Robert Löhr - Krieg der Sänger

  • Der Autor: Eigentlich Journalist und Drehbuchautor vermochte es Robert Löhr vor allen durch seine Romane zu überzeugen, welche ihm einen Spitzenplatz unter den deutschen Autoren sicherten.


    Das Buch: Luther sitzt grübelnd über seine Bibelübersetzung, als ihm der Teufel persönlich seine Aufwartung macht – was Luther spontan mit einem Tintenfass, welches er dem Teufel an den Kopf zu werfen gedenkt, quittiert.
    Der Höllenfürst, ob dieser recht pathetischen Geste zunächst irritiert, versucht den Mönch von seinem Vorhaben abzubringen, und erzählt zu diesem Zwecke die Geschichte des Sängerkrieges auf der Wartburg:


    Landgraf Hermann von Thüringen lädt die großen Sänger seiner Zeit zu einem Wettstreit auf seine Burg ein. Geplant als ein kreatives Gipfeltreffen wird aus dem Wettkampf schon bald blutiger Ernst – die Barden, sich gegenseitig alles andere als grün, beschließen, durch jede Menge Wein beflügelt, dem Wettstreit etwas Würze zu verleihen, indem sie nicht nur den Sieger küren, den Anderen fürs Mitmachen danken sondern den Verlierer köpfen wollen.


    Der junge Biterolf, ein talentierter Newcomer, hat, umgeben von all den legendären Dichtern, wenig Zweifel daran wessen Kopf fallen wird. Einige recht seltsame Ereignisse fordern jedoch schon bald seine Neugier und Aufmerksamkeit, und er muss erkennen, das vieles auf der Burg nicht so ist wie es scheint.



    Meine Rezension: Auch zwei Tage nach Beendigung dieses Buches erscheint es mir fast vermessen, den Versuch einer adäquaten Würdigung dieses Meisterwerkes zu versuchen.


    Schon „Das Erlkönigmanöver“ zeigte die Meisterschaft, mit welcher es Löhr verstand einerseits eine wilde Abenteuerposse auf höchstem Niveau zu verfassen und andererseits seinen kreativen Spieltrieb, mit welchem er – nie respektlos, aber bar jeder unkritischen, anhimmelnden Bewunderung – einige der Großen der deutschen Literatur in diese Geschichte einbrachte.


    Sein „Krieg der Sänger“ – was literarische Qualität angeht konkurriert Löhr auf diesem Gebiet praktisch nur mit sich selbst – zieht mit einer gelassenen Eloquenz am obengenannten Roman vorbei und etabliert Robert Löhr für mich an der Spitze der zeitgenössischen deutschen Literatur.


    Sein Wissen nicht nur um die geschilderten historischen Persönlichkeiten sondern auch ihrer Zeit gepaart mit seinem Talent als Schriftsteller machen diese Mittelaltergeschichte zu einem absoluten Lesegenuss.


    Es geht weniger turbulent zu als noch im “Erlkönig“, jedoch um einigeres spannender und aufregender, das recht komplexe Personengefüge – zu dem sich neben den Dichtern und ihrer Begleitung noch die Burgbewohner gesellen – sorg für immer neue Überraschungen und unerwartete Wendungen in der Geschichte.


    Ohne falsche Scheu oder Berührungsängste lässt der Autor seine historischen Figuren aufeinandertreffen, er schildert sie – ihre Stellung in der Literaturgeschichte nie in Zweifel ziehend – als Menschen, die als eben solche handeln und die menschliche Regungen und Bedürfnisse haben, und ein großer Dichter kann tatsächlich auch ein großes Arschloch sein. Dabei geht Löhr eben so kreativ wie unverkrampft mit historischen Fakten, Vermutungen und Deutungen um – Geschichte ist das, was man erzählt.




    Obschon ich die Wartburg nie betreten habe würde ich mich dort blind zurechtfinden......
    Ne, das ist Quatsch.... ich bin da gewesen!


    Ein Besuch lohnt sich – vor allem bei diesem Spektakel.

  • Nein, für mich war das nichts. Ich habe es mir nach deiner tollen Rezi besorgt, aber ich fand die Figuren blutleer, schablonenartig, staubig. Nicht mein Ding auf Seite 134 abgebrochen.

  • Oh jetzt bin ich ja gespannt. Nachdem ich eben ein Buch abgebrochen habe, habe ich dieses hier aus dem Regal gezogen und hab hohe Erwartungen. Nach den beiden unterschiedlichen Meinungen hier, wird es ja spannend.

  • So ich habe gestern begonnen und es eben beendet und ich muss sagen, ich habe jedes Wort hin mich aufgesogen und fast schon inhaliert. Mich hat die Geschichte vom ersten Wort an in seinen Bann gezogen.


    Überhaupt finde ich die Idee des Prologs ganz toll, dass der Teufel Luther eine Geschichte erzählt um ihn von seinem Vorhaben abzubringen die Bibel zu übersetzen. Darin und auch im Zwischenspiel und Epilog steckt schon so einiges Wahres drin und der Teufel hat nicht unrecht mit seinem Vorhaben. Auf jeden Fall eine interessante Sicht der Dinge, warum der Teufel jenes Werk verhindern wollte.


