Beiträge von Avila

    Ich bin noch nicht ganz durch, habe diesen Abschnitt aber bisher verschlungen. Diese Irrungen und Wirrungen um Rudolph und Mary waren einfach sehr kurzweilig. Mit gehen beide zwar immer noch auf die Nerven, aber was soll's.

    Ging mir ähnlich. Auf der einen Seite war das alles sehr kurzweilig und unterhaltsam zu lesen, aber deren Verhalten ist schon auch anstrengend. Vor allem Mary nötigte mir einige Nerven ab. :D


    Lachen musste ich als sich Richie sorgt, dass Rudolph Mary entjungfern könnte... interessiert doch bei den anderen, nicht-adeligen Mädels auch niemand. Diese Denkweise macht mich wahnsinnig.

    Ich hatte das mehr darauf bezogen, dass er Angst hatte, dass Rudolf Mary mit Syphilis infizieren könnte. Klar, die Jungfernschaft spielt mit eine Rolle, aber die Krankheit ist quasi der Tod.

    Was für ein spannender Abschnitt! Aber bevor ich meine Eindrücke schildere, wollte ich noch kurz anmerken, dass ich nicht denke dass Mizzi dem Tod entkommen ist, denn immerhin hat Rudolf sie höchstwahrscheinlich auch mit Syphilis infiziert. Dieses Schicksal hat Mary ja anscheinend noch nicht ereilt, auch wenn alle Anzeichen darauf hindeuten, dass ihr Schicksal auch nicht so viel besser sein wird.


    Es ist irgendwie sehr rührend, wie Richard und Sophie sich um Rudolf und Mary Sorgen. Auch wenn ich manchmal denke, dass sie das vor allen Dingen tun, damit sie sich selber nah sein können. Das finde ich aber auch vollkommen legitim. Denn ihre Sorge um die beiden ist ja nicht nur vorgeschoben. Die Sorge der beiden teile ich auch. Mary ist wirklich in einem absoluten waren! Alleine ihre Gedanken zu dem Gemälde waren absolut gruselig. Dass sie da bei Rudolf auf einen Nerv trifft, war ja klar. Wie sie allerdings auf sich aufmerksam macht, würde ich sogar in der heutigen Zeit als übertrieben und seltsamen auffassen. Alleine daran merkt man schon, wie besessen sie doch von Rudolf ist. Eine solche Besessenheit kann eigentlich nie gut enden. Marie Louise hingegen finde ich mittlerweile auch weniger sympathisch. Geldsorgen hin oder her, aber wie sie berechnend Mary ins offene Messer laufen lässt, nur um wirklich wahnsinnig viel Geld abzugreifen, ist wirklich kein besonders edler Charakterzug. Auch mich würde interessieren, warum sie so viel Geld braucht, aber ich denke, dass wir da sicherlich noch eine Aufklärung erhalten werden.


    Mit Rudolf habe ich mittlerweile nur noch Mitleid. Er verhält sich zwar absolut egoistisch, aber daran sieht man auch wie sehr er in seiner Krankheit gefangen ist. Außerdem merken wir immer mehr, wie es ihn belastet, dass seine Mutter ihn so gar nicht beachtet. Seine Schwester hingegen bekommt die volle Aufmerksamkeit von Sisi.


    Der Kuss zwischen Richard und Sophie war so süß und längst hinfällig. Aber ich habe auch große Sorge, wenn ich auf die anstehende Verlobung schaue. Das wird Sophie sicherlich aus allen Wolken hauen und ich hoffe dass die beiden sich dabei nicht ganz über werfen werden. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob die beiden wirklich noch zusammenfinden werden. Denn ich kann mir nicht vorstellen, wie das funktionieren soll.

    Mary empfinde ich ähnlich anstrengend wie ihr. Dass Sophie es mit ihr aushält, erstaunt mich, wo die beiden doch so verschieden sind. So ganz kann ich ihre Gedanken auch nicht nachvollziehen, wie sie so besessen von Rudolf sein kann. Aber auch mir ging jegliches Fangirl-Gehabe als Jugendliche ab... Na ja, aber sie scheint ja sogar tatsächlich Erfolg damit zu haben. Das kann ich auch nur auf Rudolfs geistige Ummachtung schieben.


    Sophie gefällt mir richtig gut. Wie sie sich Gedanken um das Café macht und richtig einbringt, ist total sympatisch. Das zeigt auch, dass sie keinen Standesdünkel hat. Ihre Schwärmerei für Richard finde ich ziemlich niedlich. Auch das kann man als naiv empfinden, aber er ist der einzige Mann, der jemals sowas wie Interesse gezeigt hat - oder zumindest empfindet sie es so. Ihr "Wert" auf dem Heiratsmarkt scheint ja schon wesentlich höher zu sein.


    Richard macht sich langsam. So ganz koscher ist er mir zwar immer noch nicht, aber gerade die Szene, in der er nicht über den Sarg springt, spricht bspw. für ihn. Seine Gefühle für Sophie sind auch sehr süß, allerdings ist der Umgang damit nicht so ganz fair. Eigentlich müsste er sie sich aus der Kopf schlagen, wo seine Heirat mit Amalie nicht umgehen kann. Ich bin gespannt, was sich da noch entwickeln wird.

    Was man über Amalie liest, vor allem wie Richard über sie denkt, ist ja noch nicht mal annähernd eine Basis für eine Ehe. Wie furchtbar Menschen damals in ein furchtbares Schicksal gedrängt wurden...

    Rudolf ist wirklich ein ein krankes Wrack, wenn ich das so sagen darf. Depressionen würde ich ihm mir seinen sehr krassen Suizidgedanken auf jeden Fall diagnostizieren. Hinzukommen die beiden Geschlechtskrankheiten... Mal abgesehen von dem körperlichen Folgen und dass er sich nun auch neben dem Tripper noch die Syphilis eingefangen hat, finde ich es einfach unverantwortlich, dass er einfach weiterhin mit all möglichen Frauen schläft. Um dem die Krone aufzusetzen, steckt er sogar seine so geliebte Mätresse Mizzi an... Und will ihr das noch nicht mal sagen. Ich bin ein wenig fassungslos, wie unverantwortlich er handelt.

    Seinen Verfall mitzuerleben, finde ich aber ebenso erschütternd und löst sich großes Mitleid mit ihm aus. Er sieht für sich ja gar keinen Lebenssinn mehr. Politisch ist er in eine Position gezwungen, die ihm nicht behagt, persönlich läuft es in der Ehe gar nicht, es gibt keine Anerkennung von seinen Eltern und dann noch seine schlechte körperliche Verfassung... Mit ihm will man wirklich nicht tauschen. Ich fürchte ein schlimmes Ende mit ihm!


    Zu den anderen Themen später mehr... :)

    Ich finde den Wien-Flair in dem Buch total gut rüber gebracht. Mein Mann war vor drei Jahren für ein paar Monate in Wien, so dass ich einige Wochenenden dort verbracht habe und es ist einfach eine tolle Stadt mit Charakter. So kann ich mir sehr viele Orte gut vorstellen, auch z.B. die Heurigen, die ja schon sehr besonders sind.

    Ich finde es total spannend, wie ein Buch unterschiedlich auf Menschen wirken kann. Man liest ein Buch ja sowieso viel aufmerksamer in einer Leserunde und hinterfragt Darsteller viel genauer, als wenn man es alleine lesen würde. Geht mir zumindest immer so.

    Ja das stimmt. Ich lese ein Buch auch viel aufmerksamer in einer Leserunde. Das ist ja der Spaß an der Sache! :) Man kann sich viel besser auf alles einlassen.


    Das Rezept ist vorne um Umschlag😋😋

    Oh, das habe ich auch noch nicht entdeckt. Da kommt man ja direkt in Versuchung!

    Marie Lacrosse

    Wenn ich Personen "kritisiere", nehme das nicht als Kritik auf. Ich schildere nur meine Emotionen. Denn ich gebe dir ansonsten vollkommen Recht. Das Buch wäre langweilig und weniger lesenswert, wenn Richard (schon?) perfekt wäre, genauso wie Henriette. Also von daher nehme ich die beiden genauso auf, wie von dir beabsichtigt.


    Die österreichischen Wörter mag ich auch sehr. Die geben dem Buch etwas Authentisches. Zuviel sollte es natürlich nicht sein, denn dann würde ich selber kein Wort mehr verstehen. Aber hier finde ich die Mischung sehr ausgewogen.

    Ich bin auch erstaunlich gut und schnell in die Geschichte reingekommen. Mein erster Eindruck ist auf jeden Fall noch positiver als beim Weingut. Allerdings mag ich Wien und die Zeit auch sehr gerne!


    Ich habe in Wien auch das Sisi-Museum mir angeschaut, wo ihre Figur nicht nur verkitscht dargestellt wurde. Ich konnte sogar ihre privaten Räume sehen, die in sofern besonders waren, weil sie Sportgeräte dort eingebaut hat, wie bspw. eine Sprossenwand. Sie war ja wirklich fanatisch, was ihren Körper anging. Heute würde man ihr eine Magersucht diagnostizieren. Rudolf habe ich allerdings nur vom Musical "Elisabeth" in Erinnerung. Ich bin gespannt, wie sich das noch weiterentwickelt und war ein wenig überrascht, wie nah wir an der Kaiserfamilien tatsächlich sind. Auch hätte ich Rudolf gar nicht so "modern" eingeschätzt.


    Richard ist mir bisher noch gar nicht sympathisch. Seine Frauengeschichten sprechen nicht für ihn. Höchstens sein Benehmen, aber das führe ich auch eher auf seine Erziehung zurück. Die Geschichte mit Olga ist besonders bitter, aber auch hier hält sich mein Mitleid in Grenzen. Es gab so viele Warnhinweise, aber er hat sie alle missachtet. Ja, rosarote Brille ... Aber dennoch


    Sophie hingegen ist mir sehr sympatisch. Auch wenn ich Mitleid mit ihr habe, bei der Familiengeschichte. Ihr Stiefvater ist wirklich ätzend und so ganz konnte ich nicht nachvollziehen, dass Sophies Mutter wieder so schnell geheiratet hat...

    chiclana

    Das mit dem Spitznamen geht mir ähnlich. Hm.

    • Herausgeber : Piper; 5. Edition (5. Oktober 2020)
    • Sprache : Deutsch
    • Gebundene Ausgabe : 368 Seiten
    • ISBN-10 : 3492070507


    Vorab muss ich sagen, dass ich schon seit Jahren großer Fan der "Toten Hosen" bin, so dass für mich sofort klar war, dass ich dieses Buch lesen will. Campino beschreibt in seinem Buch "Hope Street" biographisch seine Liebe zum FC Liverpool. Das Hauptaugenmerk ist auf besondere Spiele oder Ereignisse rund um den FC Liverpool gerichtet, doch Anekdoten aus seiner Kindheit und/oder aus dem Leben der Hosen bleiben natürlich auch nicht aus.


    Ich bin kein großer Fußball-Fan und sehe das alles sehr kritisch. Auch wenn Campino dafür brennt, schaffte er es mit selbstironischen Kommentaren mich genau da abzuholen. Er scherzte über seine furchtbare Flugbilanz wegen der ganzen Spiele, schalte sich selbst wegen des Cups in Katar und kann durchaus reflektieren, dass es viele Dinge zu kritisieren gibt - über die er aber irgendwie hinweg sehen kann. Das reichte mir aus für dieses Buch, auch wenn ich sagen muss, dass ich die ein oder anderen Spielverlaufsbeschreibungen eher überflogen habe.


    Dennoch hat mir das Buch gut gefallen. Seine Anekdoten aus der Kindheit kannte ich zum Teil aus Liedansagen von Konzerten, von denen ich mir nie sicher war, ob sie wahr waren. Campino hatte eine spannende Kindheit mit einer englischen Mutter und einem deutschen Vater - kurz nach Kriegsende. Das Leben mit den Hosen interessiert mich eh, auch wenn ich die meistens Geschichten schon kannte. Aber Campino hat einen fesselnden Plauderstil, der mit - wie schon angesprochen - einer großen Portion Selbstironie gespickt ist, mit der er sich selbst auch auf die Schippe nehmen kann.


