Der Tabakhändler - John Barth

  • Über den Autor:


    John Barth gilt als einer der einflußreichsten Erzähler der zeitgenössischen amerikanischen Literatur. Er wurde 1930 in Cambridge/Maryland geboren und war nach dem Abschluß seines Studiums lange Jahre Dozent für Literatur an der Johns Hopkins University in Baltimore. Für sein umfangreiches Werk wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem National Book Award und dem PEN/Malamud Award. Bei Liebeskind erschienen bisher seine Romane »Die schwimmende Oper« (2001) und »Tage ohne Wetter« (2002).


    Klappentext:


    Dies ist die köstliche und aufregende, nicht sehr moralische Geschichte von den Abenteuern, Heimsuchungen, Bedrängnissen, aber auch Triumphen des wackeren Ebenezer Cooke, "Poet und Jungfrau" von eigenen Gnaden. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts, verläßt er seine von zärtlicher, aber unkeuscher Liebe zu ihm erfüllte Zwillingsschwester, um sein väterliches Erbe in der Kronkolonie Maryland anzutreten, eine Tabakplantage. Er wird vom eigenen Diener geprellt, von Seeräubern ausgesetzt, von Opiumhändlern erpreßt, von Mördern bedroht - unzählige Male aus Fährnissen des Leibes und der Seele wunderbar errettet und muß erleben, daß aus Malden, dem einstigen Herrenhaus der Cookes, ein Freudenhaus geworden ist.


    Meine Meinung:


    Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Roman unter der Rubrik "Historische Romane" vorstellen soll, mich aber dagegen entschieden, weil er den allgemeinen Erwartungen an ein Buch dieses Genres nicht im Geringsten entspricht. Vielmehr würde ich ihn als einen Schelmenroman bezeichnen, geprägt durch die unbändige Fabulierlust seines Autors, der weder den Protagonisten noch seine Geschichte sonderlich ernst nimmt. Der naive, hoffnungslos ungeschickte und nicht selten traurige Held des Romans, Ebenezer Cooke, gerät - zumeist durch eigenes Verschulden - regelmäßig in ebenso haarsträubende wie unwahrscheinliche Abenteuer, die ihn mehr als einmal fast die Freiheit und / oder das Leben kosten.


    Vor dem Hintergrund verworrener politischer und kultureller Zustände in der Britischen Kolonie Maryland begegnen dem Protagonisten auf seinem Irrweg ganze Schwärme seltsamer bis seltsamster Gestalten und ihre individuellen Geschichten, die sich erst nach und nach wie Mosaiksteine zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Obwohl ich mich ein uns andere Mal gefragt habe, was die scheinbar völlig nebensächliche Erzählung einer eher unwichtigen Figur zum Fortgang des Romans beitragen könnte, ist am Ende nichts und niemand überflüssig. Insgeamt ein sehr kompliziertes, aber geniales Konstrukt, möchte ich meinen.


    Ich muss dennoch warnen, dass der Roman durchaus Längen in Form von ausufernden Diskussionen historischer, politischer, pädagogischer und philosophischer Natur hat, was ich persönlich überwiegend interessant fand, aber nicht zwangsläufig jedem Leser zusagen muss. Dies ist kein einfaches Lesevergnügen!


    Die Sprache ist angemessen antiquiert, dabei aber sehr direkt, gar explizit; eine Mischung, die mir sehr gut gefallen hat.


    Mein Fazit: Ein ungewöhnliches Buch, erfrischend anders als das Gewohnte, den Leser fordernd, aber lesenswert - wenn auch nicht für jeden. Sowas muss man mögen. Von mir acht Punkte.


    LG harimau :wave


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    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Das hört sich doch mal interessant an. Danke für diese Buchvorstellung. Weiß zwar nicht wann ich das lesen soll - aber diese Kleinigkeit wird mich nicht daran hindern das Buch auf meine Wunschliste zu bugsieren. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Super Rezension, vielen Dank.
    Leider ist das Ding inzwischen vergriffen :cry dann hat man nur noch die Chance auf ein gebrauchtes Exemplar!



    zuspätkommergrüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Allein die Rezension ist es wert, dass man das Buch liest. Da man nicht viel investieren muss, 1 cent plus Porto, ist es wohl nicht so schlimm, wenn man es, wie harimau evtl. befürchtet, nicht so gerne liest oder sich nicht so dafür begeistert wie er. Dann kann es beim nächsten schrotteln weiter wandern :grin