Was man für Geld nicht kaufen kann: Die moralischen Grenzen des Marktes - Michael Sandel

  • Kurzbeschreibung:
    Darf ein Staat Söldner verpflichten, um Kriege zu führen? Ist es moralisch vertretbar, Leute dafür zu bezahlen, dass sie Medikamente testen oder Organe spenden? Dürfen Unternehmen gegen Geld das Recht erwerben, die Luft zu verpesten? Fast alles scheint heute käuflich zu sein. Wollten wir das so? Und was könnten wir dagegen tun? Die Regeln des Marktes haben fast alle Lebensbereiche infiltriert, auch jene, die eigentlich jenseits von Konsum und Mehrwert liegen sollten: Medizin, Erziehung, Politik, Recht und Gesetz, Kunst, Sport, sogar Familie und Partnerschaft. Ohne es zu merken, haben wir uns von einer Marktwirtschaft in eine Marktgesellschaft gewandelt. Ist da nicht etwas grundlegend schief gelaufen? Mit Verve und anhand prägnanter Beispiele wirft Michael Sandel eine der wichtigsten ethischen Fragen unserer Zeit auf: Wie können wir den Markt daran hindern, Felder zu beherrschen, in denen er nichts zu suchen hat? Wo liegen seine moralischen Grenzen? Und wie können wir zivilisatorische Errungenschaften bewahren, für die sich der Markt nicht interessiert und die man für kein Geld der Welt kaufen kann?


    Autor:


    Michael Sandel, geboren 1953, ist politischer Philosoph. Er studierte in Oxford und lehrt seit 1980 in Harvard. Seine Vorlesungsreihe über Gerechtigkeit machte ihn zum weltweit populärsten Moralphilosophen.


    Ein interessantes Interview mit dem Autor zu diesem Buch ist auch in diesem Spiegel Artikel zu finden.


    Meine Meinung:


    Fragen über Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Auch Sandel liefert sie nicht. Er schafft es aber sehr konsequent diese Fragen genauer aufzuschlüsseln, zu zeigen woher unser Unwohlsein bei diesen Fragen kommt.


    An vielen alltäglichen Beispielen aus unserer heutigen marktorientierten Gesellschaft zeigt Michael Sandel die moralischen Dilemma auf, die entstehen, wenn der Markt den Zugang zu allen Gütern entscheidet. Dabei stellen sich vor allem zwei Fragen: Entstehen Ungerechtigkeiten, wenn dieses Gut gegen Geld verkauft wird? Und die zweite Frage: Wie verändern sich der Wert und die Bedeutung eines Guts, wenn es zur Ware wird? Dabei geht es nicht mehr allein um Fairness und Gerechtigkeit, sondern um die gesellschaftskorrodierende Kraft der Märkte.


    Die Stärke des Buches liegt in den vielen praktischen Beispielen, die leicht verständlich präsentiert und analysiert werden und zu Diskussionen in der Familie und im Freundeskreis anregen können. Und hoffentlich auch zu mehr öffentlichen Diskurs in der Politik und Wirtschaft!


    Die Beispiele reichen von kleineren Familienproblemen ob man z.B. seinen Kindern Geld geben solle, um sie zum Lesen zu animieren (das sollte doch jede Eule hier interessieren) bis hin zu schwierigeren politischen Fragen aus unterschiedlichen Bereichen. Für mich ist da z.B. ein gerade in Kanada extrem schwieriges Dilemma aufgefallen, wo es darum geht, dass die Inuit ihre Abschussquoten gefährdeter Tiere an Freizeitjäger weiterverkaufen - damit einerseits den Sinn der Quoten umgehen (zur Selbstversorgung), andererseits aber dringend benötigtes Geld in die ärmsten Familien des Land bringen und damit auch ihre Traditionen aufrecht erhalten können.


    Jeder Leser wird andere Beispiele finden, die ihn ansprechen und mit denen er sich auseinandersetzen will.


    Schwieriger wird es, wenn es um Fragen nach einer Alternative zum Markt geht. Der philosophische Diskurs allein reicht da m.M. nicht. Aber Sandel gibt uns da auch kein Patentrezept. Will er wohl auch nicht, aber ich hätte mir schon ein paar Ansätze in neue Richtungen gewünscht.


    Fazit: Ein sehr nachdenklich stimmendes Buch, das leicht lesbar schwierige Fragen stellt. Und die lassen mich einfach nicht los und verlangen nach weiterer Diskussion!

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Zitat

    Original von Beatrix
    Fazit: Ein sehr nachdenklich stimmendes Buch, das leicht lesbar schwierige Fragen stellt. Und die lassen mich einfach nicht los und verlangen nach weiterer Diskussion!


    Danke für die interessante Vorstellung, hier liegt das Buch auch schon ein Weilchen rum. Mein Problem ist aber bei solchen Büchern, wie auch Du schriebst, dass ich da beim Lesen immer Diskussionsbedarf sehe, aber leider keine Mitdiskutanten finde :cry


    Naja, ich kann meinen Mann zutexten. Ich kann eine Leserunde anzetteln, zu der sich entweder niemand meldet, oder die ich ganz grandios wieder selbst verschlumpfe. Oder ich kann das Buch jetzt gleich rauszotteln und zeitnah deine Rezi beantworten :grin

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Mein Problem ist aber bei solchen Büchern, wie auch Du schriebst, dass ich da beim Lesen immer Diskussionsbedarf sehe, aber leider keine Mitdiskutanten finde :cry


    Da muessen meine Teenies mitmachen, wenn ich sie zu ihren Aktivitaeten fahre. Im Auto koennen sie mir nicht davon laufen :grin

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich