Mein Herz und andere schwarze Löcher - Jasmine Warga (ab 14. Jahre)

  • Inhalt
    »Ich küsse ihn. Wir küssen uns! Ich versuche, mich nicht zu fragen, ob das nun richtig oder falsch ist. Mein Herz hämmert, und ich hoffe, dass sein Herz genauso wild klopft. Ich weiß, dass die Menschen einander seit tausend Ewigkeiten küssen, aber jetzt, in diesem Augenblick, fühlt es sich an, als wäre das Küssen ein Geheimnis, das nur Roman und ich kennen.«


    Wenn dein Herz sich anfühlt wie ein gähnendes schwarzes Loch, das alles verschlingt, welchen Sinn macht es dann noch, jeden Morgen aufzustehen? Aysel will nicht mehr leben – sie wartet nur noch auf den richtigen Zeitpunkt, sich für immer zu verabschieden. Als sie im Internet Roman kennenlernt, scheint er der perfekte Komplize für ihr Vorhaben zu sein. Und während die beiden ihren gemeinsamen Tod planen, spürt Aysel, wie sehr sich auf die Treffen mit Roman freut, wie hell und leicht ihr Herz sein kann. Und plötzlich ist der Gedanke, das alles könnte ein Ende haben, vollkommen unerträglich ... Aysel beginnt zu kämpfen. Um ihr Leben. Um sein Leben. Und um ihre gemeinsame Liebe.


    Eine Geschichte über zwei, die den Tod suchen – und die Liebe ihres Lebens finden


    Meine Meinung:
    „Mein Herz und andere schwarze Löcher“ von Jasmine Warga ist definitiv keine leichte Kost. Die Thematik des Buches ist stellenweise wirklich sehr erdrückend, melancholisch und - zumindest für mich - auch nicht immer wirklich greifbar. Die Geschichte ist berührend, erschreckend und hoffnungsvoll.


    „Mein Herz und andere schwarze Löcher“ ist ein Buch, welches noch lange nach dem Lesen nachhallt. Es hat mich auf eine sehr interessante Art und Weise bewegt und zum Nachdenken angeregt. Denn für mich sind die Gedankengänge von Aysel und Roman zwar in dem Sinne schon nachvollziehbar durch ihre Worte und Handlungen im weiteren Verlauf der Geschichte, aber es ist eine Thematik die ich in meinem Leben und für mich selber niemals in Betracht ziehen würde. Daher ist es stellenweise schwer - ich sage jetzt mal als Außenstehender, der nicht von Depressionen und ähnlichem betroffen ist - nachzuvollziehen, warum die Beiden so denken, wie sie denken und warum sie nur das Dunkle sehen und nicht das Licht, welches um sie herum erstrahlt.


    Jasmine Warga hat es dennoch geschafft ihrer düsteren und dunklen Geschichte, Leichtigkeit und Leben einzuhauchen. Auch wenn die Thematik so düster erscheint, so ist ihr Schreibstil locker und sehr flüssig. „Mein Herz und andere schwarze Löcher“ kann man kaum aus der Hand legen. Die Geschichte von Aysel und Roman lässt sich nur schwer in Worte fassen. Denn sie macht traurig, glücklich, hoffnungsvoll und nachdenklich und dies alles zur gleichen Zeit. Auch wenn Manches für mich nicht nachvollziehbar war, so war es doch stets immer authentisch, echt. So schwer und traurig es stellenweise auch war.


    Das Ende ist in meinen Augen der Geschichte angemessen. Und ich bin ganz ehrlich, ich bin wirklich sehr froh, dass Frau Warga es hat so enden lassen. Für mich wäre ein anderer Schluss nicht nur sehr schwer zu verdauen gewesen, sondern hätte dem ganzen Buch das Besondere, was ich in „Mein Herz und andere schwarze Löcher“ gesehen habe, genommen.


    Fazit
    „Mein Herz und andere schwarze Löcher“ von Jasmine Warga ist definitiv keine leichte Kost. Es ist melancholisch, düster und stellenweise fast erdrückend. Dabei jedoch stets authentisch, echt und doch voller Hoffnung. Ein Buch der besonderen Art.


    8/10

    Und manchmal ist ein Buch die Welt für mich!


