Andreas Izquierdo - Fräulein Hedy träumt vom Fliegen

  • Andreas Izquierdo, geboren 1968, ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Er veröffentlichte u. a. den Roman >König von Albanien< (2007), der mit dem Sir- Walter-Scott-Preis für den besten historischen Roman des Jahres ausgezeichnet wurde, sowie den Roman >Apocalypsia< (2010), der den Lovelybooks-Leserpreis in Silber für das beste Buch 2010 erhielt und zum Buch des Jahres bei Vorab-lesen.de gewählt wurde. Im DuMont Buchverlag erschien von ihm >Das Glücksbüro< (2013).

    http://www.izquierdo.de


    Broschiert: 524 Seiten

    Verlag: Insel Verlag; Auflage: Originalausgabe (15. Januar 2018)

    Sprache: Deutsch

    ISBN-10: 3458363092

    ISBN-13: 978-3458363095


    Wer nicht vom Fliegen träumt, dem wachsen keine Flügel!

    "Wenn man mit Flügeln geboren wird, sollte man alles dazu tun, sie zum Fliegen zu benutzen." (Florence Nightingale)

    Eine Annonce bringt große Unruhe in das kleine Städtchen im Münsterland. Hedy von Pyritz, 88 Jahre, Vorsitzende des Stiftungsrats, diszipliniert, eitel, trockener Humor und bei allerbestem bestem Verstand hat diese in die örtliche Tageszeitung gesetzt. Worum geht es: "Dame in den besten Jahren sucht Kavalier, der sie zum Nacktbadestrand fährt. Entgeltung garantiert." Diese Annonce bewegt die Gemüter so sehr, das sogar ihre Tochter Hannah an Hedys Verstand zweifelt und ihr den Vorsitz ihrer Stiftung entziehen möchte. Selbst Haushälterin Maria ist sich nicht sicher was in Fräulein Hedy gefahren ist. Aber Fräulein Hedy lässt sich nicht einschüchtern, unbeirrt verfolgt sie, wer auf ihre Annonce antwortet. Leider sind alle Antworten, die sie erhält niederschmetternd und nicht zu gebrauchen, darum beordert sie ihren schüchternen Physiotherapeuten Jan, sie zum Nachtbadestrand zu fahren. Dass Jan jedoch keinen Führerschein hat und dazu eine noch nie behandelte Lese-Rechtschreibschwäche, stört Hedy wenig. Fräulein Hedy ist sich sicher, das Jan und sie dies mit vereinter Hilfe alles hinbekommen werden. Von da an ist Jan ein Stipendiat der Von-Pyritz-Stiftung, lernt lesen und schreiben mit Hedy und erfährt nebenbei Hedys Lebensgeschichte, die auch seine Zukunft verändern wird.




    Meine Meinung:
    Als ich die Leseprobe dieses Buches las, war ich sofort hellauf begeistert von Fräulein Hedy, ihre Art, der Humor des Buches, dazu noch das nostalgische Cover alles sprach mich an. Das sich aber hinter diesem Buch eine wahre Achterbahn der Gefühle anbahnte, hatte ich nicht vermutet. Dieser exzentrische, eigenwillige, humorvolle, aber auch emotionale Plot hat mich nicht nur schmunzeln lassen, sondern auch tief bewegt. Die Lebensgeschichte der Vor- und Nachkriegszeit die Hedy und ihre Familie erleben mussten, hat mit teils regelrecht zu Tränen gerührt. Der Schreibstil ist sehr gut, flüssig, erfrischend leicht zu lesen, sodass ich nur so durch die Kapitel flog. Apropos Fliegen, das ist das große Thema dieser Geschichte, den insgeheim geht alles um das fliegen. Das jedoch auch in der Gegenwart viele Probleme auf Hedy und Jan lauern macht den weiteren Verlauf umso spannender. In die Vergangenheit hat der Autor sehr viele Informationen hineinfließen lassen, die mich als Leser überaus begeistert, aber auch überrascht haben. Sehr wahrscheinlich haben dafür ein paar reale Lebensgeschichten mit dazu beigetragen, wie das Nachwort zeigt. Was so leicht und humorvoll beginnt, entwickelt sich im Laufes des Buches zu einem immer stärker werdenden emotionalen Drama hin. Die Charaktere des Buches, die der Autor in die Geschichte miteinfliessen lässt, sind allesamt sehr gut ausgearbeitet. So ist es auch nicht verwunderlich das ich mein Herz schnell in Fräulein Hedy, Maria und Jan verlor und mit ihnen hoffte und bangte. Für mich ist dieses Buch jetzt schon in allen Belangen eine Bestseller 2018 und bekommt von mir 10 Eulen.

    :respekt

    "Lebe jeden Tag so, als ob du dein ganzes Leben lang nur für diesen einen Tag gelebt hättest."

  • Buchmeinung zu Andreas Izquierdo – Fräulein Hedy träumt vom Fliegen


    „Fräulein Hedy träumt vom Fliegen“ ist ein Roman von Andreas Izquierdo, der 2018 als Originalausgabe im Insel Verlag erschienen ist.


