Petra van Cronenburg, »Stechapfel und Belladonna«

  • Petra van Cronenburg, Stechapfel und Belladonna. Rezepte einer glücklichen Trennung. TB, ca. 240 S., blt bei Lübbe, Berg.-Gladbach 2005. ISBN 3-404-92181-X; Preis EUR[De] 7,95 / EUR[At] 8,20 / SFr 14,70.


    Über die Autorin:
    Petra van Cronenburg wurde nach dem Studium der Theologie und Judaistik Redakteurin und freie Journalistin. Von 1993 bis 1997 lebte sie in Warscheu, wo sie eine eigene Medienagentur gründete und Beiträge über Frauen und Kultur in deutscher und polnischer Sprache veröffentlichte. Heute lebt die Publizistin und Buchautorin im »Elsass, wo der Zander am liebsten im Riesling schwimmt«, so der Titel ihrer 2004 erschienenen Hommage an ihre Wahlheimat Frankreich. (aus dem Buch)


    Über das Buch:
    »Geschiedene Mädchen kommen in den Himmel, verheiratete haben die Hölle auf Erden.«
    Als Karen nach achtzehn Jahren plötzlich verlassen wird, möchte sie der Geliebten ihres Noch-Ehemannes nur zu gern einen Giftsalat aus Stechapfel und Belladonna servieren. Mit dem Mut der Verzeiflung, aber auch mit einer gehörigen Portion Lebendigkeit packt sie ihr neues Leben an -- und kommt dabei nicht nur auf den Hund. Sie entdeckt vielmehr, dass man das Glück genau da finden kann, wo man es nicht sucht.
    (Rückseitentext)


    Meine Meinung:
    In ihrer Danksagung nennt Petra van Cronenburg ihre Lektorin, »weil sie mehr wagt als Mainstream«, und weil das zutrifft, habe ich diesen hübschen kleinen Roman auch nicht unter Belletristik einsortiert, sondern unter Zeitgenössisches, obwohl das Thema so typisch für ein Frauenbuch erscheint.
    Aber wenn dieser Roman eins nicht ist, dann ein typischer Frauenroman -- im Gegenteil! Am Anfang steht die Niederlage -- die Ehe, in der man sich inzwischen schon fast geschwisterlich eingenistet hat, scheitert an etwas so Banal-Alltäglichen, daß einem die Heldin in ihrer Blindheit nicht einmal mehr leidtut: Der Gatte hat sich ein ebenso hübsches wie kapriziöses junges Ding angelacht.
    Nachdem der Versuch, das sinnlos gewordene Leben als Ehehälfte kurzerhand wegzuschmeißen, auf ganzer Linie scheitert und die Nicht-Singles sich von ihr abwenden, heischt Karen Hilfe von den Schicksalsgenossinnen in ihrem Freundeskreis -- von der esoterisch-feministischen Jana über die bracchiale Hanna bis hin zur feinsinnigen Freizeitkünstlerin Nele.
    Der Eso-Trip beginnt mit einem Gespräch über die Konfrontation mit einem nackten Tisch, steigert sich zu einem merkwürdigen Ratgeberbuch zu einem Wochenendseminar mit einer amerikanischen "Guruine", auf dem Karen durch Visionssuche wieder zu sich selbst finden soll. Als das nicht klappt, versucht Karen es mit einer virtuellen Partnerbörse ...
    Indem die Erzählerin von Erfolgsrezept zu Erfolgsrezept stolpert, wird mit diesem Repertoire aus Esoterik und Internet, Feminismus und Belletristik fröhlich aufgeräumt; zumal sie sich bei all diesen wild entschlossenen Versuchen auch noch mit der ironischen Distanz des Erinnerns über die Schulter schaut!


    Daß die Alltagstragikomödie mit heiteren Aussichten endet, dürfte wenig verwundern. Das Repertoire an skurrilen Figuren, unter denen besonders der korpulente Tom, netter Nachbar und Retter in der (Computer-)Not, herausragt, ist höchst amüsant. Erzählt wird mit schwungvollem Pinselstrich in kräftigen Farben, manchmal einen Tick zu pastos, aber nie platt! Und was das Beste ist: Da alle klebrige Süße fehlt, taugt es bestens auch für Männer.


