Differenzen und Summen kürzen nur die Dummen. Altbewährte Eselsbrücken - Conny Heindl

  • Conny Heindl: Differenzen und Summen kürzen nur die Dummen – Altbewährte Eselsbrücken, Rheinbach 2013, Regionalia Verlag, ISBN 978-3-939722-87-8, Hardcover, 127 Seiten, Format: 20,4 x 16,8 x 1,8 cm, EUR 4,95.


    Manchmal muss der Mensch sich Dinge merken, die ihn nicht die Bohne interessieren. Das weiß jeder, der mal zur Schule gegangen ist. Und mitunter möchte man sich etwas merken und kriegt es einfach nicht in den Schädel. Da helfen nur noch Tricks.


    Lärche und Lerche – wer ist hier der Baum und wer der Vogel? Wann verwendet man im Englischen das simple past und wann present perfect? Much oder many? If oder when? Wie kriegt man das mit den Akzenten im Französischen geregelt? Ihr wisst schon: diese lästigen kleinen Biester, die über oder unter den Buchstaben hängen und Sinn und Aussprache drastisch verändern können. Wie merkt man sich Jahreszahlen und Flüsse, Formeln und Fakten, die man zu lernen gezwungen oder entschlossen ist?


    Dieses Problem hatten – zum Glück – schon Generationen vor uns, und so entstand für nahezu alles, was man möglicherweise lernen muss, eine bildhafte oder akustisch prägnante, gerne gereimte Eselsbrücke. Hier sind die wichtigsten in einem Buch vereint.


    „Drei-drei-drei war bei Issos Keilerei“ kennt jeder. Dass man sich mit einer simplen 9-Punkte-Liste einen Überblick über die Geschichte des Universums und der Menschheit verschaffen kann (Seite 70), wird Geschichtsmuffel freuen, die sonst im Meer der Jahreszahl hoffnungslos verloren sind. Dass man jetzt schon für die Wiedervereinigung des geteilten Deutschland Eselsbrücken braucht (Seite 75), wird all diejenigen erschüttern, die das Ereignis noch in deutlicher Erinnerung haben. Man kommt sich schlagartig alt vor. Geradezu historisch.


    Endlich haben alle eine funktionierende Eselsbrücke, die bei jeder Umstellung auf Sommer- oder Winterzeit aufs Neue darüber ins Grübeln kommen, in welche Richtung man jetzt die Uhr verstellen muss. Mit der Gartenmöbelgeschichte (Seite 120) ist die Sache auf einmal glasklar. Und wer Schwierigkeiten mit der Drehrichtung von Schrauben, Muttern, Ventilen und Flaschenverschlüssen hat, lernt auf Seite 121, wann er/sie wie herum zu drehen hat. Also ist das Buch nicht nur für die Schule praktisch, wie die graphische Aufmachung uns suggeriert, sondern auch für den ganz normalen Alltag.


    Bei manchen Dingen ist man froh, dass man sie nie hat lernen müssen oder dass man sich die Sachen mühelos aus Interesse heraus merken konnte. Was es mit der Glucose-Konfiguration auf sich hat, erschließt sich mir trotz der Tatütata-Regel nicht (Seite 60). Was daran liegen mag, dass ich damit nie etwas zu tun hatte. Hier ist es eben so wie bei allen breit aufgestellten Ratgebern: Bei manchen Punkten wundert man sich, dass da überhaupt jemand Zweifel hat und Hilfe braucht, bei anderen nützt einem die schönste Eselsbrücke nichts, weil man vom Thema gar keine Ahnung hat. Doch mehrheitlich beschert einem dieses Buch interessante Aha-Erlebnisse. Bei einigen der hier aufgeführten Eselsbrücken wünscht man sich, man hätte sie schon in der Schule gekannt …


    Manche der kreativen Gedächtnisstützen hat man früher mal benutzt aber seit Jahren nicht mehr daran gedacht. „Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten“ (Seite 44) – diese Eselsbrücke für die Aufzählung der Planeten unseres Sonnensystems habe ich als Kind von einem Cousin gelernt. Es gibt sogar schon eine modernisierte Version ohne Pluto, der ja nicht mehr als vollwertiger Planet gilt. Er wurde 2006 zum Kleinplaneten herabgestuft.