    Das Buch liefert keine großartigen neuen Erkenntnisse über die Welt, weswegen ich es entweder einem eingefleischten Hosen-Fan oder passioniertem Fußballfan empfehlen würde. Aber das sind ja schon einige Menschen auf der Welt. ;)


    ASIN/ISBN: 3492070507

    Irving Berlin ist ein erfolgreicher Komponist, der als kleiner Junge noch Zeitungsverkäufer auf der Straße war. Auf einem Diner lernt er Ellin Mackay kennen und eine leise Liebesgeschichte entwickelt sich. Zwischendurch springen wir in manchen Kapiteln ein paar Jahre voraus, in das Jahr 1937, in dem Berlin sein bekanntestes Lied komponiert: White Christmas.


    Ich habe mir das Buch als Weihnachtslektüre vorgenommen und war deswegen ein wenig enttäuscht. Die Entstehungsgeschichte von dem Lied "White Christmas" beträgt am Ende nur ein paar Seiten und nimmt einen marginalen Platz in dem Buch ein. So kommt auch kaum Weihnachtsstimmung auf, weil die andere Geschichte eine Liebesgeschichte ist, die sich über mehrere Jahre erstreckt. Das finde ich vom Marketing her sehr unglücklich, denn eigentlich ist es eine schöne Liebesgeschichte, die diesen ganzen Plot rund um "White Christmas" gar nicht gebraucht hätte. Ob es sich aber so besser verkauft?


    Nun ja, nehmen wir nur die Geschichte von Irving Berlin und Ellin Mackay verfolgen wir eine intensive, von Wertschätzung geprägte Liebesgeschichte. Standesunterschiede von Neureichen und "altem Geld", von Hollywood-Stars und der gehobenen Gesellschaftsschicht, in denen Arbeit eher verpönt ist, von Christen und Juden bestimmen und prägen die Hürden, die sich den beiden verliebten in den Weg stellen. Familien wollen die Vermählung verhindern, mehrere Meilen trennen immer wieder das Paar - und bei jeder Seite ist man sich zwar sicher, dass die Liebe der Beiden eigentlich alles überwinden könnte, doch haben sie auch genügend Mut dafür? Denn in keiner Welt, in der die Beiden sich bewegen, wollen die Menschen um sie herum, dass aus den Beiden ein Paar wird.



    Michelle Marly hat einen besonderen Erzählstil solche Geschichte zu erzählen, der leise und einfühlsam daher kommt. Er kommt ohne viel Action aus und die Spannung ergibt sich einfach aus den Emotionen, die uns mit jeder Seite begleiten. Mir hat das Buch am Ende sehr gefallen, als ich mich davon verabschiedet habe, einen Weihnachtsroman zu lesen.

    • Herausgeber : Bookspot Verlag; 1. Edition (24. August 2020)
    • Sprache: : Deutsch
    • Taschenbuch : 528 Seiten
    • ISBN-10 : 3956691415
    • ISBN-13 : 978-3956691416


    Griet wächst im 17. Jahrhundert in Rotterdam auf, als sie den Händler Aert heiratet. Ihr Leben scheint perfekt, als sie sich mit ihm und seiner Familie auf eine abenteuerliche Reise auf die Insel Formosa begeben müssen. Zeitgleich verliert Qianqian im Bürgerkrieg ihre ganze Familie und muss um ihr Leben fliehen. Ihre Flucht führt sie ebenfalls nach Formosa und für sie beginnt ein ganz neues Leben in nie gekannter Freiheit.


    Griet ist ein ungestümes Mädchen, dass das umsetzt, was sie sich in den Kopf gesetzt hat. So heiratet sie auf eigenen Wunsch Aert, was sie aber schon schnell bereut. Trotzdem steckt sie nicht in den Kopf in den Sand, sondern macht das Beste aus der Situation. Gerade dieser Optimismus begleitet uns das ganze Buch durch und deswegen macht es unglaublich viel Spaß Griets Geschichte zu verfolgen.


