Patrick Ness: Mehr als das [ab 14 Jahre]

  • Patrick Ness: Mehr als das
    cbt Verlag 2014. 512 Seiten
    ISBN-13: 978-3570162736. 17,99€
    Vom Verlag empfohlen ab 14 Jahren
    Originaltitel: More than this
    Übersetzerin: Bettina Abarbarnell


    Verlagstext
    In welcher Wirklichkeit leben wir?
    Ein Junge ertrinkt, verzweifelt und verlassen in seinen letzten Minuten. Er stirbt. Dann erwacht er, nackt, verletzt und durstig, aber lebendig. Wie kann das sein? Und an was für einem seltsamen, verlassenen Ort befindet er sich? Während er versucht zu verstehen, was mit ihm geschehen ist, regt sich Hoffnung bei dem Jungen. Ist das vielleicht doch noch nicht das Ende? Bietet dieses Leben vielleicht doch mehr als das?


    Der Autor
    Patrick Ness wuchs in den Vereinigten Staaten und auf Hawaii auf. Seit Ende der 90er-Jahre lebt er in London und ist dort als Literaturkritiker für die Tageszeitung The Guardian tätig. Für seine Kinder- und Jugendbücher wurde er mehrfach ausgezeichnet, er gewann unter anderem den renommierten Costa Children's Book Award und als erster Autor überhaupt gleichzeitig die Carnegie Medal und den Kate Greenaway Award sowie neben unzähligen anderen Auszeichnungen den Deutschen Jugendliteraturpreis 2012.


    Inhalt
    Auch Parallelwelten sind nicht perfekt
    Seth Wearing ertrinkt im eiskalten Pazifik. Schwer verletzt vom Aufprall auf die Felsen hat der 16-Jährige im kalten Wasser keine Überlebenschance. Als Seth wieder zu sich kommt, befindet er sich in dem Haus in England, in dem seine Familie vor ihrem Umzug in den Staat Washington gelebt hat. Alles fühlt sich falsch an. Seth ist sich bewusst, dass er ertrunken ist; doch jemand muss seitdem seine Verletzungen mit kräftigen Bandagen geschient haben. Seth könnte gerade eine Nahtoderfahrung haben. Er selbst überlegt, ob er vielleicht Teil einer Simulation ist, die er selbst erzeugt. Seth findet sich zunächst allein in einem dystopischen Szenario und weiß noch nicht, ob es außer ihm andere Menschen gibt. Das Innere des Hauses ist vom Staub von Jahren bedeckt, draußen steht das Gras mannshoch. Ein Teil der Stadt ist ausgebrannt. Schon bald wird Seth von seiner persönlichen Hölle eingeholt. Als Achtjähriger hatte er einem Fremden die Tür geöffnet. Seitdem fühlt er sich schuldig an dem, was seinem kleinen Bruder Owen passierte, obwohl Seth damals selbst noch ein Kind war. Das durch das tragische Ereignis distanzierte Verhältnis zu Seths Eltern verschärfte sich weiter, als Seths Homosexualität bekannt wird. In Rückblenden erlebt man Seth mit seiner Clique, mit Gudmund, den er liebt, H und Monica. Doch Seth kann sich seiner Erinnerungen nicht sicher sein und muss sie erst allmählich wie ein Puzzle wieder zusammensetzen.


    Im England nach dem Ende unserer Zivilisation funktioniert die Wasserversorung leidlich und in den Geschäften sind noch wenige genießbare Konserven mit Lebensmitteln zu finden. Seth muss sich möglichst bald Gedanken darüber machen, ob es Konkurrenten um die letzten Vorräte gibt und wie er überleben will. Er trifft tatsächlich auf weitere Jugendliche, mit denen er eine Gemeinsamkeit entdeckt, die sie verbindet. Die Ereignisse erklären sie sich so, dass die Menschen beschlossen hätten, in einer zweiten Welt nur noch online zu leben, so dass die erste Welt nicht mehr gebraucht wurde. Doch in der abgelegten Welt, in der sie sich gerade befinden, muss jeder um sein Überleben kämpfen.


    Fazit
    Seth war ein Jugendlicher wie andere auch, bevor er in eine Parallelwelt gelangte und dort auf bemerkenswerte Mitstreiter traf. Die stärkste Szene des Buches war für mich Seths Tod zu Beginn. Man ist Seth und ringt wie er mit den Brechern, die seinen Körper gegen die Felsküste schmettern. Um nicht zu spoilern will ich nur kurz bemerken, dass die Verknüpfung des dystopischen Szenarios mit Seths Ringen um seine Erinnerungen kleine Schwächen hat. Wer über den Aufbau des Plots nachdenkt, wird früh ahnen, wie die Handlung weitergeht. Ness setzt sich sprachlich gewohnt virtuos mit bedeutenden Themen wie Tod, Schuld und sexueller Orientierung auseinander, doch der Plot seines dystopischen Romans zeigt kleine Schwächen.


    7 von 10 Punkten

  • Von mir nur ein kleiner Leseeindruck statt einer kompletten Rezi. Mir hat das Buch insgesamt gut gefallen.
    Ich bin froh, dass ich die Rezi über mir nicht vorher gelesen habe, denn über weite Teile des Buches - eigentlich bis zum Ende hin - ist man sich gar nicht so sicher, ob Seth wirklich gestorben ist und ob das wirklich die Online-Welt war und nun die Offline-Welt ist. Das ist die offensichtliche Erklärung. Aber dennoch nur eine von mehreren Möglichkeiten, die jedoch alle - im Gegensatz zu der offensichtlichen - nur indirekt angedeutet werden. Und dieser philosophische Ansatz, diese Unsicherheit und das ständige Hinterfragen von Wirklichkeit und Wahrheit ist genau das, was mir an dem Buch so gefallen hat.
    Bezüglich der wunderbaren Sprache stimme ich Buchdoktor vorbehaltlos zu. Es ist immer wieder ein besonderes Vergnügen einen Roman von Patrick Ness zu lesen - allein wegen der Sprache.
    Insgesamt würde ich zu 8/10 tendieren.


    Was mir nicht so gefallen hat, spoilert etwas, deswegen nur für Leute, die das Buch schon gelesen haben (oder auf eigene Verantwortung):