Titel: Was will die AFD? Eine Partei verändert Deutschland
Autor: Justus Bender
Verlag: Pantheon
Erschienen: März 2017
Seitenzahl: 205
ISBN-10: 3570553531
ISBN-13: 978-3570553534
Preis: 14.99 EUR
Justus Bender, geboren 1981, hat Philosophie in Frankfurt am Main studiert. Er war Autor der Wochenzeitung DIE ZEIT und Redakteur von ZEIT CAMPUS. Im Jahr 2010 arbeitete er mehrere Monate als Fellow des Arthur F. Burns-Programms für den Boston Globe in den USA. Bender schrieb für das ZEITmagazin, das Ressort CHANCEN der ZEIT, ZEIT CAMPUS und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Seit 2012 arbeitet er als Redakteur im Ressort Politik der FAZ.
Justus Bender hat ohne Frage ein hochinteressantes Buch geschrieben. Er gilt als einer der profundesten Kenner der AFD und beschreibt diese Partei kenntnisreich und fair.
Hervorzuheben ist seine Sachlichkeit. Da wird nicht einfach drauflosgeprügel, nein, ganz im Gegenteil. Sein Kritik, die durchaus auch hart ist, unterlegt er mit Argumenten und äußerst sie darüber hinaus angenehm sachlich.
Er ist nicht einer dieser selbstgerechten „AFD-Hasser“ („Wenn du AFD wählst, dann bist du nicht mehr mein Freund!“) - sondern er ist vielmehr jemand, der sich intensiv mit dieser Partei auseinandergesetzt hat und der sie wahrscheinlich besser kennt als die Lautsprecher mit ihren zum Teil doch sinnleeren Parolen.
So schreibt Bender beispielsweise:
„........sondern ich glaube wirklich nicht, dass es sich um Anti-Demokraten handelt. Mehr noch, sie sind vielleicht radikal-demokratischer als manch andere Bürger. Sie sind Hyperdemokraten.“
Bender beschreibt sie auch als irrationale Bauchmenschen. Und im Laufe des Buches kommt er zu dem Ergebnis, dass die AFD genaugenommen eine Ansammlung von irre vielen Meinungen und unterschiedlichen Menschen ist. Menschen, die aus den verschiedensten Gründen den Weg in diese Partei gefunden haben. Ein Sammelsurium der Irrationalität.
Warum wird diese Partei aber gewählt?
Katherine Cramer hat das in ihrem Buch „The Politics of Resentment: Rural Consciousness in Wisconsin and the Rise of Scott Walker“ sehr gut beschrieben; und was sie dort schreibt, dürfte auch auf die Motivation der AFD-Wähler zu treffen.
Ich hatte über dieses Buch meine Leseeindrücke geschildert, die aber kaum Resonanz gefunden haben.
Katherine J. Cramer - The Politics of Resentment
Eine kleine Schwäche hat das Buch von Bender. Und zwar als er sich mit der Frage beschäftigt, was wäre wenn die AFD an der Macht wäre – da geht ihm bei diesem Szenario ein wenig die Phantasie durch. Aber das sei ihm verziehen. Denn ansonsten gibt es an diesem Buch kaum etwas auszusetzen.
Justus Bender sieht die AFD auch als rechtspopulistische Partei – unterscheidet bei dieser Klassifizierung aber ganz klar zwischen den Begriffen „rechtspopulistisch“, „rechtsradikal“ und „rechtsextrem“. Dieser Passus vielleicht auch für die interessiert, die immer alles in einen Topf werfen und sich dann selbstgerecht abwenden; haben sie ihr Urteil doch gesprochen – sie, die nicht bereit sind sich mit AFD politisch auseinanderzusetzen, weil sie viel lieber ihren Vorurteilen leben, als sich wirklich einmal mit der gesamten Problematik zu befassen.
Justus Bender zeichnet ein sachliches Porträt dieser Partei, kennt er doch sie und viele ihrer Akteure aus nächster Nähe. Und er tritt den Beweis an, dass man auch sachlich Kritik üben kann ohne polemische Entgleisungen. Und er übt Kritik, teilweise sehr hart, aber immer sachlich und argumentativ untermauert.
Ein sehr lesenswertes Buch – nicht aber für den, der lediglich eine Bestätigung seiner Vorurteile sucht. 8 Eulenpunkte.