedreht und allein durch die Gesetzgebung ihn alles verlieren lassen.


    Daß Shylocks Tochter sich von ihm abwendet und zur Christin wird, ist für mich unglaubwürdig. Natürlich hat es Konvertierungen damals gegeben, aber ich kann hierfür keine Gründe erkennen. Sie hat ihn dazu ja auch bestohlen und wird am Ende noch belohnt.


    Die Figuren sind für mich alle zu einseitig. Ich hätte mir das ganze Stück etwas "runder" gewünscht. Das Ende fand ich wenigstens ein bißchen amüsant.


    Trotzdem habe ich mich nicht durchgequält, so schlimm war es dann doch nicht. Aber das Stück gehört ganz sicher nicht zu meinen Lieblingen. ;-)

  • Zitat

    Original von Saiya
    ...
    Die Figuren sind für mich alle zu einseitig. Ich hätte mir das ganze Stück etwas "runder" gewünscht. Das Ende fand ich wenigstens ein bißchen amüsant.
    ...


    Ich denke nicht, dass Shakespeare sich wirklich Gedanken, also tiefe Gedanken, über seine Figuren gemacht hat. Ich glaube nicht, dass das so wie heute damals üblich war.
    Es ging darum, die Menschen zu unterhalten, immer neue Stücke am Theater zu haben, um etwas zu beißen zu haben. Anspruch war da wohl nicht gefragt. Die Menschen gingen in die Vorstellungen um sich abzulenken, nicht um sich belehren zu lassen.

  • Da hast du natürlich Recht!


    Ich glaube in meinem Kopf ist einfach nicht angekommen, daß das eine Komödie ist. Ich tue mich generell schwer mit dem Stück; es beschäftigt mich auch jetzt noch, obwohl ich schon längt bei einem anderen Buch bin. Trotzdem bin ich froh, es gelesen zu haben.

  • Zitat

    Original von Saiya
    Da hast du natürlich Recht!


    Ich glaube in meinem Kopf ist einfach nicht angekommen, daß das eine Komödie ist. Ich tue mich generell schwer mit dem Stück; es beschäftigt mich auch jetzt noch, obwohl ich schon längt bei einem anderen Buch bin. Trotzdem bin ich froh, es gelesen zu haben.


    Das ist so eine Sache. Eine Komödie damals war etwas ganz anderes als sie es heute sein würde. Die Leute wollten unterhalten werden, ob nun mir Tragödie oder Komödie.
    Gibt es eigentlich aktuell noch wirklich Komödien, also neue, im Theater? Manchmal habe ich den Eindruck, dass das intellektuell anspruchsvolle Lachen verschwindet und seinen Platz komplett an Commedy und Co abgegeben hat.
    Stimmt vielleicht nicht ganz, vielleicht liegt es auch nur an unserem Theater.


  • ich bin auch geneigt, es so zu großen Teilen so wie du zu sehen. Am Ende des Stücks hatte ich Mitleid mit Shylock.
    Er ist verbittert, weil er in seinem Leben bisher sehr schlechte Erfahrungen machen musste, nur weil er Jude ist. Vielleicht so verbittert, blind vor Rache, dass er deshalb seine Tochter aus den Augen verliert und die Familie zerbricht. :gruebel
    Die Vorurteile sind auf beiden Seiten vorhanden.
    ich glaube, vieles am Stück lässt sich so deuten, dass Shakespeare auf die Missstände und Ungerechtigkeiten zu seiner Zeit aufmerksam machen wollte.
    Dass es Kontroversen bis heute auslöst, hat er auf jeden Fall geschafft :gruebel

  • Zitat

    Original von Mia08
    ...
    ich glaube, vieles am Stück lässt sich so deuten, dass Shakespeare auf die Missstände und Ungerechtigkeiten zu seiner Zeit aufmerksam machen wollte.
    Dass es Kontroversen bis heute auslöst, hat er auf jeden Fall geschafft :gruebel


    So gerne ich Shakespeare auch vom Vorwurf reinwaschen würde, ein Stück mit antisemitischen Elementen geschrieben zu haben, glaube ich doch nicht, dass er da versteckte Kritik an der gängigen Praxis eingebettet hat. Damals dürften sich wohl nur die Juden beschwert haben. Der Rest des Publikums sagte vielleicht: Genau!
    Ich persönlich glaube nicht, dass Shakespeare gesellschaftliche Missstände anprangern wollte, was man sicher heute hinein interpretieren könnte.

  • Shakespeare ging es nicht darum, dass Shylock Jude ist. Shylock ist das Beispiel für den geistig verkümmerten Gläubigen an "sein Recht". Er pocht auf Buchstaben und nicht auf Geist des Gesetzes- gerade darum handelt es sich um einen meiner Lieblingsshakespearetexte.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Zitat

    Original von beowulf
    Shakespeare ging es nicht darum, dass Shylock Jude ist. Shylock ist das Beispiel für den geistig verkümmerten Gläubigen an "sein Recht". Er pocht auf Buchstaben und nicht auf Geist des Gesetzes- gerade darum handelt es sich um einen meiner Lieblingsshakespearetexte.


    Woher wissen wir, worum es Shakespeare ging?
    Dass Shylock auf sein Recht pocht, bricht ihm ja dann auch das Genick. Er wird von kluger Argumentation und Auslegung des Gesetzes übermannt.
    Ich denke auch nicht, dass Shylock von Shakespeare vor dem Gericht so vorgeführt wird, weil er Jude ist. Aber er ist Jude, einer der Wenigen, die Zinsen für's Geldverleihen nehmen durften. Ich denke, weder wollte Shakespeare gegen die Juden hetzen noch Judenfeindlichkeit anprangern. Er brauchte einen Geldverleiher, fertig, meine ich.

  • Zitat

    Original von Clare
    Ich denke, weder wollte Shakespeare gegen die Juden hetzen noch Judenfeindlichkeit anprangern. Er brauchte einen Geldverleiher, fertig, meine ich.


    ich glaube, das ist doch zu kurzgefasst, wenn ich mir überlege, was alles zu lesen war.
    und warum sollte man den Theatern oder Dichtern eine politische, ethische, was-auch-immer Meinung absprechen? :wave

  • Zitat

    Original von Mia08


    ich glaube, das ist doch zu kurzgefasst, wenn ich mir überlege, was alles zu lesen war.
    und warum sollte man den Theatern oder Dichtern eine politische, ethische, was-auch-immer Meinung absprechen? :wave


    Ich will den Dichtern nicht ihre politische Meinung absprechen, meine aber, dass man vorsichtig sein muss, da etwas hinein zu interpretieren, wofür es keinen Beleg gibt. Wir wissen nicht, ob Shakespeare etwas anprangern wollte oder ob er bewusst antisemitisch war.


    Was ich geschrieben habe, war meine Meinung. So sehe ich es.
    Ich denke, weder wollte Shakespeare gegen die Juden hetzen noch Judenfeindlichkeit anprangern. Er brauchte einen Geldverleiher. Geldverleiher gab es nur unter den Juden. Shakespeare war kein reicher Mann. Vielleicht ist er auch selbst mal mit einem reichen Juden in Konflikt geraten. Wer weiß...

  • ich versteh dich schon und ich wollte dich auch nicht angreifen. Ich hoffe, das ist nicht so herüber gekommen :wave ich halte vieles für möglich und meine Meinung tendiert eher in eine andere Richtung ;-)