    Für exotische Abwechslung sorgt neben dem Schauplatz Formosa Qianqian. Aus einer chinesischen Adelsfamilie tapst sie mit Lotusfüßen durch ihr Leben und bringt des Lesern das beengte, von Höflichkeit durchzogene Leben Chinas im 17. Jahrhundert nahe. Auf den zweiten Blick gibt es viele ähnliche Züge an Griet und Qianqian, aber durch die so anders verlaufende Erziehung, die durch die Gesellschaft geprägt ist, ergeben sich zwei vollkommen unterschiedliche Frauen. Umso spannender ist es zu verfolgen, wie die Beiden aufeinander treffen und sich ihre Geschichte - so unterschiedlich sie sein mögen - miteinander verflechten.


    Formosa (bzw. Taiwan) ist ein spannender Ort. Neben der holländischen Handelsgesellschaft, tummeln sich Chinesen, die die Insel bewirtschaften und natürlich die Ureinwohner. Um es noch komplexer zu machen, gibt es zwei chinesischen Dynastien, die um die Vorherrschaft des Landes (und später auch der Insel kämpfen). Das ergibt einen spannenden Plot, den Tereza Vanek vielschichtig aufdröseln kann, ohne sich in Vorurteilen zu verlieren.


    Ein wirklich gelungener Roman, der Auftakt einer neuen Reihe ist, aber - wenn auch mit einem kleinen offenen Ende - in sich abgeschlossen ist.


    ASIN/ISBN: 3956691415

    • Herausgeber : Knaur TB; 3. Edition (1. Dezember 2020)
    • Sprache: : Deutsch
    • Taschenbuch : 544 Seiten
    • ISBN-10 : 3426525453
    • ISBN-13 : 978-3426525456


    Im fünften Band von Hanna Caspians Reihe "Gut Greifenau" befinden wir uns mitten in der Weimarer Republik. Relativ schnell wird die Renten- und Reichsmark eingeführt, so dass unsere altbekannten Protagonisten wieder ein wenig Land unter die Füße bekommen. Doch wie ergeht es Konstantin, Katharina, Alexander und Nikolaus in den goldenen 1920er Jahren?


    Es ist wirklich erstaunlich, dass das fünfte Buch der Reihe immer noch so viel Spaß macht wie der erste Band. Die Geschichte flacht weder ab noch wird sie langweilig. Caspian schafft es, sich in jede Figur hineinzudenken und deren Weg sinnvoll weiterzustricken. Langweilig wird es dabei nicht, vor allem da alle Grafenkinder so unterschiedliche Wege gehen und ihre Lebensentwürfe so total unterschiedlich sind. Gut Greifenau ist dabei der Anker und Hafen. Immer wieder kommen alle Kinder dorthin zurück und erinnern sich auf ihre Art und Weise an ihre Herkunft.



    Selbst den unsympathischen Nikolaus schaue ich gerne über die Schulter. Es ist zwar eher erschreckend, aber dennoch spannend und informativ, wie es bei ihm weiter geht. Gerade bei Nikolaus zeigt sich die besondere Perspektive, die Hanna Caspian in diesem Roman einnimmt. Sie gibt hier nicht den historischen Einheitsbrei wieder, den man mittlerweile aus unendlichen Romanen kennt. Die Perspektive ist immer die der ehemaligen Adligen und somit eröffnen sich mir ganz neue Perspektiven auf diese Zeit. Es ist total spannend, denn auch ich denke mir gerade, wie kann Hitler eigentlich an die Macht gekommen sein? Ich bin total gespannt, ob und wie das im nächsten Band noch thematisiert wird.



    Aber auch Konstantin, der zwischen altem Landadel und bürgerlich-sozialen Sichtweisen hin und her pendelt, bietet einen spannenden Blick auf die Weimarer Republik. Hinzu kommt die recht emanzipierte Katharina, eine der ersten Medizinstudentinnen, die mit ihrem reichen Ehemann ein sehr priviligiertes Leben führt und meine heimliche Lieblingsfigur: Alexander. Als Homosexueller in Berlin hat er es in 20er Jahren recht leicht - aber trotzdem nur im Verborgenen. Auch wenn es Teile in Berlin gibt, in denen Homosexualität geduldet wird, ist die Gesellschaft dennoch weit entfernt von einer liberalen Einstellung.



