Camilla Läckberg: Die Engelmacherin

  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
    Im alten Schulhaus auf der Insel Valö wird ein Mordanschlag auf die junge Ebba Stark verübt. Kommissar Patrik Hedström vernimmt die verstörte Frau, die gerade erst nach Fjällbacka zurückgekehrt war, um den tragischen Tod ihres kleinen Sohnes besser zu verkraften. Schriftstellerin Erica Falck, Patriks Frau, vermutet einen Zusammenhang zwischen dem Anschlag auf Ebba und der Geschichte ihrer Eltern. Die Elvanders verschwanden Ostern 1974 ohne jede Spur. Sollte dieser ungeklärte Fall der Grund für den Mordversuch gewesen sein?


    Autorin (Quelle: amazon)
    Camilla Läckberg, geb. 1974 in Fjällbacka, ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Nach ihrem Marketingstudium arbeitete sie in der freien Wirtschaft. Heute lebt die Königin des schwedischen Kriminalromans in Stockholm. [...] Fjällbacka – der kleine Ort und seine Umgebung sind Schauplatz ihrer Kriminalromane. Weltweit hat Läckberg inzwischen über zwölf Millionen Bücher verkauft, sie ist Schwedens erfolgreichste Autorin.


    Allgemeines
    Titel der schwedischen Originalausgabe: Änglamakerskan
    ins Deutsche übersetzt von Katrin Frey
    Erscheinungstermin der deutschen Ausgabe: 4.Januar 2014 im List Verlag als Hardcover mit 464 Seiten, Kapitel ohne Nummerierung
    Handlungsort: Fjällbacka, Valö
    Handlungszeit: Haupthandlung in der Gegenwart, zweiter Handlungsstrang 1908 bis 1974


    Zum Inhalt
    Ebba und ihr Mann Mårten kommen nach dem Tod ihres kleinen Sohnes Vincent auf die Insel Valö zurück. Sie wollen das alte Ferienheim, in dem Ebbas Vater einst ein kleines, aber feines Internat für die Söhne reicher Schweden betrieb, renovieren und daraus eine Pension machen. In dem Haus kam es 1974 zu einem mysteriösen, nie aufgeklärten Vorfall: Während der Osterferien verschwand eines Tages Ebbas gesamte Familie, bestehend aus ihren Eltern und den drei älteren Halbgeschwistern, spurlos, lediglich die damals einjährige Ebba blieb allein zurück. Fünf Schüler, die während der Osterferien nicht nach Hause gefahren waren, konnten der Polizei gegenüber nichts zur Aufklärung des merkwürdigen Falls beitragen, da sie nach eigenen Angaben den fraglichen Tag beim Fischen auf See verbracht hätten und die Familie des Internatsleiters bei ihrer Rückkehr bereits verschwunden gewesen sei.
    Kaum sind Ebba und Mårten auf der Insel, werden zwei Mordanschläge auf Ebba verübt: Zunächst legt jemand in der Nacht ein Feuer, das Mårten glücklicherweise rechtzeitig löschen kann, dann wird auch noch auf Ebba geschossen. Die Mordanschläge rufen Patrik Hedström und seine Kollegen vom Kommissariat Fjällbacka auf den Plan. Da ein mit Ebbas tragischer Familiengeschichte zusammenhängendes Motiv für die Anschläge vermutet wird, muss die Polizei versuchen, die Vorgänge aus dem Jahr 1974 aufzuklären. Patriks neugierige Ehefrau Erica Falck, die sich als Schriftstellerin schon länger mit dem alten Vermisstenfall beschäftigt, lässt sich - wie gewohnt - nicht davon abbringen, sich in den fall einzumischen und hinter dem Rücken ihres Mannes eigene Ermittlungen anzustellen, die sie und ihre Familienangehörigen in Gefahr bringen.


