Die Buchserie von Oliver Hassencamp war eine meine Lieblingsreihen als Kind. Deshalb, und weil ich die Burg Taufers, die im Film die Burg Schreckenstein spiel, recht gut kenne (passenderweise war ich letzte Woche tatsächlich noch da), habe ich mir den Film im Kino angesehen, obwohl die Trailer nicht unbedingt ermutigend waren. Um es vorwegzunehmen: Ich war angenehm überrascht.
Im Gegensatz zu einer Reihe anderer Projekte auf der Basis schon älterer Kinderbücher oder Kinderbuchreihen (die Schreckenstein-Reihe entstand zwischen 1959 und 1988), die in den letzten Jahren rausgekommen sind, bleibt der Film der Atmosphäre der Bücher in erfreulich hohem Maße treu. So ganz ohne Rap und Splatterwitz geht es zwar auch nicht ab, aber diese Stilmittel werden doch eher dezent eingesetzt.
Positiv überrascht haben mich auch Henning Baum als Rex und Harald Schmidt als Graf Schreckenstein. Ich hatte mir beide, ohne ihnen das schauspielerische Können an sich absprechen zu wollen, nicht in diesen Rollen vorstellen können, aber beide bringen ihre Figuren mit einem Charakter auf die Leinwand, der den Büchern entspricht. Neben ihnen gibt Sophie Rois hervorragend die altmodische, überspannte, übertrieben strenge Pensionatsleiterin Dr. Adele Horn. Unter den Jungdarstellern überzeugen Maurizio Magno als Stephan und Nina Goceva als Bea(trix), die das auch in den Büchern immer wieder auftretende Spannungsfeld zwischen "natürlicher" Feindschaft und mehr oder weniger heimlichem Mögen hervorragend spielen, sowie Chieloka Nwokolo, der seinem Dampfwalze genau die richtige Mischung aus Poltern, Eifersucht und verlässlicher Freundschaft verleiht. Benedict Glöckle, der die Abgeklärtheit des Schulkapitäns Ottokar nur in einer Szene ansatzweise zu zeigen vermag, Caspar Kryzsch, der einen viel zu kindischen Mücke gibt, und Eloi Christ als Strehlau fallen dagegen - wohl auch bedingt durch das Drehbuch, das ihre Rollen gegenüber den Büchern unangenehm verändert - deutlich ab.
Die Handlung, die sich aus Elementen mehrerer Bücher der Reihe zusammensetzt, ist spannend, witzig und in sich stimmig. Die Drehbuchautoren holen die Geschichte vorsichtig in die Gegenwart und gönnen den Rittern technische Hilfsmittel wie einen Quadrocopter, ohne dass die Sorgfalt, mit der sie ihre Streiche vorbereiten, dabei verloren geht.
Negativ aufgefallen ist mir die Tatsache, dass die Modernisierung der Handlung teilweise im Niemandsland der Unentschlossenheit stecken bleibt. So besitzt Dampfwalze zwar besagten Quadrocopter, die Klassenzimmer in Schloss Rosenfels sind mit modernster Computertechnik ausgestattet, und die Namen der 1959 erdachten Figuren werden modernisiert (Beatrix zu Bea, Ingrid zu Inga) oder aufgrund ihrer Altmodischkeit ins Lächerliche gezogen ("Ottokar, was ist das denn für ein Name!?"), auf der anderen Seite müssen die Schüler aber immer noch Brennholz hacken, weil die Burg keine Heizung hat, und zum Telefonieren zum Rex gehen (wobei Dampfwalze paradoxerweise in einer Szene den Zimmergenossen mit seiner Handyzockerei auf die Nerven geht).
Noch mehr (und als einziges wirklich) geärgert hat mich, dass die Macher des Films ein zentrales Element der Bücher über Bord geworfen haben: die Ehrlichkeit der Ritter. In den Büchern sind die Schreckensteiner teilweise kreativ, in dem sie zwar die Wahrheit sagen, durch Weglassen und Ausdrucksweise aber etwas anderes suggerieren, im Film lügen sie selbst dem Rex frech ins Gesicht. Da frage ich mich schon, ob die Filmemacher meinen, Ehrlichkeit wäre den Kindern von heute nicht mehr vermittelbar.
Fazit: Alles in allem eine gelungene Verfilmung, mit kleinen Schwächen, die aber das Gesamtwerk nicht nach unten ziehen. Vor allem, wenn man den Film für sich betrachtet, losgelöst von den Büchern, handwerklich gut gemacht, aber auch eingefleischte Fans der Buchserie werden nicht enttäuscht.


