Oliver Pötzsch - Die Henkerstochter und das Spiel des Todes

  • Taschenbuch: 656 Seiten
    Verlag: Ullstein Taschenbuch
    erschienen am 15. Januar 2016


    zum Autor:
    Oliver Pötzsch, Jahrgang 1970, arbeitet seit Jahren als Filmautor für den Bayerischen Rundfunk, vor allem für die Kultsendung "quer". Er ist selbst ein Nachfahre der Kuisls, die 300 Jahre lang die berühmteste Henker-Dynastie Bayerns waren.


    zum Inhalt:
    Es ist Mai 1670 und die Oberammergauer bereiten ihre seit 36 Jahren stattfindenden Passionsspiele vor. Die Rollen sind unter den Bewohnern verteilt und die Proben fallen schon zufriedenstellend aus. Auch Simon, der Bader aus Schongau ist unterwegs nach Oberammergau. Er bringt seinen Sohn Peter zu seinem ehemaligen Professor und Freund aus Ingolstadt, der sich nun der Bildung des Jungen annimmt. Auf dem Weg dorthin bemerken die beiden, dass zwischen den Bäumen jemand aus dem Dorf flüchtet. Erst als sie ankommen und erfahren, dass der Schauspieler mit der Hauptrolle gekreuzigt wurde, kommt ihnen das Verhalten verdächtig vor. Als Simon kurz darauf ein lukratives Angebot vom Bürgermeister erhält, sowohl zeitweise die Aufgaben des verstorbenen Baders zu übernehmen als auch Ermittlungen zum Todesfall anzustellen, sagt er ohne zu zögern zu.


    Währenddessen hat es auch Jakob Kuisl in seiner Heimat nicht leicht. Der Gerichtsschreiber zwingt ihn, mit ihm nach Oberammergau zu gehen, um den Mord zu klären. Während die Herren der Henkersfamilie nun also fern des heimischen Herds sind, wähnt sich Barbara ungestört und liest in den Büchern ihres Vorfahrens über die Hexenprozesse. Als sie einen Verehrer verärgert und der sie beim Büttel anzeigt, werden diese sogenannten Hexenbücher im Haus der Kuisls gefunden. Barbara wird nun also in den Kerker gebracht und der Hexerei angeklagt. Die Folter soll Henker Hans vornehmen, der noch eine Rechnung mit Kuisl offen hat. Es wird also höchste Zeit, dass Magdalena ihren Vater und ihren Ehemann wieder nach Hause holt.


    meine Meinung:
    Oliver Pötzsch schafft es auch mit seinem sechsten Band aus der Serie um die Henkersfamilie aus Schongau, einen spannenden fiktiven Kriminalfall in eine authentische Umgebung der Vergangenheit zu platzieren. Wie schon in seinen Vorgängern, folgt der Spannungsaufbau dem bekannten Muster. Die Kuisls geraten den Bösewichten des 17. Jahrhunderts unfreiwillig zu nahe und müssen ihr Wissen und ihre Erfahrung bald gegen den Lauf der Zeit einsetzen, um nicht selber Schaden zu nehmen. Während sie fieberhaft nach einem Mörder suchen, lässt der Autor seine Leser immer mal wieder einer falschen Fährte folgen. Er steigert die Anzahl der Verdächtigen und lässt so unzählige Vermutungen zu, die vom wahren Übeltäter ablenken. Die aufgenommenen Handlungsstränge sind oft nicht auf den ersten Blick schlüssig, sondern fügen sich erst am Ende zu einem Gesamtbild.


    Hier wird mit Tinkturen gemixt, Aberglaube verbreitet oder eben auch die glühende Zange angesetzt. Das Leben und Wirken einer Dorfgemeinschaft und der Umgang mit einer unehrlichen Familie wird bildhaft dargestellt. Die mächtige Statur des Henkers ist zwar furchteinflößend, aber hat eben auch Empfindungen. Er nimmt nicht nur Verurteilten das Leben, sondern ist auch Familienvater, Großvater und Witwer. Alles zusammen rundet den Charakter ab und schafft Empathie. Ebenso passt die Sprache zur Epoche und zu den Figuren. Der Henker flucht und grollt, seine Tochter schimpft und zeigt ihre Besorgnis um ihre Familie und sein Schwiegersohn kann manchmal nicht aus seiner Haut, drückt sich aber immer gewählt aus.


    Eine hervorzuhebende Stärke des Romans ist die umfassende Recherche der Historie, die oft nur mit einer Kleinigkeit beginnt, wie hier der Wille der Oberammergauer, ihre Festspiele vorzuziehen. Auch die Gegend rund um den grummelnden Kofel wird exakt geschildert und lädt sogar zu eigenen Wanderungen ein. Im Anhang sind wie immer Tipps abgedruckt, wie Leser auf den Spuren des Henkers wandeln können. Hier erfährt man auch, was auf Tatsachen beruht und was der dichterischen Phantasie entsprungen ist. Von daher sollten Leser den Ratschlag beherzigen und das Nachwort wirklich erst zum Schluss lesen. Der Aufenthalt des Henkers in Oberammergau ist wieder einmal ein Lesetipp, der sicher auch ohne Kenntnis der anderen Bücher Spaß macht. Um die Entwicklung der Figuren, ist das Einhalten der Chronologie natürlich ratsamer. Es kommt einem dann so vor, als sei man zu Besuch bei alten Freunden.

  • Warum auch dieses Buch so lange auf dem SUB gelegen hat weiß ich nicht. Für mich ist es das bisher spannendste und beste Buch aus dieser Reihe. Die Figuren der Familien Kuisl und Fronwieser kennt der Leser ja bereits und dieses Mal geht es also nach Oberammergau. Spannend beschreibt der Autor den fiktiven Kriminalfall und die Auflösung.


    Von mir auf jeden Fall eine Leseempfehlung!



    Jetzt bleibt mir nur noch der letzte Teil und ich bin neugierig, wie dieser enden wird, weil damit anscheinend die Reihe beendet ist.