Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts - Susann Pásztor

  • 244 Seiten
    ISBN 13: 9783462045260


    Kurzbeschreibung:


    Erscheinungstermin: 9. März 2013


    Ein Schweigeseminar, ein faszinierender Mann, eine große Liebe
    Das Schweigewochenende, das Mila auf Anraten ihrer Therapeutin besucht, wird zu einer echten Herausforderung: seltsame Menschen, die man nur stumm betrachten kann, unbequeme Sitzpositionen, exotische Anleitungen. Dazu die Stille, die so viele unerwünschte Einsichten bereithält. Und dann noch dieser Simon, der Mila überredet, ihn nach dem Seminar ein Stück mit dem Auto mitzunehmen. Dass die Stille sie direkt in ein Hotelzimmer führen würde, haben die beiden nicht erwartet. Sie verbringen dort drei leidenschaftliche Tage und Nächte, begegnen sich mit rückhaltloser Offenheit und lassen sich ganz aufeinander ein. Und als sie sich so nah gekommen sind wie niemandem zuvor, beschließen sie, für immer auseinanderzugehen. Susann Pásztor erzählt einfühlsam, witzig und mit psychologischem Gespür von der großen Liebe – und von einer Frau, die alles daransetzt, damit sie doch nicht endet.


    Über die Autorin:


    Susann Pásztor, 1957 in Soltau geboren, lebt als freie Autorin und Übersetzerin in Berlin. Mit ihrem Debütroman »Ein fabelhafter Lügner« (2010, KiWi 1201, 2011) gelang ihr »ein ironisches Lehrstück über Erinnerung und Verdrängen« (Jüdische Allgemeine), das für seine Sensibilität und seinen Witz großes Lob erhielt und in mehrere Sprachen übersetzt wurde.



    Meine Meinung:


    Das Buch trägt einen Aufkleber, ein Zitat von Christine Westermann, FrauTV: "Ein Buch für Menschen mit Liebeskummer.Und solche, die gern mal wieder welchen hätten."


    Also definitiv kein Buch für mich. Sollte man meinen. Aber- nach dem alten Grundsatz- never judge a book by its cover- habe ich dieses kleine Büchlein auf dem Rückweg vom Wochenendbesuch bei der besten Ehefrau von allen im Flieger gelesen- ein bisschen Weltschmerzgrundstimmung war also durchaus vorhanden.


    Ein wirklich schönes Buch, konsequent aus der Innenperspektive der Mila geschrieben. viel mehr als die Kurzbeschreibung sollte vom Inhalt nicht verraten werden, nur dass die Kurzbeschreibung den Humor, die Selbstkritik und die Beobachtungsgabe der Protagonistin nicht annähernd beschreibt. Das Buch enthüllt nach und nach die Lebensgeschichte von Mila, 39, ledig und reich und beschäftigungslos, nie darüberhinweggekommen, dass sie keine Liebe von ihren Eltern erfuhr und deshalb seit Jahren in Therapie. Die Therapeutin schickt Mila auf ein Schweigeseminar in einem buddhistischen Zentrum. OMMM...Meditation und Schweigen. Das Schweigen von Mila ist beredt. Wir als Leser lesen ihre Gedanken über sich und ihre Umwelt mit. Mehr als einmal überlegt sie sich, ob sie den Blödsinn sich weiter antun soll, aber sie erkennt mit der Zeit, dass etwas daran sein könnte an der Ruhe in sich selbst. "Nichts zu wollen kann man nicht wollen. Man kann das Wollen nur sein lassen." Diesen Satz notiert sich die Protagonistin als Lieblingszitat des Seminars. Als das Schweigen gebrochen wird nimmt sie einen Mitfahrer mit in die nächste Stadt und auf dem Weg dorthin und über einen Haufen Missverständnisse und lange Gespräche entdecken sie ihre Liebe füreinander.


    Da diese Liebe nicht sein darf beschließen sie wieder auseinanderzugehen- keine e-mail Adressen ausgetauscht, keine Handynummern, keine Adressen, keine Nachnamen. Doch kann es das gewesen sein? Die große Liebe und dann nichts? Mila macht sich auf die Suche nach Simon und ob sie ihn findet oder sich, das erzählt die Autorin so ruhig und still, dass es einfach ein Lesevergnügen der Spitzenklasse darstellt.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Meine Rezension
    Der Roman „Ein fabelhafter Lügner“ von Susann Pásztor hatte mir ja schon sehr gut gefallen und daher habe ich mir vorgenommen, die Autorin im Auge zu behalten, um zu sehen, ob mich auch der Nachfolger begeistern kann.


    Doch leider kann ich mich Beos begeisterter Rezension nicht bzw. nur in Teilen anschließen. Beziehungsweise… eigentlich kann ich mich der Rezension anschließen, komme aber zu einem anderen Ergebnis.


    Das Buch ist in einem durchaus angenehm und unterhaltsam zu lesenden Stil geschrieben, kurzweilig ist es also schon. Doch was mir nicht gefallen hat – und zwar so sehr, daß es eben auf mein Gesamturteil drückt – ist die Protagonistin Mila, die ziellos durch das Buch und ihr Leben treibt wie eine Nußschale auf dem Ozean. Sie ist knapp 40, sie hat keine Ziele und keinen Antrieb. Womöglich mag die Tatsache, daß sie ihren Lebensunterhalt eigentlich nicht verdienen muß, mit eine Ursache dafür sein. Sie geht zur Therapie, doch man hat nicht den Eindruck, als hätte sie diese weitergebracht. Sie laviert sich durch das Buch … von der ersten bis zur letzten Seite. Wenigstens darin ist sie sich selbst treu.


