Carol Rifka Brunt - Tell the Wolves I'm Home

  • 11:46 Stunden
    ungekürzte Lesung
    Sprecherin: Amy Rubinate
    Hörprobe beim Verlag *klick*


    Zur Autorin (freie Übersetzung der Informationen beim Verlag)
    Carol Rifka Brunts Arbeiten sind in einigen Literaturzeitschriften erschienen, u.a.
    "North American Review" und "The Sun". 2006 wurde sie als eine von drei Autorinnen mit dem "New Writing Ventures Preis" ausgezeichnet und erhielt 2007 ein großzügiges Stipendium des Arts Council, mit dessen Hilfe sie ihren Erstlingsroman "Tell the Wolves I’m Home" verfasste.
    Ursprünglich aus New York stammend, lebt sie derzeit mit ihrem Mann und drei Kindern in England.



    Zum Inhalt
    June Elbus verbringt gerne Zeit mit ihrem Onkel Finn, einem berühmten Maler. An den Wochenende sind sie und ihre ältere Schwester Greta häufig dort, weil Finn ein Porträt von ihnen malt, das noch vor seinem Tod fertig werden soll.


    Onkel Finn scheint die einzige Person zu sein, die June wirklich versteht und sich in das komplizierte Gefühlsleben der 14-Jährigen hineinversetzen kann. Mit Gleichaltrigen hat sie außerhalb der Schule kaum noch Kontakt, die früher fast unzertrennlichen Geschwister haben sich in der letzten Zeit weit voneinander entfernt. Umso wichtiger ist June der enge Kontakt zu Finn, der ihr Patenonkel und bester Freund zugleich ist, jedoch an Aids stirbt.
    Eine Krankheit, die in den 1980ern noch ganz anders wahrgenommen wurde als heute und so ist es nicht verwunderlich, dass Junes Mutter weder über die Krankheit noch den Tod ihres jüngeren Bruders sprechen möchte.


    Durch Finns Tod lernt June eine andere Person kennen, die Finn sehr nahe stand und die ihr endlich die Möglichkeit gibt, über ihn zu sprechen, ihre Trauer nicht mehr verstecken zu müssen. Gemeinsam versuchen die beiden, ein Leben ohne Finn zu leben, in dem er jedoch ständig gegenwärtig ist.


    Meine Meinung
    "Tell the Wolves I'm Home" (Erzähl den Wölfen, dass ich zu Hause bin) ist eine ruhige und einfühlsame Erzählung über das Erwachsenwerden, die Veränderungen in einer Familie, wenn die Kinder erwachsen werden und über den Umgang mit dem Tod geliebter Menschen an einer Krankheit, die zum Aussätzigen machte.


    June ist gerade 14 als sie zufällig hört, dass ihr Onkel Finn an Aids erkrankt ist. Ausgerechnet ihr heißgeliebter Onkel Finn, ihr einziger Vertrauter, bei dem sie sich nicht verstellen muss und der sie scheinbar auch ohne Worte versteht. Das Verhältnis zu ihren Eltern ist schon vor Finns Krankheit angespannt, sowohl aufgrund ihrer eher durchschnittlichen schulischen Leistungen als auch wegen des Drucks ihrer Mutter, sich mehr mit Gleichaltrigen zu treffen. Unter ihren Mitschülern fühlt June sich schon länger nicht mehr wohl, zu anders sind ihre Interessen und auch ihre ältere Schwester Greta ist ihr fremd geworden. Nach der Schule streift sie gerne allein durch den Wald und stellt sich vor, im Mittelalter zu leben, Falknerin zu sein.


    Carol Rifka Brunt gelingt es in ihrem ersten Roman sehr behutsam das Seelenleben der jungen und unsicheren Außenseiterin June zu zeichnen, die sich kaum etwas sehnlicher wünscht, als einfach so akzeptiert zu werden, wie sie ist. Früher waren June und Greta unzertrennlich, heute sind sie kratzbürstig zueinander und könnten unterschiedlicher kaum sein. Greta ist auf dem Weg an den Broadway, selbstsicher, gewandt, talentiert und seht beliebt. Als Leser bzw. Zuhörer wünscht man ihnen die alte Nähe zurück, nicht zuletzt auch weil es in ihrer Familie kaum echte Nähe zwischen Eltern und Kindern gibt. Insbesondere die Mutter Danni scheint schon vor dem Tod ihres Bruders jedes Gespür für die wahren Interessen und Bedürfnisse ihrer Töchter verloren zu haben, der äußere Schein und der Ruf sind wichtiger.


    Nicht zuletzt dank Amy Rubinates sehr gelungenem Vortrag wurde June sehr schnell lebendig, ihre Gedanken und Gefühle fast greifbar. Ihre Stimme passt perfekt zu der spröden und so zerbrechlichen June, fängt deren Stimmungsschwankungen perfekt ein.


    Der Umgang mit Aids in den 1980ern ist bedrückend realistisch gezeichnet und auch Auswirkungen der Sprachlosigkeit innerhalb von Junes Famlie auf die einzelnen Personen. Umso mehr freut man sich mit June als eine neue Person in ihrem Leben auftaucht, die ihr neue Perspektiven aufzeigt, die ihr wiederum helfen mit der durch Finns Tod entstandenen Leere umzugehen und sie mit neuem Leben zu füllen. Eine Freundschaft, in der Finns Leben und Krankheit kein Tabuthema sind, das weitgehend von June geheim gehalten werden soll.


    Besonders beeindruckend ist die durchweg realistische Entwicklung von June, Greta und ihren Eltern im Lauf der Geschichte, sowie der neuen Figur. Alle haben nachvollziehbare Motive, ihr Zusammenspiel ist vor allem vor dem Hintergrund jener Zeit durchaus glaubwürdig.


    Fazit
    Eines der seltenen Bücher, das ich mehrfach unterbrach, um länger etwas davon zu haben. Carol Rifka Brunt zeichnet mit June eine sehr realistische jugendliche Außenseiterin, die mit dem Verlust ihres geliebten Onkel Finn umgehen muss und ihren Platz in der Welt sucht, zu der Amy Rubinates Vortrag perfekt passt. Ein trauriges und gleichzeitig Hoffnung gebendes Buch, das auch sprachlich sehr gelungen ist.
    Es ist mir ein Rätsel, weshalb dieses Buch zwar in zahlreiche andere Sprachen übersetzt wurde, jedoch keine deutsche Übersetzung zu finden ist.


    Edit: Kaufe ein E und ergänze einen Satz.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von ottifanta ()

  • Zitat

    Original von ottifanta
    Eines der seltenen Bücher, das ich mehrfach unterbrach, um länger etwas davon zu haben. Carol Rifka Brunt zeichnet mit June eine sehr realistische jugendliche Außenseiterin, die mit dem Verlust ihres geliebten Onkel Finn umgehen muss und ihren Platz in der Welt sucht, zu der Amy Rubinates Vortrag perfekt passt. Ein trauriges und gleichzeitig Hoffnung gebendes Buch, das auch sprachlich sehr gelungen ist.


    Es ist mir ein Rätsel, weshalb dieses Buch zwar in zahlreiche andere Sprachen übersetzt wurde, jedoch keine deutsche Übersetzung zu finden ist.


    Ich habe die englische Originalausgabe gelesen und wollte hier nur kurz reinplöppen, um diese zwei Sätze zu unterschreiben. Erstens ging es mir auch so, ich habe immer wieder unterbrochen, damit das Lesen länger dauert und zweitens frage ich mich auch, warum dieses Buch von 2012 noch nicht auf Deutsch erschienen ist :gruebel


    Eine sehr schön erzählte Geschichte :fingerhoch (und freut mich, dass es auch als Hörbuch gelungen ist).


    .