Beiträge von Swansea

    Der neue Roman von Jane Gardam, "Bell und Harry" im englischen Original bereits 1981 erschienen ("The Hollow Land"), wurde ins Deutsche von Isabel Bogdan übersetzt und erschien (HC, gebunden) 2019 im Hanser Verlag. Da ich bereits die Trilogie um "The Old Filth" mit großem Vergnügen gelesen habe, war ich auf diesen Roman sehr gespannt - und wurde belohnt!

    Ein köstlicher Roman über das Zusammentreffen zweier Familien; die Batemans aus London, die sich im alten Farmhaus "Light Trees" vom Londoner Gestank, Lärm und der Hektik in den 60er Jahren, in denen die Geschichte beginnt, ausruhen möchte und Familie Teesdale, traditionelle Farmer und Landbesitzer seit vielen Generationen, die das Farmhaus an die Batemans verpachten.


    In sieben einzelnen Kapiteln lässt Jane Gardam den Leser an dem Beginn der zarten Freundschaft zwischen den Batemans und den Teesdales teilhaben, die sich später zu einer echten Freundschaft entwickelt und die Batemans die einzige Familie sein wird, die sogar im Winter ihr "Light Trees", das dem Großvater von Bell Teesdale gehört, beziehen und sich darin sehr wohlfühlen....


    Familie Bateman bringt vier große Jungs mit, der Vater ist Journalist und es gibt noch Harry, der mit Bell (11) schnell Freundschaft schließt, auch wenn er etwas jünger als Bell ist. Eine großartige Jungenfreundschaft dieser zwei Hauptprotagonisten nimmt ihren Lauf, obgleich der erste Urlaub der Batemans unter einem schlechten Stern steht: Der Trecker der Teesdale's macht mächtig Lärm und es dauert bis in die Nacht, bis die Heuernte vom "Home Field" eingebracht ist (natürlich ist dieses Feld später immer schon abgeerntet, bis die Batemans kommen ;)


    Mit Bell und Harry erleben wir wundervolle Ausflüge, lernen den Zigeunerhügel kennen (KEINE ZIGEUNER) und Jane Gardams wunderbaren trockenen Humor, da gerade dort natürlich immer wieder Zigeuner zu finden sind, die jedoch auch wieder spurlos verschwinden können: Sie räumt gar - ganz in ihrer unnachahmlichen Manier - mit so manchem Vorurteil auf und lässt zwei Zigeuner später die Fahrräder unserer jungen Helden zurückbringen, womit sie widerlegt, dass Zigeuner nur auf's Klauen aus sind ;)


    In weiteren Episoden geht es zum Fischen mit Mr. Kendal, der am besten Kamine fegen, Fische fangen und besonders gut Geschichten erzählen kann; wir erfahren, weshalb die Hochmoore um Appleby "Hohles Land" genannt werden, erleben Granny Crack und die Geschichte der alten Eierhexe; sind auf einem "Fahrradeisflug" dabei und begleiten Bell und Harry bei tiefstem Frost zu dem Wasserfall, der im Winter einen sehr seltenen Anblick bietet. Schließlich kommt noch eine "TV-Institution" zu Besuch, die eine schmollende Tochter mitbringt und Bell und Harry genervt sind (was sich später ändern soll). Schlussendlich taucht ein Verwandter des alten Hewitson auf, der für sich das Recht beansprucht, "Light Trees" geerbt zu haben (und darüber hinaus eine weitere Goldgrube wittert, obgleich er in Südamerika bereits sein Glück gemacht hat und steinreich im Bergbau wurde).


    Am Tag der totalen Sonnenfinsternis (wir schreiben den 11. August 1999) marschieren alle, wie es die Tradition gebietet, zu den Nine Standards - und der Held der Stunde ist Bells Great-Grandad, der die Lage sehr gelassen und souverän klärt.... Jane Gardam gelingt es in wenigen Sätzen, die Gier nach Reichtum und Gewinn eines Menschen zu persiflieren - und die wahrhaften Schätze des Menschseins dagegen zu halten. Respekt!