    Persönliche Beurteilung
    In den Krimis von Camilla Läckberg gibt es immer jede Menge "Personal", das trifft in besonderem Maße für diesen Roman zu. Neben den Familienmitgliedern von Patrik und Erica und den Kollegen im Morddezernat spielen hier auch noch die fünf Männer eine Rolle, die als Internatsschüler 1974 am Tag des Verschwindens der Familie Elvander auf Valö waren. Über ihr Leben und ihre Familien wird ebenso berichtet wie über das Familienleben im Hause Hedström/Falck. Der häufige Szenenwechsel zwischen den verschiedenen Romanfiguren ist anfangs sehr anstrengend zu verfolgen. Es gibt zwar vorn im Buch ein Personenverzeichnis über Patriks und Ericas Familie und über die Mitglieder des Morddezernats Fjällbacka, dennoch dürfte der Einstieg für Leser ohne Vorkenntnisse nicht einfach sein, zumal wiederholt auf die Ereignisse der vorangegangenen Bände Bezug genommen wird.
    Neben dem Haupthandlungsstrang, der abwechselnd die Aktivitäten der vielen Romanfiguren verfolgt, gibt es eine zweite Erzählung, die - jeweils durch Kursivschrift gekennzeichnet - über die Vorgeschichte des Hauses auf Valö und seiner Besitzer berichtet. Diese Erzählung beginnt im Jahr 1908, als die damalige Hausbesitzerin Helga Svensson, die berüchtigte "Engelmacherin", wegen Mordes an acht Pflegekindern hingerichtet wurde. Der "historische" Handlungsstrang verfolgt das traurige Leben ihrer Tochter Dagmar, der als Tochter der Kindsmörderin keine Chance auf eine normale Existenz beschieden war.
    Der Zusammenhang zwischen den beiden Handlungsebenen klärt sich erst allmählich auf. Nachdem man sich eingelesen hat und alle Personen auseinanderhalten kann, kann man den Roman kaum noch aus der Hand legen, zumal sich dem Leser immer neue Ermittlungsansätze und Theorien eröffnen, die er verifizieren will. Letztendlich führt die Autorin alle Fäden geschickt zusammen.
    Der Erzählstil ist sehr anschaulich und flüssig zu lesen, die Charakterisierung der Romanfiguren ist bis in die Details schlüssig und nachvollziehbar, auch wenn eine solche Häufung von sehr "speziellen" Charakteren etwas konstruiert wirkt.
    Der Kriminalfall selbst ist in sich abgeschlossen, dennoch ist bei dieser Reihe eine Einhaltung der richtigen Reihenfolge sinnvoll, weil auch das Privatleben der Hauptfiguren eine wichtige Rolle spielt und in dieser Hinsicht eine fortlaufende Entwicklung stattfindet.


    Fazit
    Ein abwechslungsreicher und spannender Kriminalroman, der dem Leser aufgrund seiner Komplexität allerhand Konzentration abverlangt.
    8 Punkte

  • Dieses Buch ist sicherlich gute, routiniert geschriebene Kriminalunterhaltung. Immerhin ist es der 8. Band rund um den Ermittler Patrik Hedström und seine Ehefrau Erica Falck, die Schriftstellerin. Hier liegt auch die große Stärke der Autorin: sie begleitet ihre Figuren wieder mit viel Herz, und langjährige Fans der Reihe werden eine wahre Freude an so mancher Weiterentwicklung haben. Aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Frau Läckberg hier inhaltlich ein klein wenig "zu viel" gewollt hat. Von der Handlung her bin ich nicht restlos überzeugt.


    Oder habe ich nur zu viel von ihr in zu kurzer Zeit hintereinander weg gelesen? Sie wendet jedenfalls ihr bewährtes Rezept an: Ein aktuelles, mysteriöses Geschehen in der Gegenwart, das offensichtlich Gründe weit in der Vergangenheit hat. Eine kriselnde Ehe, eine kaputte Familie. Tod und Verlust. Und ständige Rückblenden in so eine Art "Tagebuch", die sich mit den wiederum zahlreichen Perspektiven der Gegenwart abwechseln.


    Es fängt schon damit an zu kriseln, dass man zu Beginn als Leser nicht genau weiß, um welches Verbrechen es eigentlich geht. Um den Brandanschlag auf das Ehepaar Marten und Ebba? Oder doch um das nie geklärte Verschwinden von Ebbas Familie vor 30 Jahren? Das Buch kommt relativ langsam in die Gänge, und es dauert sicherlich mehr als ein Drittel, bis dem Leser klar wird, dass doch eine Verbindung zwischen diesen Fällen bestehen könnte.


