Noëlle Châtelet – Mit dem Kopf zuerst
• Taschenbuch: 156 Seiten
• Verlag: KiWi-Paperback; Auflage: 1 (19. Mai 2004)
• ISBN-13: 978-3462033878
• Originaltitel: La tete en bas
• Übersetzt : Aus dem Französischem von Uli Wittmann
• Preis: 6,90 Euro (print)
Klappentext:
Geheimnisse des Körpers Denise hasst Röcke und tobt am liebsten mit den Jungs herum. Ihr Vater, der sich einen Sohn gewünscht hatte, geht spielerisch auf ihre Bedürfnisse ein, die Mutter jedoch wird zunehmend besorgter. Denn am Ende der Kindheit zeigt sich deutlich, dass im Körper von Denise zwei existieren – ein Mädchen und ein Junge. Schon immer war dieses Anderssein für sie schmerzhaft spürbar gewesen, aber nun fällt mithilfe der Eltern eine Entscheidung. Er hat zu sich selbst gefunden. Er heißt Paul. Mit der ihr eigenen Sensibilität und ohne jeglichen Voyeurismus erzählt Noëlle Châtelet von einem ungewöhnlichen Leben, von Leiden und Erniedrigungen, aber auch von der Liebe.
Zur Autorin:
Noëlle Châtelet (* 16. Oktober 1944 in Meudon bei Paris, Frankreich) ist eine französische Schauspielerin und Autorin. Sie lebt in Paris, wo sie Kommunikationswissenschaften an der Universität Paris V (DESS) unterrichtet.
Madame Châtelet ist die Schwester des ehemaligen französischen Premierministers Lionel Jospin und die Witwe des Philosophen François Châtelet.
Bis zum Jahr 1987 war sie als Schauspielerin in Film und Fernsehen tätig. So wirkte sie unter anderem an der 1979 gedrehten Fernsehserie Buddenbrooks nach dem Roman von Thomas Mann als Gerda Buddenbrook mit. Von 1989 bis 1991 war sie Direktorin des Institut Français in Florenz und von 1995 bis 1999 Präsidentin der Maison des écrivains in Paris. Gegenwärtig ist sie Vize-Präsidentin der Société des Gens de Lettres.
Sie erhielt den Prix Goncourt de la Nouvelle und für Die Dame in Blau den Prix Anna de Noailles der Académie française.
Ihre Romane, Erzählungen und Essays wurden in mehrere Sprachen übersetzt.
Meine Meinung:
Als Denise wird sie geboren, doch es ist von Anfang an nicht die ganze Wahrheit. Doch was ist die Wahrheit? Lange Jahre begreift das Kind, das ein Mädchen sein soll, aber ein Junge sein möchte, selbst nicht, was los ist. Das Begreifen ist ein langer, schmerzlicher Prozess, der nicht mit dem Verstehen abgeschlossen ist. Das Hadern mit dem Schicksal bleibt: Denise, die sich ab einem bestimmten Zeitpunkt Paul nennt, ist intersexuell. Sie/er hasst die weibliche Ausprägung ihres/seines Körpers, empfindet sich als Monster, weil bei ihrem/seinem Körper nichts zusammen passt.
Vieles bleibt im Text nur angedeutet, wird symbolisch dargestellt, die Autorin arbeitet mit Metaphern. Die allmähliche, seelische Zerrüttung von Paul überschreitet im Studentenalter eine Grenze, die in die Notwendigkeit medizinischer Versorgung mündet. Dieser Übergang wird derart nebensächlich und abstrakt-bildhaft geschildert, dass er erst nach einer Weile ins Bewusstsein des Lesers sickert. Hier hätte ich mir greifbarere und eindeutigere Worte gewünscht.
Insgesamt ist es ein berührendes Buch, das gerade durch die Knappheit der Darstellung Eindringlichkeit erzeugt.
Hier eine Textstelle, die den Tenor des Roman aufgreift:
S. 97
Die Normalität der anderen ist ermüdend, wenn man nicht so ist wie sie, und man wird es schließlich leid, sich anzustrengen, träumt manchmal sogar davon, nur noch mit solchen Menschen zusammenzuleben, die einem ähnlich sind und die wie ich zum Wirrwarr in Körper oder Kopf verdammt sind.
Ich gebe 8 von 10 Punkten.