    Der Stil Jane Gardams ist für mich unnachahmlich; atmosphärisch, mit skurrilen und sehr liebenswerten Haupt- und auch Nebenprotagonisten (hier sei besonders auch John Meccer erwähnt), die man sich gut im dörflichen Leben vorstellen kann. Zwischen den Zeilen tritt ausser dem gewohnten trockenen britischen Humor auch immer eine große Portion Menschlichkeit hervor, z.B. bei der Beschreibung von Granny Crack, die man als LeserIn zutiefst nachempfinden kann. Die herrlichen Dialoge, die teils ironischen Bemerkungen sorgen desweiteren dafür, auch diesen Roman der Autorin bezaubernd zu finden, federleicht und doch voller Tiefgang; gespickt mit knochentrockenem englischem Humor und Wortwitz. Die Romane Jane Gardam's lassen mich stets mit einem Schmunzeln zurück ;)


    Fazit:


    Eine wundervolle Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei Familien, die unterschiedlicher nicht sein könnten; von Werten, die es hochzuhalten gilt (Freundschaft, Verständnis füreinander z.B.). Niemand kann auf solch' witzige, skurrile Art, versehen mit teils schnoddrigem englischen Humors, Romane schreiben wie Jane Gardam, daher reihe ich "Bell und Harry" zu der Reihe meiner "trouvailles" ein - meiner literarischen Juwelen, die mich sehr berühren, mich wunderbar unterhalten, Tiefgang haben und mich begeistern! Ich danke sowohl der Autorin für diese Sommergeschichte einer Freundschaft als auch Isabel Bogdan für die tolle Übersetzung und dem Hanser-Verlag für sehr vergnügliche, unterhaltsame und dennoch nachdenklich stimmende und tiefgründige Lesestunden, die ich im Hochmoor von Yorkshire (übrigens wirklich eine wundervolle Landschaft!!) literarisch verbringen durfte: Lesetipp von mir und 5*



    Angaben zum Buch:

    Jane Gardam - Bell und Harry

    Hanser-Verlag

    HC, gebunden

    ISBN 978-3-446-26199-0

    187 Seiten, 20 EUR

    Rouge   LeseBär und Gucci


    Euch allen einen erholsamen und entstressenden Urlaub wünsch!


    geli73 und für Deine Mama alles Gute!!! Eine erholsame und tolle Reha-Zeit für sie gewünscht!

    (Wie schön, noch eine 85jährige Mama zu haben: Meine wäre jetzt 89 Jahre alt.....

    Toll, dass sie die OP gut überstanden hat! Alles Liebe!


    .... und ich freu mich einfach, weil der Läppi wieder funktioniert, ich heute Balkonien bepflanzt habe (die nächsten beiden Tage soll es regnen) und die Pizza, die wir bestellt haben (plus Beilage eines tollen Salats, das Dressing hat der Junior gemacht ;) sehr wohlschmeckend - und sättigend war :)

    Ich hatte auch schon per Briefwahl gewählt und habe mich (um mich von den Medien heute abzulenken) um Balkonien gekümmert - endlich sind die Pflanzen dort, wo sie hingehören. Eine Konifere entsorgt (zum Glück habe ich eine gute Gärtnerschere) und Platz geschaffen. Auch ein paar Kräuter gesät (nicht viel, nur Zitronenmelisse und Bohnenkraut, Pfefferminze, Basilikum, Thymian und Maggikraut sind schon gut gewachsen, aber da möchte ich noch mehr in Sachen frische Kräuter haben).


    DAS war entspannend - mehr als die Wahlergebnisse heute Abend :rolleyes, vor allem vis-à-vis in Frankreich....<X Auf die Wahl der italienischen Bevölkerung (Wahllokale haben erst um 23.00 Uhr geschlossen) bin ich auch sehr gespannt.