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  • Bücher, in denen die Protagonisten einen Selbstmord planen, scheinen gerade in Mode zu kommen. Eigentlich nicht so mein Genre und vor kurzem habe ich eins abgebrochen, deren Hauptfigur mich einfach nur nervte.


    Auch dieser Roman hat mich nicht gleich in seinen Bann gezogen. Aysel in ihre Depression zu folgen ist weder vergnüglich noch spannend, sondern kostete mich ein bisschen Überwindung.


    Aysel ist türkischer Abstammung, 16 Jahre alt, liebt klassische Musik, ist ein As in Physik und will nur eines – ihr Leben beenden. In ihrem Bauch fühlt sie eine „schwarze Qualle“, die alle glücklichen Momente und Gefühle in ihrem Leben auffrisst. Aysels Vater muss etwas Schreckliches getan haben und sitzt im Gefängnis. Seitdem fühlt sie sich stigmatisiert und ist fest überzeugt, dass alle sie als potentielles Monster betrachten. Sie hat entsetzliche Angst, die Veranlagung eine solche Tat zu begehen, könnte erblich sein.


    Gibt es tatsächlich Internet-Plattformen wie „Smooth Passages“? Aysel sucht auf einer solchen Seite nach einem Selbstmord-Partner und findet „Frozen Robot“. Er heißt Roman, ist siebzehn Jahre und seine Schuldgefühle wegen einer familiären Tragödie nehmen ihm jede Kraft zum Leben. Doch als die beiden sich treffen, geschieht etwas mit ihnen. Sie lassen einen anderen Menschen in ihr Leben, öffnen ein winziges bisschen die Abwehrmechanismen, hinter denen sie sich verschanzt haben.


    Je länger ich gelesen habe, desto mehr sind mir Aysel und Roman ans Herz gewachsen. Mit solchen Ängsten und Schuldgefühlen sollte niemand leben müssen. Therapeuten werden nur am Rande erwähnt, sowohl Aysel als auch Roman haben wohl niemanden an sich herangelassen.


    Jasmine Warga erzählt diese Geschichte geradlinig und schlicht, im positiven Wortsinn. Als Leser ist man von Anfang bis Ende nah bei Aysel. Spürt ihre Bedrückung in der dunklen Phase ohne Hoffnung und Lebensmut und erlebt hautnah mit wie die Dunkelheit Risse bekommt. Erst ganz kleine, kaum merkliche, durch die das Leben hinein sickert und einen immer größeren Raum einnimmt.


    Es wird kein leichter Weg werden für Aysel und Roman, aber es ist schon so viel wert, dass es ihn überhaupt gibt.


    Eine berührende Geschichte, die zu denken gibt, niemals kitschig und ohne Pathos erzählt. 9 Punkte

  • Aufgrund der Rezis habe ich das Buch nun auch gelesen und bin sehr angetan davon.


    Auf Aysel lastet etwas, mit dem sie nicht klarkommt. Die Sorgen leben in ihr wie eine schwarze Qualle, die immer wieder und immer öfter Oberhand gewinnt und Aysels ganze Energie und Lebensfreude raubt. Daher beschließt sie, zu gehen. Doch ihr fehlt der Mut, sich alleine das Leben zu nehmen und so sucht sie im Internet nach einem Begleiter für diesen Schritt. Sie lernt Roman kennen, der nach einer Familientragödie ebenfalls keine Freude mehr am Leben hat.


    Die beiden lernen sich besser kennen, während sie ihren Abschied planen. Doch während Roman sich ganz auf DEN Termin konzentriert, spürt Aysel völlig neue Gefühle in sich. Wird sie es schaffen, Roman auf "ihre Seite" zu ziehen und ihm neuen Lebensmut zu geben?


    Die Geschichte von Aysel und Roman hat mir ausnehmend gut gefallen. Trotz des schwierigen Themas läßt sich das Buch sehr schnell wegschmökern. Man liest die Geschichte der beiden und versteht die Beweggründe für ihr Tun. Irgendwie. Andererseits aber auch nicht, denn es gibt Lösungen für alles. Man möchte ihnen helfen, ihre Schwermut zu besiegen und ihnen zu zeigen, daß ihre Probleme zwar schwerwiegend, aber nicht ausweglos sind. Doch die beiden, die die ihnen bisher angebotenen Hilfen ausschlugen, müssen selbst wieder Mut zum Leben finden.