    Zum Autor:

    Andreas Izquierdo, geboren 1968, ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Er veröffentlichte u. a. den Roman „König von Albanien“ (2007), der mit dem Sir- Walter-Scott-Preis für den besten historischen Roman des Jahres ausgezeichnet wurde.


    Klappentext:

    »Dame in den besten Jahren sucht Kavalier, der sie zum Nacktbadestrand fährt. Entgeltung garantiert.« – Eine Annonce in der örtlichen Tageszeitung bringt alles ins Rollen: Hedy von Pyritz, 88 Jahre, diszipliniert, scharfzüngig, eitel. Hellwacher Verstand, trockener Humor, zuweilen übergriffig. Eine alte Dame, die meist im Rollstuhl sitzt, sorgt für einen handfesten Skandal in dem kleinen Städtchen im Münsterland, wo sie herrschaftlich residiert.

    Aber Fräulein Hedy bleibt unbeirrt: Sie wird ihren Willen durchsetzen! Und findet in ihrem schüchternen, sanften Physiotherapeuten Jan einen Mitstreiter. Vielmehr nötigt sie ihn förmlich dazu. Der junge Mann wird sie fahren. Basta!

    Jan hat keinen Führerschein, dafür aber eine nie behandelte Lese-Rechtschreibschwäche, so dass Hedy den Unterricht übernimmt und sich schon bald eine ungewöhnliche Beziehung zwischen den beiden festigt. So vertraut sie ihm nach und nach die Geheimnisse ihrer schillernden Vergangenheit an und verändert damit auf ungeahnte Weise seine Zukunft ...


    Meine Meinung:

    Dieses Buch beginnt humorvoll und widmet sich dann im weiteren Verlauf sehr ernsten Themen. Im Vordergrund steht die Entwicklung der Beziehung zwischen der rüstigen Hedy und ihrem Physiotherapeuten Jan, der schon ihr Enkel sein könnte. Hedy dominiert ihre Umgebung nach allen Regeln der Kunst, während Jan sehr zurückhaltend agiert. Er ist Legastheniker und versucht das vor seiner Umwelt zu verbergen. Hedy mag ihn und will, dass er seine Schwächen ausmerzt und in ein „normales“ Leben findet. Aber auch Hedy hat Schwachstellen, die sie nicht preisgeben möchte. Trotz vieler Schwierigkeiten und Rückschläge bauen beide ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis auf. Auf diesem Weg offenbaren beide das ein oder andere Geheimnis, denn Jan soll ein Buch über Hedys Leben schreiben.

    Das Buch schildert Episoden aus der deutschen Geschichte von den 20-er Jahren bis in die Nachkriegszeit, die sich mit Handlungen aus der Gegenwart abwechseln. Es werden große Themen wie Liebe, Freundschaft, Einsamkeit, Hass, Vergeltung und andere angesprochen. Es sind derer fast ein paar zu viele. Die beiden Hauptfiguren werden sehr vielschichtig gezeichnet und haben auch ihre Schwächen. Auch die Nebenfiguren wirken lebendig und sind vollständig gezeichnet. Der Leser erlebt spannende Geschichten, aber auch traurige Ereignisse aus Hedys Leben, allen voran ihre Begegnung mit der berühmten Fliegerin Elly Beilhorn, die Hedy als Vorbild sah. Bei aller äußeren Stärke ist Hedy aber auch eine verletzliche Frau gewesen. Jan und die Leser erfahren, was Hedy zu dem gemacht hat, was sie ist. Aber in der Gegenwart ist ihre Entwicklung noch in vollem Gange. Jans Geschichte ist vor allem durch Passivität geprägt. Wenn er etwas erzählt, dann handeln Menschen aus seinem Umfeld und nicht er selber. Aber unter dem Einfluß von Hedy wandelt auch er sich. Am Ende können beide sagen, dass sie durch den anderen gerettet worden sind.

    Hedy und Jan sind beide sympathisch, auch wenn sie sehr unterschiedlich sind. Das Buch beschreibt wie sich diese beiden einsamen Menschen einander nähern und wieder lernen, anderen Menschen zu vertrauen. Die einzelnen Episoden sind geschickt gewählt und geben einen guten und stimmigen Eindruck der jeweiligen Zeit. Die Erzählung ist atmosphärisch dicht und der Leser hat oft das Gefühl vor Ort zu sein.


    Fazit:

    Von Beginn an hat mich der Roman gefesselt und mit großem Vergnügen bin ich den teils sehr emotioalen Episoden gefolgt. Die Beschreibung der Entwicklung der Beziehung zwischen Hedy und Jan ist ganz großes Kino. Etwas störend war die Vielzahl der angesprochenen Themen, aber dies ist nur ein kleines Manko. Trotzdem vergebe ich fünf von fünf Sternen (9 von 10 Eulen-Punkten) und spreche eine klare Leseempfehlung aus.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln