Mr Darcy und Lady Catherine haben beide ein Thema angeschnitten, dass ich nicht verstehe. Warum ist es so furchtbar, wenn Leute ihr Vermögen mit Handel verdienen. Bzw. was ist so schlimm daran, ein Händler zu sein. Die würden sich umgucken, wenn es die nicht gäbe. Auf vieles verzichten müssten die. Oder verstehe ich da etwas falsch? Ein Händler ist doch dafür da, um die Waren an den Kunden und von einem Ort zum anderen zu bringen und dafür Geld zu verlangen. Schließlich müssen die ja auch davon leben können. Wenn es die nicht gäbe, müssten das z.B. die Hersteller selber machen. Hm.
Ok. Vielleicht haben die Leute gedacht, dass man für solch eine Arbeit nicht so gebildet sein muss und haben deshalb die Arbeit als minderwertig angesehen.
Und dann dabei noch reich zu werden, als Ausbeutung angesehen. Oder weil man gerade auf Händler angewiesen ist und diese die Situation ausnutzen und zu viel Geld verlangen. So viel zu meinen Überlegungen.
Es ist überhaupt nicht furchtbar, wenn jemand sein Geld mit Handel verdient. Wieso auch? Denn wir haben ja keinen Standesdünkel!
Aber viele derer, die damals (Ende 18. Jh/Anf. 19. Jh) der Gentry angehörten, sahen das anders. Ein Gentleman muss/darf kein Geld verdienen! Er kann in der Regel von den Einkünften seines Vermögens und/oder seines Gutes leben. Außerdem gehören zu „der“ Gesellschaft selbstredend der Adel, aber auch Offiziere und Priester. Ein Richter wird ebenfalls wohlwollend angesehen. Onkel Philips, der „nur“ ein Anwalt ist, fällt wiederum aus dem enggesteckten Rahmen. Bezeichnend ist es, dass die Schwestern Bingleys sich in SuV Sir William gegenüber hoffärtig verhalten. Denn er hat, bevor er zum Ritter geschlagen wurde, mit einträglichen Geschäften sein Geld verdient. Dabei hat der Vater von Bingley selbst sein Vermögen mit nichts anderem erworben. (Das habe ich in Irrungen und Wirrungen aufgegriffen, da Jane Austen diesen Umstand m. M. nicht besonders hervorhebt.) Sein Sohn (Charles Bingley) verdankt diesen Geschäften, dass er wie ein Gentleman leben kann. Also keiner Tätigkeit nachgehen muss.
Lady Catherine de Bourgh wirft in SuV Elizabeth bei der heftigen Aussprache in Longbourn gerade ihre Verwandtschaft mit Mr. Gardiner vor, der ein Händler in London ist. Und Lizzy kann ein Lächeln kaum unterdrücken, als Darcy sie auf Pemberley bittet, ihm ihre Freunde vorzustellen, da es sich ausgerechnet um jene Verwandten handelt, über die er in seinem missglückten Heiratsantrag herabsetzend sprach. Ja, Lizzy rechnete sogar damit, dass Darcy, nachdem sie ihn auf das Verwandtschaftsverhältnis hinwies, angesichts „such disgraceful companions“ (P&P, Chapter 43) die Flucht ergreifen könnte.
Das heikle Thema, wenn das zur Verfügung stehende Geld in dieser erlauchten Gesellschaft nicht reicht, spricht Jane Austen explizit in den Büchern Sense and Sensibility und Persuasion an.
Elinor sagt zu Edward, wie furchtbar es für eine Frau ihres Standes ist, noch nicht einmal etwas zu ihrem Lebensunterhalt verdienen zu dürfen. Der Stand der Gouvernante war daher auch meist der verhasste Beruf, der jenen jungen Damen übrigblieb, die keine Familie hatten, die sie unterstützen.
Und in Persuasion (Überredung/Anne Elliot) wird Baron Elliot nahegelegt, seinen Familiensitz zu vermieten und in der Zeit in Bath zu wohnen, da dort das Leben günstiger ist und er durch die Mieteinnahmen die Schulden bezahlen kann. Auf diese Art kann er sein Gesicht in der Gesellschaft wahren.