erstmals erschienen 1984
Donald Stracheys zweiter Fall spielt in einem glühendheißen Sommer zu Beginn der 1980er Jahre. Ins Schwitzen kommt Strachey aber nicht nur der Temperaturen wegen, sondern auch wegen eines Auftrags, der ihn in geschäftliche Verbindung mit Leuten bringt, die er nicht ausstehen kann, solche nämlich, die die Landschaft mit Betonmassen, in diesem Fall in Form riesiger Einkaufszentren verschandeln und das auch noch Fortschritt nennen. Als ihn also Crane Trefusis von Milpond Company die Untersuchung eines Falls von Vandalismus anträgt, lehnt Strachey postwendend ab. Bis Trefusis seinen Preis nennt. Dieser ist so hoch, daß Strachey neugierig wird.
Die Geschichte, die ihm aufgetischt wird, ist dann nicht nur rätselhaft - und verlogen - genug, um in endgültig zu reizen, nein, die Sache betrifft auch noch Mitglieder der schwulen Community Albanys. In diesem Fall zunächst der lesbischen Seite. Milpond bemüht sich seit Woche, das Anwesen von Dorothy Fisher zu kaufen. Sie bieten nicht nur eine beträchtliche Summe Geld, sondern haben sich einen besonderen Trick einfallen lassen. Nicht nur Dots Grundstück, auch das ihrer Nachbarn soll erworben werden. Allerdings nicht Stück für Stück, sondern nur, wenn Dot verkauft. Die Nachbarn brauchen das Geld, aber Dot und ihre Freundin Edie, beide Ende sechzig, Anfang siebzig, wollen nicht verkaufen, gleich, wieviel Milpond bietet. Nächtliche Schmierereien homophobischen Inhalts und Drohanrufe scheinen nun das Geschäft, vor allem aber den Ruf von Milpond zu ruinieren. Strachey übernimmt die Ermittlungen, wenn auch, erwartungsgemäß, mit kleinen sehr persönlichen Interpretationen des Auftrags.
Im Lauf seiner Nachforschungen lernt er nicht nur Dot und Edie und ihre Nachbarn, sondern auch zwei Männer kennen, die ein ganz besonderes Ziel haben: einen landesweiten Streik aller Homosexuellen der USA auf die Beine zu stellen. Innerhalb weniger Stunden schon hat sich Strachey in ein Chaos aus beruflichen, menschlichen und moralischen Ansprüchen verstrickt.
Erzählt wird, wie schon im ersten Band, ruhig, detailgenau, aber nie geschwätzig. Krimihandlung und Charakterstudien sind fast nahtlos ineinander verzahnt, Ablenkungsmanöver ergeben sich oft aus Fehleinschätzungen von Personen, nicht nur aus mangelnder Information. Als Leserin ist man dicht an Strachey, aber ist er einer stets um mindestens einen Schritt voraus. Darin ergeht es einer fast so schlecht, wie dem ermittelnden Polizeibeamten, Ned Bowman, der neben seinen Problemen mit Schwulen auch unter Stracheys spitzer Zunge zu leiden hat (Homosexuals not wearing pleated skirts always confused Bowman.)
Die Spannung ergibt sich ebenso aus der Tätersuche, wie aus den Auftritten der Figuren. Stevenson hat die Gabe, allem eine überwältigende Lebendigkeit zu verleihen. Ausrutscher sind selten.
Strachey kämpft im zweiten Band nicht nur gegen Homophobie, sondern auch für seine Beziehung zu Timmy, die er durch seine Promiskuität in Gefahr bringt. Die Geschichte hat einen ernsten und vor allem weit traurigeren Unterton als der erste Band. Die Auflösung des Falls ist eine große Überraschung, was hauptsächlich die Fähigkeit von Stevenson beweist, lange von den Fakten abzulenken. Wie auch Band eins ist On the Other Hand, Death ein ganz ausgezeichneter klassischer Krimi.
Der Nachdruck von 2008 hat ein kleines Vorwort Stevensons, das ein wenig über den damaligen Hintergrund und die Atmosphäre 1983/84 erzähl. Man merkt, daß der Autor bis heute zu diesen Krimis steht und seine Figuren unverändert gern hat. Das Cover ist im Vergleich zum ersten Band gemäßigt, störend aber ist, daß sich unten am Rücken ein kleines rotes Herz befindet. Das tragen auch die Folgebände. Damit sehen die Bücher im Regal nicht wie Krimis, sondern wie Liebesschmonzetten aus. Ideen haben die Leute!