    Hier gab es noch Kommunalwahlen "en gros" - und die bisherige Bürgermeisterin muss wohl in die Stichwahl. War ein schönes "Wahlpaket" heute...


    Guten Start in die letzte Maiwoche wünsch ich euch allen! :winkt

    Ich freue mich sehr bald auf:


    Colleen Bennet - Green Hall


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    amazon-Text:

    England 2015 – beruflich verschlägt es die junge Innenarchitektin Amely nach Green Hall, dem früheren Stammsitz der Beaumonts. Das Adelsgeschlecht ist ausgestorben und das Herrenhaus stand jahrzehntelang leer. Nun wird Green Hall durch einen neuen Besitzer wieder zum Leben erweckt.

    Das Herrenhaus umgibt jedoch ein ungelöstes Geheimnis, welches die Menschen der Grafschaft nicht vergessen haben.

    Als überzeugte Städterin gerät Amely in das beschauliche Dorfleben von Woodbridge und trifft die Liebe ihres Lebens. Amelys leidenschaftliche Gefühle und die realen Umstände ziehen sie in einen emotionalen Strudel. Ohne es zu wollen, verstrickt sie sich in das Geheimnis von Green Hall und das Schicksal seiner ehemaligen Bewohner.

    Es ist vollbracht :-) Ich habe die letzte Folge von GOT gesehen, Mir hat sie durchaus gefallen, auch wenn viele im Internet es nicht finden. Jeder hat bekommen was er wollte und für mich sah es nicht wie das Ende aus, eher wie ein neuer Anfang.

    Die habe ich mir noch für morgen aufgespart; da hat der Junior frei - und das geht dann zusammen in eine Pizza-Bestellung par excellence ;)


    ... außerdem freu ich mich grade wie Bolle, dass der gute alte Läppi wieder funzt: Hab ihn ordentlich durchgepustet *lach*

    Der Staub durch die Renovierung hier war wohl etwas zuviel des Guten für das arme alte Teil 8o

    Ich für meinen Teil bin gerne bei vorablesen - auch wenn es relativ selten Bücher vorab zu lesen gibt, die mich interessieren ;)

    Ich habe zwar nicht die Diskussion verfolgt, aber um was es geht, schon: Mich ärgert es weniger, wenn meine Rezensionen auch im österreichischen Tyrolia.at hochgeladen werden als die Tatsache, dass man bei amazon nur Rezensionen einstellen kann, wenn man (per anno) mindestens 50 Euronen umsetzt bzw. Einkäufe macht! Erst recht kann ich nicht verstehen, dass auch Verlage gerne mögen, dass man seine Rezis bei amazon einstellt: Eine ernsthafte Gefahr für den deutschen (ansässigen und auch online) Buchhandel!!!! Thalia und die Mayersche sind auch nicht ohne Grund fusioniert.....

    Gegen das Geschäftsgebaren von amazon habe ich schon lange etwas - das ist für mich ein größeres Problem als die Verlinkung auf die österreichische Tyrolia-Seite. LG!

    xexos


    Der kommt eigentlich eher gegen Ende, sehr hoch ist er zwar nicht, aber als Hildesheimerin könnte es dennoch wirklich interessant für Dich sein! (Die Geschichte ist mit einem deutschen Arzt verknüpft und dem Beschuss der "Bismarck" - Historisches ist hier des öfteren eingewoben....

    So, die Rezension zu "Die Nähmaschine" von Natalie Fergie ist jetzt endlich eingestellt. Für alle Nähbegeisterten empfehle ich diesen zauberhaften Roman, der in Clydebank und Edinburgh verortet ist (Filiale der Firma Singer, von der ich immer dachte, es wäre ein deutsches Unternehmen *lol* - und erfuhr, dass es aus den Staaten stammt...) Sowohl der Link der National Scotish Library (am Ende der Rezi im Fazit) wie auch die Firma Singer selbst sind sehr interessant.