    Fazit: Ein Wohlfühlbuch mit Niveau - kaufen! Lesen! :grin

  • Iris , du machst mich neugierig. Die RezensentInnen bei Amazon vergeben entweder 1 Punkt oder 5 Punkte - nichts dazwischen. Kannst du dir erklären, warum das Buch so polarisiert?

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Ich nehme an, der Verriß kommt von einer Leserin, die einen "typischen Frauenroman" à la Ildiko von Kürthy erwartet hat -- oder es ist ein Amazon-Troll.


    Leider stammt ein nicht unerheblicher Teil von äußerst negativen Amazon-Leserreaktion zu deutschsprachigen Originalausgaben von Leuten, die unter Ausnutzung der Anonymität oder im Schutz eines Pseudonyms schlicht und einfach nur ihr Mütchen kühlen. Manche schreiben sogar vom selben Account aus mehrere solcher "Rezensionen" mal anonym, mal mit einem Pseudonym, meist mit verschiedenen Ortsangaben oder auch ohne.
    Verlage und Amazon wissen das, man könnte dieses hinterhältigen Treiben allerdings nur dann verhindern, wenn man die im Internet übliche An- bzw. Pseudonymität abschaffen würde, was vermutlich die Zahl der Rezensionen drastisch reduzieren würde.

  • Zitat

    Original von Iris
    Ich nehme an, der Verriß kommt von einer Leserin, die einen "typischen Frauenroman" à la Ildiko von Kürthy erwartet hat --


    Es waren mehrere - was natürlich die "Troll"-Vermutung nicht ausschliesst. Trotzdem.... was ist denn nun so anders als bei Ildiko von Kürthy oder Franziska Stalmann? :gruebel

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • hm, vielleicht bin ich ja ein kleines naivchen, aber ich bin bislang immer davon ausgegangen, dass die amazon rezensionen auch die ehrliche meinung des jeweiligen lesers widerspiegeln.
    was hat derjenige davon, derart sein mütchen zu kühlen? es sei denn, er kennt den/die autor/in persönlich und kann ihn/sie nicht leiden (selbst das ist dermaßen kinderkacke, dass ich mir so etwas nicht in großem stil vorstellen kann)


    ansonsten: das buch ist auf meinem wunschzettel notiert.

  • Zitat

    Original von MaryRead
    Trotzdem.... was ist denn nun so anders als bei Ildiko von Kürthy oder Franziska Stalmann? :gruebel


    Ich finde diesen ganzen "Frauenkram" ziemlich schrecklich -- im Grunde sind meine Versuche mit Chicklit und "frechen Frauen" rundum gescheitert: zu seicht, zu stereotyp, zu mainstreamig, und die Dinger handeln irgendwie von anhaltenden Pubertätsproblemen. Dafür bin ich irgendwie zu ... alt? :grin


    Dieses Buch ist nicht mainstreamig, sondern ... eigensinnig, und die Geschichte handelt von erwachsenen Menschen -- und das ist m.A.n. der Unterschied.

  • Liebe Wolke, darf ich als Gast kurz etwas dazu sagen?


    Hallo, Ihr Büchereulen,


    auch wenn man diese "Kinderkacke" nicht glauben möchte, es ist tatsächlich so, daß es Autoren gibt, die sich einen Spaß draus machen - nein, die sich die Mühe machen, Neuerscheinungen von Kollegen (manchmal ohne sie gelesen zu haben) mit Amazon-Verrissen zu bedenken.


    Scheinbar anonym - aber soooo anonym ist das oft gar nicht; der eine oder die andere kennt sogar diese netten Kollegen namentlich (und man erkennt schon am Stil der Kritik, von wem sie vermutlich stammt). :grin


    Daß es sich nicht um ehrliche Kritiken von Lesern handelt, zeigt eben, daß auf eine positive Kritik sofort mit einem Ein-Stern-Verriß Kontra gegeben wurde.
    Und, mal ehrlich, ich hab mit Frauenromanen nichts am Hut, dieses Buch hab ich trotzdem gelesen und mich manchmal gewälzt vor Lachen über urkomische Situationen und gekonnte Formulierungen.
    Ich meine damit, selbst wem das Buch an sich nicht so gefallen hätte, hätte sicher das eine oder andere daran gut gefunden, also ehrlicherweise 2 oder 3 Sterne vergeben....