    Zweiter Stolperstein: an jenem mysteriösen Ostersamstag vor 30 Jahren wurde auch eine "Bande" von 5 Jungen verhört, 5 Freunde, denen man nie nachweisen konnte, dass sie etwas mit dem Verschwinden der Familie zu tun hatten. Die Autorin verlegt tatsächlich für jeden Einzelnen von ihnen einen Erzählstrang in die Gegenwart! Das kann man sicherlich dramaturgisch begründen - mir hat es aber den Einstieg in das Buch zusätzlich erschwert, weil ich so viele Namen und Lebensgeschichten im Auge behalten musste. Ich persönlich hätte hier auf manches verzichten können.


    Und drittens fühlte sich Frau Läckberg bemüßigt, neben dem Auslöschen einer ganzen Familie auch noch politische Themen in das Buch einzuflechten. Denn einer der fünf Jungs von damals ist rechtsextremer Politiker geworden. Ob das nun wirklich sein musste...? Sicher ergeben sich dadurch (teils ungewollte) Parallelen zu aktuellen Geschehnissen, und ich will auch nicht bestreiten, dass Rechtsextremismus nach wie vor existiert. Aber was Krimis betrifft, bin ich eigentlich Purist - weniger ist oft mehr. Mir hätte die Familiengeschichte gereicht!


    Noch so ein Punkt - die Rückblenden in die Geschehnisse ab 1908. Hier wurde doch manches extrem dick aufgetragen. Ich fand vor allem die psychischen Spätfolgen eher unglaubwürdig. Sicher hatten auch in Schweden so manche einfachen Mädchen Verhältnisse mit deutschen Soldaten. Aber mit diesen Auswirkungen...? Ich weiß einfach nicht.


    Dennoch verleihe ich letzten Endes acht sehr wohlwollende Punkte. Das liegt einfach daran, dass der Spannungsbogen im letzten Drittel noch einmal gehörig anzieht, und das Buch endlich seinem Status als "Krimi" gerecht wird. Außerdem bin ich der Meinung, dass es von Band zu Band immer mehr um Patrik, Erica und ihre Familie geht. Hier ist die Autorin einfach unübertroffen; sie schildert ein chaotisches Familienleben mit kleinen Kindern und zwei berufstätigen Eltern wirklich mit Herzblut, sehr authentisch und lebensnah.


    Camilla Läckberg ist eben Camilla Läckberg! Ihren Fans kann man diesen Band getrost empfehlen. Neulingen auch, sofern sie sich auf eine verzwickte Erzählweise einstellen können.

  • man soll sie langsam und in Maßen geniessen,



    auch ich machte einmal den Fehler, die Romane zu kurz hintereinander zu lesen. Das hinterlässt und etwas Überdruss, dafür ist der Aufbau der Bücher zu ähnlich.


    Man muss sich Zeit dazwischen nehmen, um die immer sehr dicht und prall geschriebenen Romane zu verarbeiten. Auch in ihren früheren Büchern hat Camilla Läckberg viele Handlungsstränge aufgebaut und durchkomponiert.


    Auf diesen neuen Roman freue ich mich,

  • Ich habe alle bisherigen Bände gelesen, deshalb war ich mit den Hautfiguren und den Ereignissen der Vergangenheit bestens vertraut. Lesern, denen dieses Vorwissen fehlt, haben mit Sicherheit einen schwierigen Einstieg.


    Der Inhalt ist schon bekannt. Nur kurz meine Meinung:
    Handlungsstränge gibt es sehr, sehr viele. Einzig der kursiv gedruckte Text aus der Vergangenheit setzt sich optisch ab, alle anderen gehen fließend ineinander über. Aus diesem Grunde und wegen der vielen Personen, muß man sehr konzentriert lesen. Erst im letzten Drittel kristallisiert sich heraus, wie alles zusammenhängen könnte, aber es gibt dann beim Finale immer noch einige Überraschungen.


    Alles in allem ein spannender Krimi mit einem guten Plot, aber vielleicht sollte die Autorin langsam doch einmal ihr Konzept überdenken. Nur so als Anmerkung von mir - Es ist zwar nett in die Vergangenheit abzudriften, aber nicht bei jedem Buch.


    Von mir für den vorliegenden Fall 9 Eulenpunkte!

  • So, jetzt habe ich auch das neueste Buch gelesen.
    Wie bei allen anderen - einfach super.
    Auch die Rückblenden von der Großmutter der Großmutter und aus dem Jahr 1974 fand ich sehr gut eingebettet.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein