Fortune de France Robert Merle

  • Ich habe mit dem Buch angefangen und bin auf Seite 78 angekommen. Nach den ersten Seiten fühle ich mich richtig zuhause in der Geschichte - die Sprache hat genau die richtige altmodische Tonlage und die augenzwinkernden Kommentare des jungen Siorac machen mir immer wieder Spaß.
    Als erstes habe ich mir einen Stammbaum gemalt - sonst kann ich mir nie merken, wer Vater, Großvater, Onkel usw waren.


    Im Mai/Juni war ich übrigens genau da, wo sich der Chevalie Jean de Siorac niedergelassen hat - im Tal der Dordogne und ihren Nebenflüssen. Eine wunderschöne Gegend. Das Schloss von Castelnau gibt es noch heute - es ist sehr beeindruckend, wie ihr sehen könnt:

  • ich habe auch angefangen und die ersten 3 Kapitel gelesen (bis Seite 89)


    Die ersten Kapitel versuchen, die einzelnen Personen und die Familienzugehörigkeit zu erklären. Die Geschichte wird erzählt von Pierre de Siorax, im Moment ist er noch im Kindesalter. Köstlich manche seiner Erklärversuche.
    Im 3.Kapitel brechen die Männer der Familie auf, um König, Heinrich II. in seinem Krieg zu unterstützen.


    Ich notiere mir auch immer, wer zu wem gehört, hauptsächlich bei den hist. belegten Personen.

  • Gestern Abend habe ich die ersten beiden Kapitel gelesen. Irgendwie war ich der irrigen Annahme, das Buch würde sich schwer lesen. Dem ist überhaupt nicht so. Ich hatte früher schon zwei Bücher von Robert Merle gelesen, "Ein vernunftbegabtes Tier" und "Die Insel". Aber in diesem gefällt mir die Sprache so gut. Sie passt auch zu der Handlungszeit. Ich habe sogar nachgesehen, ob es sich wirklich um den gleichen Merle handelt. Denn er verwendet Wörter, die ich so noch nie bzw. ewig nicht gehört habe. So z.B. Tochtermann. Ich kann es leider nicht im Original lesen, aber die Übersetzer scheinen richtig gute Arbeit geleistet zu haben.


    In Frankreich kenne ich mich gar nicht richtig aus. Das betrifft sowohl das Land als auch die Geschichte, bis auf die Fakten, die man eben nicht vergisst, wie die frz. Revolution und die Bartholomäusnacht. Seit Jahren habe ich mir vorgenommen, da mit Hilfe der Literatur ein wenig nachzubessern. Ich habe noch einige Bücher auf meine persönlichen Leseliste, unter anderem Heinrich Mann "Henri Quatre".


    Zitat

    Mir gefällt vor allem, wie Alltagssituationen geschildert werden, so wie auf Seite 57, als Cabusse den Fassmacher in Empfang nimmt - sofort habe ich ein Bild von diesem Menschen.


    So ging es mir auch. Er beschreibt ja doch sehr ausführlich, aber ich empfinde dabei keinerlei Längen, sodern lese mit viel Interesse und habe mitunter ein Lächeln im Gesicht, weil er auch vieles augenzwinkernd betrachtet.


    Jetzt muss ich beim Haushalt ein bisschen ran, am Nachmittag ist Familiennikolaus, aber spätestens am Abend komme ich wieder zum Lesen.

  • Kathause, ich habe hier die Version des Aufbau Verlags, übersetzt von Ilse Täubert.
    Tochtermann kannte ich schon - es wurde früher auch im Deutschen verwandt, es kommt im Wörterbuch der Brüder Grimm vor.


    In Gesellschaften, in denen der Familienverband noch sehr wichtig ist, gibt es häufig noch sehr viel differenziertere Bezeichnungen für die Verwandtschaften. So gibt es in Norwegen noch die Unterscheidung von Muttervater und Vatermutter und umgekehrt, eben zur Kennzeichung, ob es sich um die Großeltern der väterlichen oder mütterlichen Linie handelt. Faszinierend!


    Ich bin auf Seite 126 angekommen. Vater Jean ist heile, ausgezeichnet und mit Reichtümern gesegnet aus dem Krieg heimgekehrt.
    Die Schilderungen des kleinen Pierre über seine Ängste, der Vater werde nicht mehr nach Hause kommen, fand ich sehr gelungen. Auch seine Auseinandersetzung mit dem älteren Bruder.
    Die beginnenden Glaubenskriege zeichnen sich ab.


