• Taschenbuch: 368 Seiten
• Verlag: KiWi-Paperback
• Sprache: Deutsch
• ISBN-10: 3462045458
• ISBN-13: 978-3462045451
Über die Autorin
Kirsten Ellerbrake wurde 1959 in Bremen geboren. Nach einem Studium der Germanistik, Publizistik und Politikwissenschaft war sie in den Achtzigerjahren Sprecherin der Grünen/GAL in Hamburg und arbeitet seit den Neunzigern als Film- und Fernsehproduzentin. »Guten Morgen, Revolution – du bist zu früh« ist ihr erster Roman.
Kurzbeschreibung (Amazon)
Eine liebevolle Annäherung zwischen Mutter und Tochter – und eine urkomische, turbulente Zeitreise durch die Achtziger Noras Tochter Charlie, 20, ist verhaftet worden, wegen der Blockade eines Castortransports. Unfassbar – war Nora nicht gerade selbst noch 20 und wollte die Welt aus den Angeln heben? »Atomkraft – nein danke«, freie Liebe statt Zweierkiste, Wohngemeinschaft statt Spießertum, »Legalize alles – außer es tut weh«. Als Nora ihre Tochter von der Polizei abholt, erntet sie keine Dankbarkeit, sondern Vorwürfe: Warum war sie nicht bei der Demonstration? Nora beschließt, ihre Tochter zu unterstützen – und trommelt die Kampfgefährten von damals zusammen. Sie taucht tief ein in eine heute exotisch anmutende Ära, mit Menstruationskalendern, kalten Nächten in besetzten Häusern, Cannabispflanzen und dem unbedingten Willen, die Welt anders, besser, glücklicher zu machen. Doch die Vergangenheit ist auch gespickt mit Liebesdramen – und das hat, wie Nora plötzlich merkt, Folgen bis heute. Eine turbulente und liebevolle Annäherung zwischen Tochter und Mutter, eine unterhaltsame Zeitreise durch die Achtziger im WG-Milieu, das Revival einer alten Liebesgeschichte – und die Frage, ob man zuerst die Welt retten oder das eigene Leben schöner machen soll.
Meine Eindrücke
Nora ist entsetzt! Ihre Tochter Charlie wird nach einer Demo in Gorleben in polizeilichen Gewahrsam genommen, es droht eine Anklage wegen Landfriedensbruch. Leicht panisch sieht Nora die Zukunft ihrer Tochter den Bach runter gehen, sie macht sich Sorgen über Sorgen.
Nur ist der Apfel nicht weit vom Stamm gefallen. Bei dem Bemühen ihre Tochter zu unterstützen (und zu schützen, notfalls auch gegen deren Willen) erinnert sie sich an die Zeit vor ca. 20 Jahren, als sie selbst im linksalternativen Spektrum unterwegs war und voller Überzeugung sämtliche Autoritäten in Frage gestellt hat. In dieser heißen Zeit hat Nora nicht nur diverse Formen von WGs ausprobiert (mit allem was so dazu gehört ;-)), sondern sich auch mit großem Einsatz in der Anti-AKW-Bewegung engagiert und musste selbstverständlich den „Pass der Republik Freies Wendland“ besitzen. Gemeinsam mit Freunden und Gleichgesinnten hat sie seinerzeit das „Aktionsbündnis südliches Münsterland“ gegründet.
Noras Erinnerungen verlaufen nicht linear, sondern blitzen immer wieder auf im aktuellen Geschehen. Doch nach und nach bekommt man ein Bild von ihr und ihrem damaligen Leben, welches irgendwie viel radikaler und abgedrehter erscheint als das ihrer engagierten Tochter.
In Krisengesprächen mit ihrer besten Freundin Malou (ein Bollwerk in allen Lebenslagen und zudem Charlies Patentante) kommt die Idee auf, die alten Mitstreiter des „Aktionsbündnis südliches Münsterland“ zu reaktivieren um Charlie Beistand zu leisten. Gesagt, getan! Die Kontaktaufnahme gestaltet sich aus diversen Gründen nicht immer einfach, aber sie gelingt. Als das Ehemaligentreffen dann stattfindet, kenne ich sie bereits alle mehr oder weniger gut aus Noras Erinnerungen, so dass es auch für mich ein interessantes Wiedersehen bedeutet. Aus fast allen dieses bunt gemischten Trüppchens, damals angetreten die Welt zu verbessern, ist „etwas geworden “. Böswillig könnte man es formulieren – angepasste bürgerliche Spießer, die ihre Überzeugungen weitgehend aufgegeben haben ;-). Ausgerechnet am Abend ihres Treffens ereignet sich die Katastrophe von Fukushima. Werden sie sich dazu durchringen Charlie beizustehen? Ob und wie sie dann „rückfällig“ werden ... muss man lesen :grin.
Die Geschichte wird sehr temporeich erzählt, „aktuell“ in der Ich-Form und die Anekdoten und Begebenheiten aus Noras Vergangenheit in der 3. Person. Bis ich registriert hatte, dass die Ausflüge in Noras Studentenzeit nicht kontinuierlich aufeinander folgen, empfand ich die Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit fast ein bisschen unübersichtlich. Aber das legte sich schnell.
Geschliffene Formulierungen, witzig-spritzige Dialoge, ebenso lebensnah wie klug, machen das Lesen dieses Buches wirklich zu einem Vergnügen. An der Art diese Geschichte zu erzählen, meinte ich manchmal die Drehbuchautorin zu spüren. Auch die Vita der Autorin lässt autobiografische Züge vermuten.
Nora ist eine Figur, die mir zunehmend sympathisch wurde, nicht zuletzt wegen des selbstironischen Blicks auf ihre eigenen Stärken und Schwächen.
Im Grunde ist es ein heiterer Roman mit ernsten Tönen, politischem Hintergrund und einem gewissen Anspruch. Zugleich ein Anti-AKW-Buch, eine Mutter-Tochter-Geschichte, eine amüsante Reise in die Achtziger und noch einiges mehr. Eines ist es nie - langweilig :-].
9 Punkte