Kanada - Richard Ford

  • OT: Canada


    Kurzbeschreibung:
    Illegaler Handel, ein Banküberfall, drei Morde - um nicht weniger geht es in Richard Fords sprach- und bildgewaltigem neuem Roman. Dells Eltern sind nach einem gescheiterten Banküberfall in Montana festgenommen worden; er selbst ist zu seinem Schutz nach Kanada gebracht worden. Nun trifft er dort in einem einsamen Städtchen auf eine merkwürdige Schar. Bei Arthur Remlinger kann er unterschlüpfen - doch der Besitzer eines heruntergekommenen Jagdhotels erweist sich als ein Mann mit dunkler Vergangenheit. Inmitten der überwältigenden Landschaft von Saskatchewan entfaltet sich die Geschichte einer schmerzvollen Passage in die Welt der Erwachsenen, wo es keine Unschuldigen geben kann.


    Über den Autor:
    Richard Ford wurde 1944 in Jackson, Mississippi, geboren und lebt heute in Maine. Er hat sieben Romane sowie Novellen, Kurzgeschichten und Essays veröffentlicht. 1996 erhielt er für "Unabhängigkeitstag" den Pulitzer Prize.


    Meine Rezension:
    Der Klappentext gibt die Handlung ohne Zweifel zutreffend wieder und doch hatte ich andere Erwartungen an den neusten (und meinen ersten) Roman von Richard Ford. Die Geschichte besteht aus zwei Teilen, wobei nur der mittlere Teil tatsächlich in Kanada spielt, der erste sozusagen die Vorgeschichte und der dritte alles, was danach geschah, darstellt. Die Vorgeschichte ist mindestens ebenso prägend, wenn nicht DER erste große Einschnitt im Leben des 15-jährigen Dell, der mit seiner Zwillingsschwester plötzlich alleine dasteht und das Unfassbare zu begreifen versucht: Seine Eltern haben einen Banküberfall verübt, der schiefgegangen ist. Mit diesem Ereignis ist Dells Kindheit unwiderruflich vorbei, von seinem behüteten Zuhause wird er nach Saskatchewan in Kanada gebracht - nur wenige Meilen hinter der Grenze und doch ist es hier ganz anders als in dem US-amerikanischen Kleinstädtchen Great Falls, vor ihn die Ereignisse überrollten. Wie sich Dell mit seiner Lage arrangiert ist eine Geschichte des Erwachsenwerdens, die Ford in einer besonderen Mischung aus Feingefühl und Melancholie erzählt. Auch wenn mich die Geschichte an sich nicht vollends überzeugt hat, so hat es doch Fords unaufgeregter und doch eindringlicher Erzählstil, der die Landschaft ebenso wie seine Figuren so authentisch beschreibt, dass sie wahrhaftig vor dem geistigen Auge zum Leben erwachen und wie reale Personen in einer echten Welt agieren, denken und fühlen.


    "Kanada" ist für mich eine Reise in eine vergangene Zeit und eine Gegend, die mir bislang unbekannt war und zugleich Anlass, mir auch die früheren Werke Fords anzusehen.

  • Herzlichen Dank für diese Buchvorstellung. :wave
    Das Buch wurde in der taz vom Sonnabend (25.08.2012) sehr freundlich besprochen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Herzlichen Dank für diese Buchvorstellung. :wave
    Das Buch wurde in der taz vom Sonnabend (25.08.2012) sehr freundlich besprochen.


    Und auch in der FAZ, der Süddeutschen und in der Zeit: http://www.perlentaucher.de/buch/richard-ford/kanada.html


    Vielen Dank für die schöne Rezi, das Buch ist in meinem SuB nach ganz oben gewandert.


    Liebe Grüße :wave
    Lille

  • Kanada - Richrad Ford



    Mein Eindruck:
    Richard Ford schätze ich sehr, obwohl er die Spannung und Action im Roman nicht gerade erfunden hat. Immerhin ist in Kanada einiges an Handlung verzeichnet. Dennoch benötigte ich zwei Versuche um das Buch zu bewältigen. Einige Passagen haben mich gelangweilt, da auch die Erzählweise so zurückgenommen ist. Dann kamen aber insbesondere in der zweiten Hälfte doch noch viele Abschnitte, die grandios geschrieben sind und mich sehr interessierten.


    Die zurückerinnernde Erzählform an 1960 in Montana funktioniert auch sehr gut.


    Dells Eltern hatten eine Bank überfallen und sitzen im Gefängnis. Die Mutter wird dort Selbstmord begehen. Die Zwillingsschwester ist abgehauen.
    Er wird als 15jähriger Junge nach Kanada geschafft und kommt dort in ebendalls fragwürdige, gewalttätige Gesellschaft. Eine bedrohliche Atmosphäre ist allgegenwärtig.


    Bemerkenswert, dass der Junge sich dennoch durchgehend überlegt handelnd, höflich und klug sich einigermaßen arrangieren kann. Da er an der Grenze zwischen Kindheit und Erwachsensein steht, ist es für ihn schwierig. Die Sehnsucht nach einem normalen Leben mit Familie und Schulbesuch bleibt.
    Schließlich erfolgt wieder ein Ereignis, das sein Leben noch einmal verändert.


    Kanada ist ein gutes Buch! Die Kritiken waren auch durchgängig sehr positiv, für meine Auffassung vielleicht ein klein wenig zu euphorisch, da sich gelungene Abschnitte und Längen die Waage halten. Doch es hat Lust gemacht, noch mehr von Richard Ford zu lesen.