    Dazu habe ich schon einiges gelesen, Henry IV fand ich schon immer eine sehr interessante Persönlichkeit.
    Manns ersten Band: die Jugend des Königs Henry Quatre habe ich schon gelesen. Hätte ich Zeit, würde ich das zu den weiteren Bänden parallel lesen. Muss ich mal drüber nachdenken.

  • Ich bin jetzt auf Seite 168. Eine Einführung in die neue Religion. Geschickt gemacht, die Leserin kann gleich mit lernen, war so neu war!
    Die Kinder wurden damals ja zwangsläufig früher erwachsen - aber Pierre muss schon sehr helle gewesen sein. Die Schilderung aus seiner Sicht ist mir für ein Kind fast zu scharfsinnig.

  • Ich habe die Fortune de France - Reihe im Jahre 2010 bis Mitte Band 7 gelesen und sie hatte mir außerordentlich gut gefallen. Bis Band 6 ist ja der Protagonist Pierre de Siorac, ab Band 7 ist sein Sohn ja der Hauptcharakter. Irgendwie bin ich dann beim Übergang auf den neuen Protagonisten von der Reihe abgekommen, obwohl alle Bände der Reihe bei mir im Regal stehen. :-(


    Seinerzeit bin ich auf eine interessante Seite im Internet gestoßen - leider wird diese nicht mehr aktualisiert. Sah wirklich vielversprechend aus:
    http://www.mespech.de/html/siorac.htm

    "Wyrd bid ful aræd"
    Das Schicksal ist unausweichlich
    :lesendLee Child: Sniper (Jack Reacher 9)

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  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen


    Die Kinder wurden damals ja zwangsläufig früher erwachsen - aber Pierre muss schon sehr helle gewesen sein. Die Schilderung aus seiner Sicht ist mir für ein Kind fast zu scharfsinnig.


    ich glaube, Pierre war schon etwas älter als er die Ereignisse schilderte, hat dann seine Kindheitserinnerungen wiedergegeben. Er sagt ja auch oft ...wie ich später erfahren habe....

  • Ich bin nun bis Seite 179 vorgekommen und alle kehren auch aus den Kämpfen um Callais wieder nach Mespech zurück. Callais wurde nach über zweihundert Jahren zurückerobert und war nun wieder französisch.


    Lustig fand ich die Beschreibung, daß die Amme, nachdem bekannt geworden war, daß Isabelle ein Kind erwartete, sofort nach Hause zu ihrem Mann gefahren ist, um „sich ein Kind machen zu lassen“. Das hat damals auch meist funktioniert. Aber es ist auch eine plausible Erklärung für jahrelang ihren Beruf ausübende Ammen?!?


    Der Konfessionskampf wird hier in der Familie zum Vergleich zur Nation gut dargestellt. Manchmal frage ich mich, wie hätten wir wohl reagiert, wenn wir damals schon gelebt hätten. Wahrscheinlich nicht viel anders als die Allgemeinheit damals auch. Es ist allerdings schwer nachvollziehbar, wie schnell sich die Menschen haben umdrehen lassen. Ein anderer König – eine andere Einstellung – und schon mußte sich das Volk anpassen.
    Nun wird es ja noch sehr interessant werden, wie es für die Familie Siorac weitergeht. Im Moment haben sie sich ja offiziell zum Protestantismus bekannt.

  • Bis Ende des 5. Kapitels bin ich gekommen.


    Calais ist wieder französisch und es hat den beiden auch noch Titel, Ruhm und Geld eingebracht, aber am wichtigsten, alle sind gesund wieder zu Hause angekomen.


    Jetzt beginnt das, worauf ich eigentlich warte, die Auseinandersetzungen der Religionen werden härter.


    Heinrich II. will zu einen erneuten Schlag gegen die Hugenotten ausholen und auf Castelnau bekennt man sich zur Reformation. Einzig Pierre erbittet sich Bedenkzeit, weil er sich erst noch informieren will. Das fand ich für einen Jungen in seinem Alter schon erstaunlich. Aber ansonsten habe ich auch den Eindruck, dass Pierre diese Geschichte als Erwachsener aus der Erinnerung heraus aufschreibt.


    Der Stil von Merle gefällt mir auch immer noch sehr gut, auch weil so kleine Alltagshandlungen, die einfach ganz selbstverständlich dazu gehören, wie das Dengeln einer Sense, von ihm beschrieben werden.


    edit: Uhtred vielen Dank für den interessanten Link

  • Tja, wie das mit den Ammen war, kann ich auch nicht sagen. Es ist allerdings auch heute noch so, dass manche Mütter reichlich Milch haben und andere nicht. Mir ist eher unklar, wie sie überhaupt schwanger werden konnte - sie hat ihr eigenes Kind ja noch gestillt.


