Ich hatte eigentlich nach Tana Frenchs letzten Krimi, "Sterbenskalt", nicht vor, noch einen weiteren zu lesen. Der Erzähler war mir unsympathisch und das Buch zog sich für meinen Geschmack zu sehr in die Länge.
Gott sei Dank habe ich mich nun doch noch entschieden, "Schattenstill" zu lesen. Das Buch hat mich total fasziniert und mitgerissen wie schon lange kein Krimi mehr. Wie sich durch die Ermittlung langsam das Psychogramm einer Familie entfaltet, wie die Schraube von Kapitel zu Kapitel tiefer gedreht wird, das ist einfach nur hinreißend erzählt. Für mich persönlich kommt auch dazu, dass ich vor ein paar Jahren, als ich in Irland war, Gelegenheit hatte, solche Siedlungen wie "Brianstown" zu sehen. Die Probleme, die im Zusammenhang damit noch auftauchen werden, zeichneten sich damals schon deutlich ab.
Die Ermittlung im Zusammenhang mit dem geheimnisvollen Tier in den Wänden wird, den Amazon-Kritiken nach zu schließen, von vielen als überflüssig in die Länge gezogen empfunden. Ich sehe das überhaupt nicht so. Gerade dieses Etwas in den Wänden, auf das der Familienvater seine Ängste und sein Minderwertigkeitsgefühl projiziert, machten diesen Krimi für mich zu etwas Besonderem, Persönlichem.
Ich musste mehrmals daran denken, dass es in Irland die Sagenfigur des "Pooka" gibt, ein Tier, das in den Wänden lebt und auf Zuruf seine Hörner aus der Wand streckt.
Ein großartiger Krimi. Ich hoffe, dass Tana French noch mehr so tolle Bücher schreibt. Vielleicht ist Richie Curran der nächste Erzähler. Fände ich nicht schlecht.
Nebenbei fände ich es gut - aber dafür ist es wohl schon zu spät -, wenn Tana Frenchs Buchtitel endlich anständig übersetzt würden. "Grabesgrün" kann ich mir merken, weil es um eine Ausgrabung geht, und "Totengleich", weil es um eine Ähnlichkeit geht, aber die letzten beiden Titel sind derart farblos und unpersönlich, dass ich sie ständig durcheinanderbringe. Das muss doch nicht sein.
Grüße von Zefira, die endlich mal wieder richtig Spaß beim Krimilesen hatte