    Der Sängerstreit an sich war schon farbig geschildert und ich konnte regelrecht abtauchen in das Geschehen. Die schillernden Gestalten der deutschen Dichtkunst waren alle präsent und haben sich in rechte Licht gerückt. Toll fand ich, dass es zu jedem eine kleine Geschichte gab um die Person einzuführen oder zu erklären. Interessant auch, dass die alle irgendwie miteinander bekannt und verwoben waren und daraus die Feindseligkeiten resultierten.
    Das Geschehen war natürlich geschickt eingefädelt wenn auch leicht zu durchschauen.


    Natürlich habe ich mich zwischenzeitlich an den PC gesetzt um ein wenig zu recherchieren. So wollte ich einiges über die Sänger wissen und ob es diesen Streit überhaupt gab. Wenn ich das alles so richtig verstanden habe, ist der Sängerstreit an sich ein Epos das Mitte des 13. Jhdt. entstanden ist, so aber nie real stattgefunden hat. Und auch für den Ofterdingen gibt es keinerlei Beleg ob er gelebt hat.


    Somit ist 'Krieg der Sänger' also ein Wiederaufleben oder eine Wiedergabe vom 'Sängerkrieg auf der Wartburg' einer Sammlung aus dem 13. Jahrhundert. Da ich persönlich allerdings mit der Verskunst eben jener Zeit schwer tue und das auf keinen Fall am Stück lesen könnte, ist das hier eine wirklich gelungene Art die Dichterkunst in Prosa an den Mann zu bringen. Stellenweise war es lustig, aber auch traurig. Es geht um Liebe, um Leid um Verrat. Alles was ein Epos jener Zeit eben haben musste. Und gleichzeitig lernt man eben auch noch etwas über die VIPs jener Zeit.


    Von mir 10 Punkte

  • Wenn Büchereulerich Bodo ein Buch wärmstens zur Lektüre empfiehlt dann kann ich nicht anders und es kaufen und lesen. Dieser Roman sei von hoher literarischer Qualität schreibt er unter anderem, klingt gut und setzt gleichzeitig hohe Erwartungen. Seine Aussage kann ich jetzt nach Leseschluss zu etwa zwei Dritteln bestätigen und zu einem Drittel aber auch kritisieren, wobei ich zum Schluss hin doch froh war den letzten Satz zu lesen, das Buch zu schliessen und mich einem neuen Roman aus meinem Stapel ungelesener Bücher zuwenden zu können.


    Der Prolog, ein Zwischenspiel in der Mitte des Buches und der Epilog handeln vom Teufel wie er Martin Luther mit einer schaurigen Geschichte über den legendären Sängerkrieg auf der Wartburg Anno 1206 hindern will die Bibel aus der althebräischen in die Deutsche Sprache zu übersetzen. Er erzählt von der Bosheit der Menschen und der Nichtigkeit ihres Tuns. Der Teufel zieht alle Register der Erzählkunst aber wie die reale Historie zeigt ist es ihm nicht gelungen Luther zu überzeugen, aber diese Passagen im Roman finde ich absolut genial erzählt! :anbet


    "Unsere Geschichte beginnt auf den Tag genau im Jahr 1206, am Vorabend der Thomasnacht, natürlich, der ersten der sagenumwobenen Zwölf Nächte, jener düsteren Zeit, in der das Jahr schon geendet, das neue aber noch nicht begonnen hat." Zitat aus diesem Buch


    Der Sängerwettstreit auf der Wartburg dürfte so wie es sich wohl die Mehrheit vorstellt nie stattgefunden haben. Es ist eher eine Sammlung von Spruchgedichten, aber lassen wir dies mal ausser acht. Ebenso wenig ist von den Leben der berühmten Minnesängern aus dieser Zeit bekannt. Walter von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, Reinmar von Hagenau, Heinrich von Weissensee, Heinrich von Ofterdingen und der eher unbekannte Biterolf von Stillaha. Diesen Figuren gewährt der Autor zwischen der eigentlichen Handlung jeweils ein Kapitel und spinnt ein spannendes Netz aus Dichtung und Fiktion. Für einen Schriftsteller muss dieses Thema eine glückverheissende Fügung sein, gerade weil nicht viele Begebenheiten bekannt sind lässt es einen enormen Spielraum um eine fabelhafte Geschichte zu gestalten und der interessierten Leserschaft zu erzählen.


    Dieser Historische Roman unterscheidet sich in seiner charakteristischen Art und der Verwendung der Sprache recht deutlich vom Mainstream in diesem Genre. Mein Lesetempo war deutlich langsamer als üblich und bei einigen Abschnitten war ich lesetechnisch gefordert. Bis etwa zu zwei Dritteln des Romans faszinierte mich das und machte mir Spass, auch weil es inhaltlich interessante Geschichten in der Geschichte zu entdecken gibt, aber so gegen Ende hin sehnte ich mich doch nach dem letzten Wort und das obwohl das Taschenbuch "nur" 317 Seiten umfasst. Vielleicht auch darum weil die Protagonisten ihr Zweck in der Erzählung erfüllen aber insgesamt zu wenig Tiefe aufweisen um ein dauerhaftes Interesse meinerseits bis zum Schluss zu sichern.


    Meiner Meinung nach ein eher ungewöhnlicher Historischer Roman für routinierte Leser die sich Mal an einer anspruchsvollen Lektüre versuchen wollen. Alles in allem vergebe ich 7 Eulenpunkte für diesen Roman.


    Edit: Ein paar Tippfehler korrigiert