    Ich fand den Konfessionskampf auch heftig. Ein gutes Beispiel, wohin Intoleranz führt. Auf beiden Seiten gab es Grausamkeiten genug.
    In Deutschland war es ja auch so: den alten lateinischen Spruch werde ich nie vergessen, weil ich das als Jugendliche schon so schlimm fand: cuius regio eius religio.


    Die Familie Siorac bleibt sicherlich protestantisch - bis auf die Mutter.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Mir ist eher unklar, wie sie überhaupt schwanger werden konnte - sie hat ihr eigenes Kind ja noch gestillt.


    Dass man während des Stillens nicht schwanger werden kann, ist wohl auch eher Wunsch denn Realität. Wir hatten in der Familie auch so einen Fall, da wurde Kind 1 noch gestillt und und Kind 2 gedieh im Mutterleib schon.

  • Ich nähere mich langsam dem Ende - im Moment ein wenig aufgehalten, weil ich die ganzen politischen Konstellationen, wer wohin gehört und mit wem koaliert natürlich nicht im Kopf habe.
    Ich lese das immer wieder nach, um es dann wieder zu vergessen.....


    Mir ist selten so bewusst geworden, wie wichtig vielen Menschen damals die Religion war. Wie sehr sie das Leben bestimmen konnte.
    Der Streit von Pierre mit seinem Vater wegen des Medaillons war sehr beeindruckend, besonders die Haltung des jungen Mannes. Kind kann man da kaum mehr sagen.


    Auch wie Jean de Siorac seinen Verstand einsetzt bei der Behandlung von Krankheiten und das ständige Zur-Ader lassen rundheraus ablehnt.

  • Soeben habe ich das 6. Kapitel gelesen. Ganz einhellig ist die Zustimmung zur neuen Religion nicht. Besonders Isabelle bleibt dem alten Glauben treu und das trotz allem Druck, den sie auf sie ausüben. Aber was hatten die Bediensteten denn für eine Wahl? Letztlich gilt für sie doch, dessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe. Aber auch Pierre erzählt auf S. 155, dass der Vater sich in seinem Vorgehen nicht sehr von dem Henry II. unterschied.


    Die männlichen Bediensteten versteckten sich hinter Barberine. Sie hat mir in ihren Äußerungen recht gut gefallen.


    Nun bin ich sehr gespannt, wie es weitergeht. Isabelle und Jean haben sich zwischenzeitlich versöhnt, was ja auch Folgen hatte. So musste Barberie auch schnell zu ihrem Mann, damit sie weiterhin als Amme arbeiten kann.

  • Gestern bin ich noch ein gutes Stück voran gekommen. Das 8. Kapitel habe ich beendet.


    Zitat

    Es gefällt mir gut, dass in diesem Buch nicht eine Seite als "die Bösen" und die andere als engelsgleich dargestellt wird - trotz leichter Sympathie für die Hugenotten.


    :write


    Keine Seite mäßigt sich in ihrem Wahrheitsanspruch. Und so sind die Reformisten nicht anders als Henry II. Sie fordern von ihrer Gefolgschaft den gleichen Glauben. Diesen Gedanken von Pierre (S.155) finde ich beachtenswert. Merle schreibt neutral und lässt seine Figuren Partei ergreifen.


    Die Fronten verhärten sich immer mehr, es kommt zu Übergriffen und viele Menschen müssen ihr Leben lassen. In meinem Buch fiel an einer Stelle auch der Begriff "Bürgerkrieg". Das hat mich ein wenig ins Zweifeln gebracht, ob der schon in den 1560er Jahren angebracht ist.


    Der 13. Juli 1562 ist dann wohl so eine Art Schicksaltag für die Hugenotten, sie werden für vogelfrei erklärt. Ein wenig weiß ich ja, was mich beim Lesen erwarten wird. Ich bin trotzdem sehr neugierig.

  • Es ist eben ein historischer Roman im besten Sinn - wie die politischen Ereignisse das Alltagsleben der Menschen beeinflusst.


    Ich denke, das mit dem Bürgerkrieg ist der rückschauenden Betrachtung geschuldet - sozusagen im Bewusstsein, dass hier schon der Keim zu dem ganzen Unglück gelegt wurde.


    edit, Karthause, ich habe mit Interesse deine Besprechung von "Von Zeit und Fluss" gelesen. Ein wunderbares Geschenk für meinen Mann, der solche Schmöker liebt - und dazu habe ich auch was zu lesen!