Aus zwölf Federn - Die vierte Zeugin

  • Inhalt (Buchrückseite)
    Köln, 1534: Von einem Tag auf den anderen steht die schöne Tuchhändler-Witwe Agnes Imhoff vor dem Nichts. Ihr verstorbener Ehemann hat ihr nichts als Schulden hinterlassen, zudem klagt sie ein Londoner Geschäftsmann des Betruges an. Beim Versuch, ihre Unschuld zu beweisen, verstrickt sie sich in einem Netz aus tödlichen Intrigen, Lügen und politischen Ränkespielen, das bis ins britische Königshaus reicht.


    Die Autoren
    Tanja Kinkel, Oliver Pötzsch, Peter Prange, Martina André, Titus Müller, Heike Koschyk, Lena Falkenhagen, Alf Leue, Katrin Burseg, Caren Benedikt Ulf Schiewe, Marlene Klaus


    Näheres über das Projekt gibt es auf der Webseite zum Buch:


    http://www.viertezeugin.de/


    Meine Meinung
    Köln 1534. Die Tuchhändler-Witwe Agnes Imhoff ist angeklagt, gemeinsam mit ihrem Mann Andreas den reichen Englischen Kaufmann Richard Charmann bei einem Handel mit teurem Flandrischen Tuch über den Tisch gezogen zu haben. Ihr verstorbener Ehemann kann rechtlich nicht mehr belangt werden und somit muss sich nun Agnes Imhoff dem Gerichtsprozess stellen, der sie um die ihr noch verbliebenen beiden Häuser, die ihr noch zu Lebzeiten ihres Mannes von jenem überschrieben wurden, bringen kann. War Agnes in die Machenschaften ihres Mannes verwickelt? Oder ist sie ein unschuldiges Opfer, wie sie selbst behauptet?


    In dieser fünf Prozesstage umfassenden Geschichte sowie einem Part rund 20 Jahre später, weiß man als Leser selber nie so genau, woran man bei Agnes Imhoff ist. Genau wie die gegnerische Seite Zweifel an ihrer Unschuld streut so ist man auch als Leser stets im Ungewissen, ob die Kaufmannswitwe wirklich eine weiße Weste hat. Dies bleibt über weite Strecken so, da auch das gewaltsame Ableben ihres Gatten immer wieder eine Rolle spielt. Kontinuierlich bauen die Autoren den Spannungsbogen aus und schaffen es, diesen bis zum überraschenden Ende zu halten. Dabei wird dem Leser immer wieder ein ausführlicher Einblick in das Rechtssystem des 16. Jahrhunderts geboten, was was mir besonders gut gefallen hat, weil es mir hinsichtlich der rechtlichen Stellung der Frau in der damaligen Zeit einige einige neue Sichtweisen eröffnet hat.


    12 Autoren, die gemeinsam einen Roman schreiben. 2 übernehmen Prolog und Epilog, die anderen 10 hauchen den Figuren in jeweils 2 Kapiteln Leben ein, geben Ihnen Profil, Struktur und eine eigene Stimme, mit denen die Geschehnisse des Jahres 1534 aus der Sicht der Beteiligten geschildert werden. Jeweils 2 Kapitel, die reichen müssen, eine Figur zum Leben zu erwecken, beim Leser Sympathie oder Abneigung zu erzielen, die Geschichte voranzutreiben und für den jeweils folgenden Autor vorzubereiten. Auch wenn die Herausgeberin Heike Koschyk im Nachwort erwähnt, es wäre diesmal kein Staffellauf gewesen, weil nicht an den Text des jeweiligen Vorgängers angeknüpft sondern eigenständige Kapitel geschrieben wurden, habe ich es dennoch als solchen empfunden. Denn auch wenn die Kapitel für sich stehen, stelle ich es mir unglaublich schwer vor, an das hohe literarische Niveau des jeweils vorangehenden Autors anzuknüpfen und die olympische Fackel der Schreibkunst ohne Bruch und ohne Verlust an den nächsten weiterzugeben. Ist das gelungen? Und ob! Natürlich behält jeder Autor seinen eigenen bekannten Stil bei, aber dennoch hätte ich kaum sagen können, wessen Abschnitt ich nun gerade lese und wo der Wechsel zum nächsten Autor stattgefunden hat, wenn ich es nicht ständig nachgeschlagen hätte. Allen beteiligten Autoren ist der Sprung zurück in eine Zeit gelungen, die über ein halbes Jahrtausend zurückliegt. Dabei sind ihnen nicht nur die Figuren wunderbar gelungen sondern sie haben auch durchgängig das Lebensgefühl meiner wunderbaren Heimatstadt eingefangen, in der vieles heute noch so ist wie in der vorliegenden Geschichte. Das ist etwas, was nur wenigen Autoren gelingt und mich hier noch zusätzlich erfreut hat.