    Ich glaube, ich könnte diese Reihe ewig weiterlesen, denn wenn man dann genug von priviligiertem Altadel hat, taucht man in die Dienstbotenetage ab und wird wieder auf den Boden der Tatsachen geholt. Es macht einfach immer noch Spaß! Also bitte, bitte, liebe Hanna Caspian, gib uns mehr Gut-Greifenau-Bände!


    ASIN/ISBN: 3426525453

    • Herausgeber : Berlin Verlag; 3. Edition (6. Juli 2020)
    • Sprache: : Deutsch
    • Broschiert : 256 Seiten
    • ISBN-10 : 3827014255
    • ISBN-13 : 978-3827014252

    In seinem neuen Buch "Terror gegen Juden" stellt Ronen Steinke vor allem eine Chronik der Gewalttaten mit antisemitischem Hintergrund zusammen, von 1945 bis zur Vollendendung des Buches Anfang 2020. Die Chronik wird an das Ende des Buches gestellt, nimmt aber ca. 1/3 des Buches ein. Vorab erklärt Steinke genau, was er unter Gewalttaten fasst und erklärt seine Zusammenstellung juristisch.



    In den anderen 2/3 des Buches geht Steinke auf einzelne - ich denke mal repräsentative oder besondere, weil in den Medien große Erwähnung gefundene - Gewalttaten ein. Er beginnt damit bei dem Anschlag auf die jüdische Syngagoe in Halle 2019. Man merkt beim Lesen, dass Ronen Steinke Jurist ist und das ihm das Thema Terror/Gewalt gegen Juden eine Herzensangelegenheit ist. Sein Schreibstil ist erfreulich einfach gehalten (was man bei einem Juristen erstmal nicht erwarten mag), den ich aber auch schon von seinem Werk über Fritz Bauer gemocht habe. Die Einfachheit der Sprache bringt die Brutalität der Taten, die er beschreibt, auch eindrücklich rüber.



    Ich fand es erschreckend, wie wenig ich doch auf dem Schirm hatte und wie viele Lücken es gibt. Terror wird vor allem mit islamistischen Motiven in Verbindung gebracht, aber selten oder fast nie mit antisemitischen Hintergrund, obwohl eigentlich jeder mitbekommen haben muss, wie Antisemitismus immer mehr auch in der Öffentlichkeit zum Vorschein kommt. Mit diesem Buch will Steinke anfangen diese Lücke zu schließen.



    Insgesamt wirft er viele verschiedene Blickpunkte auf, die mich zum Nachdenken und Diskutieren gebracht haben. So führt er als einen gefährlichen Punkt des Antisemitismus an, dass der Hass auf Juden viel mit Verschwörungstheorien verbunden ist, die viel zu wenig aufgedeckt werden. Vor einigen Jahren hatte ich eine Unterhaltung mit einer südamerikanischen Jüdin, die in Deutschland für einige Zeit promoviert hat und auch darüber ganz schockiert war. Sie hat mich gefragt, ob wir in Deutschland allen Ernstes lernen, dass Hitler die jüdische Bevölkerung deswegen verfolgt und systematisch vernichtet hat, weil der Jude im Allgemeinen als reich galt. Und ja, das Bild des reichen Juden, das Hitler zwar nicht erfunden, aber aufgenommen und propagiert hat, wird auch heute noch gestreut. Aber natürlich war nicht das der Grund der Verfolgung, sondern nur das Argument, dass Hitler und Konsorten angeführt haben. Eine feine Unterscheidung, die im Schulunterricht vielleicht schwer zu vermitteln ist, aber dann sollte man einfach das Bild des reichen Judens nicht weiter vermitteln, sondern nur die wahren Gründe dahinter benennen.



    Und so geht es in dem Buch auch weiter, bspw. über die Verwechslung zwischen Israelkritik und Antisemitismus. Für mich war das Buch ein Augenöffner und da es doch so schmal ist, kann ich es nur jedem*r empfehlen, auch mit wenig Lesezeit.


    ASIN/ISBN: 3827014255