Sachbücher und die Krux mit weiterführender Literatur

  • Der Strangtitel beschreibt mein Anliegen nur mäßig; weshalb ich ein wenig ausholen möchte.
    In letzter Zeit ist mir im Bereich Sachbuch, vor allem bei Reiseführern und Büchern über Regionalkunde vermehrt aufgefallen, dass zwar Hinweise auf weiterführende Literatur gegeben werden, oftmals aber der Eindruck bleibt, dass Autoren sich hierzu der Online-Kataloge bedienen und ihre Empfehlungen nicht geprüft haben.
    Auf den uninformierten Leser wirkt das Sachbuch mit den (zuweilen kommentierten) Sekundärempfehlungen möglicherweise kompetent und gut recherchiert, während sich der informierte Leser recht schnell getäuscht fühlt, weil er guten Gewissens bestimmte, vor allem stark fehlerbehaftete Empfehlungen nicht abgegeben hätte.
    Auftragsarbeiten und knappe Vorschüsse können für dieses Phänomen meines Erachtens keine Entschuldigung liefern und ich würde gern wissen, ob Ihr Ähnliches beobachtet habt und welche Ansprüche Ihr an weiterführende Literatur stellt.

  • Hättest du dafür mal ein Beispiel?


    Mein Anspruch an ein Literaturvezeichnis ist, dass es aktuelle, weiterführende Literatur auflistet. Sachbücher veralten ja von dem Moment an, in dem sie auf den Markt kommen. Dabei kann weniger oft mehr sein. Manchmal habe ich mich gefragt, ob die Literaturliste wirklich den Informationsstand des Autors wiedergibt und nicht eher Verlagspolitik spiegelt. Dass z. B. alle empfehlenswerten Bücher zum Thema aus dem eigenen Haus stammen, ist eher unglaubwürdig.


    Interessant dazu fand ich die Diskussion mit Katerina. Irgendwo da ging es um das Thema, ob nicht für eine/n Autor/in, die hauptamtlich in ihrem Beruf tätig sind, das Sichten und Beurteilen von Literatur für Laien aus ihrem Fachgebiet in Arbeit ausartet, die sie ja selbst nicht mehr lesen wollen und müssen. Daraus könnte man schließen, dass einige Literaturverzeichnisse ein rein redaktionelles Erzeugnis sein könnten und möglicherweise deshalb deinen Ansprüchen nicht genügen.

  • Hallo Buchdoktor,


    auf ein konkretes Beispiel wollte ich verzichten, um niemanden an den Pranger zu stellen. Nehmen wir eine bekannte Heftreihe aus dem Bereich Reise.
    Auf den letzten Seiten eines jeden Heftes gehört es zum guten Ton, Filme und Literatur zur jeweiligen Stadt, Landschaft etc. zu empfehlen, die sich nicht nur auf den Bereich schöngeistiger Literatur beschränken, sondern auch weitere Sachbücher zu nennen. Letztere werden mit lobenswerten Kommentaren überschüttet, die zwangsläufig Kaufreflexe auslösen (sollen).
    Sind einem die Vorschläge bekannt, dann entdeckt man allzu häufig an den Kommentaren, dass die Autoren nichts davon gelesen bzw. Filme nicht gesehen haben und offensichtlich nur einer größtmöglichen Trefferzahl im Online-Katalog gefolgt sind. Kritische oder wenigstens ausgewogene Anmerkungen sind selten anzutreffen. Auch Hinweise abseits ausgetretener Pfade würde ich mir wünschen.


    Eine ähnliche Beobachtung habe ich kürzlich gemacht, als ich parallel zwei Kulturführer zu einem Land las. Nicht nur, dass passagenweise Sätze mäßig schlecht umformuliert waren, auch die weiterführenden Tipps waren beinahe deckungsgleich.
    Ganz konkret stört mich diese Art von Oberflächlichkeit, mit der mir Rechercheergebnisse im Brustton der Überzeugung präsentiert werden.
    Stattdessen würde ich mir wünschen, auf zusätzliche Literatur zu verzichten, wenn sie nicht geprüft und für gut befunden wurde.


    Die Diskussion mit Katerina werde ich nachlesen. Vielen Dank für den Hinweis.


    Zitat

    Original von Buchdoktor: Irgendwo da ging es um das Thema, ob nicht für eine/n Autor/in, die hauptamtlich in ihrem Beruf tätig sind, das Sichten und Beurteilen von Literatur für Laien aus ihrem Fachgebiet in Arbeit ausartet, die sie ja selbst nicht mehr lesen wollen und müssen.


    Das erwarte ich auch nicht. Wenn aber ein Literaturverzeichnis zur Verfügung gestellt wird, dann lege ich als Leserin Wert darauf, dass die Lektüre benannt wird, auf die Bezug im Buch genommen wird.

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Hallo Buchdoktor,
    ...
    Sind einem die Vorschläge bekannt, dann entdeckt man allzu häufig an den Kommentaren, dass die Autoren nichts davon gelesen bzw. Filme nicht gesehen haben und offensichtlich nur einer größtmöglichen Trefferzahl im Online-Katalog gefolgt sind. Kritische oder wenigstens ausgewogene Anmerkungen sind selten anzutreffen. Auch Hinweise abseits ausgetretener Pfade würde ich mir wünschen. ...



    Ob Reisezeitschriften als Wegwerfprodukte angesehen werden unter dem Motto "Nichts ist weniger aktuell als das Zeitschriftenheft vom vorigen Monat?" "Hefte" würde ich nicht unbedingt mit Büchern vergleichen. Es stellt sich bei Sachbüchern - wie in der Diskussion mit Katerina - die Frage: Ist es realistisch zu erwarten, dass ein Redaktionsmitglied Belletristik, Sachliteratur und Film eines Landes (das ja nicht sein einziges Thema sein wird) aus eigener Anschauung kennt? Oder muss man - aus deiner Erfahrung - die Hinweise kritisch als Werbung einordnen?


    Sachbücher im Gegensatz zu Zeitschriften kommen mit dem Anspruch längerer Gültigkeit auf den Markt. In dem Bereich gibt es Autoren, die ihr Fachgebiet verstehen, manche die zusätzlich für ihre Zielgruppe schreiben können und weitere, die einen Überblick über die Literatur haben. Wenn jemand Punkt 2 und 3 nicht beherrscht, müssen Autor und Verlag damit rechnen, dass dieses Manko z. B. in einer Kundenrezension kritisiert wird. In Eile zusammenrecherchierte Texte oder vom Autor selbst nicht beherrschte Themen sind deutlich zu erkennen - spätestens wenn man sich selbst ins Thema eingearbeitet hat.


    :wave "Ostereier", die eilige Redakteure aufs Glatteis führen.