    Die Autorin vertreibt auch durch das Internet selbstgefärbte Wolle - und war ehemals Krankenschwester. Absolute Empfehlung von mir! :wave

    "Die Nähmaschine" von Natalie Fergie erschien (HC, gebunden) im Wunderraum-Verlag (Verlagsgruppe Randomhouse) im März 2019. Bereits in der Verlagsvorschau wurde ich auf diesen Roman aufmerksam, da ich mich für alte Nähmaschinen und ihre Geschichten sehr interessiere; selbst nähen kann und auch eine solche mechanische Nähmaschine besaß und die Freude hatte, im Oktober 2018 (erstmals in Schottland weilend) in der Glasgower Innenstadt in einem mehrstöckigen Glasschaufenster immens viele solcher wunderschönen, oftmals 100 Jahre alter Nähmaschinen bewundern zu dürfen....


    Dieser Roman, in dem eine alte "Singer 99k" die Hauptrolle spielt; in weiteren Hauptrollen die sehr sympathischen Besitzer und Protagonisten Jean, Connie, Ruth, Annie und Fred, der Enkelsohn von Jean und seinem geliebten Großvater Alfred Morrison dürfte allen LeserInnen sehr gefallen, die sich für alte Dinge und deren Geschichten interessieren - und dürften bei der Lektüre von "Die Nähmaschine" ebenso wie ich literarisch auf ihre Kosten kommen und den Roman sehr mögen!


    "In der Wohnung seines verstorbenen Großvaters in Edinburgh findet Fred eine über 100 Jahre alte Singer-Nähmaschine, die einst seiner Urgroßmutter Kathleen gehörte. Darin versteckt: 27 Notizbücher mit Nähproben, die minuziös aufzeichnen, was auf der Maschine genäht wurde. Wie kleine Zeitkapseln erzählen sie vom Alltag und den Schicksalen der Frauen in Freds Familie. Durch sie stößt er auf ein lange gehütetes Geheimnis, das sein Leben für immer verändern wird". (Quelle: Buchrückentext)


    Lesend begibt man sich auf eine Reise in die Vergangenheit gemeinsam mit Fred, die es ermöglicht, in das Leben der vier Frauen einzutauchen, für die die alte Nähmaschine eine wichtige Bedeutung hatte: Die junge Jean, die 1911 durch die Beteiligung an einem Streik in der Singer-Fabrik in Clydebank ihre Arbeit verliert, versteckt in einem Akt des Widerstands eine Botschaft im Inneren der Nähmaschine; ihr Weg wird sie nach Leith führen und wir verfolgen das Leben dieser starken Frau, lernen ihren sympathischen Ehemann kennen und treffen sie am Ende wieder, als alte Frau, die sich nochmals die Fabrik in Clydebank anschauen möchte....


    Connie, die als Schreibkraft arbeitet, möchte einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen; wir schreiben das Jahr 1954, und bewirbt sich in der Nähstube des Krankenhauses Royal Infirmary. Dort lernt sie Alf Morrison kennen. Hier versteht es die Autorin, dem Leser vor Augen zu führen, wie es Kathleen, der Mutter Connies, mit Hilfe ihrer Näharbeiten in Kriegszeiten gelang, die Familie über Wasser zu halten. Es wird deutlich, welche Kraft und Energie Mütter besonders in schwierigen Zeiten besaßen - und dass die Nähmaschine hierbei eine nicht unerhebliche Rolle innehatte.
    Wir begleiten den Lebensweg von Connie durch die Zeit von 1954 bis 1964 - und mit einem Zeitsprung bis Anfang der 80er Jahre.
    Hier treffen sich einige der ProtagonistInnen und ein Geheimnis, das erst viel später gelüftet werden soll, befindet sich in der hölzernen Hinterwand einer Telefonzelle im Krankenhaus...