    Das Buch ist auf eine Weise melancholisch und grau, doch immer wieder fühlt man, daß die Geschichte der beiden noch nicht zu Ende sein kann... noch nicht zu Ende sein darf. Depressionen und Selbstmordgedanken sind ja leider Themen, mit denen viele Jugendliche zu kämpfen haben. Probleme scheinen unlösbar und der Ausstieg scheint eine einfachere Lösung zu sein, als sich den Problemen zu stellen und sich ins Leben zurück zu kämpfen. Doch das Buch vermittelt auch, daß man seine Lebensfreude wieder zurück gewinnen kann und daß das Leben einfach lebenswert ist.


    Mir hat dieses Buch trotz vieler schwermütiger Momente sehr gut gefallen. Auch das Ende fand ich sehr stimmig und passend. Die anderen Alternativen wären für mich allesamt unglaubwürdig gewesen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Die Geschichte, die erzählt wird, ist genauso traurig wie schön: Aysel ist erst sechzehn, aber möchte nicht mehr leben. Ihr Vater ist ein verurteilter Mörder, alle sehen sie immer so komisch an und Aysel hat Angst, dass etwas von ihrem Vater auch in ihr steckt. Aus diesem Grund treibt sie sich während der Arbeitszeit oft in Selbstmordforen rum, sucht dort nach einem Selbstmordpartner – und wird fündig: Roman ist siebzehn Jahre alt und hat, wie er findet, auch einen triftigen Grund sich umzubringen.
    Die beiden verbringen immer mehr Zeit miteinander und Aysel fängt langsam an, mehr für Roman zu empfinden: Gefühle, die nicht ein Mal die schwarze Qualle in ihrem Bauch (so nennt Aysel die Depression) auffressen kann. Wäre da nur nicht die Forderung von Roman: Aysel soll bei dem gemeinsamen Selbstmord nur nicht kneifen…


    Die Geschichte liest sich, so ernst und traurig sie stellenweise auch ist, total leicht und schnell. Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen – und damit meine ich komplett in einem Rutsch!
    Meiner Meinung nach trifft die Autorin durch ihren Erzählstil genau auf den Punkt. Ich finde das Bild der schwarzen Qualle, die sofort alle positiven Gefühle aufsaugt und nur ein schwarzes Loch hinterlässt, sehr ausdrucksvoll für die tiefe Traurigkeit, die manche Menschen empfinden. Die Geschichte wird von Aysel selbst erzählt und auch hier hat die Autorin das richtige Mittelmaß gefunden: Weder ist der Erzählstil unglaubwürdig erwachsen noch ist er aufgesetzt jugendlich. Ich habe Aysel durchgehend abgenommen, was sie mir erzählt hat.


    Besonders lesenswert ist auch das einfühlsame und bewegende Nachwort der Autorin.


    “Mein Herz und andere schwarze Löcher” ist eines dieser Bücher, die etwas wirklich besonderes sind. Es greift die Themen “Depression” und “Selbstmordgedanken” sensibel auf und setzt sie gekonnt um. Auch die Kombination mit der sich langsam entwickelnden Liebesgeschichte wirkt absolut überzeugend. Ich würde mich sehr freuen, das Buch im nächsten Jahr auf der Nominierungsliste für den Deutschen Jugendliteraturpreis wiederzufinden. 10 von 10 Sternen!

  • Aysel ist ein 16jähriges amerikanisches Mädchen mit türkischen Wurzeln. Sie will nicht mehr leben, weil ihr Vater vor einigen Jahren einen Jungen erschlagen hat und deswegen im Gefängnis sitzt. Sie lebt jetzt bei ihrer Mutter und deren neuer Familie, sprich Stiefvater und zwei Halbgeschwister. Seit der Tat ihres Vaters fühlt sie sich total allein. Von ihren Mitschülern wird sie ausgegrenzt; hinter ihrem Rücken wird getuschelt. In einem Internet-Selbstmord-Forum lernt sie Roman kennen. Auch er leidet unter einem schweren Schicksalsschlag: er fühlt sich verantwortlich für den Tod seiner kleinen Schwester. Beide beschließen, zusammen zu sterben; am Todestag von Romans Schwester. Doch dann passiert etwas, womit sie beide nicht gerechnet haben: sie verlieben sich ineinander. Und Aysel ist sich gar nicht mehr so sicher, dass sie wirklich sterben will...