    Ich habe jedoch mit derartig schwammig en und passiven Protagonisten riesengroße Probleme (mein persönliches Holden-Caulfield-Syndrom…), so daß ich das Buch – obwohl unterhaltsam geschrieben – letztlich genervt beendet habe.


    Doch meine Meinung muß sich ja nicht mit der anderer decken. Beowulf hat das Buch ja, wie man sieht, sehr gut gefallen. Wer sich also nicht so wie ich an der Protagonistin reibt, wird durchaus großen Gefallen an diesem Buch finden können.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Danke, Beo, für die schöne Rezension.


    Hier nun auch meine Gedanken zu diesem Buch:


    Ein leichtes Sommerbuch aus der modisch-aktuellen Frauenroman-Ecke für zwischendurch, das war, was ich erwartet hatte. Doch ich wurde angenehm überrascht, denn der Inhalt dieses schmalen Buches ist weit mehr als das.
    Susann Pasztor hat in jeder der unterschiedlichen Situationen, die im Verlauf des Romanes auftreten, so gut den Ton getroffen, dass das Lesen für mich ein reines Vergnügen war. Da ich selbst auch einmal einige Meditationswochen mit Schweigezeit, Arbeitsmeditation und frühem Aufstehen erlebt habe, konnte ich mich gut amüsieren. Ich mochte es sehr, dass die Protagonistin, Mila, zunächst alles mit großer Skepsis betrachtet, jedoch nicht herablassend. Die Warmherzigkeit,die sich nach und nach immer mehr entfaltet, gibt dem Ganzen eine Note, die mir sehr sympathisch ist.
    Spielend leicht wurde anfangs meine Neugierde geweckt mit dem kleinen, witzigen Prolog, und anschließend wurde ich hineingezogen in Milas Gedankenwelt, ihre Beobachtungen, ihre Vorbehalte, inneren Widersprüchlichkeiten, ihre Art, mit sich und den anderen umzugehen, ihren Witz und ihre verdrängte Traurigkeit. Für die intensiven Gefühle, die plötzlich über sie hereinbrechen, ist in dem Vorhergegangenen der Weg bereitet und so konnte ich mitfühlen, obwohl ich mich in meinem Leben an einer ganz anderen Stelle befinde.
    Dank der gelungenen leisen Poetik der Sprache, oft mit einer Prise Verspieltheit und Humor gewürzt, werden Traurigkeit, innere Anspannung, verzweifeltes Hoffen und innere Widersprüche nicht bleischwer. Die Tiefe, die auf diese Weise entsteht, entwickelt sich fernab aller Melodramatik fast nebenbei, und wirkt darum umso mehr.


    Ich ziehe den Hut vor dieser Autorin. Sie kann's! Ich werde auf jeden Fall auch Ein fabelhafter Lügner lesen und würde mich sehr freuen, wenn Susann Pasztor in Zukunft noch weitere Romane schreibt.

  • Ich kann Batcats Rezi voll unterschreiben.
    Das war absolut nicht mein Buch. Der Anfang war schon sooo schleppend, in der Mitte war es einigermaßen okay und der Schluss war auch einfach nur fad.
    Eins der Bücher, das man nach dem Lesen sofort auf den "Zu Verkaufen-Stapel" schmeißt.

  • Ein kleines, leises, aber sehr feines Buch, das mir sehr gut gefallen hat und zu meinen Jahreshighlights gehört.


    Meinen Vorschreibern kann ich mich nur anschließen - seltsamerweise allen. Es ist ein besonderes Buch und es polarisiert. Entweder man kann mit dem Stil was anfangen - oder halt nicht.


    Ich konnte und so haben mich vor allem die ersten Seiten mit den wundervollen Beschreibungen des Schweigeseminars in den Bann gezogen. Und ich habe mich dabei ertappt, selber langsamer und aufmerksamer zu lesen - Meditation funktioniert also auch in Leseform. :-]


    Und auch danach geht die Autorin konsequent ihren eingeschlagenen Weg weiter. Es ist ausschließlich aus Milas Sicht geschrieben und erst so nach und nach erfährt man ihre Hintergründe. Was Batcat über die Protagonistin geschrieben hat, habe ich auch so empfunden. Aber mich hat es nicht gestört, denn ich habe diesen ganz anderen Typ einer Protagonistin als sehr angenehm empfunden. Das Buch ist eine Episode in ihrem Leben, vielleicht eine entscheidende, aber es wird nicht überbewertet und nicht ewig auserzählt. Als Leserin habe ich genügend Raum für eigene Gedanken und Empfindungen - das gilt auch für den Schluss.



    Zitat

    Original von ginger ale
    Dank der gelungenen leisen Poetik der Sprache, oft mit einer Prise Verspieltheit und Humor gewürzt, werden Traurigkeit, innere Anspannung, verzweifeltes Hoffen und innere Widersprüche nicht bleischwer. Die Tiefe, die auf diese Weise entsteht, entwickelt sich fernab aller Melodramatik fast nebenbei, und wirkt darum umso mehr.


    :write Wunderbar beschrieben! Da ich das so nicht hinbekomme, schließe ich mich einfach an!


    Fazit: Ein stilles, aber tiefgründiges Buch, das sich trotzdem sehr entspannt lesen lässt. 9 Punkte von mir und eine Leseempfehlung von mir!

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021