    „Kupfer und Zink gibt Messink“ (okay: Messing, mit g hinten), wohingegen Kupfer und Zinn zu Bronze wird. Das hat mir mein Vater beigebracht, noch ehe ich lesen und schreiben konnte. Ich habe dieses Wissen nie gebraucht, aber es hält sich seit rund 50 Jahren hartnäckig in meinem Gedächtnis. Da sieht man, wie einprägsam diese Eselsbrücken sind!


    Manchmal sind die Merkhilfen so herrlich albern, dass man einiges aus lauter Jux und Dollerei lernen möchte. Die Tierstämme (Seite 48), zum Beispiel und die Nährstoffe der Pflanzen (auch Seite 48). Oder die Zellteilung (Seite 54). Die Staaten Mittelamerikas kann man selbst als Geographie-Null aufsagen, sofern man sich zwei affige Kunstwörter merkt (Seite 65). Und selbst, wenn man mit Religion überhaupt nichts am Hut hat, ist man versucht, zu lernen, an wen der Apostel Paulus seine Briefe geschrieben hat, und zwar in der Reihenfolge, in der sie im Neuen Testament stehen. Einfach aus Spaß an der Freud, weil es mit dem lustigen „Auszählreim“ so mühelos geht.


    Mit diesen Tricks kommt man sich schon fast wie ein Gedächtniskünstler vor. Mit deren Techniken haben die Eselsbrücken tatsächlich etwas zu tun. Wie man eigene Brücken konstruiert und dabei die Techniken nutzt, mit denen man am besten zurechtkommt, lernen wir im letzten Kapitel.


    „(…) je fantasievoller und ungewöhnlicher Eselsbrücken gebaut sind, umso unvergesslicher bringen sie die Gedanken ans andere Ufer, also in den sicheren Hafen des Langzeitgedächtnisses“, schreibt Conny Heindl (Seite 125). Ich würde sogar sagen: je bescheuerter desto besser. Deshalb halte ich den Satz, mit dem ich vor vielen Jahren mal den Unterschied zwischen Stalaktiten und Stalagmiten gelernt habe, für absolut unschlagbar:
    „Was hängt, sind die T i t t e n .“
    Und was steigt, sind die Mieten.


    Das sind die Themenbereiche, zu denen dieses Buch Eselsbrücken bietet:
    Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Latein
    Wissenschaften: Astronomie, Biologie, Chemie, Geographie, Geologie, Geschichte, Mathematik, Physik, Religion, Wirtschaft
    Kultur und Gesellschaft: Kunst und Kultur, Musik, Essen und Trinken, Garten, Gesundheit, Haushalt, Straßenverkehr, Verschiedenes


    Die Autorin
    Conny Heindl, geb. 1971, studierte Germanistik und Französische Literaturwissenschaft. Sie arbeitete zehn Jahre in der Verlagsbranche und ist heute Autorin und Literaturagentin. Mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen lebt sie in der Nähe von München.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

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  • Kicher, das kann ich nur bestätigen:
    Quintenzirkel moll:
    Das grüne Chamäleon fand beim Essen Astern
    D-G-C-F-B-Es-As


    Aber ich habe natürlich keinen blassen Schimmer, was ein Quintenzirkel eigentlich ist :lache

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Klingt interessant und werde ich mir kaufen.


    Ich kenne nur noch: wer nämlich mit h schreibt ist dämlich.


    Und: Eine alte Dame ging Hering essen. Für die Saiten auf der Gitarre.


    Erstere Eselbrücke hat mir schon oft geholfen. Letztere fand ich immer sinnlos. Ich stehe Eselsbrücken sehr skeptisch gegenüber, denn:
    E, A, D(eee)
    G(eee), H(aaa), E


    reimt sich doch schon so schön. Warum soll ich mir da einen beknackten Satz merken, wenn ich mir das Eigentliche viel einfacher so merken kann.


    Aber vielleicht weckt das Buch doch noch meine Begeisterung für Eselsbrücken.


    Auf jeden Fall tolle Rezi und ich lass mich überraschen, ob ich doch noch den Sinn der Eselsbrücken entdecke, denn die meisten empfand ich bisher immer als ziemlich überflüssig und als "doppelte Arbeit".

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

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