    Ein sehr cleverer und absolut sympathischer junger Mann, Fred, ist mir in diesem Roman besonders ans Herz gewachsen: Er untersucht das Erbe - die alte Singer - und entdeckt darin die Notizbücher; da er seit einiger Zeit ohne Arbeit ist und bei Zeitarbeitsfirmen nicht mehr anheuern will (was man bestens nachvollziehen kann), beschließt er, die alte Nähmaschine zu reparieren und - sie auszuprobieren! Hilfe hat er hierbei durch die sympathische Ellen, die aus den Einzelteilen solch alter Maschinen wertvollen und kreativen Designer-Schmuck entwickelt. Man erfährt durch die blog-Einträge Freds (einer Art Tagebuch) sehr viel von seinem Gefühls- und Innenleben; diese Passagen sind in anderer Schriftart gedruckt - und konnten mich mehr als einmal zum Schmunzeln - und auch zum Staunen bringen! Ein kreativer, humorvoller und empathischer junger Mann lernt Nähen und kommt fast nebenbei einem ungeheuren Familiengeheimnis auf die Spur, das auf einer Versammlung der Familie im Oktober 1980, nach dem Tod von Jean, endlich an die Oberfläche gelangt.
    Auch der warmherzige Großvater, seines Zeichens Gärtner, was sich auch oft in seinen Äußerungen zeigte, die stets einen botanischen Bezug hatten, hatte meine große Sympathie.


    Natalie Fergie gelingt es stilistisch sehr interessant und auch spannend, die Geschichte um eine alte Singer-Nähmaschine mit den Lebensgeschichten der jeweiligen Besitzer zusammen zubringen; eine gut eingefädelte und wirklich zuweilen herzzerreißende, gefühlvolle Geschichte entspinnt sich vor dem Auge des Lesers. Zudem lädt dieser wunderschöne Roman auch dazu ein, selbst mal wieder kreativ zu werden: Bei mir weckte er große Lust auf das Nähen und kreative Ideen, die auch die Autorin mitbringt, da sie Besitzerin einiger alter Nähmaschinen ist und Wolle selbst einfärbt.


    Fazit:


    Ein wundervoller und emotionaler Roman, in dem ein Familiengeheimnis gelüftet wird, das vier Generationen umfasst. Hauptrolle ausser ihren sympathischen und ihren Mann stehenden jeweiligen BesitzerInnen spielt eine alte Singer-Nähmaschine, die in schwierigen Zeiten besonders Frauen die Gelegenheit bot, Geld zu erwirtschaften und zu überleben.
    Natalie Fergie setzt damit den zauberhaften alten Nähmaschinen wie hier der "Singer 99k" auch ein historisches Denkmal, das sie in einen Mantel voller Gefühle, Spannung und guter Unterhaltung
    eingenäht hat. Es war mir eine große Freude, diesen Roman zu lesen und empfehle noch die Seite der National Library of Scotland, auf der man die Geburt einer solchen Nähmaschine miterleben kann.
    www.movingimage.nls.uk/film/1592
    Vielen Dank dafür auch an die Autorin sowie für die Übersetzung ins Deutsche an Christine Heinzius!


    Angaben zum Buch:

    Wunderraum-Verlag (Randomhouse)

    HC, gebunden

    ISBN 978-3-336-54802-6

    410 Seiten

    EUR 20,00

    "Hoffnung Liverpool" ist 2018 (tb, broschiert) im Noema-Verlag, Stuttgart erschienen und ist der 2. Teil eines Tatsachenromans, in dem die Autorin Elisabeth Marrion ihre sehr berührende und bewegende Familiengeschichte erzählt.


    Im vorliegenden Band der geplanten Trilogie wird die Geschichte einer tiefen Freundschaft sehr warmherzig, gefühlvoll und immer auf den wahren Begebenheiten basierend, aufgezeigt: Annie und Flo, bereits in Irland beste Freundinnen, entscheiden sich dafür, nach England zu gehen, da es für die jungen Frauen in der Heimat keine Arbeit gibt - wir schreiben das Jahr 1926. Ihr Ziel ist Liverpool, wo eine Cousine Flos bereits wohnt - und Peg mit ihrem Mann Bob, die ältere Schwester von Annie. Auf dem Weg schließt sich ihnen Kieran an, der sich in England als ein Cousin Annies ausgibt - die drei jungen Leute bleiben in Kontakt, die Freundschaft intensiviert sich - und Flo hat sich wohl in den gutaussehenden jungen Iren verliebt....


    Doch ihr Ziel, ein eigenständiges und sorgenfreies Leben zu führen, wird von dem herannahenden zweiten Weltkrieg und schwierigen wirtschaftlichen Zeiten durchkreuzt: Statt des erhofften Glücks erwarten sie Angst, Armut und kummervolle Zeiten.


    Wir lernen mit Annie und Flo deren spätere Ehemänner kennen; George und Kieran; die Großeltern in Irland in einem Streifzug und die Kinder Annies und Georges; David, dem jüngsten Sohn, nachdem Derek bei einem Luftangriff starb, hat die Autorin dieses Buch gewidmet. Auch die Schwestern Peg und Kate kommen oft zu Wort, schließlich erlebt der Leser die Jahre des 2. Weltkrieges sowohl aus englischer - als auch kurz aus deutscher Sicht, dessen Auswirkungen auf die Bevölkerung katastrophale Auswirkungen hatten: Essensrationierungen, Hunger, Kälte und die Angst, den nächsten Tag irgendwie zu überleben. Dies schildert Elisabeth Marrion, 1948 in Hildesheim geboren, sehr nah und eindringlich, so dass der Roman sehr unter die Haut geht. Auch reale Vorkommnisse während des 2. Weltkrieges wie der Untergang der "Bismarck", die Ansprache Churchills etc. werden in den Roman folgerichtig und historisch eingeflochten. Sehr viel Authentizität erfährt der Roman durch die zahlreichen lebendigen Dialoge.


    Die ProtagonistInnen sind sehr sympathisch; allen voran Annie und Flo, deren Widerstandskraft und Zuneigung füreinander quasi unerschöpflich ist: Gerade diese Hilfsbereitschaft und das Zusammenhalten der Familie fand ich sehr schön zu lesen; trotz der Bitterkeit der Luftangriffe und Gefechte sowie schlechten Arbeitsbedingungen in Munitionsfabriken ließen sich die Frauen nicht unterkriegen; auch im "Organisieren" von Lebensmitteln sind sie wahre Heldinnen, um das Überleben der Kinder und der Familien zu sichern, scheuen sie vor nichts zurück.


    Der Roman erstreckt sich zeitlich vom Aufbruch in Irland bis zu den Nachkriegsjahren; Schauplätze sind zumeist Garston, England und später Hildesheim, Deutschland, wo die Autorin auch zur Welt gekommen ist. Die Kapitel sind kurz, spannend und sehr flüssig zu lesen; es handelt sich hier nicht um eine belanglose Familiengeschichte, es fließt auch Historie mit ein und ein dunkles Kapitel (deutscher) Zeitgeschichte. So sollte man diesen Roman auch unter historischen Gesichtspunkten lesen - und gebannt die Überlebensstrategien dieser tapferen Familie verfolgen. Ich fand den Roman spannend und interessant zu lesen und kann ihn zu der Reihe "literarischer Stolpersteine" gegen das Vergessen meiner Sammlung hinzufügen und sehr gerne weiterempfehlen - gerade jetzt, wo in ganz Europa ein Rechtsruck zu verspüren ist und wir vor dem Brexit und den Europawahlen stehen!


    Elisabeth Marrion - Hoffnung Liverpool

    Edition Noema, Stuttgart 2018

    ISBN 9783838206585

    286 Seiten

    EUR 15,90