    Danke fürs "Gastrecht",
    Gruß
    Jan :wave

  • Zitat

    Original von FrauMustermann
    hm, vielleicht bin ich ja ein kleines naivchen, aber ich bin bislang immer davon ausgegangen, dass die amazon rezensionen auch die ehrliche meinung des jeweiligen lesers widerspiegeln.


    Du würdest staunen, wie viele Autoren sich sogar selbst Lobeshymnen schreiben! :lache


    Vor einigen Jahren hatte Amazon in Kanada mal ein drastisches Serverproblem, wobei die Anonymität der Rezensenten aufflog: Für einige Tage waren bei allen Rezis die Emails der Rezensenten zu sehen.
    Dabei flog so einiges auf ... dem Magazin The New Yorker war es eine saftige Glosse wert, über Autoren zu lästern, die ihre eigenen Werke in den Himmel gelobt und die der Konkurrenten verrissen hatten. Peinlich, daß es sich dabei keineswegs nur um weitgehend unbekannte Autoren handelte, sondern durchaus um Prominenz! :wow

  • ich bin eben einfach zu gut für diese welt, dass ich das in dem stil nicht für möglich gehalten habe :lache


    so ein serverproblem wäre dann ja auch mal etwas für amazon hierzulande, vermutlich täten sich auch da wahre abgründe auf.



    ich selbst habe vor kurzem meinen geschmack am rezensieren entdeckt, habe vor 14 tagen etwa meine erste amazonrezension geschrieben, bis dato 5. eignet sich hervorragend als eine art lesetagebuch, für sich selbst nachzuschmökern, wann man welches buch gelesen und wie befunden hat.

  • Hm. Und noch ein Hm. HmHm, sozusagen. Relativ unerfahren in sogenannter Frauenliteratur hatte mich Iris’ positive Rezension neugierig gemacht. Also Buch gelesen, um zu erfahren, wie eigentlich typische Frauenliteratur ganz und gar untypisch geschrieben wäre – oder so ähnlich.
    Kann natürlich sein, daß ich die falsche Zielgruppe für diese Art Buch bin, kann aber ebenso natürlich sein, daß die Autorin manchmal arg selbstverliebt mit bildgewaltigen Satzkonstruktionen aus dem Intellektuellen-Repertoire schöpfen möchte. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß Menschen – auf das Buch bezogen, Frauen – so ihre Gedanken formulieren, wie es die Protagonistin tut. Auf mich wirkt das die meisten Kapitel hindurch aufgesetzt, keinesfalls authentisch. Nur wenn Karen (die Erzählerin) sich mit Tom (Freund und Nachbar) trifft, blitzt so etwas wie Realität zwischen all den hochgeschraubten Worthülsen hindurch. Und ausgerechnet ein Mann (im Frauenbuch), dieser Tom also, weiß anscheinend als Einziger, wie man sein Leben lebt, ganz ohne Visionen und triefendes Selbstmitleid. Mit der Charakterisierung dieses Mannes trifft die Autorin m. E. nach auch wirklich mal ins Schwarze, während die Erzählerin selbst und ihre immer wieder auf- und abtauchenden Freundinnen anscheinend klischeebeladene Figuren aus dem Frauenroman-Baukasten bleiben. Seit Sex and the City scheint es nur noch stereotype Frauen auf dieser (zeitgenössischen Literatur-)Welt zu geben.


