Jochen Rausch - Krieg

  • Klappentext
    Seit Monaten schon lebt Arnold Steins zurückgezogen inmitten der rauen Welt der Berge und kommt nur gelegentlich runter ins Dorf. Doch so einsam und abgeschieden ist das Leben nicht in dieser verwitterten Almhütte mit all ihren Geheimnissen: In einem Moment der Abwesenheit zerstört ein Fremder die letzten Dinge, die ihm wichtig sind, sein Hund wird brutal verletzt – ein Kampf auf Leben und Tod mit unbekanntem Gegner beginnt. Und auf einmal versteht Arnold, wie alles zusammenhängt: das Schicksal seines Sohnes mit der zerstörerischen Trauer seiner Frau und der eigenen Flucht aus einem Leben, in dem er sich nur ein einziges Mal zur Wehr setzte. »Angst? Nein. Merkwürdigerweise nicht. Vielleicht wird er nie wieder Angst haben im Leben. Vielleicht überwindet der Mensch seine Ängste, wenn er erst seine Träume begraben hat.«




    Der Autor
    Jochen Rausch ist Journalist, Autor und Musiker. Seit 2000 ist er Programmchef von Radio 1LIVE (WDR), Köln. 2008 erschien der Roman »Restlicht«, 2011 sein Erzählungsband »Trieb« und 2013 sein Roman »Krieg« im Berlin Verlag. Rausch lebt in Wuppertal.





    „Krieg“ ist ein knappes und schnörkelloses Buch. Erzählt wird es auf zwei Zeitebenen. Bis auf die ersten kurzen Kapitel am Anfang, die von einem jungen Paar berichten, das eine letzte Nacht miteinander verbringt, bevor der Mann weg muss, ist der Hauptakteur Arnold Stein.


    Arnold lebt nun, zusammen mit seinem Hund, den er aber eigentlich gar nicht mag, in einer Hütte auf einem Berg. Dort wird er von einem gesichtslos bleibenden Unbekannten in einen unbegründeten und seltsamen Kleinkrieg auf Leben und Tod gezogen. In Rückblenden erfahren wir von seinem früheren Leben mit Frau und Sohn. Nach und nach enthüllt sich, wie es dazu kam, das Arnold in die einsame Hütte geführt hat.


    „Krieg“ bezieht sich auf mehrere Dinge: zum einen natürlich auf diesen mysteriösen Krieg mit dem unbekannten Angreifer im Wald, zum anderen geht es auch um einen richtigen Krieg, in den Arnolds Sohn zog. Arnold hat alles verloren, was ihm wichtig war im Leben. Dort in der Hütte, in der er bis zum bitteren Ende gegen seinen Feind kämpft, entwickelt er wieder so etwas wie Lebenswillen und entdeckt den Krieger in sich.


    „Krieg“ ist eins der Bücher, zu denen mir nicht viel einfällt. Der Inhalt ist kurz beschrieben, auch hat dieses Büchlein nur knapp über 200 Seiten. Es liest sich rasch runter durch die kurzen Kapitel. Am Anfang musste ich manchmal überlegen, auf welcher Erzählebene ich gerade war. Rausch‘ Sprache ist knapp und ohne viele Umschreibungen. Die Geschichte wird ruhig erzählt, das meiste spielt sich in Arnolds Kopf ab. Es ist eine düstere und deprimierende Geschichte, zu der der eigenwillige Schreibstil des Autors gut passt. Es hat mich ein wenig an „Winter in Maine“ von Gerard Donovan erinnert, welches mir aber besser gefallen hat.

  • Eine hochinteressante Buchvorstellung. Danke dafür. :wave
    Ich pack das Buch mal auf meine Wunschliste. :-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ein wirklich bemerkenswertes Buch, für mich sogar noch ein Tick besser als die vorausgegangenen Kurzgeschichten aus "Trieb". Rausch weiß hier mit einer sehr knappen, aber extrem aussagekräftigen Sprache zu überzeugen; selten habe ich einen Autor gelesen, dem es gelingt, mit so wenig Worten eine so intensive Stimmung zu erzeugen. Überhaupt schreibt Rausch sehr pointiert, dieses recht dünne Buch hätte meiner Meinung nach keine weitere Seite, nicht mal einen weiteren Satz oder ein einzelnes Wort mehr benötigt. Die größtenteils sehr kurz gehaltenen Kapitel sowie eine auf zwei Ebenen angesiedelte Handlung entwickeln zudem einen fantastischen Sog, Stück für Stück erfährt der Leser mehr aus Arnolds Vergangenheit, einem ehemaligen Lehrer, der zurückgezogen in einer Berghütte lebt und sich der Zivilsation weitgehend entzieht. Das titelgebende Hauptthema wird auf ganz unterschiedliche Weise ausgearbeitet, die Kernaussage bleibt aber die gleiche: Krieg gibt es immer - irgendwie, irgendwo, irgendwann. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung, allerdings mit der Einschränkung, dass "Krieg" nichts für mal eben so zwischendurch ist.

  • Arnold hat sein Leben als Lehrer hinter sich gelassen und lebt in einer einsamen Berghütte. Hütte, Grundstück und komplett ausgestatteten Haushalt hat er von den Vorbesitzern gekauft. Obwohl er mitten in einem Urlaubsgebiet lebt, hat der Mann dafür gesorgt, dass Besucher nicht mit dem Auto bis an seine Hütte heranfahren können. Arnolds Verbindungen zur Welt sind nicht vollständig gekappt, er hebt regelmäßig Geld ab und kauft im nächsten Ort ein. In einem anderen Leben vor diesem hatte Arnold einen Beruf, eine Frau und einen Sohn, der in den Krieg gezogen war. Verschachtelte Rückblenden führen in dieses Leben, als Chris den Krieg anderer Leute gegen Männer mit Bärten führte und alle drei Familienmitglieder die Tage zählten bis zum Ende des Einsatzes.


    Sowie Arnold unterwegs ist und sich von seiner Hütte entfernt, gerät er in Panik, dass etwas mit seinem Hund sein könnte. Außer Arnold gibt es einen anderen Bewohner der Wildnis, der bei Arnold einbricht, seine Einrichtung zerstört und den namenlosen Hund schwer verletzt. Arnold bewaffnet sich und nimmt die Spur seines anonymen Gegners auf. Der gesichtslos bleibende Eindringling kann nicht ahnen, dass Arnold alles verloren hat und darum bereit ist, alles zu opfern, um seinen unsichtbaren Feind zu töten.


    Die Geschichte des deutschen Lehrers Arnold Steins spielt in den österreichischen Bergen. Sie erinnert stark an Donovans Winter in Maine, reicht an Donovans atmosphärische Schilderungen jedoch nicht heran. Rausch arrangiert sein verstörendes, schnörkellos erzähltes Psychogramm eines Einsiedlers um die Folgen des Einsatzes deutscher Soldaten in Afghanistan auf deren Angehörige. Arnold hat seinen Schülern immer empfohlen, einen Schritt zurückzutreten, um die Dinge im Ganzen zu sehen. Dieser Schritt zurück lässt den Roman nach dem Lesen noch lange nachwirken. "Krieg" hat mich gefesselt und beeindruckt. Lesern, die schwer ertragen, wenn einem Tier im Roman Gewalt angetan wird, rate ich von dem Buch ab.


    7 von 10 Punkten

  • wenn er erst seine Träume begraben hat."


    Dieser Satz ist mir besonders im Gedächtnis geblieben.


    Jochen Rausch erzählt in seinem Roman "Krieg" die Geschichte von Arnold Steins, der zurückgezogen und alleine ( nur mit seinem Hund ) in einer Berghütte lebt. Und eigentlich auch gerne so weiterleben möchte.
    In Rückblenden erfährt man, weshalb Arnold in dieser selbstgewählten Isolation lebt. Was in seinem und dem Leben seiner Frau passiert ist; weshalb nichts mehr so ist, wie es war.
    Der Krieg ist es, der Arnolds Leben komplett verändert hat.
    Und es ist eine Art Privatkrieg, der wieder Einzug in Arnolds Leben hält.
    Diesmal aber steht er dem Angriff nicht passiv gegenüber, er wartet nicht ab, bis das Schlimmste passiert sondern wehrt sich, zieht in den Krieg. Ohne Rücksicht, ohne moralische Bedenken, ohne Angst vor dem Ausgang desselben.


    Jochen Rausch besitzt eine besondere Gabe: er schafft es, mit einer direkten und einfachen ( nicht im Sinne von primitiv ) Sprache eine Geschichte zu erzählen, die einen als Leser in den Bann zieht und zum Nachdenken anregt.
    Schnell sind sie gelesen, die gut 200 Seiten - aber sie werden einem sicher noch längere Zeit im Gedächntis bleiben.


    Es gibt nur einen Punkt, der mir nicht so gut gefallen hat und das ist das Ende.
    Der Sinn dahinter hat sich mir nicht komplett erschlossen, es entspricht meiner Meinung nach nicht der Qualität des restlichen Buches.


    Insgesamt war "Krieg" für mich ein beeindruckendes Leseerlebnis - welches ich sicher irgendwann wiederholen werde.


    8 von 10 Punkten.