    12 Autoren, die gemeinsam einen Roman schreiben. Das mag ein Risiko sein, weil man nicht weiß, ob die Sache am Ende auch funktioniert. Et hät noch immer joot jejange, würde der pragmatische Kölner sagen, wenn er von der Idee eines Solchen Projektes hört. Et es mih wie joot jejange, et es perfek - sage ich als Kölsches Mädchen, das sich von Herzen bedankt, dass sich diese 12 großartigen Autoren einem Stück der Kölner Stadtgeschichte angenommen und es so wunderbar umgesetzt haben.

  • Danke für diese Rezension, Bouquineur! Das ist völlig an mir vorbeigegangen.
    Mir haben schon die ersten 3 gemeinsamen Projekte gut gefallen:
    Der zwölfte Tag, Die sieben Häupter und eine Sammlung von Kurzgeschichten, deren Titel mir gerade nicht einfallen will.
    Wandert gleich auf meine Wunschliste! :knuddel1 :anbet :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • x Herausgeber: Heike Koschyk und Alf Leue
    x Autoren: Tanja Kinkel, Oliver Pötzsch, Martina André, Peter Prange, Titus Müller, Heike Koschyk, Lena Falkenhagen, Alf Leue, Katrin Burseg, Caren Benedikt, Ulf Schiewe und Marlene Kraus
    x Titel: Die vierte Zeugin
    x Genre: historischer Roman
    x Erscheinungsdatum: 20. August 2012
    x 400 Seiten
    x Aufbau Verlag
    x ISBN: 3746628792
    x Erste Sätze: Prolog. Geneigter Leser, teuerste Leserin, willkommen in Köln! Nur zu, treten Sie näher, betreten Sie Colognia Agrippina. Wir sind eine freie Reichsstadt, und jeder ist willkommen, vor allem, wenn er Handel zu uns bringt. Nun ja, nicht jeder. Ketzer sehen wir hier nicht so gerne.


    Klappentext:


    12 Meister
    Ein Meisterwerk


    Köln, 1534: Von einem Tag auf den anderen steht die schöne Tuchhändlerwitwe Agnes Imhoff vor dem Nichts. Ihr verstorbener Ehemann hat ihr nichts als Schulden hinterlassen, zudem klagt sie ein Londoner Geschäftsmann des Betruges an. Beim Versuch, ihre Unschuld zu beweisen, verstrickt sie sich in einem Netz aus tödlichen Intrigen, Lügen und politischen Ränkespielen, das bis ins britische Königshaus reicht.


    Rezension:


    Obwohl “Die vierte Zeugin”, herausgegeben von Heike Koschyk und Alf Leue, bereits der vierte historische Roman ist, der von mehreren Autoren zusammen geschrieben wurde, ist es doch der erste dieser Machart für mich gewesen, den ich jemals gelesen habe.


    Richtig extrem im Schreibstil abgehoben hat sich aber nur der Prolog, der von Tanja Kinkel verfasst wurde. Die 20 Kapitel, die folgen, sind wie aus einem Guss – als hätte sie eine einzige Person verfasst und der Epilog spielt zwar in unserer Zeit, unterscheidet sich im Stil aber nicht wirklich von Rest.


    In den ersten 16 Kapiteln befinden wir in der Zeit der Revolution, genauer gesagt im Jahr 1534, und beleuchtet wird vor allem der Zeitraum vom 12. bis zum 23. November, während verstärkt auf die Verhandlungstage, an denen die Protagonistin Agnes Imhoff vor Gericht steht, eingegangen wird. Kapitel 17-20 spielen 21 Jahre später und hier steht Agnes’ Tochter Sophie, die zu diesem Zeitpunkt bereits selbst Witwe ist, im Mittelpunkt. Zu dieser Zeit taucht auch ein Mann wieder auf, der dem Prozess ihrer Mutter damals beiwohnte und der diesen wieder aufrollen möchte, um endlich Gerechtigkeit walten zu lassen. Es stellt sich nämlich heraus, dass das Urteil damals aus sehr gewichtigen Gründen von vornherein feststand – aber das erfährt der Leser alles im letzten Drittel des Buches.