    Das Buch ist in manchen Kapiteln trotz aller Kritik auch tatsächlich ganz amüsant zu lesen. Wenn Karen sich mit der Göttinnen-Naturkraft-Totemtier-Selbsterfahrungsgruppe zum Visionensuchen in den Wald begibt oder sie ihre Versuche mit verkorksten Katalogmännern aus einer Internet-Singlebörse schildert, kann man sich ein Grinsen sicherlich nicht verkneifen. Leider bleiben solche durchaus mit einem Augenzwinkern verfassten Abschnitte die Ausnahme. Über weite Strecken ergeht sich Karen bzw. die Autorin in wortgewaltige, total überfrachtete Gedankenbilder und sinniert damit über verflossene Liebe und das scheinbare Elend einer verlassenen Frau Anfang vierzig. Oft genug habe ich mir da bei der Lektüre gedacht: „Kein Wunder, daß Dich Dein Jean für eine Andere sitzengelassen hat.“


    Ein kleines Happy End mit Silberstreif am dunklen Horizont des ach so garstigen Alleinseins darf natürlich nicht fehlen. Natürlich erst, als sich Karen auch beruflich freigeschwommen hat und falsche Freundinnen verabschiedet wurden.
    Klingt also doch irgendwie nach typisch Frauenroman oder bin ich nur ein typischer männlicher Leser, der fehl am Platze bei eben eines solchen ist? Hm. HmHm, sozusagen.


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Ein kleines Happy End mit Silberstreif am dunklen Horizont des ach so garstigen Alleinseins darf natürlich nicht fehlen. Natürlich erst, als sich Karen auch beruflich freigeschwommen hat und falsche Freundinnen verabschiedet wurden.
    Klingt also doch irgendwie nach typisch Frauenroman oder bin ich nur ein typischer männlicher Leser, der fehl am Platze bei eben eines solchen ist? Hm. HmHm, sozusagen.


    Hmm :grin: Danke für die Warnung.
    Mit solcher Literatur kann man mich jagen und somit werde ich das Buch definitiv
    nicht lesen.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Das Buch war eines meiner Urlaubsbücher... hier meine Meinung:
    Also... die Trennung ist – wie die meisten Trennungen – nicht glücklich.


    Im Gegenteil: Als Karen nach 18 Jahren Ehe von ihrem Mann Jean wegen einer anderen Frau verlassen wird, fällt sie – wie wohl die meisten Frauen in dieser Situation – erst einmal in ein tiefes Loch.


    Wie sie aus diesem Loch wieder herausfindet, das beschreibt dieses Buch, das ich mir aufgrund der lobenden Kommentare einiger Miteulen um einiges unterhaltsamer vorgestellt habe, als es dann letztendlich für mich war.


    Es hat durchaus seine unterhaltsamen Momente und im großen und ganzen war es auch recht kurzweilig – aber für mich im Gesamturteil denn doch eher leider nur mittelmäßig.


    Was mir gefallen hat, war dabei die Grundidee... aber die Umsetzung war eher gewollt lustig als wirklich lustig. Es kommt mir vor, als ob die Autorin versucht hat, auf intellektuelle Art und Weise ein locker-leichtes Buch zu schreiben. Beides miteinander zu verknüpfen, ist aber gar nicht so einfach.


    Und so kommt es eben zu den Momenten im Buch, die wohl lustig, ironisch, selbstkritisch sein wollen, bei mir aber leider nicht so ankamen.


    Ich fand z.B. Karens Freundinnen durch die Bank bescheuert und absolut fern der Realität, so sehr überzogen, daß es mir schon keinen Spaß mehr gemacht hat.


    Im Zusammenhang mit Jana z.B. tauchte das Wort „feinstofflich“ so oft auf, daß ich mir geschworen habe zu schreien, wenn ich das Wort noch einmal in diesem Buch lesen müßte. Zum Glück für die Mitbewohner meines Feriendorfes kam es dann doch nicht mehr vor.


    Was absolut grauenhaft-schön hingegen war, war die Beschreibung des „Selbstfindungswochenendes“. Nicht in diesem Leben und auch nicht im nächsten, nicht mal im Zustand tiefster Krisen und Depression würde man mich zu so etwas bewegen können.


    Alles in allem war das Buch für mich aber leider nur semi-lustig. Ein wenig mehr Leichtigkeit hätte dem Buch gutgetan, ohne daß es gleich in die Hera-Blind-Schublade gesteckt hätte werden müssen.


    Schade, vergeudetes Ideenpotential. Der Titel und die Aufmachung haben mich hier sehr zum Kauf verleitet und die Autorin kann auch schreiben, nur hier war die Umsetzung leider nicht so mein Geschmack. Vielleicht ein anderes Buch der Autorin....

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)