    Das Buch hat mir wirklich außerordentlich gut gefallen. Es ist nicht eine dieser üblichen Teenie-Liebesgeschichten, sondern wesentlich vielschichtiger. Es ist in der Ich-Form aus Aysels Sicht geschrieben, so dass der Leser sich sehr gut mit ihr identifizieren und tief in ihr Seelenleben eintauchen kann. Man kann sehr gut nachvollziehen, woher diese tiefe Traurigkeit in ihr kommt. Sie selbst vergleicht ihre Depression mit einer schwarzen Qualle, die in ihr wohnt und sämtliche Glücksgefühle und alle guten Gedanken auffrisst. Außerdem befürchtet sie, dass auch in ihr das Böse lebt, vererbt von ihrem Vater.


    Zwischen ihr und ihrem Vater herrschte einst eine tiefe Verbundenheit. Sie lebte nach der Scheidung ihrer Eltern hauptsächlich bei ihm. Er lehrte sie u.a., die klassische Musik zu lieben. Umso mehr fühlt sie sich von ihm im Stich gelassen. Bei ihrer „neuen“ Familie fühlt sie sich total allein und baut unbewusst eine hohe Mauer um sich herum auf. Dabei nimmt sie die Liebe ihrer Schwester und ihrer Mutter anfangs gar nicht wahr, sondern empfindet eigentlich das genaue Gegenteil, nämlich, dass sie allen gleichgültig wäre.


    Auch Roman ist sehr tiefgründig beschrieben. Er kann sich nicht verzeihen, dass seine kleine Schwester in der Badewanne ertrunken ist, während er mit seiner damaligen Freundin in seinem Zimmer herumgeknutscht hat. Und er findet es absolut logisch, sich an ihrem Todestag umzubringen. Im Internet-Selbstmord-Forum benutzt er den Nickname „FrozenRobot“, was tief auf sein Gefühlsleben schließen lässt. Seine Gefühle sind wie eingefroren, und er lebt sein Leben mechanisch wie ein Roboter. Seine Mutter sorgt sich sehr um ihn und liebt ihn über alle Maßen. Doch er meint, diese Liebe nicht zu verdienen und ist tatsächlich der Auffassung, dass sein Selbstmord auch das Beste für sie wäre. Er begreift gar nicht, was er ihr damit antun würde.


    Doch dann beginnt diese bittersüsse Liebesgeschichte zwischen Aysel und Roman...


    Es gibt kein richtiges Happy End in diesem Buch. Das hätte aber auch nicht wirklich zu dieser Geschichte gepasst. Die Katastrophe ist zwar erst einmal abgewendet, aber die Gefahr, in der insbesondere Roman noch schwebt, ist weiterhin latent vorhanden.


    Dieses Buch ist ein absolutes Plädoyer für das Leben. Das zeigt auch das Nachwort der Autorin, die selbst einen guten Freund verloren hat. Und dazu passt auch das Buchcover sehr gut mit seinen fröhlichen Farbtupfern.


    Einen kleinen Kritikpunkt habe ich allerdings noch: man erfährt m.E. zu wenig über die Tat des Vaters und dessen Beweggründe. Mich hätte das schon sehr interessiert; allein, um Aysel noch besser verstehen zu können. Und Aysel schafft es leider auch nicht, ihren Vater zu besuchen, bevor die Geschichte endet. Ein Wiedersehen zwischen den beiden hätte ich auch sehr spannend gefunden. Aber das Hauptaugenmerk in diesem Buch liegt halt auf Aysel; insofern kann ich verstehen, dass die Figur des Vaters etwas im Hintergrund bleibt.


    Aber das hindert mich nicht daran, eine absolute Leseempfehlung für dieses Buch abzugeben. Es ist traurig, aber dann auch wieder hoffnungsvoll und fast heiter. Wirklich eine tolle Geschichte!