    Ich fand das Buch zugegebenermaßen vor allem in den ersten Kapitel, die hauptsächlich vor Gericht spielen, ziemlich langatmig. Aber am Ende hat es sich gelohnt dran zu bleiben, denn die Geschichte nimmt langsam immer mehr an Fahrt auf und es stellen sich erst nach und nach die Zusammenhänge der vorgefallenen Geschichte heraus – wie bei einem richtigen Gerichtsfall auch.


    Gut gefallen hat mir vor allem, dass in den Epilog der Tag des Einsturzes des Kölner Stadtarchivs eingebaut wurde und sich im Anhang auch noch weitere Infos darüber befinden. Außerdem basiert “Die vierte Zeugin” auf einem historischen Dokument, das beim Einsturz des Archivs sehr beschädigt wurde und erst mit den Einnahmen von Benefizlesungen restauriert werden konnte. Damit ist der Roman vor allem für Leser, die sich für ‘wirklich passierte Geschichte’ interessieren, garantiert eine Empfehlung.


    Fazit:


    Ein Stück wahre Geschichte in einem gemeinschaftlich verfassten Roman verpackt – das Wissen, dass es wirklich so passiert ist, macht die Story viel interessanter.

  • Ich habe heute das Hörbuch beendet und bin begeistert. 12 Autoren, die sich zusammengefunden haben, um einen Roman zu schreiben und als Hörer fand ich alles aus einem Guß!


    Tanja Fornaro als Sprecherin machte ihre Sache auch sehr gut. Eine Stimme, die ich mir merken werde.

  • Buchmeinung zu Diverse Autoren – Die vierte Zeugin

    „Die vierte Zeugin“ ist ein historischer Roman von mehreren Autoren, der 2012 bei Aufbau Taschenbuchverlag erschienen ist. Die ungekürzte Hörfassung wird von Tanja Fornaro gelesen und ist 2016 bei Audible Studios erschienen.

    Zum Autor:
    Dieses Gemeinschaftsprojekt der zwölf Autoren Tanja Kinkel, Oliver Pötzsch, Martina Andre, Peter Prange, Titus Müller, Heike Koschyk, Lena Falkenhagen, Alf Leue, Katrin Burseg, Caren Benedikt, Ulf Schiewe und Marlene Klaus wurde durch Heike Koschyk und Alf Leue herausgegeben. Der traurige Anlass für dieses Projekt war der Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2010.

    Sprecher:
    Tanja Fornaro ist eine deutsche Schauspielerin, Sprecherin und Hörbuchregisseurin, in Berlin geboren, mit italienischem Hintergrund. Sie hat mich überzeugt.

    Klappentext:
    Köln im Jahre 1534. Ein ungewöhnlicher Gerichtsfall hält die Stadt in Atem: Der Londoner Geschäftsmann Richard Charman verklagt die Tuchhändlerwitwe Agnes Imhoff, um eine Schuld ihres unter rätselhaften Umständen verstorbenen Ehemanns Andreas zu begleichen. Agnes droht alles zu verlieren. Als sie versucht, ihre Unschuld an den Taten ihre Mannes zu beweisen, offenbart sich nicht nur ein Familiendrama, Stück für Stück gelangen tödliche Intrigen, Lügen und politische Verflechtungen ans Licht, die bis ins englische Königshaus reichen. Doch bis zuletzt stellt sich die Frage: Wer ist Agnes Imhoff wirklich - Opfer oder Täter?

    Meine Meinung:
    Dieses Gemeinschaftswerk diverser Autoren schildert eine interessante Begebenheit aus der Kölner Geschichte, die die einzelnen Autoren jeder für sich gelungen erzählen. Und doch merkt man an manchen Stellen kleine Brüche in der Schilderung, seien es anders gesetzte Schwerpunkte oder Variationen im Schreibstil. Und doch macht es Freude, dieser Geschichte zu folgen. Sehr gelungen ist die Einbindung des Einsturzes des Kölner Stadtarchivs bei Bauarbeiten für einen neuen U-Bahnabschnitt. So bleibt die endgültige Bewertung der Geschehnisse dem Leser überlassen. Die Figuren sind ansprechend gestaltet, wenn auch nicht sonderlich tief gezeichnet. Es gibt sympathische und weniger sympathische Figuren, Verschwörungen und gefährliche Situationen, in die die Protagonisten geraten. Der Unterhaltungswert ist gegeben, aber es ist nicht so konsistent wie ein Werk aus einer einzigen Feder.

    Fazit:
    Ein Gemeinschaftswerk mehrerer Autoren für einen guten Zweck, das einen hohen Unterhaltungswert aufweist. Deshalb gibt es vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten) und eine klare Leseempfehlung.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln